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Vie „MttenLorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag w Uhr. Inserate werden mit in Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühl5in Groß-Mkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Nr. 8. Mittwoch, den 20. Januar 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, iy. Januar 1904. — Ein auf einer Radtour befindlicher hiesiger junger Mann hatte am Sonntag das Unglück zu stürzen, sodaß derselbe einen Beinbruch er litt und mittelst Geschirr nach Hause transportiert werden mußte. — Nun ist in diesem Januar mit gestern und heute der Winter auch noch mit Schnee gekommen. Auch Kälte ist wieder eingetreten, sodaß die Eisbahnen wieder benutzt werden können. — Die Togeslänge erfährt jetzt allmählich einen mehr und mehr merklichen Zuwachs. Während sie zu Weihnachten 7 Stunden 50 Minuten betrug, erreichte sie zu Neujahr 7 Stunden 55 Minuten, am Hohenneujahr 8 Stunden 2 Minuten und wächst bis Ende Januar noch um eine ganze Stunde, denn am 31. Januar umfaßt der Tag bereits 9 Stunden 4 Minuten. Die Tageszunahme erfolgt vor nehmlich nachmittags, weniger merklich dagegen früh, wo die tägliche Zunahme durchschnittlich eine Minute beträgt, während sie sich am Nach mittag auf 1 bis 2 Minuten beläuft. — Die sächsische Staatsb.chnvsrwaltung ge währt für diejenigen Tiere und Gegenstände, die auf den nachfolgenden Ausstellungen aus gestellt werden, frachtfreie Rückbeförderung auf den ihr unterstellten Linien unter den üblichen Bedingungen: Automobilausstellung in Frank furt a. M. (vom Im bis 27. März), Geflügel- und Kaninchenausstellungen in Neudörfel bei Ortmannsdorf (vom 18. bis 18- Januar und in Oberlungwitz am 24. und 25. Januar), Geflügelausstellung, verbunden mit Kaninchen- schau, in Naunhof (vom 27. bis 29- Februm) TcflügelauSstellungen in Langenhessen (Pleiße) (vom 23. bis 25. Januar), in Colditz (vom 6. bis 8. Februar), in Greiz (am 7. und 8. Febr.) in Rochlitz (vom 20. bis 23. Februar), in Oederan (am 28. Februar) und in Altenburg (vom 4. bis 6. März). — Im Interesse der Mitglieder von Berufs- genofscnschasten sei daran erinnert, daß die nach ß 99 des Gewerbe-UnfallversicherungSgesetzes vorgeschriebenen Lohnnachweisungen für das Jahr 1903 jetzt an die Berufsgenossenschaften einzureichen sind. Wer sie verspätet einreicht oder deren Abgabe überhaupt unterläßt, kann mit einer Ordnungsstrafe bis zu 300 Mark belegt werden (K 147 Absatz 1 a. a. O.). Außerdem ist eine Reklamation gegen die Höhe der in Gemäßheit des Z 99 Absatz 4 erfolgten Feststellung der anrechnungsfähigen Lohnsumme und des darnach berechneten Umlagebeitrages unzulässig (Z 102 Absatz 3 des Gewerbe-Ün- fallversicherungsgesetzes). Aus allen diesen Gründen empfiehlt es sich, mit der Absendung der Lohnnachweisung an die zuständige Berufs- g nossenschaft nicht länger zu säumen. Weixdorf. Der Lehrerswitwe Frau Bölhig, welche, wie wir berichteten, am Donners tag ihren 100. Geburtstag beging, wurden zahlreiche Ehrungen durch Geschenke, Besuche und Glückwünsche zu teil. Ihre Majestät die Königin-Witwe sandte ihr einen Ruhestuhl mit Kisten, sowie Blumen und Wein. Die Herren Kantor Georgi-Grünberg und Oberlehrer Köhler- Lausa brachten ihr die Glückwünsche und ein Geschlnk des Pestalozzi-Vereins. Dresden- Sonntag früh wurde vor einem Hause des Hohenthalplatzes eine 71jährige Witwe tot in einer großen Blutlache liegend vorgefundcn. Es ergab sich, daß die Frau sich in einem Schwermutsanfalle auö ihrer in der dritten Etage gelegenen Wohnung auf die Straße herabgestürzt hatte. — Ueber das Vermögen der Allgemeinen Kranken- und Begräbniskaste „Wettin" wurde gestern vormittag 11 Uhr das Konkursverfahren eröffnet- — Der OrtSrerein für Groß-, Klein- und Neu-Graupa, dem sich 13 Gemeinden zwilchen Löpitz und Pillnitz (einschließlich der letzteren) angeschlosten haben, hat eine Petition um end liche Genehmigung zur Erbauung der elektrischen Bahn von Pillnitz bis Copitz—Pirna an die Ständeversammlung gerichtet. Pillnitz. Eine gefährliche Fahrt unter nahmen dieser Tage zwei Schiffer von hier, die eine etwa 20 Meter lange Eisscholle ver mutlich nach Dresden bugsieren wollten. Kurz vor der Lvschwitz-Blasewitzer Elbbrücke erlitten sie jedoch Schiffbruch. Die Scholle stieß am Ufer mehrfach an und zerbarst in einzelne Stücke, sodaß sich die beiden Personen aus ihren mitgeführten Kahn retten mußten, mit dem es ihnen gelang, am Loschwitzrr Ufer zu landen. Die Eisscholle entstammt der soge nannten Pillnitzer Zache. Wachwitz. Um die hiesige Schutzmann- 'telle, die neuzubesetzen war, hatten sich 80 Bewerber gefunden. Der Gemeindevorstand wählte einen Nachtschutzmann aus Blasewitz. Radebeul. In der gestrigen Gemeinde ratssitzung zu Oberlößnitz wurde nach längerer Verhandlung beschlossen, einen Ausschuß zu wählen, der für die Bildung eines Verbandes zur Errichtung einer höheren Lehranstalt Sorge tragen soll. Derselbe Ausschuß wurde gleich zeitig beauftragt, sich an den eventuellen Ver- einigungsverhandlungen zu beteiligen. Mo ritzburg. Im Beisein von Ver tretern der Behörden, sowie von gemeinnützigen Korporationen und zahlreichen Mitgliedern des Landesverbandes gegen den Mißbrauch geistiger Getränke fand am Sonntag die Einweihung der sächsischen Heilstätte für Alkoholkranke im benachbarten Cunnertswalde statt. Pirna. In der bekannten Offizierduell- Attgelegenheit haben nur drei Zweikämpfe statt gefunden, bei denen ein Gegner in den Arm geschaffen wurde. Die Angelegenheit ist damit erledigt. — Aus dem oberen Elbta le. In der vergangenen Nacht ist nun endlich in zwei Abschnitten die Elbeisdecke zwischen Tetschen- Mittelgrund - Herrnskretschen gänzlich zu Tal getrieben. Es stellte sich ein mäßig verstärkter Wasierstand ein, der anfangs die Decke bis zur Gelobtbachmühle und später von Nieder grund bis Tetschen hob. Leisnig. Der in der Schuhwarenfabrik van Heinrich Zehl L Ko. drohende Streik ist am Freitag gütlich beigelegt worden. Die Firma ist den Forderungen der Zwicker etwas entgegengekommen, worauf letztere weiter arbeiten wollen. Die anderen beteiligten Arbeiter hatten ihre Kündigungen bereits vorher zurückgezogen. Waldheim. Die Ziegeleibesitzer und Ziegeleipächter des Amtsgerichtsbezirkes Wald- heim mit Hartha und der angrenzenden Orte Huben eine Verkaufszentrale errichtet und mit ihrer Verwaltung die Filiale der Spar- und Kreditbank Mittweida in Waldheim beauftragt. Sie wollen durch Festsetzung eines einheitlichen Preises den gegenseitigen Unterbietungen einen Riegel vorschieben, den Unternehmern einen angemessenen Gewinn sichern und ihren Ab nehmern ein wirklich brauchbares Fabrikat gewährleisten. Freiberg. Gestern wurden auf hiesigem Bahnhofe wieder verschiedene neue Bahnsteig- und Gleisanlagen in Betrieb genommen, sodaß sich nun die Umbauarbeiten ihrem Ende nähern. An der östlichen Bahnhofsseite wurden die letzten Anschlußgleise und Weichen dem Betriebe übergeben. Weiter fahren die Züge nach und von Halsbrücke, sowie nach und von Großhart mannsdorf von heute ab an dem für jede Linie besonders erbauten, an den großen Zwischen bahnsteig unmittelbar anschließenden Zungen bahnsteig ab und an. Beide Zungenbahnsteige sind durch Treppen mit dem Hausbahnsteige (Fahrtrichtung Dresden — Chemnitz) und dem Jnielbahnsteige der Richtung Nossen—Aienen- mühle verbunden, hingegen steigen Reisende von Halsbrücke und Großhartmannsdorf her, die nach Dresden oder Nossen Weiterreisen wollen, auf demselben Bahnsteig in den Anschlußzug ein. Sie brauchen daher, sofern sie nicht erst neue Fahrkarten lösen müssen, nicht mehr Treppen zu benutzen. Freiberg. V.m dem abends 9 Uhr 35 Minuten von hier nach Nossen verkehrenden Personenzuge ist gestern die in der Nähe von Kleinwaltersdorf bedienstete Uebergangswärterin Frau Ernst überfahren und tödlich verletzt worden. Zittau. Flüchtig ist seit Ende vorigen Jahres der ehemalige Chinakämpfer Mättig von hier, der sich als Hilfsgerichtsdiener mancherlei zu schulden kommen ließ. Jetzt sind Nachrichten von ihm aus England und Amerika eingelaufen, in denen er kundgiebt, nach Japan reisen zu wollen, um als Freiwilliger bei der japanischen Armee einzutreten. Zittau. Infolge des Theaterbrandes in Chicago ist auch die Verkehrs- und Feuer- 'icherhsit des hiesigen Stadttheaters einer neuen Prüfung unterzogen worden. Die zur Ver hinderung und Unterdrückung von Feuersgefahr vorhandenen Einrichtungen wurden in bester Ordnung befunden. Im Bühnenraume und den angrenzenden kleineren Räumlichkeiten ist freilich mancherlei bedenklich, was sich jedoch im Augenblicke nicht beheben läßt. Bei dem Umbau des Stadttheaters im Sommer wird für die Sicherheit alles getan werden, was überhaupt möglich ist. Leipzig. Der Kirchendiener Brinkmann der Lukaskirche hier wurde, weil er wiederholt Bcckengelder gestohlen hatte, zu neun Monaten Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt. Altenburg. Den Sicherheitsbehörden ist es gelungen, in der Leinawaldung zwei aus der Strafanstalt Moritzburg bei Zeitz ent sprungene Sträflinge festzunehmen. Aus diesem Gefängnis waren am Mittwoch 12 In sassen entflohen. Fraureuth. Der Ratskellerwirt Werner hier kam am Mitwoch früh mit einem Lichte dem Acetylenapparat zu nahe. Dieser explodierte, wobei Werner außer anderen schweren Ver letzungen das linke Bein zerschmettert wurde. Planitz. Gestern wurde auf der Lengen felder Straße der 21jährige Arbeiter Dietel von mehreren anderen Arbeitern überfallen und so schwer verletzt, daß er dem Krankenstist zu geführt werden mußte. Olbernhau. Das zu der Lehnertschen Eisengießerei gehörige Wohnhaus wurde völlig ein Raub der Flammen. Man vermutet, daß der Brand durch Funken aus der Gießerei entstanden ist. — Vor zirka drei Jahren ging einem Hausbesitzer in Oberneuschönberg ein Trauring verloren und kam nicht mieder zum Vorschein. Als jetzt die Hausziege geschlachtet wurde, fand man bei ihrer Zerlegung den vermißten Ring an der Lunge des Tieres, ziemlich in das Fleisch eingewachsen, vor. Der Ring war noch gut erhalten. Aus dem Vogtlande. Nach wochen langer Ruhe im Erdinnern wurden am Donners tag abend in Markneukirchen und in den böhmischen Grenzorten heftige Erdstöße wahr genommen. Plauen i. V. Ein schwerer Verbrecher, der hier geborene 40 Jahre alte Glaser Hermann Richard Seifert, ist am Donnerstag früh in der vierten Stunde von einem Schutz mann auf frischer Tat ertappt und festgenommen worden, als er eben im Geschäfte der Firma Cohn am unteren Steinweg einen Einbruchs diebstahl verübt hatte, wobei er es auf Geld abgesehen hatte, schließlich aber Blusen, Schlipse und anderes an sich nahm, da er Geld nicht fand und den eisernen Geldschrank nicht zu er brechen vermochte. Nus der Woche. Das russische Neujahr ist nun auch vorüber, ohne daß der Zar seinen Lieblingswunsch zu erfüllen vermochte, bei Gelegenheit dieser Feier der Welt die bestimmte Aufrechterhaltung des Friedens zu verkünden. Auch sonst war die russische Feier am Petersburger Hofe nicht von des Schicksals Gunst getragen, denn die kaum von ihrem Ohrenleiden hergestellte Zarin ist abermals erkrankt, diesmal an Influenza. Ob diese Bezeichnung der Krankheit nicht die Er findung von Beschwichtigungshofräten ist, darüber streiten sich die nichtrussischen Zeit ungen, die in Petersburg ihre Berichterstatter halten. Indessen liegen die Dinge in Peters burg immer noch besser wie in Belgrad, wo sich König Peter zum erstenmal im Glanze seiner jungen Majestät zu sonnen gedachte; er wollte zum russischen Neujahrsfeste das diplo matische Korps feierlich empfangen, aber das gesamte diplomatische Korps hat auf die ihm zugedachte Ehre verzichtet und ist auf Urlaub gegangen. Da hat denn auch König Peter schleunigst seine Sachen packen lassen, um nach Topola zu reisen und am 13. und 14. d. M. stand der Konak in Belgrad, der im Juni der schrecklichen Nacht zum Schauplatz diente, einfach leer. Und daß trotzdem sich König Peter auf dem Lotteriewege seiner meuchel mörderischen Umgebung zu entledigen schon an gefangen hat. Bereits zwei der Herren Mord teilnehmer sind ausgelost worden, um wieder in den aktiven Dienst der Armee überzutreten. Wenn die Sache so weiter geht, kann der Konak in drei Jahren völlig mörderrein sein und das herrliche Kriegsheer der Serben wird dann alle jene Elemente wieder haben, die zwar für den König nicht das Leben taffen, aber unter Um ständen dem Könige nicht das Leben lassen. — England und Frankreich, die neueste politische „dicke Freundschaft", sollen sich vereint haben, um ihre „guten Dienste" zur Beilegung des russisch-japanischen Konflikts anzubieten. Tas wird zwar von französisch - offiziöser Seite be stritten, scheint darum aber gerade wahr zu sein. Allerdings übernehmen sie damit eine Aufgabe, vie gar nicht so leicht zu bewältigen ist. Denn in dem Streite zwischen der nordasiatischen und ostasiatischen Macht handelt es sich nicht etwa darum, daß der eine nicht will, weil der andere will — sondern vielmehr darum, daß beide dasselbe verlangen, nämlich, die Vor herrschaft in Korea, die Japan ziemlich offen, Rußland mehr indirekt fordert. Nun ist zwar Korea ein „Kaisertum", aber eines von der ausgebleichten Sorte, die seit dem Zerfall des römischen Reiches immer häufiger wird und hoffentlich in dem Kaisertum d.r Sahara des Herrn Lebaudy seinen lächerlichsten Gipfelpunkt erreicht hat. Also der großmächtige Kaiser von Korea, dessen Gebiet eventuell den russich- japanischen Kriegsschauplatz abgeben würde, hat seinem gesamten Heere strengstens befohlen, nicht auf fremde Truppen zu schießen! Ent sagungsvoller kann doch wahrhaftig kein Kaiser handeln und vermutlich niemals hat ein Kaiser treuwilligeren Gehorsam gefunden, denn der Koreaner huldigt nun einmal der alten Lehre: „Weit davon ist gut vorm Schuß!" Und das fünfte Gebot, das eine gewisse Beamtenkategorie bei uns heimlich auf ihrem nie entblößten Degen tragen soll: „Du sollst nicht töten!" wird aus tapferster Ueberzeugung von den koreanischen Truppen hochgehalten, obwohl sie weder Juden noch Christen sind. — Unsere etwas buntscheckigen inneren Verhältnisse werden gegenwärtig durch die Reichstagsverhandlungen sanft übertönt. Einen ganzen Tag lang haben unsere Abgeordneten an den wurmkranken Berg leuten herumkuriert und dann haben sie die Unfallversicherung der Handwerker betrieben. Aber da viele Köche den Brei verderben, so ist bei den Verhandlungen kein schmackhaftes Gericht zustande gekommen. Die Zeit drängt, die Be schwerden sind viel, der Interpellationen sind viel, der Redner sind viel und so manche bisher zurückgehaltene Jungfernrede drückt auf den Magen ihres Verfassers. Wo die Nedewütigkeit herkommt, ist schwer zu sagen: die Abgeordneten kriegen doch keine Diäten!