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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumeraeionS- Prei« 22; Sgr. (j Lhlr.) vierteliährllch, 3 Thlr. mr da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Lheüen der Preußischen Monarchie. a g a für die Man pränumerirt auf dieses Beiblatt der Allg. Pr. Stams» Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohrin - Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im AuSIande bei den Wohllöbl. Post - Acmtcrn. Literatur des Auslandes. 120. Berlin, MittwoKMn 5. Oktober 1836. Frankreich. Frankreich nnd der Französische Hof im Jahre lötil. Nach der Schilderung eines Nenetianischen Gesandten.') — — — — Ich habe Eurer Durchlaucht das ganze Kriegswesen des Französische» Reiches geschildert, aus welchem cm Theil seiner Macht beruht. Mil ihrem Krieg-Heer Haden die früheren (Französischen) Könige schon vor langer Zeit, unseres Gedenkens aber Franz I. und Heinrich II., oft große Unternehmungen ausgeführt nnd den größten Fürsten Furcht und Achtung eingestößt. Dieses Reich war zur Ber einigung und Zettheilung der Kräfte anderer Potentaten immer so ge schickt und geeignet, wie kein anderes. Daher muß man glauben, daß Frankreich an und für sich sehr mächtig scv, und daß diese wilde Na tion (keoonv oentv) nicht bloß ihr Land bei jeder Gelegenheit wacker vertheidigen, sonder» auch jeden anderen Staal leicht sich unlcrwersen könne, so ost sie weniger rasend (kurios») und in ihren Unternehmun gen kaltblütiger ist, auch in ihren Heeren bessere Ordnung walten läßt. Die Franzosen sind von Natur stolz und hochfahrend und, wenn sie etwas unternehmen, sehr ungestüm; daher man ihren ersten Anlauf schwer bestehen kann. Sie müssen nach der Methode des Quintus Fabius Maximus besiegt werden, der den Feind durch Zögern über wältigte. Aus dieser Ursache schreibt schon Livius, die Franzosen (Gallier) sehen zu Ansang des Kampfes noch mehr als Männer, im Verlause desselben aber noch weniger als Weiber, vcrmmhlich darum, weil in ihren Heeren viel Raserei und wenig Zucht isi. Besäßen sic Kampslusi und Sin» sllr Ordnung zugleich, so würden sie Wunder thun. Ei» großer Theil der Unordnung schreibt sich aber daher, daß sie Beschwerden und Ungemach nicht lange aushalten, wie die Erfah rung so ost gelehrt hat. Das gewöhnliche Einkommen des jetzigen Königs von Frankreich (Karl s IX.) beläuft sich aus ungefähr sechs Millionen Goldes. Er er hält selbiges thcils von seinen Lomainrn, von denen jetzt viele ver- psändcl sind — thcils besteht cs au« den Zehnten des Klerus, aus Zölle» uud Abgaben, auS ordenNichcii Snbsidien, vcrkauslcn Acmtern und Forsten, ans konsiszirlc» Gütern Vertriebener, die in Frankreich sterben u. s. w. Zn Zeiten der Noth oder des Krieges erhöht er die Abgaben, vervielfacht die Zehnten und borgt sich Geld, zum Theil auf Zinsen, wie diese Krone noch lürzlich gethan, weshalb sie über IS Mil lionen Golde« schuldet. Hieraus ersieht Eure Durchlaucht, daß es dem Könige nie an Geld fehle» kann, da die Liebe und der Gehorsam des Volkes so groß sind und das Land so reich und fruchtbar ist. Die Geistlichkeit'erlegt immer das Meiste, und zwar mit Recht; denn von 13 Millionen Goldes, die, wie ich oben gemeldet, ans den Erzeugnissen Les ganzen Landes gewonnen werde», gehören der Kirche allein 6 Mil lionen, den Krongülcrn ^Millionen uud den Fürsten, Baronen u. s. w. das klebrige. Die Ausgaben der früheren Könige, vor Allen Franz des Ersten, pflegte» bedeutend zu sehn; denn noch ungerechnet die gewöhnlichen häuslichen Ausgaben, den Gehalt der Räche, Statthalter u. s. w., ver wendete dieser Herr viel Geld auf Bauten, Juwelen, Privat-Vergnü gungen und andere Dinge. Die Bauten habe» schöne Summen gc- kostcl; dessenungeachtet darf man wohl keck behaupte», daß wenig Ür- thcilskraft dabei gewaltet habe; von den viele» Palästen, dic ich in Frankreich gesehen, und die mit Sorgfalt zu Wohnungen Seiner Ma jestät und des Hofes eingerichtet sind, ist kein einziger in preiswürdigcm architektonischen Stil erbaue. Um aber aus dic Ausgabe» znrückzukom- men, so Hot man diese jetzt, ,Heils wegen des zarten Alters des Königs und thcils ob der erheblichen Kron-Schulden, sehr eingeschränkt; auch alle Einkommen, die man Verschiedene» zutbeille, sind vermindert und die überflüssige» Ausgaben abgeschaffi worden. Um dieser Ursache willen bat die Ausgabe der Kronc Anno 1361 nur vicrichalb Millionen Goldes betragen. Man darf demnächst hoffen, daß der König in ein paar Jahren alle Schulde» bezahlen und seines gewöhnlichen Einkommens vollkommen M-ister sehn werde. Es giebt hier eine Versammlung der drei Stände, die das ganze Reich rrpräseniirl; diese Versammlung hat sehr große Gewalt und kann die Königliche Gewalt beschranken. Die Verhandlungen derselbe» be- -) Aus.dessen »»gedrucktem Berichte, fragmentarisch mitgetheilt in dem liicoglUvrc Na»«»». treffen viele und wichtige Dinge, als da sind: Herbeischaffung von Geld und Kricgsvolk, Vermehrung oder Verminderung ter Lasten und Aus lagen, Abschaffung der Mißbräuche, gute Einrichtung des Kriegswesens und der Rechtspflege u. s. w. Sic verbessern die Fehler der Regie rung, «eise» dem Sohne oder den Brüdern des Königs dic Regierung an, bestimmen Art nnd Weise der Verwaltung, wenn der König min derjährig ist — kurz, sic bespreche» Alles, was zur Erhaltung und Ruhe des Staates nothwendig. Doch trete» diese drei Stände nur seltc» zusammen; auch ist dies in langer Zeit nicht geschehen, ausge nommen Anno 1860, unter Franz II., wo cs in Sachen der Religion geschah. Da cs nun Stoff zu vieler Betrachtung wäre nnd große Zeit er forderte, wenn ich jetzt die Kräfte de« Französischen Staates mit denen aller übrigen Staaten und Reiche zusammrnflellen wollte, so werde ich die anderen Vergleichungen bei Seite lasse» und sür's erste nur König Philipp'« nnd seiner Staaten zu diesem Zwecke gedenken. Der jetzige katholische König ist aus dem Kaiserlichen Hanse Oester reich, welcher Staal so viele Herrschaften, Reiche und Länder geerbt hat, die aber fast alle von einander getrennt liegen. Der allerchrist lichste König besitzt ei» einzige«, aber'sehr anSgedchntes und dabei in sich abgeschlossenes Reich. Die Einkünfte des Ersteren betragen fünf Millionen Goldcs und die Ausgaben sechs Millionen. Der Letztere hat sechs Millionen Einkommen und viel weniger Ausgaben. Jener muß i» Zeilen ter Noth mit großer Schwierigkcil, vermittelst Auslagen und Lasten, Geld auftreiben: dieser erhall durch dieselben Mittel, so viel er nur will. Die Unlerthanen jener Majestät sind reicher und hoch- müthigkr; die Unlerthanen dieser sind bercilwilliger zu Opscrn im Dienste ihre« Herr» und gehorsamer. Spauicn Hal Gold-Bergwerke in seinen Europäischen Slaalen und dergleichen in Indien (Amerika); Frankreich Hal nur Eisen-Bergwerke; allein c« wird eine Menge Goldes imporlirt. Spanien ist im Ganzen ei» unsruchlbarcS Land, in welchem c« wenig große Slädle, wenige Flüsse und wenige Bequemlichkeiten giebt; Frank reich aber ist ein sehr fruchtbares Land, voller Städte und Schlösser, voller Flüsse und Bequemlichkeiten jeder Art. Dic katholische Majestät ist der allcrchristlichsten im Seekriege überlegen; diese aber bat viel bessere Reisige, als die erstere; und auch ihre Infanterie steht der Spanischen nicht sehr nach; denn das Fußvolk au« der Gascogne be sitzt nicht weniger Bluth und Gewandtheit, als da« Spanische. Auf solche Weise kann man die Kräfte dieser beide» großen Machthaber im Allgemeine» ermessen und vergleichen. Auch wissen wir au« Erfahrung, daß Karl V., der sonst ein so großer nnd glücklicher Herr war, »ach vielen Siegen durch einen König von Frankreich besiegt worbe» ist; und Hal dieser König selbst bald hernach in großer Gefahr geschwebt. In den letzten Kriegen war das Glück immer wechselnd und bald der eine», bald der andere» Majestät günstig. Da nun die Macht dieser Beiden sehr groß ist, so dars man wohl annehmen, daß sie, vereinigt wirkend, der ganzen Welt furchtbar würden. Da« Aller des König« ist erst vierzehn Jahr; derselbe Hal ein hitzi ges nnd trockenes Naturell, nnd seine vorherrschende Neigung sind Waffen, Pscrdc und Krieg. Er Hal ein blasses Gesichl und eine vcr- hältnißmäßig große und wohl proportionirle, aber etwas schmächtige Gestalt. Seine Leibe«-Hebungen sind Lanzenbrechcn, Reiten, Fechten Jagen u. s. w. Auch liebt er allerlei Handarbeiten, besonder« das Ma len und Gravircn. Was seinen Eharakter betrifft, so kann man wohl sagen, daß er ein echter katholischer Ehrist sev; so ist er auch wohl gesittet, ein Feind der Laster, großmüibig, leutselig und freigebig. Er besitzt eitlen hohen und lebendigen Geist. Seine Studien umfassen weltliche Dinge rmd Sprachen, vorzüglich die Lateinische und die Jialiänilchc. Von dem Könige habe ich genug gesagt; ich werde in derselben Ordnung dic Kö nigin nnd den König von N»v»rra schwer». Die Königin von Frankreich — sie heißt Katharina von Medici — ist eine gcbornc Florentinerin und von sehr edlem Geblütk. Sic war eine Nichte Papst Lco's X. und Clemens VII. heiligen Andenken«. Als der Papst im Jahre 1333 in Marseille mit König Franz zusam- menlraf, wurde sic Heinrich, dem zweiten Sohne des genannten Franz, zur Ehe gegeben. Dieser war damals Herzog von Orleans und wurde später, unter dem Name» Heinrich II., König von Frank reich. Der Leib der Königin blieb in den ersten Jahren unsrncht- bar, dann aber gebar sic nach gerade fünf Söhne und drei Töch ter. Sie steht jetzt im Ersten Jahre, ist hitziger und sanguinischer Natur, zum Kriege, zur Jagd und zu andere» Strapazen aufgelegt.