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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. irei Haus, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten, Post- Um«^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht Kein Ampruch auf Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingefandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beMegt. für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpiris: die 8geipa!tene Baumzeile 20 Apsg., di« ^gespaltene Zeile der amtlichen Dekannimschungen 1v Beicht Pfennige, die 3gespaltene Sieklamezeile im textlichen Teile 1 AWK. Nachweifungsgeblihr 2V Beichspsennig«. Dor» geschricdcneErscheinnngL' ec av»« „ tage und Pladvorschriste- werden nach Möglichkeit N^rUfpreÜ)Lr. AM! tWtlTdrUsf 9lp. v berücksichtigt. Anzeigen^ annahmcbisvorm.lvUhr. Für die Süchtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. JederSiabattantpruch erlischt, wenn Ler Betrag durchs Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 68 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Po sticht: Dresden 2640 Montag, den 21. März 1932 Gesperrte Grenzen. Solch eine Entschließung wie etwa folgende: „Die Neichsregierung wird ersucht, sich mit äußerster Energie unseres Außenhandels anzunehmen", ist zwar sehr schnell gesatzl, deckt sich auch mit einer der zahlreichen „Forde rungen des Tages", gehört vielleicht auch zu den wichtigsten dieser Forderungen — aber sie sagt nun leider nicht, was eigentlich gegenüber der Tatsache geschehen soll, daß alle Staaten der Welt gegen unsere Ausfuhr mit immer höher werdenden Zollmauern, Einfuhrbeschränkungen, ja Ein fuhrverbote bekämpfen. In der ganzen Welt gilt ja heute handelspolitisch nur noch ein einziger Grundsatz: Jeder Staat will an die andern möglichst viel verkaufen, von den andern aber möglichst wenig kaufen. Dieses Prinzip wird aber nicht bloß von den Staaten verfochten, die einfach darauf angewiesen sind, daß Hre Handelsbilanz zum mindesten ausgeglichen ist, sie also aus dem Ausland nicht mehr einführen, als sie an das Aus land verkaufen. Sondern auch jene Staaten bekämpfen die Einfuhr, die gewaltige Guthaben im Auslande besitzen, dem Ausland in größtem Umfange Anleihen oder Kredite gegeben haben und die Zinsen dafür erhallen. Das ist von Frankreich, Holland, der Schweiz, übrigens auch von England und namentlich Amerika aus geschehen. Deutsch land hingegen muß für das Geld, das es sich vom Aus lande geliehen hat, jährlich etwa 1400 Millionen für Zins- und Amortisationsverpflichtungen zahlen. Da wir kein Geld erzeugen können, muß diese Bezahlung in Waren erfolgen — oder, wie es früher bei der Tributbezahlung geschah, durch Aufnahme neuer Schuld. Aber jetzt pumpt uns niemand im Ausland noch etwas. England z. B. war bis vor kurzer Zeit unser bester Kunde und wir der seinige. Jetzt hat es auf einen Teil der deutschen Ausfuhrwaren Zölle gelegt, die diese Waren in England einfach nicht mehr verkäuflich machen. Weitere Schwierigkeiten für den deutschen Absatz er wachsen aus der Schwäche des englischen Pfund Sterlings, — natürlich auch überall dort in der Welt, wo die deutsche Ware mit der englischen konkurriert. In den nordischen Ländern sind aber die Währungen im Gefolge des Pfund Sterlings auch „schwach" geworden. Und zu dieser „Währungsschwäche", die ihrerseits wieder die staatliche Devisenzwangswirtschaft erzeugte, kommen dann noch die erwähnten allseitigen Zollerhöhungen und sonstigen Einfuhrerschwerungen. Aber es gibt noch weitere Schwierigkeiten, mit denen sich jetzt sehr eingehend das PräsidiumdesReichs- verbandes der deutschen Industrie beschäf tigte und die grundsätzlicher Natur sind. England be schwert sich nämlich aufs heftigste darüber, daß Deutsch land sich zu einigen Abwehrmaßnahmen entschloß gegen das sogenannte „Valutadumping" ausländischer Waren in Deutschland. Infolge der Schwäche des Pfund Sterlings kann England z. B. seine Kohlen nach Deutschland viel billiger verkaufen als früher. Hier hat die Reichsregierung eingegrifsen nicht durch Zoll- crhöhung, sondern durch Verkleinerung des Kohlenein- fuhrkontingents, also der zulässigen Einfuhrmenge. So fort hat England losgeschrien, das sei ein Bruch des Handelsvertrages. . Und droht mit Vergeltungsmaß nahmen. Es ist aber doch nur Tatsache, nur allzu richtig, wenn der Reichsverband der deutschen Industrie feststellt, daß durch die Einführung der Maßlos hohen Schutzzölle in England überhaupt die Grundlagen unseres Handels vertrages mit diesem Land verschoben wurden zuungunsten Deutschlands; denn dort war ausdrücklich vereinbart worden, daß jedes Land bei der Abänderung seines Zoll- larifes auf die Interessen des anderen Rücksicht genom men werden soll. Aber was geschah? Die deutsche Tuch- ausfuhr nach England z. B. ist durch die neuen Zölle glattweg totgeschlagen worden und Deutschland hat bis her auf die Einfuhr der englischen Tuche bei uns keinen höheren Zoll gelegt, — mit dem „Erfolg", daß die eng lische Tuchausfuhr nach Deutschland aus die vierfache Menge gestiegen ist. Weil eben immer noch das alte, dumme Vorurteil besteht und leider vielfach geradezu genährt wird, die englischen Tuche seien besser als die deutschen Feingcwebe. Daß trotz allem im Februar die Ausfuhr deutscher Fertigwaren nicht hinter der des Januar zurückblieb, ist erstaunlich, ist auch ein Beweis für die Qualität der deutschen Erzeugnisse und der deutschen Arbeit, die sich trotz der gewaltigen Schwierigkeiten üi^all in der Welt durchsetzten, — aber auch dies kann die stärksten Besorgnisse nicht vermindern, daß der vom Ausland ge führte Kampf gegen die deutsche Ausfuhr schon sehr bald unserm Außenhandel noch tiefere Wunden schlägt. Und ein geringer Trost dieses Kampfes aller gegen alle ist es, daß alle Staaten bei diesem allmählichen Abwürgen des Welthandels schwersten und ständig noch wachsenden Schaden in und an ihrer eigenen Wirtschaft erleiden. Zeppelin nach Südamerika aufgestiegen. Friedrichshafen, 21. März. Nachdem das Luft- schtss „Graf Zeppelin" cm Montag um 0.25 Uhr aus der Halle gezogen worden war, ist es um 0.33 unter Führung von Dr. Eckener zu seiner ersten diesjährigen Südamerikasahrt aufge stiegen. Eine neue StenllnntvmMW. Wann wird das Vier Niger? Die Notverordnung über Bier st euer und Aussuhrscheine. Der Reichspräsident hat eine Notverordnung erlassen, die Bestimmungen über Biersteuersenlung, Real steuersperre und sonstige steuerliche sowie Wirtschafts- und zoll politische Maßnahmen enthält. Der erste Teil der Verordnung bezieht sich auf die Senkung der Btersteuer. Die Aufteilung des zu senkenden Betrages zwischen Reichs- und Gemeindebiersteuer ist nun mehr in der Weise erfolgt, daß eine Senkung der Reichsbiersteuer um 3 Mark vorgenommen worden ist, und zwar werden die bestehenden Steuersätze gleichmäßig um den Betrag von je 3 Mark gekürzt. Diese Kürzung bedeutet für den untersten Steuersatz eine Er mäßigung um 32 Prozent, für den höchsten Steuersatz eine solche um 25 Prozent. Mit der Steuersenkung ist zwangsläufig verbunden eine Ermäßigung des Steuersatzes für aus dem Ausland eingcführtes Bier von 12 auf 9 Mark. Die Gemeindebicrsteuer ist grundsätzlich um 40 Prozent gesenkt worden. In den zahl reichen Fällen, in denen sie bisher 10 Mark oder 7,50 Mark betragen hat, wird sie künftig 6 Mark oder 4,50 Mark betragen. Wo die Gemeindebiersteuer bisher 5 Mark betragen hat, wird sie künftig 4 Mark betragen. Zur Entschädigung der Ge meinden, in denen die Biersteuer zu senken ist, stellt das Reich 28 Millionen Mark bereit, hiervon erhalten die Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern 24 Millionen und die Ge meinden mit weniger als 5000 Einwohnern 4 Millionen Mark. Was das Inkrafttreten der Biersteuersenlung anlangt, so hat die Reichsregierung ursprünglich dafür den 20. März in Aussicht genommen. Dabei war aber ausdrücklich erklärte Voraussetzung, daß bis dahin zwischen dem Reichs kommissar für Preisüberwachung und den beteiligten Kreisen (Brauereien und Gastwirtes eine Einigung über die Bierpreissenlung zustandegekommen war. Diese Einigung ist bisher nicht er zielt worden, obwohl die Reichsregierung sich mit einer Bier preissenkung von 12 Pfennig pro Liter einverstanden erklären Will. Deshalb kann die Biersteuer noch nicht sofort gesenkt werden. Es ist nunmehr also Sacke der Brauereien und Gast- wirtcvcrbände, über Ausmaß und Art der Preissenkung unver züglich diese Einigung mit dem Reichskommissar für Preis überwachung herbeizuführen. Die ebenfalls in Aussicht genommene Senkung der Branntweinmonopolabgabe mußte noch ausge setzt werden, um die Biersteuersenkung so schnell wie möglich den beteiligten Gewerben und den Verbrauchern zugute kommen zu lassen. Die durch Notverordnung vom 1. Dezember 1930 an- geordnete Realsteucrsperre erstreckte sich nur aus das Rechnungsjahr 1931; für das Rech nungsjahr 1932 war eine besondere Regelung Vorbehalten. Die wirtschaftliche Lage erfordert es, auch für dieses Jahr an der Realsteuersperre festzuhalten. Dem trägt der zweite Teil der Notverordnung Rechnung, so daß also für das Rechnungs jahr 1932 grundsätzlich eine Erhöhung der geltenden Real steuersätze ausgeschlossen ist. Im Interesse einer Belebung des Kraftverkehrs wird der Zuschlag zur Kraftsahrzeugsteuer für das Rech nungsjahr 1932 von 10 auf 5 Prozent ermäßigt. Die in der dritten Notverordnung den Landesregierungen erteilte, bis zum 31. März d. I. besristete Ermächtigung, bei den Spar- und Girokaffen die zu einer zweckmäßigen Gestaltung der Organisation er forderlichen Maßnahmen zu treffen, ist bis zum 30 September dieses Jahres verlängert worden. Der sechste Teil, zollpolitische Maßnahmen, betrisst das Einsuhrscheinsystem. Nach der Ver ordnung treten mit der in Art. 2 bestimmten Ausnahme mit Ab lauf des 31. März 1932 die Vorschriften des Zolltarifgesetzes über Einfuhrscheine außer Kraft. An ihrer Stelle kann hie Reichs- regicrung bestimmen, daß bei der Ausfuhr von Getreide und Hülsenfrüchten sowie Erzeugnissen daraus Be scheinigungen erteilt werden, die den Inhaber berech tigen, die gleiche Menge der nämlichen Warengattung zollfrei oder zu ermäßigten Zollsätzen einzuführen. Diese nunmehr als Ausfuhrscheine bezeichneten Bescheinigungen werden also nicht wie die Einsuhrscheine über einen bestimmten Werlbetrag, sondern über eine bestimmte Menge Getreide oder Hülsenfrüchte lauten und den Inhaber berech tigen, die gleiche Menge der gleichen Getreide- oder Hülsen fruchtart zollfrei oder zu ermäßigten Zollsätzen einzuführen. Lloyd Georges Wandlung Ein aufsehenerregendes Buch. London, 20. März. In seinem neuen Buch „Die Wahr heit über die Reparationen und Kriegsschulden" erklärt Lloyd George, der bekanntlich einer der Väter des Versailler Ver trages ist, daß die völlige Streichung der Reparationen nicht im Widerspruch zum Versailler Vertrag stehen würde. Die entsprechenden Klauseln des Vertrages ließen ausdrücklich die Möglichkeit einer Herabsetzung beziehungsweise Streichung der Reparationen bei Uebereinstimmung der betroffenen Regierun gen offen. Die Reparationen und Kriegsschulden sowie die fal sche Verteilung des Goldes und die hohen Zollmauern seien die Hauptursachen der gegenwärtigen Weltkrise. Lloyd Georges schildert unter anderem auch seine Rolle bei den Reparations verhandlungen in den Jahren 1919 bis 1921. Er betont, daß er die Schwierigkeiten, die sich der Leistung der damals festgesetz ten Reparationszahlungen entgegensetzten, vorausgesehen habe, daß jedoch der Druck der öffentlichen Meinung seinerzeit keinen anderen Weg offen gelassen habe. Lloyd Georges bezisfert den Gesamtbetrag der bis zum In krasttreten des Hoovermorcckoriums gezahlten Reparationen auf 1010 Millionen Pfund Sterling, wobei er die Besatzungs kosten und den Wert der abgetretenen Besitzungen mit einrsch- net. Er kommt zu dem Schluß, daß Deutschland nicht mehr be zahlen könne. Den einzigen Ausweg sieht Lloyd George in einer Aenderung der Haltung der Vereinigten Staaten. Er richtet in diesem Zusammenhang scharfe Angriffe gegen Ameri ka, das selbst bei einer Streichung der Kriegsschulden noch nicht annähernd so große Verluste durch den Krieg aufzuweifen ha ben würde wie etwa Frankreich und England. Wenn Amerika an seiner gegenwärtigen Politik sesthalte und sich einer Herab setzung der Kriegsschulden widersetze, so werde es allmählich seine Wirtschaft vollkommen zu Grunde richen, indem es sich selbst seiner besten Kunden, nämlich der europäischen Staaten, beraube. Amerika halte die Schlüsselstellung zu seiner eigenen und zur Wohlfahrt der ganzen Welt. Lloyd George empfiehlt, um Amerika entgegenzukommen, eine beträchtliche Herabsetzung der Rüstungen. „Eine große Gelegenheit", so schreibt Lloyd George, „erwartet die Welt in Lausanne. Wollen die Staats männer sie ergreifen, oder wollen fie fortfahren zu faseln?" Das Buch enthält eine Reihe interessanter, bisher unveröffent lichter Briefe von Staatsmännern, die mit der Reparations- und Kriegsfchuldenfrage zu tun gehabt haben. Lloyd George greift unter anderem Poincare aufs schärfste an. Er nennt ihn den französischsten aller Franzosen. Pvincares Ansicht von Deutschland fei die eines Heilsarmee-Häuptlings vom Teufel gewesen. Frankreichs Hintergedanken. „Moralisches" Führerrecht. Die Pariser Presse veröffentlicht eine anscheinend vow amtlicher Seite stammende Erklärung über die französische englischen DonaubunLverhandlungen, in der es unter an derem heißt, die bisherigen Verhandlungen ließen erhoffen, daß die Frage in einem für Frankreich günstigen Sinne geregelt werde. Frankreich und England seien die einzigen Länder, die über die notwendigen Mittel verfügten, um den Donaustaaten den wirtschaftlichen und finanziellen Wiederaufbau zu ermöglichen. Diese Tatsache allein gebe ihnen das Recht der moralischen Führung bei der Organi sierung des Donaubundes. Es gehe nicht an, daß fran zösisches und englisches Kapital lediglich dazu diene, die deutschen und italienischen Handelsbeziehungen mit den Donaustaaten zu fördern und auf diese Weise die Wieder aufrichtung des allen Mitteleuropas oder den Zusammen schluß des ehemaligen Dreibundes (!) zu begünstigen. England für tatsächlichen Wiederaufbau. An zuständiger englischer Stelle werden die in mittel europäischen Staaten aufgetauchlen Gerüchte dementiert, wonach einer der englischen Vorschläge für den Wiederauf bau der Donaustaalen aus eine Finanzkontrolle dieser Staaten durch die BIZ. hinauslause. Die englischen Stellen machen daraus aufmerksam, daß es keinen aus- gearbeitelen englischen Plan gebe. Die englische Politik unterstütze aber jeden Plan, der eine tatsächliche und greif bare Wiedererholung der Donaustaaten verbürge. Ohne Ordnung lein Geld. Außenminister Marinkowitsch kehrle aus Genf nach Belgrad zurück und gab bei seiner Ankunft bemerkenswerte Erklärungen über den von Tardieu geplanten Donaubund ab. Es sei ausgeschlossen, daß die französische Regierung Kredithil.se für Wien und Budapest in Erwägung ziehen könnte, solange in wirtschaftlicher Hinsicht im Donau becken nicht ein bißchen Ordnung gemacht worden sei. Schritt dreier LtnLerzsichnermächte in Kowno. Wie die Litauische Telegraphenagentur aus Kown« meldet, haben die Vertreter Frankreichs, Englands unk Italiens jeder im einzelnen der litauischen Regierung einc Verbalnote überreicht, in der darauf hingewiesen wird, daß die Bildung des Direktoriums Simmat, das das Ver trauen des Mcmclländischen Landtages nicht erwarten könne, zu den von Dr. Zaunius in Genf am 20- Februar abgegebenen Besprechungen im Widerspruch stehe. Aus diesem Grunde würden die Unterzeichnermächte gezwungen