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Ottendorfer Zeitung. Die „Gttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag m Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechne' Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 111. Freitag, den 16. September 1904. 3. Jahrgang. Die Bedienung der hiesigen Straßenlaternen soll vom 1. Oktober d. I. ab ver geben werden. Angebote mit Entschädigungsansprüchen sind bis 20. dss. Mts. bei dem Unterzeichneten schriftlich einzureichen. Ottendorf-Moritzdorf, am 13. September 1904. Der Geineindevorstand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrtlla, iz. September Idvq,. — Volksschullehrer und Universitätsstudium. Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Dresdner Antrag, der verspätet bei der Leitung des Parteitages der Refvrmpartei eingetroffen ist. Er hat folgenden Wortlaut: „Der Parteitag wolle beschließen und die aus seinem Beschlusse notwendigen Ausführungen durch den Partei vorstand veranlassen: 1) die Universitäten als Zentralstelle wissenschaftlicher Arbeit sind die geeignetste, durch keine andere Einrichtung vollwertig zu ersetzende Stätte für die wissen schaftliche Bildung der Volksschullehrer, und es ist daher 2) zu fordern, daß jedem Volks schullehrer auf Grund seines Abgangszeugnisses vom Seminar die Berechtigung zum Univer sitätsstudium erteilt werde. Emil Ahlhelm." — Das Reichsgericht entschied, daß die den Lehrern an den Volksschulen zustehenden Züchtigungsrechte dm an den Fortbildungs schulen amtierenden Lehrern nicht versagt werden können. Darin liegt sowohl das Recht körperlicher Züchtigungen, als auch das der Einsperrung in einen geeigneten Raum. Be stimmungen im Ortsstotut sind hierüber also überflüssig. Ungehorsam, Faulheit, Unauf merksamkeit, liederliche Anfertigung von Arbeiten unpassendes Benehmen usw. können im Wege der Schulzucht durch Züchtigung oder Arrest bis zu 6 Stunden bestraft werden. — An die Stelle des bisherigen Vorstandes der 4 (Neubau-) Abteilung der Königlichen Generaldirektion der sächsischen Staatsbahnen des Herrn Geheimen Bauratcs v. Schönburg, tritt Herr Oberbaurat Homilius technisches Mitglied dieser Behörde. Somit werden ihm auch die großen Bahnhofsbauten in Leipzig unterstellt sein. Herr Oberbaurat Homilius war früher eine Anzahl Jahre in Riesa. — Vor einem Losschwindel warnt das Berliner Polizeipräsidium. Es handelt sich um sogenannte Türkenlose, die zum Preise von 5 Mark angebolen werden. Diese Summe soll aber nur die „Zinsen, Verwaltungskosten" usw. decken. Wer zwei Lose kauft, übernimmt zugleich eine Zahlungsverpflichtung auf Rund 256 Mark, und das auf Jahre hinaus, über dies hat er monatlich 5 Mark „Zinsen" zu entrichten. — Bei dem Königlichen Ministerium des Innern ist darüber Beschwerde geführt worden, daß der Baumeistertitel noch vielfach von Gewerbetreibenden geführt würde, die dazu nach der Verordnung vom 12. Februar 1S03 nicht berechtigt sind. Ueber die genaue Durch führung der einschlagenden Vorschriften tunlichst zu sichern, sind die Amtshauptmannschaften und Stadträte in Städten mit revidierter Städte ordnungen angewiesen worden, über die zur Führung des Baumeistertitels berechtigten, in ihren Bezirken wohnhaften Personen, soweit dies Noch nicht geschehen ist, Verzeichnisse anzulegen und auf dem laufenden zu erhalten, in denen die einzelnen Baumeister nach den in der er wähnten Verordnung aufgeführten Gruppen auseinanderzuhalten sind. Die Einsicht in diese Verzeichnisse ist allen Beteiligten, insbesondere auch den Vorständen von Bauinnungen zu gestatten. Dresden. In der Nacht zum Montag versuchte in der Pirnaischen Vorstadt eine stellenlose Verkäuferin sich mit Sublimatpillen zu vergiften. Sie fand Aufnahme im Friedrich stadter Krankenheuse. — Für waghalsige und skrupellose Bau- und Grundstücksspekulanten lag in Dresden und in den Vororten jahrelang das Geld tatsächlich „auf der Straße". Ihre Nachfolger im Besitz haben jetzt zu büßen; namentlich unerfahrenen Hypothekengebern werden die Taschen gründlich geleert. Wie leichtfertig in der genannten guten Zeit Geller auf Bau stellen gegeben wurden, lehrt ein Beispiel aus den letzten Tagen. In einem Vorort wurden drei Baustellen, die auf 17460 Mark geschätzt waren, für 16500 Mark verkauft. Sie waren jedoch mit 125368 Mark Hypotheken belastet. Während das Quatratmeter also nach der Taxe etwa ö Mark Wert hatte, war es hypothekarisch mit 64 Mark beschwert. Derartige Beispiele könnte man aus der Drssdner Gegend zu Dutzenden anführen. Unwillkürlich fragt man sich: was sind denn das eigentlich für Kapital isten, die derartige Hypotheken geben? Zu den klugen Geschäftsleuten gehören sie sicher nicht. Oft handelt es sich bei derartige» Belastungen nicht um wirklich erfolgte Zahlungen, sondern vielmehr um Schiebungen und Tauschgeschäfte. Da hat z. B. der dunkle „Kapitalist" Würge strick ein großes „Zinshaus", das er aus triftigen Gründen schnell los sein muß, und der ehrenwerte „Privatus" Saugeblut besitzt eine Villa für mehrere Parteien, bei der ihm aus gleicher Ursache ein schleuniger Besitzwechsel lieb ist. Verdienen wollen beide; bares Geld will aber keiner geben. Das Geschäft wird nun in folgender Weise gemacht: Das „Zins haus" hat vielleicht einen Wert von 160000 M. und die Villa hat einen solchen von 55 000 M. Privatus S. kauft das Haus für 210 000 M. und ein Weinfrühstück und gibt seine Villa als Anzahlung zum Preise von 80000 Mark, So haben beide ein Geschäft gemacht. Beide wollen aber natürlich die erworbenen Objekte nicht behalten. Sobald als möglich suchen sie die Grundstücke weiter zu verkaufen oder zu vertauschen und setzen nun ihre ganze Skrupel losigkeit daran, den Preis, den sie auf dem Papier dafür bezahlt haben, aus dem neue» Liebhaber auch wirklich herauszuschinden. Eine Steigerung der Mieten ist die nächste Folge. Natürlich läßt sich diese nicht immer durchsetzen; wenigstens gegenwärtig nicht. Gelingt das nicht, so sucht man mit allen Mitteln wieder Tausch oder Verkauf herbeizuführen. Geht die Sache ganz schlecht, so verliert schließlich nur der ehrliche Hypothekengläubiger sein Geld, denn der „Kapitalist" W. hat meistens ebenso wenig wie der „Privatus" S. pfändbaren Besitz. Dazu ist diese Art Geschäftsleute zu klug. Man kann leicht ermessen, welche wirt schaftliche und soziale Uebel sich an die Fersen dieser Spekulanten heftet. Wir brauchen wohl nicht zu betonen, daß derartige Geschäfte hier keineswegs die Regel sind, aber für gewisse Gebiete des Dresdner Häuser- und Grund stücksmarktes sind sie allerdings typhisch ge worden. — Der Sächsische Radfahcerbund, Bezirk Dresden, hielt Sonntag früh für seine Mit glieder angesetzte 50-Icm-Bezirks-Meisterschafts- Nennei: auf der Radrennbahn Pfotenhauer- Straße ab. Die Nennungen waren sehr zahlreich eingegangen. Als Erster mit zirka 10 Längen Vorsprung ging durchs Ziel Herr Ebisch in der Zeit von 1 Stunde 37 Minuten 33 Sekunden, als zweiter Herr Thielemann, als Dritter Herr Thost. Den Führungöpreis für 88 Runden erhielt Herr QuoSdorf. Der gefeierte Favorit Alfred Mäser mußte nach 10 üm infolge Unwohlseins aufgeben, worauf die Sieger ein bedeutend leichteres Arbeiten hatten. Das Rennen verlief ohne jeden Zwischenfall. Die wertvollen Preise wurden vom Bundesbezirk gestiftet. — Trotz ernstlichem Bemühen ist es dem Vorstand des Vereins für Radwettfahren nicht gelungen, erstklassige Flieger ^für die Rennen am nächsten Sonntag zu verpfichten, infolge dessen fällt das Rennen aus. — Im Prozeß Viktor Hahn verkündigte abends Hz 10 Uhr der Gerichtshof das Urteil: Es werden verurteilt Geheimer Kommerzienrat Viktor Hahn zu vier Jahren Gefängnis und 3000 Mark Geldstrafe, an deren Stelle im Uneinbringlichkeitsfalle weitere 300 Tage Ge fängnis treten, Kaufmann Fritz Hahn zu 100 M. Geldstrafe oder im Uneinbringlichkeitsfalle zu 10 Tagen Gefängnis und Prokurist Kühn zu 200 M. Geldstrafe, an deren Stelle im Unein bringlichkeitsfalle 20 Tage Gefängnis treten. Dem Hauptangeklagten Geheimer Kommerzien rat Viktor Hahn, welcher leichenblaß aussah, aber das Urteil mit männlicher Fassung ent gegennahm, wird die Untersuchungshaft voll angerechnet. 11 Uhr wurde die Verhandlung geschlossen. — Eine Diebin namdns Zöllner, die in der Heide ihre Verstecke gehabt zu haben scheint, ist endlich hinter Schloß und Riegel gebracht. Sie stieg in Loschwitz durch vffenstehende Fenster in Parterrewohnungen von Villen ein, erbrach Behälter und nahm mit fort, was sie erreichte. Am Sonnabend hatte ein Dienst mädchen die Einbrecherin ertappt und mit ihr einen Kampf zu bestehen. Dabei verlor die Zöllner einen gestohlenen wertvollen Ring. Am Dienstag wurde nun die Diebin festgenommen. -- Im Arbeitsraum einer Brandmalerei im Hause Pirnaische Straße 13 entstand gestern nachmittag in der 3. Stunde infolge Entzündung von Schwefeläthergasen an einem Brenn apparat Feuer, das ziemlich erheblichen Schaden anrichtete. Durch den Brand wurden Hunderte von Zeichenpausen, wertvolle, in Arbeit befindliche Gegenstände, Arbeitsutensilien, soivie Gebäude teile zum Teil stark beschädigt. Bei dem Be mühen, das Feuer zu löschen, zog sich die Geschäftsinhaberin Brandwunden am rechten Arm zu, weshalb ihr Samariter der Feuer wehr die erste Hilfe leistete. Durch Hausbe wohner und die Feuerwehr wurde die Gefahr bald beseitigt. Kreischa. In den letzten Tagen haben die Gemeinderäte von Lungkwitz und Gombsen beschlossen, sich mit 7,5v/g beziehungsweise 10 Prozent an dem mehrerwähnten Bahnbau zu beteiligen. Die Beschlußfassung der übrigen interessierten Gemeinden wird voraussichtlich in nächster Zeit erfolgen. So steht denn zu er warten, daß sich die bereits seit über vierzig Jahren ersehnte Bahnverbindung mit unserem Orte, nachdem schon vor einiger Zeit Kreischa allein 50 Prozent gezeichnet hat, nunmehr endlich verwirklichen wild. Moritzburg. Das prachtvolle Herbst wetter lockt noch viel Besucher herbei. Die Wälder und Alleen bieten jetzt gerade die reichsten Färbungen und Teichfischereien und Jagden gewähren neue Reize. Das hohe Rohrriet und die braunen Teichkolben werden zur Streu uud Winterdeckung abgemäht; der Teich bei den Marställen wird der Stadt verwaltung übergeben werden; einzelne Sucher sammeln hier und da auch die eßbaren schwimmenden Teichnüsse. Radeburg. Die hiesige Apothke — nicht Radeberg, wie in letzter Nummer irrtümlich gedruckt war — ging in anderen Besitz über. Meißen. Hier ist bei dem vom Baumeister Bruno Herzog in der Eichgaffe ausgeführten Kanalbau der Maurer Robert Türke aus Sörnewitz dadurch verunglückt, daß er beim Zureichen einer Pfoste ausglitt, in das tiefe Kanalbeet stürzte und rücklings auf eine der zur Absteifung dienenden Spreizen aufschlug. Er erlitt mehrere Rippenbrüche. — Wenn in diesem Jahre der Ausschank des süßen Mostes etwas früher als sonst beginnt, so hat dies nach einem Berichte des „Meißn. Tgbl.." seine Ursache in der früheren Reife der Trauben. Selbstverständlich werden jetzt nur Auslesen in den Bergen gehalten und vor allen Dingen die frühreiferen Spaliertrauben verwendet. Der Most ist vorzüglich, und es ist seit vielen Jahren ein derartig gehaltreicher Traubensaft nicht gepreßt worden. Riesa. Die Automobil-Omnibusfahrten zwischen Strehla und Riesa sind eingestellt und durch regelmäßige Pferde-Omnibusfahrten ersetzt worden. Elsterwerda. Infolge unvorsichtigen Rangierens entgleisten am Sonnabend Nach mittag auf dem Berliner Bahnhofe zwei Güterwagen. Materialschaden war nicht ent standen, auch wurde der Verkehr nicht gestört. Rochlitz. Als am Sonntag nachmittag die 57 jährige ledige Schuhfabrikarbeiterin Frenzel mit dem Spirituskocher Leber braten wollte, fing ihre Jacke Feuer. Die Frau fiel vor Schreck ohnmächtig um, und die Flammen verzehrten die ganze Kleidung und fügten ihr am ganzen Körper schreckliche Brandwunden zu. Nachbarn wurden durch Rauch, der aus dem Zimmer drang, auf das Unglück auf merksam gemacht. Die Frau wurde bewußtlos ins Krankenhaus gebracht, wo sie wieder zu sich kam. Unter großen Schmerzen ist sie ge storben. Leipzig. Die Ergreifung der Rauchwaren diebe, die am 29. Mai bei der Firma Heinrich Lomer für etwa 100000 Mark Zobel- Chinckilla- und Nerzfelle mittels Einbruchs erbeuteten, ist, wie der „Konfektionär" mitzuteilen weiß, dem Berliner Fabrikanten Hirsch-Meyer zu danken, der, wie immer, zur Messe nach Leipzig ge kommen war. Ihm wurden zwei Pakete der kostbaren Felle im Werte von etwa 30000 M. zum Kauf angeboten. Er teilte das der Polizei mit, die schnell zugriff und die saubere Gesell schaft auch faßte. Auf die Entdeckung der Diebe und auf die Wiederherbeischaffung des gestohlenen Gutes war eine Belohnung von 5000 Mark ausgesetzt worden. In welcher Art diese Belohnung verteilt werden wird, steht noch dahin. Die Leipziger Polizei hatte die jetzt aufs neue festgenommenen Leute schon kurz nach Verübung des Diebstahls inhaftiert. Die Verdächtigen waren aber nach Einleitung der Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Meerane. Der Agent und Stadtv erordnete List, der vor einigen Monaten nach verschiedenen Betrügereinen nach Amerika durchging und dann nach Deutschland wieder zurückkehrte, ist in Chemnitz verhaftet worden. Falkenstein. Im nahen Poppengrün nahm am Sonnabend eine Hochzeit ein tragisches Ende. Auf der Fahrt nach der Behausung des Brautpaares stürzte an einer Straßenbiegung die Kutsche um, wodurch sämt liche Insassen auf die Straße geschleudert wurden. Eine Frau Lorenz aus Poppengrün erlitt eine schwere Gehirnerschütterung, der Kutscher bedeutende äußere Verletzungen und die übrigen Insassen leichte Verletzungen. Oelsnitz i. E. Der Sohn eines hiesigen Einwohners welcher nach dem Manöver zur Reserve entlasten wird, schickte seinen Eltern seine Uniform. Der Vater zog die Uniform an, um damit auf der Straße herumzustolzieren. Sein Auftreten entsprach aber wenig dem eines Soldaten; er wurde von einem ihm begegnenden Unteroffizier augehalten, verhaftet und mit Hilfe eines Schutzmannes in die Arrestzelle geschafft. Altenburg. Der „Altenburger Ztg." nach ist der Motorwagenhändler Arnold aus Leipzig der am Sonntag nachmittag in der Nähe von Altenburg verunglückte, am Dienstag früh gestorben.