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WScbrmllch cruhchun die! Nunimern Pränumeration^ Preis 22^ Tzr. (,' THU.) lnert.'tiährtich, 3 Tbtr. sür das ganze Jahr, ohne Sr- döhung, in allen Lheitcu der PceuSischcn Monarchie. für die Man vrane-.meinn ans diescS Beiblatt der Altg. Pr. L mAS- Zeitung in Berlin in der Errebilien (Mohrin - Sicase Nr. 34); in der Prcviu; so wie ini Auslände dei de» Wobllöbt. Po» - Aemlern. Literatur des A usla u d e s. Berlin, Mo »tag den 19. Scplcmbcr 183(». England.' Zur Ecschlchtc dcS Ballett. (Nach dem die» NomNl? > Weher kömmt cs, daß das jetzige Ballet, dieser so vcrs«u,'nc, glän- zcudc und kostbare Theil unserer Vergnügungen, doch nur, nach dir Meinung so Vieler, den zweiten Rang cinnimmlk Denn wenn cs auch durch tic jetzt allgemeine Bcncmumg „Tanz" herabgewürdig! ist, wenn auch schon seit mehreren Zähren sein Inhalt und demzufolge auch seine äußere Gestalt sich zu seinem Nachtheilc veränderlc, so fragen wir dort,, ob es in seiner wahren Vollkommenheit nicht eben so vic! Genie, Kraft. Wissen und Fertigkeit erfordert, als tic besten Sanger besitzen oder anwendrn wollen; und vielleicht wirkt die Vereinigung von Musik, Dekoration, Kostüm und Handlung eben so mächtig ans dicjenigcn In, schauer, dec fähig sind, ein Ballet unscrer Tage zu beurlhcstcn, wir «ne Over aus den ansgebildcicn Musiker, lind man kann wohl mit Recht bcgaupien, daß das Ballet sehr vielen Menschen, und besonders denkt!, die in den schone» Künsten gerate nicht ausgebildet sind, aber alle Anlage» zum guten Geschmack besitzen, ci» »och höheres Vergnü ge» gewährt, als die Over; den» Malerei und Tanz haben den Ver zug vor alle» aiidcrc» Künste», daß stc allen Nature» zusage» und Aller Ange» aus sich ziehen, „trin schönes Gemälde", sagt cincr uusercr besten Schriftsteller iiber diesen Gegenstand, „ist nur eine Kopie ter Nalur; rin vollendetes Ballet ist die Nalur selbst, aber durch alle» Schmuck, den die Knust ihr verleihe» kann, verschönert. Wenn ein Gemälde mich «»zückt, wc»» ich bei seinem Anblick mich bewegt suhle und mein Gc- müth erregt ist, wen» die Farbe und der Mnsrl des geschickten Künst lers meine Sinne so täuschen, daß ich die Nalur vor nur zu scheu, ihre Sprache zu hören und ihr zu antworten glaube, um wie viel licscren Eindruck muß cs aus mich machen, wcu» ich »och crgrcifcnderc Dar stellungen durch die handelnde Kraft meiner Nrbcmncnschc» hcrvorgeru- srn sehe. Solche labende, beständig wechselnde Gemälde müssen 'wohl ans tie Einbildungskraft eines Jeden wirke», den» nichts erweckt in dem Menschen lebendigere Thcilnahme, als der Mensch selbst." Die Wahr heit dieses Ausspruches siudei mau in den Worte» des Horaz: ..blogniu^ irr'lGnt uni,na«" u. s. w. bestätigt; er behauptet, daß äußere vrindrücte sich dcr Seele schneller und lebendiger sogar durch das Auge, als durch das Ohr mitlheilen. Auch ist es ein nicht weniger wichtiger Umstand, Laß, wenn die Balletmnsik mis angenehm erregt, hier die Handlung, statt der Worte des Op«»IcrtcS, dcr Melodie ihre Erklärung und Be deutung giebt. I-n dem Eine» ist die Handlung das vorherrschende Prinzip, in den: Anderen nur die Worte in Veibindung mit de» Töne». - , Die Paulomimc (unser jetziges Ballet)", sagt dcr philosophische Arteaga, „ist dic stumme Sprache der Handlung, von dem menschliche» Schärfst»» erfunden, uni unsere Vergnügungen zu vermehren und lwischcu Mechchm und Mensche» eine neue Art der Mitthcstnng zu gründe», dic der Worte nicht bcbars." Er stellt sogar tie Beredsamkeit der Gc- bridi» höher, als dic dcr Sprache; einmal führt er zum Beispiel dafür Tarsuinius an, der, als cr mit den Eesandlcn im Garten spazieren ging) statt aller Antwort aus ihre Frage», im Gehen cincn Mohnkops »ach dem andere» abhicb; dann «zäh» cr die »och trcffcndcrc Anek dote von der Indische» jungen Schön«,, dic, als sic einst von ihrcm Geliebte» nm dic Ursache ihrer häufige» Seufzer befragt wurde, demsel ben ihre Lerdeuschaft entdeckte, sich aber dies schwere Lckennt»iß dersel be» erfharlc, indem sic ihm cinc» Spicgcl verhielt, damit er sein Bild darin.sehe. Doch wir haben nicht »ölbig, die Schönheit dcr Geber- dcnsprache zu bewcisen; unsere Aufgabe ist cs, ihren Fortgang, als öffcul- lichc Unterhaltung, zu zeige». Frankreich kann als nährende Muller dieser Kunst bewachtet wer de»; aber dem Genie eines Mannes, eines Schweizers, war es äufbe- hallcn,' sic zu ihrcr jetzige» Vollkommenheit zu crhebcii; dicscr Man» war Novcrre. Er gab dem Tanze den Charakter der Poesie,'dm Aus druck des Gefühls. Ehe wir zu dcr Geschichte seines siuscnwciscn ForlschrcitcnS über gehen, wollen wir eine leichte Skizze von dcr Natur scincr wahren Ele mente cnlwcrfm. Der Tänzer muß auch die mechanisch«! Theile seiner Knust inne habe», sic bestehe» i» dcr Glcichmäßigkcil und Eleganz des Gamzes; in dcr Präzision dcr Ausführung dcr Tänze, in dcr Gcwalt, alle» Muskeln mit einem Male Stillstand zu gebiete» und dcn ganzen Körper i» starrer Unbeweglichkeit zu erhallen, dann wieder wie durch eine» clcklrischr» Schlag die Glicdcr in Bewegung zu setze» und durch graziöse, enmuthigk Slcllunacn das xngt des Zuschauers zu erfreut». Um gut zu tanzen, muß dcr Körpcr sich fest und ruhig balle», während Füße und Glicdcr dic Pantomime aussübrc»; den» wenn der Körper ter Bewegung dcr Füße folgt, so entfallet er eben so viel dem Auge unangenehme gezwungcnc Biegungen, als seine Füße Pas aussühren. Dcr Tanz ist tau» aller Harmonie, Gc»anigkcit, Festigkeit und Grazie, mit einem Worte, aller dcr Schönheiten beraubt, die so »ölhig sind, tarnst er Vergnügen und Frcudc gewähre. Dies sind die nöthigtn Ele mente, um ihm den Ausdruck des Gesühls zu gebe»; eine endlose Mischung von verworrenen Schlitten, Schwierigkeit dir Au-sühruug und zu komplizirle Bewegungen zerstören dic Sprache des Tanzes. Das Lallet ist tau» ci» Drama, in welchem ter Tauz nur als cjn Mittel gilt, tcu Gang der Handlung, dic Leidenschaft und Poesie anszudrücken; cs ist ci» Drama, welches, die Hülse dcr Spracht verwerseub, nur um so mehr Energie und Kraftaufwand voll seinen anderen Organe» fordcit. Beim erste» Blicke erscheint es uns sonderbar, daß tic Tragödie sür teil sich am beste» zum Tanze eignende» Gegenstand gehalten wird; wcu» es aber darauf ankönunl, durch dc» Inhalt des Stückes da» Gcmülh zu erregen, so sind immcr dic beste» Mittel dazu diejenige», tic den mcistc» Theater-Effekt hervorbringcu. Die Schwierigkeit be ruht aber nicht allein barm, die Hauptrollen des Ballets richtig zu vcrthrilcn; auch die untergeordneten Nebenpallicen müssen ihre rechte Stelle cinncbmcn; dic Figuranten müffcn in dic Handlnng cingrciscn, nicht durch dic Darstclluug svmnirlrisch gcortuctcr, aber nichtssagender Grupvirungcn, sondcrn durch tcu lcbcutigcn Ausdruck ihres Tanzes, dcr die Aufmerksamkeit ter Zuschauer rege Srhält und dem Inhalt dcs Ganze» entspricht, Das ist dic Theorie dcr Composiüon und Handlung dcs Ballets. Nun kommen wir zu den sür rille» Autor deffelbcu nölbigc» Eigen schaft«,. Wenn man schon von I>r. Johnson behauptet, baß cr sciuc Anforderungen au dic Fähigkeiten und Kenntnisse eines Poeten zu hoch spannt, was soll«! wir daun von cincm Manne sagen, der noch viel mehr von einem Ball«meister (er selbst war der Erste sein« Zeit) ver langt k Keunlniß dcr Gcschichtc, dcr Mhlboiogie, dcr allen Porste und Chronologie müssen, seiner Meinnng »ach, die Haupt-Grundlage» sciucs Wissens bilden. bind in dcr Thal, sügtc cr hinzu, unser Erfolg bcrubr allciu aus ccr Ausbildung in dc» höbcrcn Wisscuschaslcn. Deshalb müssen wir das Genie sür Malerei und Sinn sür Poesie in uns ver einigen, wcil der ganze Reiz unserer Kunst nur iu dcr vollkommcucti Nachahmung ter Nalur besteht. Einc leichte Kenntnis; dcr Gcomktcic kann nur vortbcilbaft und nützlich scvn, dcnn mu ihrer Hülfe kann dcr Ballctlurisicr dic Enlf«nungcn genau bcrcchncn uub seinen Gruppiruu- gen das lichligc Ebenmaß geben. Auch muß cr selbst ein «fahrcncr Mechaniker sehn. Well» er sich immer mehr vervollkommnen will, so niuß cr dic Bialerri studircu, dcn» bcide Künste habr» densclb«! Zwcck vor Aitgen; sch es, »m dic Llchnlichkeilcu aufznnehiucn und sic aus dcr Lciuwaiib fesizuhallcu, oder dic Farbe» zu mischen und dic Figur«, richtig »cbcn cilialldcr zu orducu, ihn«! clcgautc'Nttilütcu, Ausdruck und Lc- ben zu gcbcn. Und nun wägc ich noch zu bchauptcu, daß ciuigc Kcnnt- liiffc in dir Auaiomic nur dazu dicucu kouncu, den Unlercichl, den cr scincu Elercu gicbt, dcitllichcr und verständlicher zu machen; cs wird ihm dann lcicht ncrdcn, dic durch Gewohnheit culsiandcncn Fchler von dcn natürlichen Mängeln ihrcr Gestalt zn unlerschcideu. Ein Ballet- nicister, dcr cs in der Musik nicht weil gebracht hat, wird nicht in den Geist und Charakter derselben cingehrn; 'die Bewegungen seiner Tänzer werden das Tempo nicht mit so unnmgänglich nothwenbiger Zartheit und Präcision bezeichnen; cs scv dc»n, daß ec mit jcncr Fcinhcit dcs EchörS bcgabt scv, die kiel eher cin Geschenk der Nalur, als Resultat der Knust ist und hoch über aller Fertigkeit, die man durch lauge Präris und anhaltenden Fleiß erlangen kann, steht, Das ist noch nicht Alles — Decoralionen, Kostüme und Bc- lenchkung sind Gegenstände, die seiner Wahhund Sorgfalt anvcrlraut sind. Er innß nicht nur daraus sehen, daß sie dcr Vorstellung angc- mrsscu sehen, ihre Formen und Farben müssen blenden, mit einander Har moniken, in einander verschmelzen. Novcrre bchanplct, daß die richti gen Verhältnisse dcr Enlscruungcn dazu vici blitragcn, und bcwcisi durch' Beispiclc dcn glücklichen Erfolg dcr Altsübung dcr von ihm au'gcstcllt«! Prinzip!«!. Wir habt« geschcn, wic nach allen seinen Vorschriften mit bcwundcrnngswürdigcr Genauigkeit, wenn auch nicht durch da» Talent des BallelmcisterS, doch durch die Bcmühimgcn dcr ausgezeich netsten Künstler unserer modcinen Bühne gchanbclt wird. So weil reichen Novcrrc'S Forderung«:. Nun wolle» wir dcn Zustand dcS Ballcts, chc dicscr große Verbesstrer custral und in dem Bctrch'ckchn srmer Kraft dcr Kunst 'cin weift« Frlb zum Forischrcilc»