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Die „Vttendorfcr Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm» o»n Inserat«» bt, vormittag io Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzetle berechnet labellartscher Satz nach be sonderem Taris, Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkriüa. Lr. 118. Sonntag, den 1. Oktober 1903. 4. Jahrgang. LesehoHmchen. Die jksehillfticht« für 1905/6 können im hiesigen Gemeindeamt — Registratur — während den üblichen Geschäftsstunden in Empfang genommen werden. Ottendorf-Moritzdorf, am 28. September 1905. Der Geineindevorftand. Kertliches und Sächsisches. Vttendorf'Dkrtlla, ro. September z,os. — Am XV. Sonntag nach TrinitatiS, den 1. Oktober soll in der hiesigen Kirche der zweite gemeinschaftliche Abendmahlsgang der jenigen Christen stattsinden, welche am vorigen Ostern konfirmiert worden sind. An dieser Feier pflegen gern auch diejenigen teilzunehmen welche nach auswärts verzogen find- Selbst verständlich steht aber der Zutritt zu dieser Abendmahlsfeier auch allen übrigen Gliedern unserer Kirchgemeinde frei. — Zu den hohen und wichtigen Tagen für die weiten Volkskreise in Land und Stadt hat außer den großen Kirchenfesten u. a. auch stets der Michaelistag (der 29. September) gezählt. Der dem streitbaren Erzengel Michael, dessen Name oft das Kampfgeschrei tapferer Ritter und Reisige bildete, geweihte Tag galt von Alters her als Markt- und Termintag, als Herbstanfang, zu welchem nach der Ernte vielerlei Geschäfte abgewickelt, Ehegelöbnisse be siegelt, Bekanntschaften gemacht und die Gesinde- Verdingungen abliefen oder erneut wurden. Da» ist der Michaelistag auch heute noch, wenn auch in unsere: Zeit der Elektrizität und des Dampfes in vermindertem Umfange, viel fach geblieben. Im Walde ist nun wirklich alles rot und gelb geworden, was bis zum Herbstbeginn di, Farbe wechselt, während ja sonst da» Baumgrün noch immer recht kräftig der vorgeschrittenen Jahreszeit Widerstand leistet. Kommt nicht ein Reif, dann können wir noch manchen Tag die letzten Reste des sommerlichen GrünS schauen. — Was man beim Umzug nicht versämen soll. Ter Umzug mit seinem Trubel läßt viel fach über Kleinigkeiten hinwegsehen, deren Be achtung manche Unannehmlichteit erspart. Zunächst denke man rechtzeitig an di« Be stimmungen über polizeiliche An- und Ab meldung. Weiter ist zu beachten, daß alle die jenigen di« als Militärpersonen dem Beur laubtenstande angehören, dem zuständigen Bezirkskommando sofort von dem Wechsel der Wohnung Anzeige machen und ihre Papiere richtigstellen lasten müssen. Damit ferner beim Wohnungswechsel die Bestellung von Postsachen keine Verzögerung erleidet, empfiehlt e» sich, die neue Wohnung dem alten Post amt« anzugeben. Zu diesem Zweck« liefert jede Postanstalt unentgeltlich Formulare. Schließlich vergesse niemand, das Abonnement auf die Zeitung rechtzeitig zu erneuern und Mache auch dem Boten oder der Zeitungs expedition von dem Wohnungswechsel Mit teilung, damit die Zeitung pünktlich bestellt werden kann. — Briefliche Mitteilungen auf der Vorder seite von Ansichtspostkarten auf dem ganzen europäischen Kontinent. Ansichtspostkarten mi britflichen Mitteilungen auf der Vorderseite find jetzt im Verkehr zwischen dem ganzen europäischen Kontinent zugelasten. Wie wir Mitgeteilt haben, hatte das Reichspostamt mit sämtlichen europäischen Postverwaltungen Ver handlungen angeknüpft, um die Verschieden artigkeit der Bestimmungen über die Zulassung von Mitteilungen auf der Vorderseite von Bildkarten zu beseitigen Am 1- September wurden dennn auch diese Mitteilungen fast im ganzen europäischen Verkehr zugelaffen. Ab gesehen von Großbritannien, daß sich gänzlich ausschloß, konnte lediglich die niederländische Postverwaltung von allen europäischen dem Abkommen vorläufig nicht beitreten. Es geschah lies nur deshalb, weil eine derartige Ver günstigung dort auch im inneren Verkehr nicht »standen hatte. Das Fehlende ist jetzt nach geholt worden, so daß nunmehr auch im Ver ehr mit den Niederlanden fortan Ansichts postkarten mit brieflichen Mitteilungen auf der Vorderseite gegen die Postkarten laxe zugelasien rnd. Eine entsprechende Verfügung erging vom Reichspostamt an sämtliche Verkehrs ämter. — Zur Fleischteuerung liest man in einem vogtländischen Blatte folgendes „Eingesandt": „Dec Viehmarkt war trotz ungünstiger Witter ung mit über 200 Stück sehr schönen Rindern, nicht hoch im Preise, betrieben; cs fehlte aber an Käufern, sodaß die Verkäufer unbefriedigt wieder abzogen. Wie kommt es, daß die Landwirte, die das Vieh auf den Viehmarkt getrieben und dabei erhebliche Kosten hatten, nahezu das gesamte Vieh wieder nach Hause treiben mußten, weil fast keine Käufer da waren? So geht es uns Bauern oft! Und dabei die Fleischnot und die Fleischteuerung! Wie kommt das?" — Besseres Papier für Telegrammformulare wird vom nächsten Monat ab durch di« Reichs- postverwaltung auSgelegt werden, und zwar gelbes, glattes Papier. Das alte Papier war zu rauh und zu löschpapierartig, sodaß die Schriftzüge beim Schreiben oft zusammenliefen und dadurch Telegrammoerstümmelungen vor kamen. Außerdem sind die Postanstalten an gewiesen worden, mehr Sorgfalt als bisher auf die Schreibpulte und die Schreibgelegenheiten zu geben. Das Löschpapier der Schreibpulte soll ergänzt werden, sobald es unbrauchbar ge worden ist; ebenso sollen stets frische Tinte und gute Federn vorhanden fein, Dresden. Das hiesige Stadtverordneten- Kollegium wird sich in einer seiner nächsten Sitzungen mit der Beratung einer neuen Submissionsordnung für die Vergebung städtischer Arbeiten und Lieferungen beschäftigen. — Charakteristisch für die Grundstücks- Verhältnisse und die Verhältnisse zwischen Haus wirt und Mieter ist, so schreiben die „Dresdn. Nachr.", folgendes in einem hiesigen Blatte be findliches Inserat: „Achtung I Suche bei einem Hausbesitzer, der mir 2- bis 3000 Mark leiht ein Logis bis 250 Mark in Trachenberge oder Pieschen, bin selbst Hausbesitzer und in fester Stellung u. s. w." Also, um ein Logis im Mitpreise von 250 Mark an den Mann zu bringen, sollen erst gegen 3000 Mark ge pumpt werden. Die Lage der Hausbesitzer in Dresden ist unbestritten sehr mißlich; aber noch kecker scheinen manche Mieter zu sein, wenn sie auch anderwärts selbst Hausbesitzer sind. — Unter dem Begriff „Sport" verbirgt sich heute so mancherlei, was selbst der ge lindesten Kritik nicht standhält. So bilden auch — wie das „Berliner Tageblatt" auS- führt — die heutigen Dauer-Radrennen eigentlich nur «ine Variatänummer, die mit dem Sport nicht mehr allzuviel gemein hat; die Schrittmachermotore, die mit einem großen Windschirm versehen sind, reißen den Fahrer der sich unmittelbar hinter dem Schirm hält, mit sich. Diese Ansicht wird auch durch den zur Zeit in Berlin weilenden berühmten amerikanischen Dauerfahrer Walthour vertreten, der in einer Zuschrift an das genannte Blatt ausführt: „Es gehört viel Geld dazu, um sich einen großen Motor zu kaufen, der imstande ist, den großen Windschutz mitzuschleppcn. Der dahinter liegende Fahrer schläft förmlich und wird mitgezogen, ohne zu wissen, was vorgeht. Erst wenn ein Reisendefekt oder ein Sturz erfolgt, erwacht er aus seinem Schlummer. In Deutschland sucht heute ein Fahrer den anderen durch möglichst großen Windschutz zu übertreffen. Ein Rennfahrer, rer hinter einem großen Windschutz fährt, braucht nicht erstklassig zu sein, wie sein Konkurrent, der an seiner Schrittmachermaschine einen kleineren Windschutz angebracht hat. Er rraucht auch nicht so viel zu trainieren. In Frankreich hat die Polizei das Anbringen von Windschildern an den Führungsmaschinen ein- ach verboten, da die Stürze im vorigen Jahre genau so schlimm waren wie jetzt in Deutsch- and Einer nach dem anderen unserer besten Fahrer verunglückte tödlich. Danglard, Leander Zlkes, Karl Käser, Görnemann und auch jetzt der arme kleine Willy Schmitter. Ich für meinen Teil werde in Deuschland kein Rennen mehr hinter großen Motoren mit Windschutz restreiten. Ich glaube, es ist die höchste Zeit, daß nach diefer Richtung hin eine Aenderung gemacht wird, ehe weitere Unglücksfälle ein treten. Sollte es so weiter gehen, dann werden wir schon in zwei Jahren keine Dauerfahrer mehr haben. Ganz anders liegt die Sache bei Rennen hinter kleinen Motoren. Im Rennen hinter diesen, zeigt es sich ganz deutlich, wer der beste Fahrer ist. Der beste Mann im Felde wird stets der sein, der ein leißigeü Training hinter sich hat und es nicht 0 macht wie die deutschen Fahrer, die ihre Nächte dem Vergnügen opfern. Trainieren jeißt nicht, nur einige Runden jeden Tag auf )er Bahn zurücklegen, sondern auch ein regel mäßiges Leben führen. Also frühzeitig zu Bette gehen und früh aufstehen. Auch das Publikum kann keinen Gefallen mehr finden an Rennen hinter großen Motoren, da ein Kampf nicht mehr stattfindet. Nur der Fahrer kann diese Art Rennen siegreich beenden, der von seinem großen Motor gefchleppt wird, ohne daß Defekte eintreten. Ein Ueberholen bei einer solchen Teufelsfahrt ist gänzlich aus geschlossen." Klotzsche-KönigSwald. Dienstag den 3. Oktober findet die Grundsteinlegung zu der hiesigen neuen Kirche statt. Der Abmarsch des Festzuges nach dem Kirchenbauplatz erfolgt um 3 Uhr. Nach der Feier ist zwangloses Bei sammensein in Arndts Kurhaus, Moritzburg. Das Ausfischen der großen Moritzburger Teiche findet wie folgt statt: Am 5. und 6. Oktober der Frauenteich seitwärts der Moritzburg - Radeburger Straße, am 18. und 19. Oktober der Dippelsdorfer Teich und am 2. und 3. November der Schloßtcich. Niedersteina. Der mutmaßliche sieben fache Mörder Thomschke, der zur Zeit zehn Monate Gefängnis wegen begangerer Wechsel fälschung verbüßt, soll, wie verlautet, nach Ver büßung dieser Strafe auf freien Fuß gesetzt werden, da alle Schuldbeweise in der Mord affäre gescheitert sind. Neu-Sörnewitz. Hier stürzte am Diens tag Nachmittag bei einem Fabrikneubau infolge zu frühen WegreißenS des unter einem Ge wölbe befindlichen Gerüstes ersteres zusammen. Hierbei wurde der Maurerpolier Sommer schwer verwundet und ein Arbeiter erlitt mehrere Verletzungen. Zehista. Ein folgenschwerer Radfahrer unfall trug sich hier zu. Der Steinmetz Fleischer kam beim Ausbiegen vor einem Vieh transport mit dem Rade zu Falle, wobei er sich so schwer verletzte, daß er an den Folgen des Sturzes gestorben ist. Zittau. Ueber die Unterschlagungen des in Bautzen in Untersuchungshaft befindlichen Buchhalters Neustadt von der Zittauer städtischen Mühlstein-Fabrik in Jonsdorf verlautet, dc sich bisher ein Fehlbetrag von etwa 60000 M< ergeben haben soll. Das ist also mehr als das Doppelte der Summe, die Neustadt «elbst an fangs angegeben hatte. Es soll sich auch herausgestellt haben, daß der ungetreue Beamte 66 Mühlsteine im Werte von 100 bi» 300 Mark pro Stück ohne jede Buchung ver kauft und das dafür erhaltene Geld unter schlagen hat. Ortmannsdorf. Der gewiß seltene Fall daß zwei Brüder sich erst nach 32 Jahren kennen lernen, ist anläßlich des diesjährigen Kirchweihfestes hier vorgekommen. Der Schuh macher Rich. Günther wanderte im Jahre 1870 nach der Schweiz aus und ist dieses Jahr das erste Mal nach Ortmannsdorf gekommen, um seinen in den 80er Jahren stehenden Vater nochmals zu besuchen. Dabei lernte er seinen im Jahre 1873 geborenen Bruder erst kennen. Es war dies ein für die Beteiligten sehr freudiges Ereignis. Freiberg. Die Oberforstmeisterei des Grillenburger Bezirks, welche sich bisher auf Jagdschloß Grillenburg befand, soll am 1. November noch Freiberg verlegt werden, ob für dauernd, steht noch nicht fest. Veranlassung zur Verlegung haben die baulichen Zustände des Jagdschlosses gegeben. Dem Vernehmen nach ist zum Forstmeister de» Grillenburger Bezirks Oberforstmeister Plant (bisher Moritz burger Forstbezirk) ernannt worden. Zs Locken Ein Opfer seines Aberglaubens ist der 58 jährige Gartenhausbesitzer Bucher geworden, der steif und fest glaubte, der Mahlenbesitzer Unger habe ihm sein Vieh be- ;ext und von seinen Feldfrüchten gestohlen. In zorniger Entrüstung schlug Bucher den vermeinten Hexenmeister, als er mit diesem auf dem Felde zusammentraf, mit der Hacke mehr mals auf Kopf und Arm, sodaß Unger 14 Tage bettlägerig war. Das Schöffengericht zu Hartenstein hatte unter Berücksichtigung des riefen Aberglaubens des Angeklagten diesen nur zu 200 Mk- Geldstrafe und 200 Mk. Buße an den Verletzten verurteilt. Die erste Straf kammer zu Zwickau erhöhte die Buße auf 500 Mk. beließ eS aber bei 200 Mark Geld strafe. Leipzig. Am Donnerstag erfolgte in dem poliklinischen Institut der Universität, Nürn berger Straße, eine Kohlenoxydgasvergistung. Von den beiden in dem betreffenden Zimmrr liegenden Kranken ist der eine, der 43 Jahre alte Buchhandlungsgehilfe Max Delling au» Oetzsch gestorben, der andere, «in 17 jähriger Musiker Witter aus Connewitz wird mit dem Leben davonkommen. Darüber, wie es kam, daß die giftigen Gas« dem Ofen entströmen konnten, ist die Untersuchung im Gange. Oberplanitz. Größere Unredlichkeiten ver übte ein in einer Wäschefabrik als Laufbursche beschäftigter 13 jähriger Schulknabe, indem er nach und nach Waren von erheblichem Werte entwendete, ferner Postanweisungen fälschte, da» Geld auf der Post abhob und verjubelte. Als er die zweite gefälschte Postanweisung bei der Post vorlegte, wurde nun die Fälschung entdeckt. Olbernhau. In der Waldschenke wurden am Mittwoch Morgen zwei Gänsetreiber, welche dort übernachtet hatten, in ihrem Zimmer bewußtlos aufgefunden. Sie hatten wohl in folge Unvorsichtigkeit oder Unkenntnis den Hahn der Gaslampe offen gelassen und wurden durch das herausströmende Gas betäubt. Während der eine der beiden Unglücklichen noch mit dem Tode ringt, gelang es nicht, den anderen ins Leben zurückzurufen. Reichenbach i. V. In unerhörter Weise bestohlen und betrogen worden sind die In haber der Firma Beutler durch die im Rester- verkauf angestellte 24 Jahre alte Groß von dort. Als die Unredlichkeiten der Groß an den Tag gekommen waren, fand man bei einer Hau Buchung insgesamt 14 Sparkassenbücher mit 22 00^ M n k Einlage bei verschiedenen Sparkassen. Ar gestohlenen Stoffresten wurden noch für rnnd 5500 M vor wurden. Die Groß wurde jetzt vom Landgericht Pauen zu 7 Jahren Gefängnis verurteilt-