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Ottendorfer Zeitung. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Druck und Verlag von Hermann Rühl« in «roß-Gkrilla. Annahme von Inseraten bi, vormittag w Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag. Donners tag «nd Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich l Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd -gch°i"-nd-n B-ilag!» „y-nd-l »nd w-md-l", „s-ld und Gurten", „Spiel und Spurt" und „Deutsche Mode". Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Nr. 38. Mittwoch, den 29. Mär; 1905. 4. Jahrgang. in 396 520 Posten 39136 294 Ottendorf- Moritzdorf Königsbrück Schwepnitz Radeburg Eisenberg mit Moritzburg Radeberg Großenhain Bischofswerda Kamenz Bautzen Weinböhla Coswig Meißen Lommatzsch Pirna Döbeln Leisnig Grimma Wurzen Dahlen Oschatz Riesa Strehla An allen 331 Januar 1905 Oertlichrs und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, 28. März l-05 — Vergangene Nacht schreckte Feuerlärm die hiesigen Einwohner aus dem Schlafe. Aus bis jetzt noch unaufgeklärter Ursache brach gegen s/i 1 Uhr in dem Grundstück des Land arbeiters Karl Freyer an der Kirchgaffe Feuer aus, welches das Wohnhaus vollständig einäscherte. Infolge des schon den ganzen Abend anhaltenden Regens und der günstigen Windrichtung konnte das nebenstehende nnt Stroh gedeckte Ringelsche Wohnhaus erhalten werden. Außer der hiesigen Freiwilligen und der Pflichtfeuerwehr waren noch mehrere aus wärtige Wehren erschienen. — Der Uebersicht über die bei den Spar kassen im Königreiche Sachsen im Monate Januar 1905 erfolgten Ein- und Rück zahlungen sei folgendes entnommen: Mk. eingezahlt. Rückzahlungen erfolgten 201610 im Betrage von 26581226 Mk. Der Bestand am Schluffe des Monats be trug 1166647« Mk. — Neue Bahn. Nunmehr ist. wie der „P A." erfährt, der Bau der bereits trassierten elektrischen Bahn Turn—Graupen—Mariaschein nach Sachsen gesichert, da ein Wiener Bank haus zwei Dritte! der mit 600000 Kronen veranschlagten Baukosten zur Deckung über nommen hat, so daß die interessierenden Gemeinden Turn, Graupen und Mariaschein Nur einen Betrag von 160000 bis 200 000 Kronen aufzubringen haben. Außerdem mußte die Stadtgemeinde Graupen den zum Bau der Zahnradbahn erforderlichen Gemeindegrund unentgeltlich überlassen. Die Rentabilität der beiden im Anschluß stehenden Bahnen, welche Teplitz, Turn und Mariaschein mit Dresden w die kürzeste Verbindung brächten und den Touristenverkehr und der Billigung der KohlentranSportcs nach Sachsen wesentlich bienen würden, nsird nicht im mindesten be zweifelt, Für dem Ausbau der Zahnradbahn Interessiert sich die Aktiengesellschaft „Elektra" w Dresden, welche: bereits bei der sächsischen -ukgierung SchriÄe wegen Erledigung prinzipieller Rechtsfragen eingelcitet hat. VeiferSdorf, Am Bußtage brach beim Gutsbesitzer Ernst Tamme abends imAuSzugS- puuk dadurch 'Feuer aus, daß eine mit über- . Sande gefüllte Flasche in ein Bett ' . Euoarmcn desffelbm gelegt worden war w.»?" hatte. Glücklicherweise de der Bcrmd noch rechtzeitig bemerkt und Einzahl. Rückzahl. Bar ¬ bestand Mk. Mk. Mk. 21360 3086 36394 56530 40160 32825 10951 1086 187 94810 91850 63973 13788 12729 12795 144017 75482 84284 148474 156696 166834 201800 172346 75555 179787 202430 60155 322221 319824 91101 20801 9643 13751 7897 4477 8360 359017 227853 90935 104156 63347 111531 463779 376985 63873 218403 190694 15876 300577 320397 31182 291761 158022 128880 231228 222365 19352 141698 98668 52802 290970 325318 54107 218021 202574 42082 59339 48136 17013 sächsischen Kassen wurden im unterdrückt, so daß ihm nur das Bett zum Opfer gefallen ist. . Klotzsche-Königswald. Herr Schulrat Dr. Lange, Königlicher Bezirksschulinspektor für Dresden III, hielt am Freitag im Saale des hiesigen Bahnhofshotels eine amtliche Konferenz mit den Lehrern und Lehrerinnen des Bezirkslehrervereins Radeberg und des Zweig- vereins Lausa-Klotzsche ab. Nach Bekannt gabe amtlicher Verordnungen und Mitteilungen trat man in eine Besprechung der Leitsätze ein, welche dem von Herrn Schuldirektor Barchewitz an der Hauptkonferenz gehaltenen Vortrag zu gründe lagen; „Neue Bahnen im heimatkundlichen Unterricht der Volksschule." Der dritte Punkt: Vorführung der Gräfschen Notentafel, wurde von der Tagesordnung ab gesetzt. Konferenzen mit derselben Tages ordnung wurden in den letzten Tagen auch in den übrigen Distrikten des Schulaufsichtsbezirkes Dresden III abgehalten. Dresden. Der in der Nähe von Nieder sedlitz vom Schnellzuge überfahrene und getötete junge Mann ist der 17 jährige Real schüler Joh. Konrad Georgi aus Dresden. Er hatte neben dem Gleise seinen Hut hin gelegt, worin sich ein Zettel mit diesem Namen befand. — Die Ehefrau des flüchtig gewordenen Restaurateurs Korbitz vom „Freiberger Silber quell", die unter dem Verdacht der Teilnahme an den umfangreichen Schwindeleien ihres Mannes von der Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft genommen worden war, ist wieder entlassen worden, da man ihres Mannes bisher nicht hat habhaft werden können und das Verdachtsmatertal zu einem Vorgehen gegen sie allein nicht ausreicht. Radeburg. Von Ostern ab ist eine Neugestaltung des Fortbildungsschulunterrichts an hiesiger Schule geplant. Um dem Prinzip des Fachunterrichts Rechnen zu tragen, das bereits in der bestehenden Musikerklassr zur Anwendung kommt, soll künftig auch eine Nahrungsmittelgewerbe- und eine Baugewerbe- klasse gebildet werden. Eine vierte Klasse wird die Vertreter der Berufe vereinen, die sich einer bestimmten gewerblichen Gruppe nicht unter ordnen lassen. Moritzburg. Wer jetzt einen Ausflug nach Moritzburg unternimmt, der versäume nicht, den herrlichen Schloßpark zu besuchen. Es blühen zur Zeit gegen 10000 Krokus blumen. Der ganze Park sieht wie ein blauer Blumenteppich aus, sodaß jeder Natur freund seine Freude darüber haben wird. Kalkreuth- Drei Beamte bez. Angestellte des hiesigen Remontedepots begaben fick nach Berlin, um sich dort gegen Tollwut immunisieren zu lassen. Sie waren hier von einem toll wütig gewordenen Pferd gebissen worden. Tharandt. Auf dem hiesigen Bahnhofe fuhr am vergangenen Sonntag die sogenannte Schiebemaschine beim Ansehen an den vor mittags 11 Uhr 5 Minuten von Dresden nach Reichenbach — Hof — München verkehrenden Schnellzug so stark an, daß der letzte Wagen mit der vorderen Achse entgleiste. Hierdurch war das eine Dresdner—Reichenbacher Haupt gleis für kurze Zeit gesperrt; außerdem stellten sich einige nur leichtere Verletzungen an Reisenden heraus. Zittau. Der Rabatt-Sparverein hat in der kurzen Zeit seines Bestehens die denkbar günstigsten Erfolge erzielt, namentlich ist das Borgunwesen fast gänzlich geschwunden. Es gehören dem Verein 311 Detailgeschäfte aller Branchen an. Im abgelaufenen Jahre wurden an Rabattmarken für 79880 Mark verkauft, eingelöst wurden 10 071 Bücher und dafür 50355 Mark gezahlt, die von den Kosumenten gesparter Betrag darstellen. Ende 1904 ver- fügte der Verein bei der hiesigen Sparkasse über einen Fond« von 42596 Mk- 13 Pfg. Der Markenverkauf im vorigen Jahr entspricht einem Warenumsatz von 1597 600 Mark. Nossen. Hier setzte ein Apothekerlehrling seinem Leben durch Vergiftung mit Cyankali ein Ziel. Riesa. Ein folgenschwerer Streik droht unter den Steuer- und Bootsleuten der Elb- kähne auszubrechen, da ihre an die Schiffs eigner gerichtete Forderung um Aufbesserung der bisherigen Löhne abschlägig beschieden worden ist. Sollte es aus diesem Grunde zum Ausstande kommen, so dürften sich die Bemannungen von etwa 1000 Kähnen — der Hälfte der Elbfahrzeuge überhaupt — an dem Streike beteiligen. Leipzig. „Schleppt die Leichen fort, sie riechen schon I" so deklamiert Kuno im „Ge schundenen Raubritter" der Witwe Magnus; ähnlich dürfte auch mancher Sonntagsbesucher der Kochkunstausstellung gedacht haben, da zahlreiche Objekte bereits „zum Himmel schrien". Dies Verderben dürfte wohl auch das Hauptmotiv fürs Fallenlassen der Absicht sein, die Ausstellung noch bis Montag zu verlängern. — Die hiesige Polizei verhaftete am Sonnabend nachmittag einen internationalen Gauner, als derselbe auf einer Bank Wert papiere umzuwechseln versuchte. Der Verhaftete verweigert jede Auskunft über die Herkunft der Papiere. Außerdem befinden sich in seinem Besitze eine Menge Goldsachen. Mühltroff- Seit 9. September v. I. war hier der frühere Ortskrankenkassenkassierer Franz Degenkolb, ein namentlich in Militär vereinskreisen des Vogtlandes bekannter und geachteter Mann, vermißt worden. Am Buß tage endlich hat man den Vermißten in einem Gebüsch in der Nähe der Stadt erhängt auf gefunden. Plauen i. V. In vorvergangener Nacht kam ein Parkwächter dazu, als sich ein 13 jähriges Schulmädchen in die zur - Zest beträchtlich angeschwollene Elster stürzte, um sich aus Furcht vor Strafe, die es vom Vater zu erwarten hate, das Leben zu nehmen. Der Wächter sprang dem um Hilfe rufenden Mädchen nach, und es glückte ihm, das Kind noch lebend ans Ufer zu bringen. Nus der Woche. Während sich Rußland die größte Mühe gibt, sein dringendes Friedensbedürfnis durch die Meldung von neuen ungeheuren Kriegs rüstungen zu maskieren, macht sich die durch das ostasiatische Bludbad geschaffene Ver änderung der allgemeinen Weltlage für Deutschland in der günstigsten Weise be merkbar. Unser westlicher demokratischer Nachbar fängt an zu begreifen, daß ihn der russische „Freund" unbarmherzig übers Ohr gehauen hat und die natürliche Folge davon ist, daß die glühenden Empfindungen der französischen Demokratie für das russische Knutentum sehr schnell abzukühlen beginnen. Kaiser Wilhelm hat während seiner ganzen Regierungszeit der französischen Republik wie einzelnen hervorragenden Franzosen oft genug seine Achtung bezeigt, während andertei S von den Vogeien her immer ein etwas kühler Luft zug herrsch'?. Graf Molkte schien mit seiner Meinung, daß Deutschland trotz des Frank furter Friedens wenigstens noch für fünfzig Jahre kriegsbereit bleiben müsse; recht behalten zu sollen, der später entstandene Zweibund be stärkte die ausgesprochene Vorsicht. Aber anderseits haben weder Zweibund noch Drei bund jemals den Frieden bedroht; die Absicht Frankreichs, als es sich mit Rußland ver bündete, war jedenfalls nicht friedlich. Deutsch land hatte 1870 den Zaren Alexander II. viel zu danken. Ohne ihn hätte in Oesterreich wahrscheinlich Graf Beust versucht, seine staats männischen Talente besser zu verwerten. Der Zweibund sollte etwas Aehnliches für die Zu kunft unmöglich machen, er sollte den Franzosen dir Reichslande wieder verschaffen. Um den russischen Freund recht stark zu machen, borgte ihm Frankreich nach und nach acht Milliarden. Aber der Krieg gegen Japan zeigt jetzt auch dem blödesten Auge, daß Frankreich sein schönes Geld zum großen Teil einfach weg geworfen hat, denn was Rußland gegen die „Preußen des Ostens" nicht vermag, würde es noch viel weniger gegen seinen westlichen Nachbar vermögen, selbst wenn es wollte. Daß gestehen sich die Franzosen ehrlicherweise wohl jetzt selber ein und fangen allgemach an, mit den tatsächlichen Verhältnissen zu rechnen; sie empfinden die russischen Niederlagen fast wie eigene und sind sroh, das Gambettasche Programm erfüllt zu sehen, das ihnen in England eine Rückversicherung empfahl. Seit einem Jahre war die Freundschaft mit England das den Zweibund ablösende Ideal der Franzosen. Sie hatten sich mit den Londoner Staatsmännern darüber geeinigt, daß England in Aegypten ungeschoren bleiben sollte, während Frankreich bezüglich Marokkos freie Hand be halten sollte. England, schlau wie immer, ver handelte damit das Fell eines noch nicht er legten Tieres gegen eine solide Hypothek. Es lag nun für Deutschland die Gefahr nahe, daß durch das französische Uebergewicht in Marokko seine dortige nicht unbedeutende Handels- e-schü«tert werden könnte. Man weiß, daß der französische Gesandte zum Sultan so gesprochen h t. als ob bei seinen Forderungen für Frankreich ganz Europa hinter ihm stände. Zur rechten Zeit erinnert sich der Sultan, daß ihn der Kaiser von Deutschland seiner Sympathie hatte versichern lassen und auf ihn berief er sich den Franzosen gegenüber. Wäre solches vor dem russisch-japanischen Kriege der Fall gewesen, dann würde der ganze französische Blätterwald von Haß und Rachegeschrei gegen Deutschland geraucht haben. Nicht so heute. Der deutsche Kaiser besucht bei seiner Mittelmeerreise auch die marokkanische Fremdenstadt Tanger und dieser Umstand ist für die französischen Blätter nur der Anlaß geworden, das Verhältnis Frank reichs zu Deutschland einer kritischen Durchsicht zu unterziehen. Und von ganz verfckwindenden Ausnahmen abgesehen, kommen alle zu dem Ergebnis, daß es doch besser wäre, wieder mit Deutschland auf friedlich-freundlichen Fnß zu gelangen. Kaiser Wilhelm hat ihnen aber auch die Wege dazu in jeder Weise geebnet und in seiner Bremer Rede („nach außen be grenzt, nach innen unbegrenzt") eine neue Versicherung seiner absolut friedlichen Politik gegeben. Summa Summarum; Die russische Freundschaft ist bei den Franzosen im Werte gesunken !und die Freundschaft Deutschlands wird jetzt als „gefragt" notiert, wenn sie auch noch keinen offiziellen Kurs hat. Das ist ein Ergebnis des ostasiatischen Krieges, mit dem Deutschland zufrieden zu sein alle Ursache hat wenn sie es auch beileibe nicht in Petersburg zeigen darf Das könnte den „Ruffenkurs" stören Wir haben auf allen Herden unsre Eisen im Feuer, wenngleich Deutschland gegen wärtig kaum uneigennützigere Freunde hat als in . . . Frankreich. — Sonst bietet die Weltlage keine hervorragenden Momente, die die Blicke fesseln. Die ungarische Minister krise brodelt langsam weiter: der Feldzug in Südwestafrika geht seinen Gang, der der all gemeinen Berichterstattung keine wesentlichen und verständlichen Anhaltepunkte bietet, aber sich doch dem vorgestecktem Ziele der all gemeinen Unterwerfung der Farbigen allmählich nähert; Castros trotzige Unverschämtheiten sind nicht von einer imponierenden Kraft unterstützt und wirken daher fast lächerlich; die Norw-ger gehen auf das Ziel ihrer fast völligen Trennung von Schweden unbeirrt weiter los. Nun brauchte der Zar nur seine Konflikte mit Japan und mit seinen Untertanen vor das Haager Schiedsgericht zu bringen; er hätte aber zu befürchten, von seinem eigenen Kinde mit Haut und Haaren gefressen zu Werden!