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MMMlWkßMtt l- ! früher Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich 8Mts-ÄWM ßr Höhndorf, Wdlih, Peulsdorf, ÜÜisSsü, St. KBltü, Htilirichsort, MritM »»s Mütscii. Amtsblatt für Sen StaStrat zu Lichtenstein. — SS. Jahrgang. — — — Nr. 42. Dienstag, den 19. Februar 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer b Pfennige.— Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tie Krisis in Frankreich. Mit dem plötzlichen Sturze des Ministeriums Floquet ist in den Geschicken Frankreichs ein neuer kritischer Wendepunkt eingetreten und nach der ganzen politischen Situation jenseits der Vogesen möchte man das Ereignis als den „Anfang vom Ende", dem Ende der französischen Republik, charakterisieren, denn die Thatsache, daß das Kabinett Floquet einem vereinig ten Ansturm der Monarchisten und gemäßigteren Republikanern oder Opportunisten in einer äußerlichen Formfrage erlag, läßt aufs neue das Gruudübel, an welchem das heutige Staatswesen in Frankreich krankt, klar erkennen. Die radikalen, wie die gemä ßigten Republikaner ringen danach, um jeden Preis das Staatsruder in die Hand zu bekommen und um dieses Ziel zu erreichen, scheut sich keine der republi kanischen Parteien, ein Augenblicksbilndnis mit den natürlichen Feinden der Republik, den Monarchisten, einzugehen. So wurde das vorige französische Kabinett, das in seiner Mehrheit opportunistisch gefärbte Mini sterium Tirard, im März des vorigen Jahres durch eine eigens hierzu geschlossene Allianz zwischen den Monarchisten und den Radikalen gestürzt und die letzteren kamen infolgedessen durch das Ministerium Floquet ans Ruder. Jetzt, nach elf Monaten, haben die Opportunisten ihre Revanche genommen und das radikale Ministerium mit Hilfe der Monarchisten zum Rücktritt gezwungen und der Umstand, daß Herr Floquet sofort die Beratung des Verfassungsrevisions- entwurfcs, mit dessen sich gegen den Senat richtenden Tendenzen viele der gemäßigten Republikaner nicht einver standen sind, vorgenommen wissen wollte, bot den Oppor tunisten die erwünschte Handhabe zu ihrem Vorgehen. Aber was soll nun werden? Es ist doch durch die Verhältnisse klar erwiesen, daß sich weder ein radikales, noch ein gemäßigtes Ministerium auf die Dauer in Frankreich halten kann, der Haß, mit welchem sich die republikanischen Parteien entgegenstehen und die totale Unzuverlässigkeit der jetzigen Deputierten kammer lassen an eine Stabilität der Regierung nicht denken. In dieser Not ist denn in den leitenden Pariser Kreisen wieder der Gedanke an ein Geschäfts- Ministerium aufgetaucht, welches ohne bestimmte Partei färbung die Leitung der politischen Geschäfte wenigstens bis zu den im kommenden Herbst bevorstehenden allge meinen Wahlen führen könnte und ein solches empfiehlt auch der „Temps", das Organ Carnots, hierbei her vorhebend, daß ein Geschäftsministerium sich lediglich der Ausführung der bestehenden Gesetze, der Entwicke lung der nationalen Arbeit und dem Schutze der öffent lichen Ordnung zu widmen habe. Präsident Carnot soll nach dieser Richtung bereits Verhandlungen mit hervorragenden Persönlichkeiten unter den Republikanern angeknüpft haben, andrerseits heißt eS freilich, daß vielleicht wieder ein radikales Kabinett unter dem bis herigen Kammerpräsidenten Möline gebildet werde und noch andere Meldungen stellen ein opportunistisches Ministerium unter Tirard oder Rouvier in Aussicht. All' diese Nachrichten lassen indessen den politischen Wirrwarr in Frankreich nur auf's neue hervortreten und letzterer, wie die sich in der boulangistischen Be wegung kundgebende wachsende Unzufriedenheit weiter Bevölkerungskreise in Frankreich mit den Verhältnissen im Lande stellen dem neuen französischen Kabinett, möge es heißen, wie e» wolle, nur eine kurze Lebens dauer in Aussicht. Da ist es denn begreiflich, daß sich die Blicke aller Unzufriedenen mehr wie je auf den „kommenden Mann" der Franzosen, auf Boulanger, richten und der Ex-General hat sich in rascher Würdi gung der infolge des Sturzes Floquets geschaffenen StKZLMltUM fällig! neuen Lage auch beeilt, sich dtirch ein bombastisches Manifest wieder in Empfehlung zu bringen. Die rück sichtslose Sprache des Manifestes, das an seinem Schlüsse kategorisch die Auflösung der Deputiertenkammer fordert, läßt erkennen, daß Boulanger jeden Augenblick bereit ist, das Totengräberamt bei der dritten französischen Republik zu übernehmen und vielleicht hält er nunmehr die Zeit für gekommen, sich aus dem Manne der tönen den Phrase in den Mann der That zu verwandeln. Sicher ist, daß Boulanger, obgleich das Häuflein seiner parlamentarischen Anhänger noch nicht zwei Dutzend Köpfe zählt, auf alle jene Elemente zählen darf, die es lieben, im trüben Wasser zu fischen, und zudem schon jetzt die Mehrheit der Franzosen auf seiner Seite weiß. Der Boden zu dem erwarteten Staatsstreich Boulangers erscheint demnach nahezu geebnet! Tagesereignisse. Lichtenstein, 18, Februar. Gesternnach- mittag eröffnete der hiesige Geslügelzüchterklub im Saale des goldenen Helm seine 5. allgemeine Ge- flügelausstelluug. Dieselbe war von hiesigen und auswärtiben Mitgliedern recht gut beschickt. Aus gestellt sind im ganzen ca. 140 Paar Tauben, 40 Stämme Hühner, div. Stämme Gänse und Enten. Das Arrangement ist sehr gut getroffen und bietet dem Beschauer volle Uebersicht. Trotz der Ungunst der Witterung fand man gestern bereits einen regen Besuch, der durch die musikalischen Darbietungen unserer Stadtkapelle angenehm gefesselt wurde. — In mehreren mit O (es ist der Abg. Oechel- haeuscr) unterzeichneten Artikeln der „Deutschen Ar- beiter-Ztg." wird die Frage erörtert: „Wie behandelt ein vernünftiger Arbeitgeber seine sozialdemokratischen Arbeiter? Es heißt darin: Die Bekämpfung der sozialdemokratischen Lehre und ihrer Führer liegt auf einem Gebiet, auf dem der Kriegszustand seitens des Staats, der Gesellschaft und der Wissenschaft fortdauert. Der Arbeitgeber hat cs dagegen mit den Einzelper sönlichkeiten sozialdemokratischen Glaubensbekenntnisses zu thun; sie für eine richtigere Würdigung der be stehenden Gesellschaftsordnung empfänglich zu machen, ist seine Aufgabe. Für Erfüllung dieser Aufgabe ist die Taktik vielleicht noch von größerer Wichtigkeit als der Inhalt der Maßregeln. Der Arbeitgeber muß zunächst alles Auffällige, Außergewöhnliche, auf eine Aussonderung und direkte Bekämpfung oder Bekehrung des sozialdemokratischen Teils seiner Arbeiter Bezüg liche vermeiden. Er muß in erster Linie jeden Unter schied, wie des religiösen und politischen, so auch des sozialen Glaubensbekenntnisses seiner Arbeiter voll ständig ignorieren. Daß er keine Hetzer und Stänker unter seinen Arbeitern duldet — solche gab es auch schon, ehe man etwas von Sozialdemokraten wußte — ist eine Sache für sich. Allein dem Arbeiter, der seine Schuldigkeit thut, darf niemals gegründete Veranlassung zu dem Glauben gegeben werden, daß man ihn bloß seiner Ansichten und Meinungen halber gegen andere, die in gleichem Grade ihre Schuldigkeit thu», bevor zugt oder zurücksctzt, sei es in der persönlichen Begeg nung, sei es in der Lohnhöhe, in der Annahme und Entlassung des Arbeiters oder in sonstigen Beziehun gen. Wie häufig findet es sich, daß gerade die aus gezeichnetsten Arbeiter, die Anlagen zum Denken und Forschen haben, zum sozialdemokratischen Glaubensbe kenntnis schwören. Gewiß bilden die Sozialdemokraten in der Regel den mißvergnügtesten Teil der Arbeiter schaft; das hat der Einfluß ihrer Führer allerdings zu Wege gebracht. Allein sie übertragen deswegen den von letzteren gepredigten Haß gegen Kapital und Gesellschaft noch lange nicht ohne weiteres auf die Person des einzelnen Arbeitgebers. Sind sie auch mißtrauischer, zurückhaltender, so bleiben sie doch auf die Dauer keinesweges unempfindlich und verschlossen gegen Wohlwollen und Gerechtigkeit. Die Stärkung der Anhänglichkeit und des Vertrauens zum Arbeit geber entzieht vorzugsweise der Sozialdemokratie ihren Boden im Arbeitsverhältnis. Die Opferwilligkcit des Arbeitsgebers, seiner oder seiner Stellvertreter persön liche Teilnahme an den Schicksalen der Arbeiter und ihrer Familien, Einrichtungen der verschiedensten Art für ihr materielles Wohl und ihre Fortbildung, für Invaliden-, Witwen- und Waisenversorgung und was sonst in das Gebiet der Humanitären Fürsorge fällt, alles dies wird schließlich auch beim sozialdemokra tischen Arbeiter, wenn auch vielleicht zögernder und zurückhaltender, Anerkennung finden. Den Ausschlag aber giebt das Verhalten des Arbeitgebers, in allen über das Abeitsverhältnis, in welchem unbedingte Disziplin herrschen muß, hinansgehende Beziehungen vom Menschen zum Menschen. Der Arbeitgeber ver- giebt sich nichts, wenn er Arbeiterausschüsse oder Ael- testen-Kollegieu bildet und die Arbeitervertreter bei Fabnkordnuugen, Unfallverhütungsvorschriften, Fragen des Arbeiterschutzes, der Arbeitszeit, der Ueber- stunden und dergleichen zu Rate zieht, wenn er sie an der Verwaltung aller zu Gunsten der Arbeiter getroffenen und an der Beratung für die noch zu treffenden Einrichtungen (Hilsskassen, Konsumvereine, Sparkassen, Speiseanstalten, Klein kinder- oder Fortbildungsschulen u. s. w.) nicht blos teilnehmen läßt, sondern ihnen dabei volle Selbst bestimmung, oder doch überwiegenden Einfluß eiu- räumt. Die Fälle, daß sozialdemokratische Arbeiter dieses Vertrauen mißbrauchen, werden sich als Aus nahmen erweisen; wir brauchen nur aus die durch weg friedlichen Verhandlungen in den Kranken- und Hilfskassenvorständen hinznweisen, in denen doch so viele Sozialdemokraten sitzen. Wichtiger aber noch als alles dieses, und insbesondere vom größten Ein fluß auf die Stimmung der sozialdemokratischen Arbeiter, ist die Achtung ihrer menschlichen und staats bürgerlichen Selbständigkeit. Zweierlei insbesondere soll der Arbeitgeber nicht antasten: Die Koalitions- und die Wahlfreiheit des Arbeiters. — Zur Wettinfeier wird eiue Festgabe darge boten : die Porträts unseres erlauchten Königspaares, welches in weißem Atlas, auf schwarzem Untergrund liegend, gepreßt sind. Die Porträts haben Prome- na'denformat und sind zum Stellen eingerichtet. Die Buch- und Kunsthandlung von Ernst Engelmann, Dresden, Waisenhausstraße 18, hat Exemplare da von zum Verkauf und Ansicht im Schaufenster aus gestellt. Dieselben werde» einen ebenso schönen als wohlfeilen Schmuck jedes Zimmers wie öffentlichen Raumes bilden. — Der geschäftsführende Ausschuß des Deutschen Sängerbundes hat an den Nieder-österreichischen Sängerbund in Wien folgende Zuschrift gerichtet: „Liebe San^esgenossen! Das schwere Leid, welches mit seinem Kaiferhause alle Angehörigen der österrei chisch-ungarischen Monarchie betroffen hat, legt uns namens des Gesamtansschusses des Deutschen Sän gerbundes, namens der Sängerbrüder im Deutschen Reiche die Pflicht auf, unseren Saugesgeuvssen in Oesterreich-Ungarn das herzlichste, tiefgefühlte Beileid kuudzugeben. Ein harter Schlag hat unsere Freunde und Bundesgenossen wie ein Blitz aus heiterem Himmel uiedergeworfen, er wird so rasch nicht ver wunden werden. Nehmt von uns die Versicherung, daß wir mit Euch trauern und klagen, daß wir mit Euch den unvermuteten, allzu frühen Hingang des