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V/LLLLMWLEL ^ZTNNR^ Vie „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen y2v Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag i» Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Nr. 80. Sonntag, den 5. Juli 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, Juli 1903. — Das am vergangenen Donnerstag abend im Garten des Friedrich-Wilhelms-Baües ab gehaltene I. Abonnements-Konzert der Radeberger Stadtkapelle unter persönlicher Leitung des Herrn Musikdirektors Eckenbrecht erfreute sich eines äußerst zahlreichen Besuches. Die zu Gehör gebrachten Musikstücke sanden ungeteilten Beifalls und sah sich daher die Leitung veranlaßt dem reichhaltigen Programm mehrere Einlagen hinzuzufügen. Kassenbewegung bei der Sparkasse zu Otten - dorf-Moritzdorf im Monat Juni 1903: 10662,60 M. Vortrag vom vorigen Monate, 2882,94 „ neue Spareinlagen in 45 Posten, 119,71 „ vereinnahmte Zinsen von aus geliehenen Kapitalien, —,30 „ Erlös für einkass. Einlagenbuch. 13665,55 M. Sa. der Einnahmen. Hiervon ab: 544,24 M. Zurückgezahlte Spar einlagen in 6 Posten, 5,61 M. Gewährte Stückzinsen, 8300,— M. Ausgeliehene Kapitale bez. erk. Wertpapiere '—,60 M. Slempelkosten. 8850,45 M. 4815,10 M. Kassenbestand am Schlüsse des Monats Juni. Seit Bestehen der Kaste, 1. November 1902, sind insgesamt 56,344 M. 95 Pf. auf 237 Einlagenbücher eingezahlt worden. — Der Bezirksausschuß der königlichen Amts hauptmannschaft Dresden-Neustadt lehnte wegen Mangelnden Bedürfnissen das Gesuch des Haus besitzers Hä nsel in Seifersdorf um Erlaub nis zum Ausschank von Äpfelwein in einem überdachten Vorraume des Grundstückes Kataster- Nummer 92 daselbst ab. — Alle Untersuchungen über die Zusammen setzung der Bevölkerung Sachsens nach Geschlecht, Aller und Familienstand haben ergeben, daß sich hieran im Laufe der Jahrzehnte wenig ändert. Nach den bisherigen Beobachtungen steht von der sächsischen Bevölkerung etwas über die Hälfte im Alter bis zu 25 Jahren, nahe zu ein Drittel im Aller von 25 bis 50 Jahren; nur eine verhältnismäßig kleine Zahl, noch nicht der sechste Teil aller Bewohner, hat das 60. Lebensjahr überschritten. Die Geschlechts- verhällniste der sächsischen Bevölkerung sind seit der ersten Volkszählung im Jahre 1832 bis zum Jahre 1900 fast konstant geblieben, denn von je 100 Personen waren im Jahre 1832 48,55 und im Jahre 1900 48,58 männlich. Hinsichtlich des Familienstandes sind insofern kleine Verschiebungen eingctreten, als besonders Mährend der letzten 20 Jahre die Ehefrequenz für beide Geschlechter etwas gestiegen ist. Der Promillesatz der Verheirateten betrug bei männ lichen Personen 1880 369,4 und 1890 382,9, bei weiblichen Personen 1880 349,6 und 1900 362,7. Die Zahl der Witwer hat sich ver hältnismäßig verringert, die Zahl der Witwen dagegen um ein weniges erhöht. Näheres über die Zusammensetzung der sächsischen Bevölkerung Nach Geschlecht, Alter und Familienstand auf grund der Volkszählungsergebnisse vom 1. De zember 1900 enthält eine Abhandlung über diesen Gegenstand von Regierungsassessor Dr. Wächter in Hcfl 3 und 4 der Zeitschrift des Königlichen Statistischen Bureaus vom Jahre 1902 (Seite 157) Die darin befindlichen Übersichten der Bevölkerung nach dem Alter Und Familienstande weichen von den entsprechen den Veröffentlichungen früherer Volkszählungö- ergebniste insofern ab, als neuerdings nicht nur die drei Großstädte Dresden, Leipzig und Chem nitz, sondern alle Städte mit revidierter Städte- vrdnung als selbständige Verwaltungsbezirke aufgeführt worden sind. Der Verfasser der Arbeit hofft, damit den Verwaltungsorganen der reichsgesetzlichcn Invalidenversicherung in Lachsen einen Dienst geleistet zu Huben- — Die schon längere Zeit anhaltende Hitze 'teigerte sich in den letzten Tagen in einer Weise, vie wirs sonst in hiesiger Gegend nicht ge wöhnt sind. In den Mittagsstunden kletterte die Quecksilbersäule im Thermometer auf 30 Grad Celsius — und das im Schatten. Fast unerträglich war die Hitze, die auch der Land mann nicht gern sieht. Er hofft von einem zum andern Tage auf kräftige Niederschläge. Wenn nicht sofort ein Umschlag eintritt, so werden wir bald Getreideernte haben, aber das Getreide wird zum Teil notreif sein und die Körner werden wenig wiegen. Auch die ab gemähten Wiesen leiden und sehen vertrocknet und gelb aus. Aus allen Teilen des Reiches kommen Nachrichten über ungünstige Folgen dieser Trockenheit, deren Wirkung wir tagtäglich in Feldern und Gärten selbst wahrnehmen können. In Unterfranken ist das Futter nahezu verloren, die Wiesen sind ausgedorrt und die Gerste kann nicht wachsen. Aus den Korn kammern Bayerns, der fruchtbaren Donau hochebene und einigen niederbayrischen Bezirken lauten die Berichte ebenso trostlos. — Über den Geschäftsbetrieb der Ver steigerer hat das Ministerium des Innern be merkenswerte Bestimmungen getroffen. So wird ihnen der Betrieb der Gast- und Schank wirtschaft, des Kleinhandels mit geistigen Ge tränken, des Trödelhandels und des Pfandleih - gewerbes untersagt. Sie dürfen Sachen, die ihnen oder ihren Angehörigen oder ihren An gestellten gehören, nicht versteigern, auch ist ihnen das Versteigern von Sachen, die zum Zwecke der Versteigerung angefertigt oder auf gekauft sind — mit Ausnahme von Vieh -— untersagt. Aller auf Täuschung des Publikums abzielenden Handlungen oder Unterlassungen Haden sie sich zu enthalten. Insbesondere ist verboten das Entfernen oder Verändern von Fabiikbezeichnungcn, trügerisches Anpreisen der Sachen, Zulassung von Scheinbielern, die die Sachen versteigern sollen, Zulassung von Per sonen, die andere vom Mit- oder Weiterbieten abhaltcn. Das Verabreichen geistiger Getränke im Versteigerungsraum ist während der Ver steigerung nicht statthaft. Die Versteigerer dürfen bei von ihnen abgehaltenen Versteiger ungen weder selbst noch durch Dritte Waren erstehen. Auch ihren Angehörigen dürfen sie das Mitbieten nicht gestatten. Dresden. Seine Majestät der König be gab sich gestern vormittag 9 Uhr 50 Minuten mittels Sonderzugs nach Meißen, um dieser Stadt einen Besuch abzustatten und um an der 360jährigen Gründungsfeier der Fürsten- und Landesschule St. Afra teilzunehmen. Die An kunft Sr. Majestät des Königs erfolgte bei prächtigem Wetter auf - Station Triebischlal. Hier wurde der Monarch, in dessen Begleitung sich die Herren Staatsminister Dr. v. Seyde witz und Dr. Rüger, Oberstallmeister v. Haugk und Flügcladjutant Major Freiherr v. Welck befanden, vom Bürgermeister Dr. Ay und Regierungsasfessor Dr. Heerklotz empfangen. Die Schulen, Vereine und Innungen bereiteten dem erlauchten Herrscher in den schön geschmückten Straßen einen herzlichen Empfang. Die Rück kehr erfolgte nachmittags halb 3 Uhr mittels Sonderzugs. Dresden. Der in der Nacht zum Donners tag einem Transporteur während der Eisen bahnfahrt zwischen Kötzschenbroda und Radebeul aus dem Zuge entsprungene Kutscher Wollvurg ist bis jetzt noch nicht wieder eingefangen worden. Er war ein Genosse des hier in Untersuchungshaft befindlichen Kellners Kurth. Beide waren auf einer Diebesreise durch Deutsch land begriffen und hatten sowohl Leipzig als Dresden heimgesucht. In Dresden verübten sie zwei Einbrüche bei deren letztem Kurth ver haftet wurd , Wollburg aber entkam. Am zweiten Tag darauf gelang auf die Nachforsch ungen der hiesigen Kriminalpolizei hin seine Verhaftung in Berlin, von wo seine Über führung nach hier erfolgen sollte, auf der er aber entkam. Die Flucht des Diebes läßt auf eine außergewöhnliche Verwegenheit des Ver brechers schließen. — Der Eisenbahnrat hatte für seine am Donnerstag abgehaltene Sitzung noch einen nachträglich eingegangenen Antrag auf die Tagesordnung gesetzt, betreffend die Wieder einführung der beiden beschleunigten Personen züge auf der Linie Leipzig-Riesa-Dresden; ab Leipzig 10 Uhr 15 Min. vormittags, ab Dresden 10 Uhr abends- Diese beiden Züge verkehren während des Sommers und an Sonn tagen und sollten im Winterfahrplane gänzlich in Wegfall kommen. Großenhain. Der unter dem Verdacht der Herbeiführung des Eisenbahnunglücks bei Dreb kau verhaftete Zimmergeselle Jägel hat, dem „Kottbuser Anz." zufolge, dem Staatsanwalt endlich ein Geständnis abgelegt. Falkenberg. Der 19 Jahre alte Töpfer geselle Oskar May aus Pulsnitz, geboren zu Kamenz i. S., welcher, wie wir s. Z. berichteten, den Handlungsgehilfen, späteren Kuhhirten Wegehaupt im Neulönnewitzer Walde überfiel, ihn durch 13 Messerstiche in Kopf und Gesicht schwer verletzte und ihn sodann beraubte, wurde vom Schwurgericht Torgau zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Leubnitz. Hier verübte dieser Tage ein Vierzehnjähriger eine fast unglaubliche Roheit. Er hatte sich mehrere Tage planlos umher getrieben und nachts unter freiem Himmel ge schlafen. Freitag früh stieg er gegen 7 Ühr durch ein Fenster in eine fremde Wohnung und lötete dort, nachdem er alle Kisten und Kasten durchwühlt hatte, fünf junge, erst einige Tage- alte Hühnchen dadurch, daß er sie in einen nut Wasser gefüllten Eimer hielt. Dann nahm er zwei in einem Käfige sitzende Singvögel heraus und warf sie wiederholt auf den Boden, bis sie tot waren. Unter Mitnahme von Brot und anderen Gegenständen verließ er hierauf das Haus. N. wurde festgenommen und dem Amtsgerichte Werdau zugeführt. Hoffentlich er hält der Bengel so kräftige Prügel, daß ihm die Freude am Mm den wehrloser Geschöpfe ein- für allemal vergeht! Posta bei Pirna. Hier wurde in einem nach der Elbe zu gelegenen Steinbruche eine anscheinend den besseren Ständen angehörende unbekannte Frau mit eingeschlagener Schädel decke tot aufgefunden. An der linken Hand trägt die Tote einen Ehering. Ein Unglücks fall durch versehentlichen Absturz ist ausge schlossen, da der Bruch an seinem oberen Rande gut verplankt ist. An einen Selbstmord will man aber um deswillen nicht glauben, weil oberhalb des Bruches in der Nähe der Ver- plankung Fußeindrücke im Erdboden bemerkt wurden, welche auf einen daselbst stattgefundenen Kampf schließen lassen. An die Staatsanwalt schaft und den Gerichtöarzt ist sofort Anzeige erstattet worden. Mutzschen. Am Montag abend ist die 19jährige Tochter des Gutsbesitzers Moritz Schulze aus Fremdiswalde in Roda am Hitz- schlage gestorben. Leipzig. Von der Gendarmerie wurden im Vorort Möckern zwei Knaben von 8 und 9 Jahren aufgegriffen, die ziellos umherwanderten, nachdem sie ihre Heimat bei Wurzen verlassen hatten. Eine Schwester hatten die Knaben auf der Landstraße „verloren"; bar aller Mittel wurden die Kinder nach ihrer Heimat zurück transportiert. Zwickau. In der Mulde ist am Mittwoch abend in der Nähe der Militärschwimmanstalt der Soldat Gerber von der ersten Kompanie des hiesigen Regiments ertrunken. Die ganze Kompanie hatte zur Zeit des Unglücksfalles Schwimmübung. Gerber stammte aus Plauen. — Die Witwe Müller aus Schedewitz ver brannte sich beim Feuerunmachen in der Küche so schwer, daß sie ins Kreiskrankenstift über geführt werden mußte, wo sie bald danach verstarb. Reichenbach i. V. Vergangener Nächte ist das alte „Weiße Roß" an der Plauenschen Straße hicrselbst ein Raub der Flammen ge worden. Das Anwesen, welches bis in die 1860er Jahre Gasthofszwecken diente, war eine der wenigen aus weit zurückreichender Vergangen heit erhalten gebliebenen Besitzungen hiesigen Orts. Der Brand griff mit so großer Schnellig keit um sich, daß die Bewohner nicht viel mehr als das nackte Leben retten konnten. Plauen i. V. Wie schon kurz gemeldet, wütete am Dienstag in der Reichenbacher Straße, in einem allen, feuergefährlichen, fast nur von ärmeren Leuten mit zahlreicher Fa milie bewohnten Viertel, verheerendes Groß- feuer. Niemand weiß, wie das Feuer ent stand. Zuerst glichen zwei Häuser und ein Hintergebäude einer gewaltigen Flammensäule und man glaubte nach mehrstündiger Bekämpf ung die Gefahr der Übertragung des Feuers auf die anderen Gebäude sei beseitigt, als mit einem Male auch aus den anderen drei Neben gebäuden die Flammen schlugen und sich mit rasender Schnelligkeit verbreiteten. Die gesamte Bürger- und Pfüchtfeuerwehr arbeitete mit fieberhafter Tätigkeit, mehrere Hydranten, vier Saugspcitzen in der Nähe der Elster und eine der Trägersche» Lederfabrik gehörende Dampf spritze waren in Tätigkeit. Die Bewohner konnten nur mit Mühe gerettet werden. Viele Mühe verursachte die Rettung einer Wöchnerin, die tags zuvor einem Kinde das Leben geschenkt hatte. Unglücksfälle sind glücklicherweise nicht vorgekommen, mehrere Feuerwehrleute erlitten nur geringe Verletzungen. Einem großen ge waltigen Trümmerhaufen, aus dem noch Flammen züngeln und Rauch emporsteigt, gleicht heute die Brandstelle. Die Feuerwehr hatte während der ganzen Nacht zu tun. — Am Donnerstag vormittag um 10 Uhr fand im Gasthofe zu Reusa im Beisein des Herrn Amts- Hauptmanns Dr. v. Oppen, Oberbürgermeister Dr. Schmid, der Gemeinderäte und Schul vorstände die feierliche Einverleibung der Ge meinden Reusa, Sorga, Tauschwitz und Klein« fciesen in den Stadtbezirk Plauen statt. Plauen i. V. Unsere sonst so friedliche Stadt ist jetzt infolge der mehrfachen Streiks eine Stadt der Aufregung geworden. Man hat versucht, die ganze Lage als nicht so ge fährlich hinzustellen, aber es ist Tatsache, daß die Wogen der Erregung in allen hiesigen Kreisen von Tag zu Tag größer werden. Alle Ermahnungen, alle polizeilichen Maßregeln gegen über den streikenden Maurern, ihren Lohnkampf in Ruhe auszukämpfen, nützen nichts, im Gegen teil, die Streikenden werden immer dreister und lassen sich immer mehr zu strafbaren Handlungen Hinreißen. Ist es doch im Stadtteil Hasel- brunn vorgekommen, daß man mit Erfolg ver sucht hat, arretierte Streikende aus der dortigen Polizeiwache zu befreien. Die Arbeitswilligen sind tatsächlich ihres Lebens nicht sicher. Am Donnerstag abend kam es seitens der Streiken den wieder zu unerhörten Ausschreitungen. In den Aurichschen Bau drangen zwei Streikende ein, um die Arbeitswilligen zur Niederlegung der Arbeit zu zwingen. Vor dem Bau hatten sich etwa hundert Streikende zum Schutze der beiden Agitatoren angesammelt. Der Polizei gelang es, die beiden Agitatoren zu verhaften; es wurden am Donnerstag überhaupt wieder mehrere Verhaftungen vorgenommen. Unter drohender Haltung gingen die übrigen streikenden Arbeiter auseinander. Immer noch sind die Zugangswege von Streikenden besetzt, die Bauten werden umlagert. Es ist festgeftellt worden, daß mancher arbeiten würde, wenn er sich nicht vor Belästigungen und tätlichen Angriffen fürchten würde. Die Baugeschäftsinhaber forder ten die Maurer auf, am Montag die Arbeit wieder aufzunehmen. Wenn am Montag je doch nur ein geringer Teil der Maurer an die Arbeit zurückkehrt, dann wird sofort eine Ver sammlung der Baugefchäftsinhaber einberufen, in der die Aussperrung sämtlicher Arbeiter be schloßen wird.