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» WUMMMWM Wochen- nnd Nachrichisblali zugleich Wmts-AWM für HohnSorf, UAlh, PttnsSttf, RüsSorf, St. KOik«, Hmirichsort, Mrkm Ws> UHücn. Amtsblatt für den Stadttat z« Lichtenstein. »s. Jahrgang. — Nr. 69. Freitag, den 22. März 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen jnehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltens Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. I Tagesereignisse. — Die Venus erglänzt jetzt jeden Abend drei Stunden vor Untergang in wunderbarem Licht am westlichen Himmel. Schon wenn die erste lichte Däm merung eintritt, blitzt sie auf wie ein feuriges Auge. Bis gegen 9 Uhr beherrscht sie den Abendhimmel. Wenn man die Lichtstärke ihrer Strahlen richtig be urteilen will, muß man sie mit dem stärksten Fixstern des Himmels vergleichen, der jetzt noch um dieselbe Zeit über dem südlichen Horizont zu sehen ist. Unter besonders günstigen Umständen kann man die Venus selbst am Tage sehen. Ihr Glanz wird bis zum 25. März noch wachsen. Dann wird sie sich der Sonne nähern, an der sie am 1. Mai Vorbeigehen wird. Am 7. Juni beginnt sie neuerdings eine Pe riode größten Glanzes, diesmal aber als Morgen stern am Osthimmel, und bleibt dort bis Mitte De zember. — Beim Herannahen der Konfirmationszeit, in welcher die meisten Konfirmanden mit einem Gesang buch beschenkt werden, möge daran erinnert sein, daß eine Ausgabe des Landesgesangbuchs mit Noten vor handen ist, welche nur um ein Geringes teurer ist, als die gewöhnliche Ausgabe. Da das Landesgesang- buch viele herrliche Lieder enthält, die bisher wegen der wenig gangbaren Melodie vom Gebrauche ausge schlossen sind, ist die Verbreitung dieser Gesangbuchs- ausgabe sehr zu wünschen, als ein zweckmäßiges Mittel zur Hebung des Gemeindegesanges im Gottes dienste, welchem in neuerer Zeit eine erhöhte Auf merksamkeit zugewendet wird. — Diejenigen jungen Leute, welche gesonnen sind, im Laufe dieses Jahres als drei-oder vierjährige Freiwillige bei der Kavallerie einzutreten, haben vor zugsweise dann Aussicht auf Annahme, wenn sie sich bis 31. März melden, aber nicht zu sofortiger Ein stellung, sondern zur Einstellung am nächsten 1. Oktbr. Die Villa am Rhein. Original-Novelle von Mary Dobson. -- (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung) „Das ist sehr freundlich von Ihnen, Herr Wendtorfs," erwiderte herzlich die Rätin. „Früher war ein langer Aufenthalt in England mein Lleblingsplan, jetzt aber wäre ich lieber hier ge blieben", entgegnete dieser und sein ausdrucksvoller Blick streifte Elisabeth, welche den ihrigen errötend senkte. „Es ist für einen jungen Mann stets ratsam, sich in der Fremde Land und Leute anzusehen", erwiderte ermutigend die Rätin, und wer wie Sie zu reisen vermag —" „Sie irren, Frau Rätin", unterbrach Helbert Wendtorfs schnell, „ich werde nicht zu meinem Ver gnügen reisen, sondern in der Fabrik eines Freundes meines Vaters arbeiten. Es ist für mich auf den Nutzen der praktischen Erfahrung abgesehen und nicht auf das Vergnügen, denn mein Prinzipal ist ein eifriger und tüchtiger Geschäftsmann!" Das Gespräch, an welchem jetzt auch Elisabeth teilnahm, wandte sich anderen Gegenständen zu und ward noch eine Weile fortgesetzt, dann aber war für Helbert Wendtorff die äußerste Frist eines förmlichen Besuches abgelausen, und wenn auch zögernd, erhob er sich. Die Gerichtsrätin und ihre Tochter folgten seinem Beispiel und ersterer die Hand reichend, sagte er mit unsicherer Stimme: „Leben Sie wohl, Frau Rätin." Zum freiwilligen Eintritt ist ein Meldeschein erfor derlich, welcher beim Civil-Vorsitzenden der Ersatz- Kommission des Aufenthaltsortes (in Dresden beim Amlshauptman» von Dresden - Neustadl, in Leipzig bei dem betr. Beamten der Kreishanptmannschaft, in den übrigen Bezirken beim Amtshauptmann) nachzu suchen ist. — Das Direktorium des „Landesvereins für innere Mission im Königreiche Sachsen" richtet bei Herrannahen des ersten diesjährigen Bußtages an die evangelisch-lutherischen Gemeinden Sachsens die herzliche Bitte, an dem Werke der inneren Mission mitzuhelfen und an genanntem Tage eine freiwillige Steuer für das gedachte Liebeswerk in die ausge stellten Kirchenbecken gern und willig niederzulegen. — Die Gebühr für Telegramme nach Groß britannien und Irland beträgt vom ersten April ab 15 Pfennig für das Wort. Als Mindestgebühr wird für ein Telegramm 80 Pfennig erhoben. — Vom Wettiner Jubiläumsfeste. Der Fest- zugssuSschuß für die Wettiner Jubelfeier beabsichtigt, gegen Ende des Monats Vertreter aller derjenigen städtischen und ländlichen Gemeinwesen und sonstigen Korporationen, welche ihre Beteiligung am Huldi gungszug zugesagt, nach Dresden zu laden, uni durch eine gemeinschaftliche Besprechung die einheitliche Organisation und Gestaltung des Festzugs nach Kräften zu fördern. Es ist daher erwünscht, daß die Anmeldungen zur Beteiligung am Festzuge sobald wie möglich an die Geschäftsstelle des Festzugsaus schusses — Dresden-A., Sidonienstraße 16k — ein- geseudet werden. Im übrigen hat der Festzugs ausschuß diejenigen Straßen, welche derselbe zu passieren haben wird, bereits festgestellt. Bei unsern N mstüdter Mitbürgern wird es große Freude erregen, daß, wie den betreffenden Behörden nunmehr schon einberichtet worden ist, die Feststraße einen Haupttei? der Neustadt berührt. „Leben Sie wohl, Herr Wendtorff, und nehmen Sie meine besten Wünsche mit für Ihren Aufenthalt in England", entgegnete diese, seine Hand herzlich drückend, „vergessen Sie uns in der Ferne und unter neuen Bekannten nicht so ganz." „Wie wäre das möglich!" antwortete er schnell und bewegt. „Nie, nie, werde ich Sie vergessen, so wenig wie die in ihrer Nähe verlebten Stunden! Bewahren aber auch Sie mir ein freundliches An denken." „Wir werden uns Ihrer oft und gern erinnern." „Auch Sie, Fräulein Waldheim?" wandte er sich an Elisabeth, kaum wagend, sie anzublicken. „Ja, auch ich, Herr Wendtorff", erwiderte sie, nur gewaltsam ihre Fassung bewahrend. Er nahm darauf ebenfalls Abschied von ihr; ihre Augen trafen sich und der beredte Blick drang lief in beider Herz hinein. Dann sagte er, sich nochmals an die Rätin wendend: „Frau Rätin, würden Sie mir gestatten, Ihnen von England aus zu schreiben?" „Wenn es Ihnen Vergnügen gewährt, gewiß Herr Wendtorff." „Das größte Vergnügen und die größte Freude!" entgegnete er schnell. „Darf ich aber auch auf eine Antwort von Ihnen rechnen?" und er blickte sie mit sichtlicher Spannung an. „Ja, das dürfen Sie!" antwortete nach momen taner Pause die GerichtSrätin. „Nehmen Sie meinen besten Dank!" erwiderte lebhaft Helbert Wendtorff, während Elisabeths Wangen — Am 18. März wurde dem Direktorium des WohlthätigkeitSvertins „Sächsische Fechtschule", welches seinen Sitz in Dresden hat, die Mitteilung, daß Se. Königl. Hoh. Prinz Friedrich August das Protektorat über die im ganzen Sachsenlande verbreitete, segens reich wirkende „Sächsische Fechtschule" übernommen hat. — Dresden, 19. März. In den Tagen vom 11. bis 13. August d. I. soll in Dresden ein allge meiner deutscher Radfahrer-Kongreß abgehalten werden. Die Vorbereitungen hierzu hat die Dresdner Rad fahrer-Union in die Hand genommen. — Diakonus Lie. Dr. Buchwald in Zwickau hat festgestellt, daß im Zwickauer Ratsarchiv eine deutsche Bibelübersetzung aus der Zeit vor Luther vor handen ist. — Von einem jähen Tode wurde am Montag abend in Glauchau der Bäckermeister Mehlhorn ereilt. Derselbe wollte sich in einer dortigen Restau ration eben auf einen Stuhl niederlafsen, als er, vom Schlage getroffen, alsbald eine Leiche war. Der Gersdorfer Stemkohlenbauverein brachte im vorigen Jahre 1,448,694 KI Kohlen auf. Der Jahresverdienst eines Arbeiters stieg von 869 Mark auf 879 Mark. Die Knappschafskrankenkasse hatte ein Vermögen von 9682 Mk., die Knappschafts-Pen- sionskasse ein solches von 214,630 Mk. Die Gesamt einnahmen betrugen 1,144,457 Bä, die Ausgaben 826,202 M., der Rohgewinn 318,254 M., der Rein gewinn 11,843 Mk. — Die Sprengung des am 15. d. M. an der alten Brücke bei Meißen gestrandeten Schiffes ist durch die Pioniere am Dienstag vormittag nach meh reren mißlungenen Versuchen glücklich beendet worden. Ein großer Teil der wertvollen Ladung konnte noch vorher geborgen werden. Für die jetzt allseitig auf genommene Schiffahrt ist der Verkehr durch die Brücke wieder freigegeben worden. — Riesa, 19. März. Heute nachmittag lief sich höher färbten. Und nun noch einen Händedruck — noch einen Blick — ein letztes Lebewohl — dann verließ er schnell das Zimmer und das Haus, nicht ahnend, daß er Elisabeth Waldheim zum letzten Male als solche gesehen. — 2. Kapitel. Etwa eine Woche war seit Helberts Abreise ver gangen, und eines Nachmittags saß die GerichtSrätin allein in ihrem Zimmer. Sie hatte ihre kleine Haus haltung besorgt und wollte ihre Zeitung lesen. Plötz lich hörte sie die Thür ihrer Wohnung öffnen, und ahnungslos auf den Vorplatz hinaustretend, stand sie dem Fabrikherrn Wendtorff gegenüber. Ihre Gesichts züge mußten ihr Staunen über seinen Anblick aus sprechen, denn nach gegenseitiger Begrüßung, die von seiner Seite mit der förmlichsten Höflichkeit geschah, sagte er, ihr ins Zimmer folgend. „Sie werden überrascht sein, mich hier zu sehen, Frau Rätin, allein ich habe mit Ihnen über eine Sache von Wichtigkeit zu reden, und es freut mich, Ihr Fräulein Tochter nicht zu Hause zu treffen." Die Gerichtsrätin blickte ihn noch erstaunter an und ihm einen Platz anbietend, erwiderte sie so ruhig als sie vermochte: „Meine Tochter ist diesen Nachmittag außer dem Hause beschäftigt." „Eine sehr fleißige, junge Dame, — gerade von ihr wollte ich mit Ihnen sprechen!" „Von Elisabeth?" fragte schnell die Mutter, und ein kühner Gedanke stieg in ihr auf, schwand aber bald wieder, als Herr Wendtorff in gemessenem Tone antwortete: