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WilMMmMM Wochen- und NachrichlsblM zugleich WW-AMM ßr SohnSoch USlitz, Berils^rf, Nusdttf, St. KBieii, HciiiriPort, Raritm« M Miilscii. Amtsblatt für den Stadttat zn Lichtenstein. —' SS. Jahrgang. Nr. 67. Mittwoch, den 20. März 1889. Diese? Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden' Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Befreiungen mehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstaltcn, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Jnsierate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. l Tagesereignisse. 4- Wenn der Winter geht, kommt die schöne Zeit des Schnupfens, in welcher Salmiakgeist, weißer Schnupftabak und andere Reizmittel gesuchte Artikel sind. Der Schnupfen ist ein Trumpf in dieser Ueber- gangsteit, das Niesen die landläufige Unterhaltung und dos Schnupftuch ein begehrtes Ausstattungsstück. Der Zchnnpfen ist eine der niederträchtigsten Krank heiten, die es giebt. Wer ihn hat, der kennt ihn, und es- braucht für ihn kaum des Beweises, wer ihn nie gekgnnt, wird an die Unermeßlichkeit des Aergers, den er -im Gefolge hat, nie glauben. Denn das ist ja eben das Niederträchtige beim Schnupfen, daß man krank ist, ohne krank zu sein, daß man gesund ist, ohne gesund zu sein. Es ist ein Zwitterding, der den, welcher ihn hat, ärgerlich, mürrisch, griesgrämig macht und von dem alle, die ihn nicht haben, sagen, das bedeute gar nichts. Er ist ein schlechter Gast, der nichts darnach fragt, ob ihn finstere Stirnen begrüßen, und erst recht nicht reteriert, wenn er znm Henker ge wünscht wird. Ein viel holderer Ankvmmlung ist da gegen das Schneeglöckchen, das behutsam sein Köpfchen aus dem winterlichen Boden erhebt und traulich den Ueberraschten begrüßt. Das erste Schneeglöckchen, das erste Veilchen, die erste Rose, so verschieden sie alle drei find, zu so verschiedenen Zeiten sie kommen, sie haben alle dieselbe Poesie und stehen als einfaches, aber herzliches und treuinniges Liebespfand in hohen Ehren. Schneeglöckchen ist der erste der lieben bunten Gäste in Garten und Feld; manches Schneewetter mag ja noch über dem reizenden Blümchen dahin sausen, es hält aus und ermattet nicht in seinem Bo tenamt für den Frühling. Und er ist uns nah, der Kalender sagt es wenigstens, wenige Tage noch und der Lenz 1889 tritt offiziell sein Regiment an, um das er freilich noch viel streiten und ringen muß. Aber es ist doch Frühling; mag es nur ein segen bringender Lenz für unsere Aecker und Wiesen, für Gärten und Felder werden. — Der Schulranzen war schon wiederholt Gegen stand einer Besprechung von Schulmännern und ver dient auch die Beachtung der Eltern, denen die ge sundheitliche Entwickelung ihrer Kinder besonders in ihrer Schulzeit, ani Herzen liegt. In manchen Orten und Gegenden hat die Sitte, die Bücher im Ranzen unterzubringen, diesen auf den Rücken zu nehmen, so den Schulweg zurückzulegen, mehr und mehr abge nommen und die Kinder, besonders die Mädchen, be dienen sich der Schultaschen, die mit den nötigen, oft auch unnötigen Büchern vollgepfropft unter dem Arme oder an Bändern, Henkeln rc. getragen werden. Es kann aber hiervon nicht genug abgeraten werden und der Schulranzen ist sowohl für Mädchen wie für Knaben sehr zu empfehlen. Man gebe sich einmal die Mühe, den mit beladenen Schultaschen dahingehenden Kindern nachzuschauen und man wird diese bemitleiden, wenn man ihre schräge Haltung wahrnimmt, wenn sie täglich eine gefüllte Schultasche im Gewichte von 3—5 Kilogramm zehn bis zwanzig Minuten weit zur Schule und von da nach Hause tragen. Wie leich dagegen läßt sich eine solche Bücherlast im Ranzen auf dem Rücken tragen! Der Rücken ist ja vor allen Körperteilen geeignet, Lasten zu tragen, ohne die Ge sundheit zu gefährden. Außerdem hat das Kind die Hände frei, ein Umstand, der bei Regenwetter oder Kälte besonders zu beobachten ist. Besonders für Mädchen ist das Tragen der Schultaschen von nach teiligen Folgen. Sie gefährden die Gesundheit der Schüler, es leidet die gerade Haltung, der Brustkasten kann sich nicht ausdehnen wie dies der Schulranzen fördert, die Atmungswerkzeuge leiden Not und können nicht so arbeiten wie sie sollen und wollen und wie es zum Wohlbefinden der Schüler zweckdienlich ist. Man lasse daher die Kinder zum Schulranzen greifen und zwinge sie, ihn auf den Rücken zu nehmen. — Die Lebensversicherung als Quelle des Wohlstandes. Während bei allen anderen Versiche rungsarten der Grundsatz gilt, daß die Versicherung nicht zur Bereicherung dienen, sondern nur den Schaden ersetzen soll, liegt bei der Lebensversicherung der Gedanke zu Grunde, daß chie Arbeitskraft des Mannes Werte schafft, welche durch die Versicherung für die Zukunft gesichert werden. Die Lebensver sicherung ist ein vervollkomm..etes Sparsystem, die anderen Versicherungen sind Ersatzsysteme. Es ist nun selbstverständlich, daß auch bei der Lebensver sicherung eine „Bereicherung" in dem Sinne, daß man durch dieselbe zum Krösus werden könne, aus geschlossen ist. Jeder Vernünftige wird eben die Die Erbin von WaLlersbrumu Original-Roman von Marie Romany. ---- - - (Nachdruck verboten.) (Schluß.) Der Name Alice von Waldheim, die Hoffnung, sie zu sehen, ihr alles, was sie für ihn geopfert hatte, wieder zu Füßen legen zu dürfen, nachdem er sich von der Familie Barlo verabschiedet hatte, machte seine ganze Glückseligkeit aus. Mit größter Ungeduld hatte er seiner Ankunft in München entgegengefehen; je be haglicher er sich im Wiedergenuß seiner Freiheit fühlte, desto inniger wurde — es war ja fast nicht anders möglich bei der so edlen Charakteranlage des Frei herrn — das Gefühl, welches er ihr, seiner Erretterin aus dem Elend, entgegentrug; und wenn nun an diese Innigkeit der seelischen Empfindung sich der Eindruck reihte, den Alices so bezaubernd schöne Erscheinung hervorbringen mußte, so konnte wohl Herrn von Erlenburgs Glückseligkeit fortab nur in der unbe grenztesten Verehrung des jungen Wesens zu finden sein. Und diese Verehrung steigerte sich, je sicherer ihm die Verwirklichung seines Traumes schien. Er hatte, nachdem er in München angelangt war, keinen Augenblick gezögert, Fräulein von Waldheim von seiner Anwesenheit in Kenntnis zu setzen; er hatte ihr für den nächsten Tag seinen Besuch angemeldet; und man mag es dem so jähen Wiederaufleben seiner Weltlust zu gute halten, daß er der Stunde, welche ihm die feste Zusicherung seines Glückes bringen sollte, mit fiebernder Ungeduld entgegensah. Endlich war der Ängenblick da. Das Herz des Freiherrn klopfte, als er das Hotel verließ, um sich in die bescheidene Wohnung zu begeben, die Fräulein von Waldheim während ihres Aufenthaltes in München als Heim diente; er zitterte, als er in das schlichte Zimmer geführt ward, in dem Alice, die ihrerseits in der Freude bebte, ihn, dem die Zähre ihrer Liebe ge golten, begrüßen zu dürfen, mit scheuer Zurückhaltung und doch mit so viel gewinnender Herzlichkeit ihm entgegentrat. „Gnädiges Fräulein", meinte er lebhaft, nach dem er über die Häuslichkeit der Barlos berichtet und seine Entschuldigung vorgebracht hatte, daß er jetzt, nach 4 langen Wochen, seinen Dank für ihre so hoch herzige Handlungsweise sage, „es war Pflicht des Ge- sühls, die Ueberzeugung zu haben, daß mein Kind glücklich war; erst dann war es mir erlaubt, für meine eigene Glückseligkeit Sorge zu tragen. Das Verhält nis, unter welchem meine Tochter lebt, bedarf meines Beistandes nicht mehr; aber mein Herz zittert vor Erwartung, ob das beseligende Glück, welches meinem Kinde ein Paradies auf Erden bereitet, auch mir zu teil werden wird." Er hatte, während er dies sagte, mit leuchtendem Auge Alice angesehen; er hoffte auf eine Entgegnung; aber das junge Wesen, verwirrt durch seine Rede und mehr noch durch den Ausdruck inniger Empfindung, der in seinem Auge lag, suchte vergebens nach einer Erwiderung. „Es sind bald 21 Jahre verflossen, seitdem mich die Leidenschaft der Jugend an meine selige Gemahlin fesselte", begann Herr von Erlenburg wieder; „und damals träumte ich von einem Paradiese, welches mir auf Erden beschieden sei. Jenes Glück ist nun vorbei. Die Erinnerung an Amalie liegt, nach der Gefangen schaft, in der ich mein Leben zubringen mußte, wie ein von der Phantasie geborenes, längst zerronnenes Traumbild vor mir; mein Leben, meine Stellung, mein Herz sind nicht mehr gebunden; ich habe der Pflicht, welche mir die Erinnerung an jene Zeit auf erlegt, Genüge geboten; ich sehne mich — er sprach diese Wvrte mit einer Leidenschaft, die Alice erglühen machte — glücklich zu seiu!" Ein Moment beklemmenden Stillschweigens ging vorbei. „Vertrauen Sie auf Gott, er wird ihre Zukunft glücklich gestalten", hauchte endlich Alice. „Ich — wie —" Fräulein von Waldheim zitterte. Sie war wohl nicht Herrin ihrer Empfindung, als sie das Auge, in dem eine Thräne leuchtete, fast ohne es zu wollen, zum Freiherrn erhob. „Alice!" rief Herr von Erlenburg, dem Drange seines Herzens nicht länger Einhalt gebietend, „Sie wissen, daß es das Verlangen war, Ihre Hand in die meinige zu legen, was mich nach München trieb! Sie wissen, daß nicht allein der Dank, für Ihre Hand lungsweise mich zn Ihnen führt! Sie wissen, Sie müssen es empfunden haben, daß seit jenem Tage, da Sie mir wie ein Engel erschienen, mein Herz für Sie glüht, daß nur die wirre Haltlosigkeit, in der mein Geist sich infolge meiner Gefangenschaft befand, Schuld meiner Zurückhaltung gewesen! Sie wissen es, Alice! und wenn Sie die Stimme der Natur bis dahin nicht hörten, so müssen Sie in diesem Augenblick fühlen, daßGlückseligkeit, ohneSieinder Zukunft unmöglich ist!" Mit einer Seligkeit der Empfindung, die ihr Inneres fiebern machte, hatte Fräulein von Wald heim dem Freiherrn zugehört. Ihr Antlitz war erglüht im Bewußtsein der Liebe, die wie ein himmlischer Akkord mit seiner Empfindung zusammcnschlug. Es wäre nicht möglich für sie gewesen, in diesem Moment des Entzückens ein Wort von sich zu geben; ihre Wimper hatten sich gesenkt, damit der Strahl ihres Auges nicht — wenigstens nicht in dieser Minute — dem Blick des Freiherrn begegnete. „Sie schweigen, Alice?" fragte Ladwig. Ihre Brust hob sich. „Schonen Sie mich", hauchte sie bebend. „Ihre Ehre — mein befleckter Name —" „Wie denn?" rief der Freiherr. „Ist man im stande, einem Namen einen höheren Adel zu geben, als es durch Ihre Handlungsweise geschehen ist?" Alice, zitternd in der Freude, die sie fast nicht mehr zu bewältigen imstande war, erwiderte nichts mehr; ihr Auge blickte klar und beseligend den Frei herrn an. „Da Ihnen der Name von Waldheim peinlich ist, nehmen Sie den meinigen", rief Ludwig in Glück seligkeit dem jungen Wesen beide Hände entgegen streckend; „das Geschlecht der von Erlenburgs wird