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MMMbMiWU ! früher Wochen- und Nachricht-Matt zugleich MW-AnzeM ßr tzohdorf, Mlitz, Bernsdorf, Niisdors, St. KOieii, ßeinrichsort, Rorie»»« und Riilseii. Amtsblatt für de« Stadtrat zu Lichteustei«. Nr. 52. — »s. JahrgaAg. Sonnabend, den 2. März 1889. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden' Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 28 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inße rate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Bekanntmachung. Das alhier an der Glauchauerstraße Nr. 366 8 Cat. stehende Spritzenhaus soll Sonnabend, den N. März 188S, nachmittags 3 Uhr an Ort und Stelle zum Abbruch meistbietend versteigert werden. Erstehungs- lustige werden ersucht, sich gedachten Tags und Stunde am bezeichneten Spritzen haus einzufinden. Lichtenstein, den 1. März 1889. Der Rat zu Lichtenstein. Frö hlich. Kurze Rundschau der letzten Tage. Von allen Seiten treffen Nachrichten ein über die verheerenden Wirkungen elementarer Ereignisse. Handel und Wandel stockt und schon beginnen die Flüsse zu steigen, ein böses Zeichen für das kommende Frühjahr. Auch auf dem Gebiete der Politik fehlt es nicht an allerlei Zeichen und Wunder. So war in der jüngsten Zeit vielfach das Gerede über ausge brochene Differenzen zwischen dem Leiter unserer Politik und dem Führer des Generalstabes. Man sprach von Streitigkeiten zwischen dem Fürsten Bis marck und dem Grafen Waldersee, aus denen der letztere als Sieger hervorgegangen sein sollte, so laut und öffentlich, daß der vom Kaiser dem Kanzler täg lich abgestattete Besuch von politischer Bedeutung er scheint. Dieser Besuch zeugt dafür, daß Kaiser und Kanzler in allen Fragen sich in Uebereinstimmung befinden und so wird es auch bezüglich der Angelegen heiten auf Samoa sein, denen gegenüber eine schärfere Tonart jetzt angeschlagen werden soll. Ein stattliches Geschwader ist auf dem Wege nach jener fernen In selgruppe und es wird daher auf kolonialpolitischcm Gebiet bald lebhaft werden, besonders da der Reichs- kommissar Wißmann auf seiner Fahrt nach Zanzibar bereits in Alexandrien eingelrvsfen ist. Eine kleine Armee ist schon in der Ausrüstung begriffen und da mit hat das Deutsche Reich zu seinen übrigen Macht mitteln ein neues, eine Kolonialtruppe sich zugelegt. Weitere Erwerbungen jedoch, selbst friedlicher Art, scheint Bismarck trotzdem nicht machen zu wollen, da er die in die Welt hinausgesandte Nachricht, daß wir von Marokko einen Küstenstrich uns hätten abtreten lassen, als eine Tendcnzlüge bezeichnen ließ. Hat sich aber auch diese Neuigkeit aus Afrika bestätigt, so war es eine andere, deren Bestätigung allgemeines Erstaunen Hervorries. Die Franzosen hatten sich zu einem Schlage gegen Rußland, allerdings nicht gegen dessen Regie rung, aber doch gegen das Volk erhoben. Sie haben der von den Sympathien des gesamten strenggläu bigen Slaventums begleitet gewesenen Expedition des Kosaken Aschinoff ein schmähliches Ende bereitet, in dem sie ihn aus seiner Position am Roten Meere erst vertrieben und dann gefangen nahmen. Wenn man in Erwägung zieht, wie feit einem Jahrzehnt in Frankreich alles geschieht, um das russische Volk für fich zu gewinnen, so versteht man dieses plötzliche scharfe Vorgehen der französischen Regierung gar nicht. Die eigenen Landsleute sind von dieser Handlungs weise gleichfalls nicht entzückt und wenn das betreffende Ministerium, welches gegen Aschinoff vorgegangen war, nicht schon gestürzt gewesen wäre, so würde es nach dieser Affaire gewiß zu Fall gekommen sein. Nach achttägigem Suchen ist jetzt das Ministerium Tirard zu stände gekommen, in welchem merkwürdigerweise der beste Freund Gambettas, Spuller, das Portefeuille des Auswärtigen erhalten hat. Seine Reminiszenzen an die Freundschaft mit dem Exdiktator und glühenden Deutschenhasser muß er Wohl bei Seite gelegt haben. Denn das Programm dieses neuen Ministeriums heißt: Die Weltausstellung von 1889, und da wäre jedes Herauskehren kriegerischer Gelüste etwas sehr pro grammwidrig. Tagesereignisse. — Nach gesetzlicher Vorschrift haben die Besitzer von Gärten und Fruchtbäumen die letzteren und den selben zunächst befindlichen Gebäude und Mauern von Raupennestern, Schmetterlingseiern und Puppen zu reinigen. Es ist jedoch bei Erfüllung dieser zum Schutze und Gedeihen der Früchte und Fruchtbäume gegebenen Vorschriften zu beachten, daß diejenigen gelblichen und weißen Gespinnste, welche einzeln etwa die halbe Größe eines Roggenkornes haben und sich in länglichen Häufchen an Bäumen und Mauern be finden, geschont werden. Dieselben enthalten nicht Schmetterlingseier, sondern die Puppen der kleinen Schlupfwespen, welche ein natürliches Vertilgungsmittel der Raupen sind. — Die von der sächsischen Staatseisenbahn ange- schaften Schneepflüge haben bei den in diesem Mo nate in so bedeutender Weise stattgehabten Schnee verwehungen ihre Probe bestanden. Die ersten Nachrichten in den Blättern lauteten zwar nicht gün stig, denn es wurde berichtet, daß der auf den Lausitzer Linien verwendete Schneepflug bei den erstmaligen Fahrten in der Nähe von Bautzen entgleist und um- geschlagen fei und dabei auch noch an der ersten der ihn schiebenden beiden Lokomotiven einen Puffer zer brochen habe. Durch diesen Unfall seien „alle Hoff nungen, die man auf den Schneepflug gesetzt, vernichtet." Dagegen ist später festgestellt worden, daß es nur der vortrefflichen Leistung des Schneepfluges zu danken war, wenn der Betrieb auf der Linie DreSden- Görlitz in der Zeit vom 7. bis 10. Februar über haupt aufrecht erhalten werden konnte. Er ist wäh rend der Dauer der Schneeverwehungen fast unaus gesetzt in Thütigkeit gewesen und hat namentlich in der stürmischen Nacht zum 10. Februar sehr gute Dienste geleistet. Daß der Schneepflug auf der Strecke Bautzen-Wilthen entgleiste, hat mit der Frage der Wirksamkeit desselben nichts zu thun, zumal die Entgleisung auf einer vorher schon gepflügten Strecke stattsand. Die Ursache der Entgleisung lag in einem nebensächlichen Umstande, der alsbald beseitigt worden ist. Auch die beiden anderen im Erzgebirge und im Vogtlande zur Verwendung gekommenen Schneepflüge haben sich dem Vernehmen nach vortrefflich bewährt. Die Hoffnungen aus die günstigen Wirkungen des Schneepflugs sind sonach keineswegs „vernichtet", sondern durch den thatsächlichen Erfolg noch wesentlich übertroffen worden. Die Schneepflüge der sächsischen Staatsbahn sind nach dem bei der Gotthardbahu ein geführten Systeme in Eßlingen erbaut; sie laufen auf eigenen Rädern und werden durch Lokomotiven geschoben. — Karl Riesels 52. Gesellschaftsreise nach Italien. Karl Riesels diesjährige Frühjahrs-Gesellschaftsreise nach ganz Italien bietet beim höchsten Komfort die großartigste Eintritts- und Austrittsroute, wird am 6. April angctreten und berührt bei einem Beitrage von Mk. 1450 folgende Punkte: Stuttgart, Rhein fall, Genf, Lyon, Marseille, Cannes, Nizza, Monaco, Montecarlo, Menton, San Remo, Villa Pallavicini, Genna, Rom, Neapel, (Capri, Pompeji, Vesuv, Bajae rc.), Florenz, Bologna, Ravenna, Venedig, Mailand und die oberitalienischen Seen, Gotthardbahu, Vier waldstättersee, Baden-Baden. Gewiß eine der schönsten Reisen, die überhaupt gemacht werden können ! Außer dem sind die Pfingstreise nach Oberitalien, (20 Tage) am 7. Juni, die Hundtagsfcrienreise nach Schweiz und Oberitalien am 6. Juli und die nach dem Nordcap (50 resp. 30 Tage) am 8. Juli, sowie endlich GeselO schaftsreisen alle 14 Tage nach Paris während der Ausstellung vom 20. Mai ab in Aussicht genommen. Programme werden gratis verabfolgt in Karl Riesels Reisekontvr, Berlin 8W., Anhaltstr. 2. Dieses Kontor stellt auch alle gewünschten Rundreisebillets zusammen und versendet sie. Im Monat April erscheint im Verlag desselben Kontors „Karl Niesels Rundreise kalender mit neuester Bäder- und Eisenbahnkarte von Mittel-Europa und dem Anhang: Weltpensionen und Asyle des Friedens". Preis M. 1,50. — Mit Recht ist die Nachricht angezweifelt worden, daß der 9. März, der Todestag unseres unvergeßlichen Heldenkaisers, in Deutschland als Buß- und Bettag begangen werden soll. Ein solcher wäre überhaupt fimr für die evangelische Kirche mög lich; die katholische Kirche kennt solche Buß- und Bettage nicht. Aber auch für die verschiedenen evangelischen Landeskirchen Deutschlands stellen sich zur Zeit dem Vorschläge unübersteigliche Hindernisse entgegen. Zur Ausschreibung von Buß- und Bettagen ist die Zustimmung der verschiedenen Synoden nicht zu umgehen; m Prenßen müssen z.B. die Generalsynode für Kurhessen, Nassau, Hannover nnd Schleswig, in den übrigen Bundesstaaten die Landessynoden einberufen werden. Dazu gebricht es schon an Zeit. Glaubhaft verlautet zudem, daß in Prenßen überhaupt nicht die Absicht besteht, den 9. März als einen in Preußen gemeinsamen Buß- und Bettag zu begehen, obwohl in Kaiser Wilhelm I. den Preußen auch noch ihr spezieller Landesherr gestorben ist. Die ganze Notiz beruht wahrscheinlich auf einer Verwech selung mit der Anordnung, welche bereits im vorigen Jahre hinsichtlich der Jahres-Gedächtnisfeiern in den Schulen für die Kaiser Wilhelm I. nnd Friedrich ergangen ist. Es würde sich auch in den nichtpreu ßischen Bundesstaaten wohl ziemen, daß die Schulen des Heimgangs des herrlichen Heldenkaisers gedächten. Vielleicht nehmen aber die obersten Kirchengewalten der verschiedenen evangelischen Landeskirchen aus den jetzigen Erörterungen Anlaß, der Frage der Verlegung der verschiedenen deutschen Buß- und Bettage näher zu treten. Man bringt daher den Vorschlag ein: künftig den 9. Mürz, den Sterbetag weiland Kaiser Wilhelm's I., der in der ganzen Nation als ein nationaler Trauertag empfunden wird, als gemeinsamen Buß- und Bettag zu bestim men. Die verschiedensten Kirchenregimenter konnten sich bisher nicht über einen passenden Tag einigen. Nun wohlan, hier ist ein solcher. — Ans dem Lilienstein beabsichtigt der Gebirgs- vercin für die sächsisch-böhmische Schweiz als Erin nerungszeichen für das 800jährige Regierungsjubckäum der Wettiner einen Obelisken zu errichten. Der Kom mandant der Festung Königstein, an welchen man sich in dieser Beziehung wenden mußte, hat die Ant wort ertellt, daß ein Bedenken gegen diese Errichtung nicht vorliege. Wie das Projekt besteht, soll im Mai der Grundstein gelegt werden, während die Ein weihung, welche sich natürlich mit einer größeren patriotischen Feier verbündet, im Spätsommer erfolgen dürste. — Wer darf den Titel „Meister" führen? Der Jnnungsausschuß in Kattowitz hatte sich an den Minister des Innern mit der Frage gewandt, ob der Z 149,8 der Gewerbeordnung, betreffend die Führung des Meistertitels, wie es im Erkenntnis des Ober landesgerichts in Naumburg vom 8. Dezember 1887 geschehen ist, dahin zu verstehen sei, daß nur Jnnungs-