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Wochen- und UachrichtsblM zugleich WiW-AUM siir Höhndorf, Wdlih, Bernsdorf, Wsdorf, Lt. ßzidie», Heinrilhsort, Rariennn nnd Mülsen. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. ———-—-———-———— ——— JA. Jahrgang. —————— ———-—-— —————> Nr. 58. Sonnabend, den 9. März 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!- Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — In sie rate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. WMI IN BekauAtmachung» Das alhier an der Glauchauerstraße Nr. 366 6 Cat. stehende Spritzenhaus soll Sonnabend, den S. März 1888, nachmittags 3 Uhr an Ort und Stelle zum Abbruch meistbietend versteigert werden. Erstehungs- lustige werden ersucht, sich gedachten Tags und Stunde am bezeichneten Spritzen haus einzufinden. Lichtenstein, den 1. März 1889. Der Rat zu Lichtenstein. Fröhlich. MkaUMmachmlg. Montag, den 11. dss. Mts., bleiben unsere sämtlichen Expeditions- lokalttälen wegen Reinigung derselben geschlossen. Lichtenstein, den 8. März 1889. Ter Rat zu Lichtenstein. . Fröhlich. BetlMUtWachnW, Hundesperre in Calluberg betreffend. Nach dem am heutigen Tage erschienenen Erlasse der Königlichen Amtshaupt- mannfchast zu Glauchau vom gestrigen Tage, ist am 28. vorigen Monats in Mülsen St. Niklas ein der Tollwut dringend verdächtiger Hund getötet worden u. daraufhin in Gemäßheit von 8 26, 3 der Verordnung zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen betreffend vom 9. Mai 1881 außer für Mülsen St. Jakob, Mülsen St. Niklas, Mülsen St. Micheln, Stangendorf und Heinrichsort, auch für die Stadt Calluberg die Huudesperre auf die Zeit von 3 Monaten demnach bis zum 8. Juui ds. Js. augeordnet worden. Es sind daher während dieses Zeitraumes sämtliche Hunde hier entweder fest zulegen (anzuketten bez. einzusperren) oder mit gehörig konstruierten Maulkörben versehen, an der Leine zu führen. Die Benutzung der Hunde zum Ziehen ist unter der Bedingung gestattet, daß dieselben fest eingeschirrt, mit einem sicheren Maulkorbe versehen und außer der Zeit des Gebrauches festgelegt werden. Auch ist die Verwendung von Fleischerhunden zum Treiben von Vieh und von Jagdhunden bei der Jagd unter der Bedingung zulässig, daß die Hunde außer der Zeit des Gebrauches (außerhalb des Jagdreviers) festgelegt, oder mit einem sicheren Maulkorbe versehen, an der Leine geführt werden. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 75 Mark oder entsprechen der Haflstrafe geahndet werden. Callnberg, den 8. März 1889 Der Bürgermeister. Schmidt. Zum Todestage Kaiser Wilhelms I Der 9. März erweckt die Erinnerung an die er schütternde Trauerbotschast von dem Ableben des ver ehrten Kaisers Wilhelm 1. im Jahre 1888 wiederum in allen deutschen Patrioten. Ein schwerer Schlag traf damals die deutsche Nation und noch heute trauert sie im Heizen um Kaiser Wilhelm den Einzigen, den unvergeßlichen Helden ohne Furcht und Tadel, den ruhmreichen Begründer des Reiches, den Führer der deutschen Nation und Vater des Volks. Aber nicht nur die Geiühle der Trauer und des Schmerzes soll der Todestag Kaiser Wilhelms in uns wachrnfen, sondern er soll vor allen Dingen auch ein Tag der Mahnung für alle Patrioten sein, dem herrlichen Vorbilde, welches Kaiser Wilhelm I. in Bezug auf Heldenmut, Gottvertrauen, ritterlichen Sinn, Charakter stärke, Edelmut, echt deutsche Art und Treue für alle Zeiten gegeben, nachzuleben. Wenn wir auch wissen, daß das erhabene Beispiel Kaiser Wilhelms I. bereits in allen vaterländischen Kreisen den Sinn für pa triotische Tugend weckt und stärkt und auch des ver ewigten Kaisers erlauchter Enkel, unser geliebter Kaiser Wilhelm II., keinen größeren Herzenswunsch hat, als ganz im Sinne seines unvergeßlichen Großvaters das Szepter zu führen, also der gesamten deutschen Nation bereits das herrlichste Beispiel der Verehrung des verewigten Herrschers und der eifrigen Befolgung seiner Tugenden gegeben wird, so ist eine Erinnerung an dieses große Vorbild deutscher Kraft und Würde, Treue und Standhaftigkeit am ersten Todesgedenktage Kaiser Wilhelms I. doch auch ein Akt pflichtschuldiger Pietät und vaterländischer Gesinnung. Wie so manches trübe Jahrhundert mußten doch unsere Vorfahren durchleben und all ihr Sehnen, Hoffen und Kämpfen für die Herstellung deutscher Einheit und Macht blieb dennoch unerfüllt! Der rechte Held zur Ausführung des nationalen Einigungs werkes erschien nicht, auf frohe Hoffnungen, auf eifrige Anstrengungen folgten nur immer neue Enttäuschungen und Deutschland blieb ein zerrissenes, schwaches und verachtetes Staatswesen. Erst Kaiser Wilhelms I. glorreiche Negierung führte das Einigungswerk durch. Wir wissen heute alle, daß dieses Werk nicht ohne die Fülle herrlicher Tugenden, welche diesen Herrscher Die Erbin von Wallersbrunn. Original-Roman von Marie Romany. - - (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Sie hörte nicht mehr, daß die sie umgebenden Herren zu ihr redeten; sie sah nicht, daß Giacomo sich, um als stumme Dankesbezeugnng seine Hand zu küssen, dem Freiherrn zukehrte; sie fühlte nichts mehr, als die Schande, die sie während der verflossenen Stunden aufgelesen hatte, sie empfand nichts mehr, als das Verlangen, fort von hier, den Blicken der großen Menge entzogen, mit sich selost und dem einzigen Freunde, der ihr nun, da sie verarmt war, auf der Erde übrig bleiben konnte, allein zu sein. Hastigen Schrittes verließ sie mit ihrem Vormund den Saal. Sie wäre den Bemer kungen, die man zurechtgel^gt hatte, in weit größerem Maße Preis gegeben gewesen, hätte sich nicht die Aufmerksamkeit des großen Haufens einem anderen und der Menge wichtiger blinkenden Ereignis zu gekehrt. Kaum zwei Minuten waren vergangen, seitdem Dr. Rimoli, von gerichtlicher Eskorte begleitet, den Saal verlassen hatte, als ein gellender Schrei, der aus den znr Polizeiabteilung gehörigen Räumen des oberen Geschosses bis weithin über die Treppen und Galerien ertönte, die Aufmerksamkeit des sich ent fernenden Publikums auf sich zog. Mit gewissen hafter Neugier, wie verständlich, drängte man der Ursache des so unheimlich erscheinenden Spektakels zu. Es dauerte auch nicht lange, so war das Rätsel gelöst. Ein Paar Gendarmen, die um die Hilfe der Sanitütswache den Flur entlang und die Treppen hinabeilten, erzählten es anderen, raunten es mit so beflissentlicher Geschäftigkeit dem und jenen in die Ohren, daß alle, die sich zu horchen bemühten und verstanden, Dr. Rimoli habe, da das Spiel im Ge richtssaal für ihn verloren gewesen, den Kontrakt gebrochen, der ihn mit dem Leben verbunden, ein Fläschchen Chankali, das er — wohl im Vorbe wußtsein des Urteilsspruches, der über ihn gefällt werden würde — unter seiner Kleidung versteckt gehabt, habe ihn von der Misere des Erdenlebens für immer erlöst. So währte es nur kurze Stunden, bis der Ausgang der mit so viel Spannung erwarteten Ver handlung über die ganze Stadt hinaus bekannt gemacht war. Man beglückwünschte im Stillen den Freiherrn, dem das Schicksal nach so langen Jahren der Gefangenschaft durch die Laune eines Kindes die Freiheit bescherte, und zuckte die Achseln über den Direktor,' der trotz seiner glänzenden Stellung einer so thörichten Handlung fähig gewesen war. XV. Der Freiherr von Erlenbnrg, obgleich er Insasse der Gefängnisirrenanstalt gewesen war, hatte Tage unbedingter Freiheit hingebracht. Schon nach dem Verlauf weniger Wochen, nachdem der Patient dem Direktor Parnese über geben gewesen, hatte dieser die totale Gehaltlosigkeit des von Dr. Rimoli gefällten Zeugnisses anerkannt; so hielt er es für seine Pflicht, dem ohnehin Ge marterten nicht länger unnötigen Zwang anfzuer- legen; freilich hatte er nicht die Gewalt, Herrn von Erlenburg dem freien Leben wiederzngeben, aber es war dem Gefangenen überlassen gewesen, sich zu verhalten, wie es ihm angenehm dünkte; nnd von dieser Erlaubnis hatte er, wie nicht schwer verständ lich, nach jeder Richtung hin umfassenden Gebrauch gemacht. Herr von Erlenburg wußte, daß er ein Opfer verräterischer Freundschaft gewesen war; er wußte, daß Amalie seit beinahe 20 Jahren in der Ewigkeit weilte und daß ihm eine Tochter geborM war; er wußte, daß keine Sicherheit über den Ver bleib dieses Kindes existierte; und er wußte auch, daß er seine Befreiung, die Wiedererlangung seiner gesellschaftlichen Stellung der Hochherzigkeit des jungen Wesens zu verdanken haben werde, die aLes, was ihr auf Erden wert und tener sein konnte, Heimat, Reichtum, Rang und Ehre, selbst die Rein heit ihres Namens hingab, um durch das Glück, welches sie ihm, dem Fremden, soweit znrückerwarb, die Schuld ihres Vaters gesühnt zu sehen. Die widersprechendsten Gefühle bestürmten die Brust des selbst so hochherzigen Edelmannes, da er — unter so außergewöhnlichen Verhältnissen und nach so langen Jahren der Gefangenschaft — nun wieder frei im Leben war. Herr von Erlenburg hatte niemals vergessen, daß ihn das Schicksal reich, als Besitzer des Dominiums Wallersbrunn in die Welt gesetzt hatte, aber wer, nachdem er 20 Jahre für tot gegolten, würde ihn erkennen, wenn er jetzt in seine Heimat znrückkehrte! Er wußte, daß er auf der Höhe gesellschaftlicher Stellung war, aber würde man "für Wahrheit annehmen, daß er niemals dem Geisteswahn verfallen gewesen? Würde man nicht absonderlich finden, daß überhaupt ein Sprosse der von Erlenbnrgs noch am Leben war? 20 Jahre