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Die „Vttendorser Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,.20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inserat«« bi» vormittag w Uh». Inserate werden mtt w Pf. für di» Spaltzetlr berechnet Tabellarischer Satz nach be- sonderrm Tarif. ü/es. I Druck un- Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Nr. 120. Freitag» den 6. Oktober 1903. 4. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, 5. (Oktober ;,os. — Einberufung des Landtags. Das Gesamt» Ministerium erläßt folgende, vom 3. Oktober datierte Bekanntmachung: Se. Majestät der König haben beschlossen, die getreuen Stände des Königreichs Sachsen zu einem gemäß 8 115 der Verfaffungsurkunde abzuhaltenden ordentlichen Landtag für den 24. Oktober d. I. in die Residenzstadt Dresden einberufen zu lassen. — Das „Themnitzer Tageblatt" schreibt: Se. Majestät der König hat den Oberst marschall Grafen Vitzthum von Eckstädt zum Präsidenten der Ersten Kammer des Land» tages ernannt. Graf Könneritz, der bisherige Präsident, beabsichtigte schon im vorigen Jahr zurückzutreten und ließ sich nur auf König Georg« Bitten bewegen, nochmals trotz seine« hohen Alter« dieses wichtige Amt zu be halten. Graf Vitzthum hat zwei Königen, dem König Albert und dem König Georg gedient, er stand al» Hofmarschall an der Spitze der Königlichen Hofhaltung und genoß das höchste Vertrauen seiner königlichen Herren. König Friedrich August ernannte ihn zum Oberst marschall, wodurch er im ehrenamtlichen Ver- hältsnis zur Hofhaltung im allgemeinen und zum Oberhofmarschallamt im besonderen blieb. Als kaiserlich deutscher LegationSrat hat Graf Vitzthum an den Höfen in Paris, Petersburg usw, seine diplomatische Laufbahn absolviert. Mitte Oktober d. I. vollendet der neue Land tagspräsident sein 50. Lebensjahr. Die Reichsbank hat den Wechseldiskont aus fünf, den Lombardzinsfuß auf sechs Prozent erhöht. — Einschreibsendungen und Pakete. Um dem Publikum die Möglichkeit zu gewähren, in dringenden Fällen Einschreibesendungen und gewöhnliche Pakete auch mit Postbeförderungs gelegenheiten abzusenden, die sich außerhalb oder kurz nach Beginn der für den Verkehr am Postschalter festgesetzten Dienststunden dar- bieten, besteht die Einrichtung, daß derartige Sendungen, soweit die örtlichen Verhältnisse es gestatten, bei den Postanstalten außerhalb der Postschalterdienststunben eingeliefert werden können. Die näheren Bestimmungen hierüber enthalten die bei den Postanstolten aus- hängendcn Postberichte. Für jede Sendung ist «ine besondere EinlieferungSgebühr von 20 Pfg. im voraus zu entrichten. — Wie in Bayern, so verfügte auch die Verwaltung der Staatsbahnen in Württemberg Und Baden die Einführung der neunstündigen Arbeitszeit in den Bctriebswerkstätten der Staatsbahnen vom 2. Oktober ab. Sachsen Wird da mit einer entsprechenden Reform auch nicht mehr zurückbleiben können, Bei der Sächsischen Staatsbahn beträgt die entsprechende Arbeitszeit auf Hauptlinien noch 12 Stunden, auf Nebenlinien (allerdings selten) bis zu 16 Stunden und die höchste zulässige Arbeite st ist hier gar, aber nur selten, 16 Stunden. Die Arbeitszeiten in den sächsischen Betriebs- Werkstätten sind elfstündige einschließlich der Diittagazeit- -- Die Dächer zu prüfen ist jetzt von Kroßer Bedeutung. Nur eine kleine Oeffnung "der Spalte läßt Regen und Schnee in sachlichem Maße eindringen und befördert die "ässe und Fäulnis in den Räumen. Eine ^chtzeitige Ausbesserung erspart einen größeren Schaden, da die Fäulnis immer weiter frißt. Auch dje Gesimse sind einer Untersuchung zu verziehen, da sich kleine Nisse durch Regen "nd Frost vergrößern und später ganze Stücke ! dttausfallen, wie dies bekanntlich schon wieder- Mt der Fall gewesen ist. .Seifersdorf. Frau Gräfin Brühs ist am ! ^enstag früh auf Schloß Seiferödorf nach °dger, schwerer Krankheit verschieden. An der ^nte ihres Gemahls, des PatronatLherrn über Pfarrgemeindcn Scifergdors, Ottendorf und Schönborn, war sie eine Wohltäterin der Armen und Bedrängten. Die Verewigte war Vorsitzende des Gustav Adolf-Verein« für Frauen und Jungfrauen (Gruppe Radeberg.) den sie im Jahre 1893 gegründet hat. Klotzsche-KönigSwald. Trotz der herbstlich Wen und regnerischen Witterung hatte sich am Dienstag nachmittag zur Feier der Grundstein legung für die auf dem Kaiser Wilhelm-Platz im Ortsteil Königswald zu errichtende neue Kirche eine ansehnliche Festversammlung. Dit Feier wurde eingeleitet durch einen allgemeinen unter Musikbegleitung gesungenen Choral und Vorlesung eine« Psalms durch den Orts geistlichen Herrn Pfarrvikar Bundesmann, vorauf Herr Superintendent Kaiser von Rade- )erg die Weiherede hielt und in dieser besonders auch darauf hinwieS, welchen Dank )ie Kirchgemeinde iür das Zustandekommen riese» Baues ihrem jüngst verstorbenen ersten Ortsgeistlichen, Herrn Pastor Vogel schulde. Hierauf wurde die Grundsteinlegungsurkunde verlesen und in den Grundstein gelegt, wonach dieser unter Chorgesang geschlossen und durch Herrn Superintendent Kaiser mit den ersten Hammerschlägen geweiht wurde. Gebet und Segen und allgemeiner Choralgesang beschloßen darauf die Feier. Dresden. Die Düngerexportgesellschaft zu Dresden, deren Zweck in der Uebernahme der Räumung und Ausfuhr von Dünger und anderen Abfallstoffen der Stadt Dresden und anderen Orten und der Verwertung oder Beseitigung dieser Stoffe, sowie im Betrieb des FuhrgewcrbeS und der Landwirtschaft be steht, hat im Jahre 1890 mit der Stadt gemeinde Dresden einen Ende dieses Jahres ablaufenden Vertrag über die Grubenräumung und Ausfuhr von Dungstoffen im Stadtbezirk Dresden abgeschlossen. Die Gesellschaft be absichtigt nun, falls die Aktionäre einem mit der Stadtgemeinde Dresden aufs neue ver einbarten Vertrage nicht zustimmen, in Liquidation zu treten- In einer auf nächsten Sonnabend angesetzten außerordentlichen General versammlung soll darüber Beschluß gefaßt werden. Schwepnitz. Hier verunglückte der Telegraphenarbeiter Polster. Er arbeitete in beträchtlicher Höhe an einer Telegraphenstange die am Erdboden abbrach und mit Wucht zu Boden stürzte. Der innerlich schwer Verletzte wurde im Automobil ins Königsbrücker Krankenhaus übergesührt. Steinborn. Dem Lehrer Herrn Alexander Richard Gärtner hierselbst wurde für seinen „Lehrapparat für Mechanik" auf derGewerbe- uud Industrie-Ausstellung zu Görlitz die Silberne Medaille nebst Diplom zuerkannt. Kamenz. In der Linke'schen Mord angelegenheit fanden am Dienstag hier erneut Zeugenvernehmungen und Erhebungen durch den Untersuchungsrichter des König!. Land gerichts Bautzen statt. Zu einem Geständnisse ist bisher der schwerbelastete mutmaßliche Mörder Linke jedoch noch nicht zu bewegen gewesen. Großenhain. Auf dem letzten Uebigauer Schweinemarkte erregte ein Korb mit 6 Ferkel schweinen, sämtlich Mißbildungen, Interesse. 5 Schweine hatten keine Augen, eins ein Auge und eins drei Ohren. Also 6 Schweine mit (3 Ohren und nur einem Auge. Die sonst gesunden Tiere fanden pro Paar mit 40 bis 45 Mk. Absatz. Hosterwitz. Beim Passieren des Oberdeck dampfers „Hohenzollern" geriet in Hosterwitz ein mit zwei Ruderern besetztes Boot der maßen in die Wellen, daß es umschlug und die Insassen ein kühies Bad nehmen mußten. Der zur Hilfe abstoppende Dampfer konnte sehr bald seine Fahrt fortsetzen, da die beiden Ruderer durch Schwimmen sich und den Kahn nach dem Hostewitzer Ufer bringen konnten. Weinböhla. In der letzten Sizung de,s Gemeinderates wurde der Gemeindevorstand Nudelt Ermächtigung erteilt zur Absendung einer Petition an den Landtag um Weiter führung der elektrischen Straßenbahnlinie Dresden—Kötzschenbroda über Coswig—Wein böhla nach Meißen, Der Stadtrat zu Meißen, sowie die Gemeinderäte zu Niederau und Coswig sollen um Anschluß an die Eingabe angegangen werden. Bezüzlich der Zuschrift des Königl. Justizministeriums um StellungS- nahme wegen Einverleibung der Gemeinde Weinböhla in den Bezirk eines in Kötzschen broda zu errichtenden Amtsgerichts sprach sich der Gemeinderat für Beibehaltung der Ein- bezirkung Weinböhlas in den Amtsgerichtsbczirk Meißen au». Meißen. Am 30. September erschoß sich, wie kurz gemeldet, mit dem Dienstgewehr in der'Kammer des hiesigen Bezirkskommandos der Sergeant Wolf aus Scham darüber, daß er eine gerichtliche Strafe zu gewärtigen hatte. Wolf hat vor Jahresfrist eine Quittung über einen kleinen Betrag, bei welcher er sich um einen Pfennig geirrt (!) hatte, durch den dieses Jahr zur Reserve entlassenen Soldaten Scheune mann neu aufstellen und gleichzeitig die Unter schrift nachmachen lassen. Dieser brachte den Vorfall erst jetzt zur Kenntnis, weil er vom Sergeant Wolf wegen einer Dienstvernach- lässigung gemeldet worden war. Mohorn bei Meißen. Eine eigenartige Wendung in der auch von uns seinerzeit wiederholt erwähnten dunklen Affäre über den Tod der hiesigen Müllerstochter Helene Neu meyer hat die soeben abgeschloffene Untersuchung gegen den anfänglich wegen Mordes ver dächtigen 19 jährigen Stallschweizer Karl Otto Seltmann aus Bräunsdorf genommen. Die gerichtliche Untersuchung ist für Seltmann den Umständen nach sehr günstig ausgefallen. Er behauptete, er habe sich nur mit dem Vater des jungen Mädchens gestritten und dabei sei die Tochter durch einen Ruck von der Brücke ins Wasser gestürzt. Diese Behauptung konnte nicht widerlegt werden, und man mußte dem Angeklagten um so eher Glauben schenken, als die Sektion der Leiche ergab, daß der Tod durch Ersticken, also durch Ertrinken, eingetreten ist. Erdrosselung ist ausgeschlossen. Auch für eine Vergewaltigung des Mädchens hat sich kein Anhalt ergeben. Auf Antrag der Kgl. Staatsanwaltschaft ist nunmehr gegen Seltmann das Verfahren eröffnet und Termin schon für die nächsten Tage vor der 6. Strafkammer des Königlichen Landgerichtes zu Dresden an beraumt worden. Die Anklage lautet nur auf fahrlässige Tötung. Löbau. Ein Unglücksfall mit tödlichem Ausgang ereignete sich am Montag Nachmittag in Löbau in einem auf dem Neumarkt stehenden Hippodrom. Unter den Zuschauern befand sich auch der etwa neun Jahre alte Sohn des Gastwirts Klimpke. Ein Pferd schlug plötzlich aus und traf den Knaben so unglücklich an den Kopf, daß er sofort besinnungslos zu- sammenorach. Obwohl sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wurde, ist das Kind doch am Montag Abend gestorben. Wie von Augenzeugen berichtet wird, fall das betreffende Reitpferd geneckt worden sein. Bautzen. Der Kleinbahn-Zusammenstoß in der Adolfshüttte bei Lrosta-LamSke am 21. September hat nunmehr ein zweites Menschenleben gefordert, denn außer dem sofort getöteten Bremser Nitdircha ist nun auch der Lokomotivführer Joseph Feurer seinen Ver letzungen erlegen, die in anscheinend leichteren Rückenquetschungen an der Lendengegend be standen hatten. Reibersdorf. Hier ereignete sich am Montag Mittag dadurch ein Bauunglück, daß ein versteiftes und in die Höhe geschraubtes zweistöckiges Haus, dessen Fachwerk heraus- genommeu und durch Backsteinmauern ersetzt ^werden sollte, mit lautem Krach in sich zu sammen stürzte. Dai obere Stockwert siel mit dem Dach in das Erdgeschoß, wo sich der 46 jährige Maurer Kürschner au« Sommerau befand. Dieser wurde zu Boden geschleudert und geriet mit dem rechten Unterarm unter eine herabstürzende Scheidewand de« oberen Stockwerkes. Seine Kameraden eilten herbei, um den Verunglückten, der verheiratet und Vater von drei Kindern ist, hervorzuziehen. Bevor dies aber möglich war, mußten erst die Balkentrümmer, unter denen Kürschner lag, zersägt werden. Der Verunglückte wurde nach einer Klinik in Zittau übergesührt. Ob Kürschner außer Quetschungen und einem Armbruch noch innere Verletzungen davon getragen hat, war noch nicht festgestrllen, doch klagt der Patient über große Schmerzen. Der 57 Jahre alte verheiratete Maurer Mönch aus Sommerau, der im Moment des Einstürze» auf dem Dache des Hause« war, sprang herab und erlitt dabet Verletzungen an den Beinen, doch scheinen dies« weniger ernster Natur zu sein. Flöha. Vergangenen Sonnabend nach mittags gegen 4 Uhr ist auf dem Bahnhof« zu Flöha der Streckenarbeiter Schaufuß durch Ueberfahren verunglückt, wobei dem Bedauerns werten der linke Oberschenkel gänzlich ab getrennt wurde. Leipzig. Nach Mitteilungen vom Geschäfta- ührers des Plagwitzer Konsum-Verein» wird )er frühere sozialdemokratische Stadtverordnete Bock wegen seiner Manipulationen als Geschäft»- ührer des ehemaligen Connewitzer Konsum- Vereins vor dem Schwurgericht erscheinen müssen. Der Plagwitzer Konsumverein setzt m letzten Berichtsjahre 13092082 Mark um, d. h. 1006 736 Mark mehr als im Vorjahr«. Seine Mitgliederzahl stieg von 36684 auf 38354; der Höchstgewinn betrug 1295 321 M. von welchem 10 Proz. Dividende verteilt werden. — Am Dienstag nachmittag hat sich im Grundstück Schulgaffe 5 der am 23. Juli 1861 zu Crossen an der Oder geborene Gürtler Arnold mittels Cyankali vergiftet. Bald darauf hat auch seine Ehhefrau, die im Jahr, 1854 in Weida geborene Ida Emilie Arnold geborene Kluge Cyankali genommen. Während der Ehemann als Leiche aufgefunden wurde, wurde die Frau noch lebend nach dem Kranken hause St. Jakob übergeführt. Dort ist sie bald nach ihrer Einlieferung ebenfalls ver storben. Die Ehe war kinderlos. Wie »« heißt, sollen zerrütterte Vermögenüverhältnifle und auch unglückliches Familienleben den Anlaß zu den Selbstmorden gegeben haben. Geyer. Die Eisenbahnlinie Geyer—Ehren friedersdorf—Thum wird lant ministerieller Verordnung am 1. Mai 1906 eröffnet. Meerane. Ein 95 Jahre alter Handwerk»- bursche kehrte dieser Tage im Gasthaus „Stadt Dresden" ein. Der Mann, im Jahre 1810 geboren, war 22 Jahre in Amerika und 18 Jahre in Rußland. Seit langer Zeit aber „tippelt" er in der Welt umher und wird noch so lange „walzen" müssen, bi» der Er löser Tod ihn von seinem Erdenwallen abrust. Plauen i. V. Der etwa neun Jahre alte Erich Preßler bekam vor einigen Tagen von einem Unteroffizier eine Platzpatrone. Der Knabe klopfte die Patron« auf, diese ent lud sich und riß ihm zwei Finger der einen Hand ab. — Auf Plauen-Chrieschwitzer Flur ist am Montag Abend eine Strohfeime abgebrannt. Kurze Zeit später meldete sich bei der Polizei ein aus dem Bezirksarmenhause Altensalz ent sprungener Häusling als Brandstifter. Sein Plan sei es gewesen, lieber in» Zuchthaus zu kommen, als in« Armenhaus zurückzukrhren. Oberwiesenthal. Keil- und Fichtelberg waren Mittwoch früh mit hohem Schnee bedeckt. Im Laufe des Tages trat neuer Schneefall ein, so daß in den hiesigen höheren Lagen schon das Winterwetter herrscht. Da noch viel Getreide und Kartoffeln ans dem Felde stehen, sehen die Landwirte sehr traurigen Zesten ent gegen.