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MmMMMW Wochen- und Kachrichtsblnit zugleich WW-AiUM siir Hohnhorf, Rödlitz, Pernskrs, RNorf, St. KOien, heimiihsart, MartkNi! uns Wsen. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. --——— ——— ——— — »».Jahrgang. ——— — — Nr. 36. Dienstag, den 12. Februar 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!- Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagesereignisse. * — Lichten st ein, 11. Februar. Im Kauf männischen Verein hielt am Sonnabend abend Herr Schuldirektor Rudolph aus Chemnitz einen Vortrag über: „Der Meister im Schiller'schen Liede von der Glocke als Erzieher seiner Gehilfen, ein Vorbild für die Meister unsrer Z. it". Der geschätzte Herr Redner (ein Geburtskind unsrer Stadt) sprach über das Schiller'sche Werk mit tiefinnerster Begeisterung und erläuternden Worten über eine Stunde lang, und wurde seinem Vortrag von den Anwesenden reicher Beifall gespendet. —* Aus allen Gegenden unseres engeren und weiteren Vaterlandes kommen Nachrichten über einge tretene Verkehrsstockungen im Bahnbetriebe infolge der Schneestürme in den letzten Tagen. Besonders heftig wütete der Sturm in Niederland, während das Gebirge weniger davon zu leiden hatte. Nachdem be reits am Freitag und Sonnabend viele Linien der sächs. Bahn nicht mehr frei waren, oder wenigstens Stunden lang der Betrieb eingestellt werden mußte, waren auch am Sonntag abend noch folgende Linien wegen Schneeverwehungen unfahrbar: Leipzig-Halle, Annaberg-Weipert, Riesa-Nossen, Oschatz-Döbeln, Marienberg-Reitzenhain, Falkenstein-Eich, Naundorf- Großenhain, Höhlteich Stollberg. * — Am Sonnabend vormittag warf der heftig wütende Sturm eine nach Rüsdorf gehende Frau mit dem Tragkorbe um, wodurch derselben der Inhalt über die Böschung des Weges hinabfiel. Hinzneilende halfen der betreffenden Person wieder ihre Ware mit znsammensuchen. * — Bernsdorf, 11. Februar. Gestern Sonntag abend wurde vom Militärverein „Kamerad schaft" im Saale des Nötzold'schen Gasthofes ein Familienabend veranstaltet, welcher allgemein Anklang fand. Sämtliche dabei Mitwirkenden, welche durch Gesang und Vorträge den Anwesenden angenehme Unterhaltung spendeten, errangen den größten Beifall. DieBeteiligung war so zahlreich, daß viele Besucher wegen mangelndem Platzwieder nach Hause gehen mußten. Sogar die oberen Lokalitäten, welche an den Saal anschließen, waren vollständig in Anspruch genommen. — Für die gegen Unfall versicherten Arbeiter sei hiermit der Hinweis gegeben, daß nach mehrfachen endgiltigen Entscheidungen des Rcichsversicherungs- amtes die Entschädigungspflicht einer Berufsgenossen schast für die Folgen eines Betriebsunfalles dann wegfällt, wenn der Verletzte einer ausdrücklichen ärzt lichen Anordnung zuwider, ohne Grund das Kranken haus verläßt, und wenn dieses Zuwiderhandeln nach glaubhafter, sachverständiger Versicherung zur Folge hat, daß der Heilungsprozeß, welcher sonst ein voll ständiger, jedwede Erwerbsunfähigkeit ausschließender gewesen wäre, derart unterbrochen wird, daß eine teilweise Erwerbsunfähigkeit zurückbleibt. Ist, wenn völlige Wiederherstellung des Verletzten von vornherein ausgeschlossen war, die Durchführung des Heilver fahrens durch Zuwiderhandlung gegen ärztliche An ordnungen vereitelt worden und infolgedessen ein höherer Grad von Erwerbsunfähigkeit hinterblieben, als nach Aussprnch des behandelnden Arztes mit Sicherheit zu erwarten gewesen wäre, so hat der Verletzte nur Anspruch auf Rente nach demjenigen Prozentsatz seiner Erwerbsunfähigkeit, welche bei un gestörtem Heilungsprozesse sich ergeben haben würde. Die teilweise, beziehentlich höhere Erwerbsunfähigkeit ist in solchen Fällen nicht sowohl die Folge des Be triebsunfalles, als vielmehr der freien Handlungs weise des Verletzten. rohgemut den 100. Geburtstag ihres Meisters eiern, so können sie es in der Zuversicht thun, daß Erfindung Anleihen gemacht haben, be- ie unerschöpfliche Lebensfähigkeit und zu folgen imstande ist, das war ein wahrhaft ori ginelles und geniales Werk. Man denke, was es heißt: 140 bis 160 Worte in der Minute, so viel spricht ein schneller Redner, deutlich und lesbar aufs Papier zu werfen! Babelsberger hat die Freude gehabt, sein Werk anerkannt zu sehen; auf seine jetzige Verbreitung in ganz Deutschland, auf seine Uebertragunq auf alle lebenden Sprachen wagte der bescheidene Meister wohl kaum zu hoffen. Von seinem Lebenslauf ist nichts Besonderes zu sagen: er lebte und starb in München als bairischer Se kretär und Landtagsstenograph, 60 Jahre alt. Er war einer der edelsten und schlichtesten Menschen, die je gelebt haben. Persönlich hatte er wohl keinen einzigen Feind. An Entbehrungen hat es ihm zu keiner Zeit gefehlt; er hatte eben so viel, daß er nicht gerade Not litt. Unermüdlich hat er an der Vervollkommnung seiner Schrift gearbeitet, namentlich nach der Richtung hin, daß sie an Stelle der jetzt noch üblichen Kurrentschrift trete. Hierfür sind seine Jünger thätig. Der hervorragendste war der von ihm nach Dresden empfohlene Wigard. Das königl. stenographische Institut zu Dresden, dem später der Geh. Rat Haepe Vorstand und das jetzt der Reg.- Rat Krieg leitet, hat wesentlich dazu beigetrageu, die Gabelsbergersche Eilschrift in Sachsen einzubürgern. Dresden ist jetzt die Hauptpflegestätte der Eilschrift Babelsbergers; dieser allein gehört die Zukunft; alle späteren Systeme, die doch nur von der Gabels- bergerschcn Erfindung Anleihen gemacht haben, be sitzen nicht die unerschöpfliche Lebensfähigkeit und die Zukunftsbedingungen dieser Kurz- und Eilschrift. einer „Redezeichenkuust"; er bildete seine Kurzschrift weiter aus, vervollkommnete sie von Landtag zu Landtag und zog eine Reihe von Schülern heran. Seine Erfindung ist eine durchaus originelle. Die in Frankreich und England üblichen Stenographen systeme, die aus geometrischen Linien und Bogen be ruhten, verwarf er und baute seine Kurz- und Eil schrift auf den kleinsten Teilzügen der gewöhnlichen Schreibbuchstaben auf. Wie er aber diese verwen dete und verband, wie er, ohne tiefere Kenntnis der Sprachgesetze, mit dem sicheren Instinkt des echten Genies, seine Schriftzngsverbindungen den Sprach gesetzen anschmiegte, wie er mit der schriftlichen Darstellung der Wortstämme, Vor- und Nachsilben verfuhr, wie er, dem Satzbau folgend, Kürzungen der Worte vornahm, sodaß der mit seiner Lehre Vertraute und darin Geübte dem schnellsten Redner seine Kunst dereinst nicht blos das Gemeingut aller Gebildeten, sondern die Schrift aller Schreibenden sein wird. — Zur anstandslosen Bewältigung des bis in die jüngste Zeit in fortwährender Steigerung be griffenen Personenverkehrs, ferner zur Herstellung neuer und verbesserter Zugsverbindungen auf den sächsischen Staatseisenbahnen sollen, wie die „Leipz. Ztg." berichtet, mit Eintritt des künftigen Sommer fahrplanes eine größere Anzahl neuer Züge einge legt werden. In der am 7. Februar in Dresden abgehaltenen Sitzung des sächsischen Eisenbahnrates machte nach dem genannten Blatte die Generaldirektion der Staatseisenbahnen Mitteilung über die beabsich tigten Zngsvermehrungen, welche demnächst dem Königl. Finanzministerium zur Genehmigung unter breitet werden sollen. Die wichtigsten der neuen Züge sind die folgenden: 1. Aus der Linie Leipzig- Hof ein uener Expreßzug 9 Uhr vormittags ab Leipzig, 1 Uhr mittags in Hof, mit direkter Fortsetzung nach München und Ankunft daselbst etwa 8 Uhr abends. In entgegengesetzter Richtung wird ein neuer Expreß zug gegen 3 nachmittags aus Hof, mit Anschluß 8 Uhr früh aus München, abgehen und schon kurz nach 6 Uhr abends Leipzig erreichen. 2. Auf der Strecke Dresden-Reichenbach werden ebenfalls zwei neue Expreßzüge, an die Leipzig-Hofer Züge anschließend, eingelegt mit Abfahrt gegen 8 Uhr früh ab Dresden und Ankunft daselbst 8 Uhr abends. 3. Von Leipzig nach Dresden über Riesa wird ein beschleunigter Personenzug gegen 2 Uhr nachmittags abgehen und in Dresden-Altstadt an den 4 Uhr 25 Minuten nachmittags nach Teplitz und Prag abgehenden Per sonenzug anschließen. 4. Von Dresden nach Leipzig über Döbeln wird abends gegen 8 Uhr ein beschleu nigter, nur an den größeren Orten Aufenthalt neh mender Personenzug abgelasseu und etwa VU1 Uhr abends in Leipzig eintreffen. 5. Auf der Strecke Riesa-Dresden kommen neue Abendlokalzüge, 6 Uhr abends ab Riesa und 8 Uhr ab Dresden zur Ein legung, ferner ist beabsichtigt, abends gegen 10 Uhr einen Omnibuszug von Wurzen nach Leipzig und 11 Uhr abends von Leipzig nach Wurzen zurückzu befördern. 6. Vom Dresdner Bahnhofe in Leipzig wird früh 6 Uhr ein neuer Personenzug nach Wurzen abgelassen, welcher von dort über Nerchau nach Großbothen weiterläust, hier wendet und über Grimma, Naunhof 10 Uhr vormittags Leipzig wieder erreicht. Ferner werden 7. auf den Strecken Dres- den-Tharant, 8. Pirna-Dresden, 9. Dresden-Rade berg neue Lokalpersonenzüge eingelegt. Im Anschluß au die unter Punkt 1 genannten Expreßzüge werden 10. neue Lokalzüge zwischen Zwickau und Werdau geschaffen und 11, soll die Strecke Limbach-Wittgens- dorf abends gegen 8 Uhr neue Lokalzüge zum An schluß an die Chemnitz-Leipziger Kourierzüge in Wittgensdorf erhalten. 12. Die Strecke Kieritzsch- Borua-Frohburg, sollen im Anschluß au den 6 Uhr 40 Minuten abends ans Leipzig abgehenden Personen zug eine Personenbeförderung bekommen, ebenso 13. die Strecke Großbrannshain-Ronneburg eine Früh- und Abcndzugsverbindung. 14. Auf der Altenbnrg-Zeitzer Bahn kommen mehrere neue Züge zur Einlegung; 15. zwischen Niederschlema und Schneeberg sind neue zeitige Abendzüge und 16. zwischen Lengenfeld und Oelsnitz neue Frühzüge beabsichtigt. Außer einer be trächtlichen Anzahl Verbesserungen bestehender Zugs- Verbindungen, namentlich am Vormittag zwischen Kottbus und Dresden, sollen auch einige Linien, da- — Am 9. Febrnar feierten viele tausend ' Und wenn gegenwärtig die Jünger Babelsbergers Menschen in Deutschland und außerhalb desselben ' ' "" ° " in dankbarer Verehrung den hundertjährigen Geburts tag eines genialen deutschen Meisters, Franz Laver Babelsberger, des Erfinders der deutschen Steno graphie. Die Eilschrift, von ihrem Erfinder Rede zeichenkunst genannt, ist keine jener blendenden Er findungen der Neuzeit, etwa wie Blitzschrift und die Fernsprache. Wer im Parlamente die Eilschreiber den Rednern die Worte vom Mnnde wegfangen und mit ihren flinken Fingern auf Papier in wunder lichen Zeichen festhalten sieht, ist mir zu leicht geneigt, dies als eine untergeordnete Handfertigkeit zu be trachten. Und doch hat die Gabelsbergersche Eil schrift erst bewirkt, daß wir Deutschen uns des Wertes unserer verfassungsmäßigen Zustände bewußt wurden. Als in Baiern 1818 eine Verfassung ein geführt wnrde, empfand es der in München am 9. Februar 1789 geborene Ministerialsekretär Ba belsberger als Bedürfnis, eine Schrift zu besitzen, welche den im Landtag gehaltenen Reden zu folgen vermöchte. Im Landtage von 1819 machte er die ersten Versuche mit dein von ihm erfundenen System