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Die „Gttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen y20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Atoritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Anruchm« „i, Ins<r«trN ti» »or«ttt«z Uhr. Inserate «erden mit ;o Pf. fiir die Spaltzeil« berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Mittwoch, den 26. November 1902. 1. Jahrgang. Eingegangeu sind von: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Aönigreich Sachsen das 22. Stück, enthaltend 92 .. Verordnung, die Enteignung von Grundeigentum zur Herstellung einer Verbind» ungsbahn Leutzsch-Wahren betreffend, vom 20. September 1902. 93 ., Verordnung, die Enteignung von Grundeigentum zur Herstellung einer Wegeüber- siihrung an der Eisenbahnlinie Dresden Elsterwerda betreffend, vom 20. September 1902. 94 ., Verordnung, eine Aenderung der Gerichtsbarkeit betreffend, vom 20. September 1902. 95 ., Verordnung, die Enteignung von Grundeigentum zum Umbau der Eisenbahnstrecke zwischen den Bahnhöfen Chemnitz und Kappel betreffend, vom 1. Oktober 1902. 96 ., Verordnung, die Enteignung von Grundeigentum für Erweiterung der Haltestelle Rautenkranz betreffend, vom 1. Oktober 1902 und vom Nr. 41. entbaltend Reichsgesetzblatt Bekanntmachung, betreffend den Befähigungsnachweis und die Prüfung der Maschinisten auf Seedampsschiffen der deutschen Handelsflotte, vom 16. Oktober 1902. Nr. 42, enthaltend Bekanntmachung, betreffend die Außerkurssetzung kur Zwanzigpfennigstücke aus Nickel, vom 16. Oktober 1902. Bekanntmachung, betreffend die dem internationalen Uebereinkommen über den Eisen bahnfrachtverkehr beigefügte Liste, vom 20. Oktober 1902. Nr. 43, enthaltend Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb der Roßhaarspinnereien, Haar- und Borstenzurichtereien, sowie der Bmsten-und Pinselmachereien, vom 22. Oktober 1902. Nr. 44. enthaltend Bekanntmachung, betreffend Aenderung der Militär-Transport-Ordnung, vom 31. Oktober 1902, 0ttsnckorf-?«IoritLciorf, dcn 20. November 1902. Der Gemeindevorstand. Lincke. Oertlichrs und Sächsisches. Dttcvdorj-GkliUa, 2b. November 1902. -st Die schöne Sitte, am Totensonntag die Gräber lieber Luüchlafenen mit Blumen und Kränzen zu schmücken, breitet sich immer mehr aus und so glich am vergangenen Sonn tag unser Gottesacker wieder einem herrlichen Blumengarten. Fast kein Hügel war da draußen, der nicht von lebender Hand ge schmückt worden wäre. In Dankbarkeit ge dachte man der Toten; „ein Tag im Jahre n Toten frei", das ist der Totensonntag. m Uuun alle weltlichen Velgnügungen r m in der Natur suchen die Menschen ^reolvrg. Mit dem Totengedenktage ist gleich- ' . -,.0 End» des Kirchenjahres herbeigekommen. Die jestloic Zeit des Jahres ist wieder ein mal vorüber. Nächsten Sonntag läuten die R vemeglockcn und die Nähe des WeihnachtS- > - ielt Hohem Hoffen Raum. ff- In der Nacht vom Sonntag zum Mon tag gerieten zwei in einer hiesigen Restauration anwesende Gäste in Streit, in deren Verlauf der eine seinen Gegner ein Bierglas auf den Kopf zchlug, sodaß sich der letztere in ärztliche Behandlung geben mußte. Der rohe Mensch, welcher schon wegen derartiger Vergehen vor bestraft ist, sieht seiner Bestrafung entgegen. Portovergünstigungen von und an Dtilitärpersonen. Innerhalb des deutschen Neichspostgebiets besteht Portovergünstigung in sofern, als gewöhnliche Briefe bis zum Ge wicht von 60 Gramm und Postkarten frei be fördert werden, wenn sie an Militärpersonen vom Feldwebel abwärts gerichtet sind. Außer dem ist bei Uebersendung eines Geldbetrags bis zu 15 Mark nur eine Gebühr von 10 Pfennige und für die Beförderung der ge wöhnlichen Packele bis zum Gewicht von 3 Kilogramm nur ein Franko von 20 Pfg- zu entrichten. Diese Sendungen müssen aber in eigener Angelegenheit des Empfängers zur Ab wendung gelangen. Für die übrigen Send- Nnaen gelten die gewöhnlichen Portoiätze. Im deutschen Reiche ist eine Portovergünstigung demnach nur für diejenigen Sendungen einge führt, die an die Soldaten gerichtet sind, während in unserem Nachbarstaate — Frank reich — seit kurzer Zeit die Einrichtung be geht, daß auch Senommen von Sollten eine Bergünstigung genießen Daselbst dürfen die -Nilttärpersonen vom Unteroffizier abwars mo- ii - , portofrei absenden. Die Briefe sind vor der Absendung vom Wachtmeister oder einem sonst dazu bestimmten Unteroffizier mit einer be sonderen Freimarke zu bekleben. In Oester reich genießen die Militärpersonen nur in Kriegszeiten gewisse Portovergünstigungen, wäh rend in Ungarn für die gesammte persönliche Korrespondenz der Militärpersonen Portofreiheit gewährt wird. In einigen Ländern gelten ähnliche Bestimmungen; es giebt aber auch mehrere Länder z. B. Rußland, wo für Post sendungen von und an Militärpersonen weder in Kriegs- noch in Friedenszeiten irgend welche Portovergüustigungen bestehen. — Der Kartenbrief, von dessen Rück gang wir jüngst berichtet haben, scheint sich in der Gunst des Publikums wieder zu befestigen. Während in den Rechnungsjahren 1899 bis 1901 im Durchschnitt jedes Jahr je etwa 2^/, Millionen abgesetzt wurden, sind in der ersten Hälfte des laufenden Rechnungsjahres, also in der Zeit vom 1. April bis Ende September 1902, über 4 Millionen Stück Kartenbriefe von der Reichsdruckerei an die Postanstalten geliefert worden- Der Bedarf an Karten briefen hat sowie im letzten Halbjahr nahezu das Doppelte wie in den Vorjahren betragen. Es ist nicht wohl anzunehmen, daß der Absatz an das Publikum wesentlich hinter dem Er satzbedarf der Postanstalten zurückbleiben wird. — In letzter Zeit sind, wie mehrfach er wähnt, Reisende aufgetreten, welche bei Ge schäftsleuten Bestellungen auf Wein suchten und ihnen vorspiegelten, sie könnten eine Filiale von ihrer Firma übernehmen. Bei ablehnendem Verhalten versprachen sie dann eine Probe um sonst zu übersenden und erbaten sich nur die Unterschrift der Geschäftsleute, welche erst später merkten, daß sie statt des Auftrags auf eine Gratisprobe die Bestellung auf einen grö ßeren Posten Wein unterschrieben hatten. Am Sonnabend ist es der Chemnitzer Kriminal polizei gelungen, einen dieser Reisenden dort festzunehmen. Königsbrück. Auf dem Jnfanterie- Gefechtsschießplatz wird in der Zeit vom 29. November bis mit 13. Dezember täglich von 7 Uhr vormittags bis 5 Uhr Nachmittags das königlich sächsische 3. Infanterie-Regiment Nr 102 Einzelgefechts- und Gruppen-Schießen abhaltea. - Dresden. Am Donnerstag Abend wurde in der Webergasse von oer Kriminal- d^j-nst-e imbekgnnte K^b^cher festgc- " , - avt.» ^8* v. M. am 25. Oktober aus einer Erdgeschoß- Wohnung in der Zeughausstraße eine eiserne Kassette mit einer großen Anzahl Talons und Koupons der 3prozentigen Sächsischen Rente gestohlen hatte. Bei der Festnahme ergriff das Publikum leider, wie so oft, ohne zu wissen, um was es sich handelte, für den gemein gefährlichen Verbrecher gegen die einschreitenden Beamten Partei und erschwerte diesen die Aus übung ihres ohnedies schwierigen Berufes. Der Einbrecher ist der aus Zittau gebürtige, schon wiederholt bestrafte, in letzter Zeit mehr fach von den Behörden gesuchte 26 Jahre alte Malergehilfe Adolf Kropp. Außer diesem Ein brüche konnten ihm noch zwei weitere Einbrüche, sowie zwei am Donnerstag Nachmittag aus geführte Fahrraddiebstähle nachgewiesen werden. Ein in seiner Begleitung befindlicher, ebenfalls mit festgenommener 18 Jahre alter Kellner aus Weipert in Böhmen ist der Hehlerei überführt. Kamenz. Gestern früh kam im hiesigen Elektrizitätswerke ein Brand zum Ausbruch, durch weichen ein Teil des Kesselhauses ein Raub der Flammen wurde. Das gesammte Dachwerk ist niedergebrannt. Die Entstehungs ursache des Brandes, binnen zweier Wochen der dritte in Kamenz, ist noch unaufgeklärt. Bautzen, 21. November. Großes Auf sehen erregt hier das plötzliche Ableben des hiesigen AssistenzarteS am Stadtkrankenhause Dr. med. Rudolf Jahn, welcher bei Gelegen heit eines am vergangenen Dienstag Abend bei einem hiesigen Kollegen Dr. med. Neumann stattgefundenen Gastmahles durch unvorsichtiges Gebühren mit einem dolchähnlichen Messer von dem Gastgeber einen Stich in den Leib er hielt, wobei er so schwer verletzt wurde, daß er gestern Nachmittag verstorben ist. Die Sezirung des Leichnams hat stattgefunden. Jahn ist unverheiratet, 27 Jahre alt, war ein streb samer, allgemein beliebter Mann, ist in Salz wedel in der Altmark geboren und der Sohn des dortselbst noch lebenden Oberpredigers Rudolf Jahn. Meißen, 23. November. In dem mit Hol- und Reisig gefüllten Dachraum des alten Schulhauses in Obergruna bei Siebenlehn ent stand am Sonnabend Abend gegen 11 Uhr Feuer. Die fünf meist kinderreichen Familien, die das Haus bewohnten, lagen bereits im Schlafe, konnten sich aber noch rechtzeitig in Sicherheit bringen. Leider soll nichts versichert gewesen sein. Bei dem herrschenden Winde war auch das benachbarte neue Schulhaus bedroht. Walda, 24. November. Am gestrigen Sonntag fiel eine unverheiratete polnische Ar beiterin von einem Wagen, der sie nach dem Großenhainer Bahnhof bringen sollte. Der Unglücklichen ging ein Rad über den Kopf, wodurch sie schwer verletzt wurde. Es machte sich ihre Ueberführung nach dem Großenhainer Krankenhause nötig. Ihre Herstellung dürste längere Zeit in Anspruch nehmen. Colmnitz, 23. November. Gestern Mit tag war bei einem hiesigen Gutsbesitzer die Schinken und Speckseiten beim Räuchern in der Rauchkammer in Brand geraten. Die Löschung dieser wie Schwefel brennenden, saf tigen Gegenstände verursachte große Schwierig keiten. Wäre dieser Brand des Nachts ge schehen, so konnte leicht ein größeres Unglück entstehen. Mühlberg a. d. E., 23. November. Ein bedauerlicher Unfall ereignete sich in der hiesigen Zuckerfabrik. Der Arbeiter I. von hier, welcher beim Transport der Zuckerrüben vom Elblagerplatze nach der Zuckerfabrik mittels kleiner, auf schmalspurigen Geleisen lausenden Kipplowrys beschäftigt war, geriet mit dem Fuße umer die Räder einer Lowry, wobei dem Bedauernswerten die Zehen des Fußes voll ständig zerquetscht wurden. Freiberg, 21. November. Eine unan- genebme Uelurraschung war einem hiesigen Haus besitzer dadurch bereitet worden, daß in der Nacht zum Freitag einer seiner Mieter, ein Fleischer T., welcher in seinem Hause ein Fleisch- und Wurstwaarengeschäft betrieb, mit Sack und Pack unbemerkt da» Weite gesucht hat. Selbstverständlich hatte der verschwundene in der Eile auch vergessen, allen seinen sonstigen nicht unerheblichen Verpflichtungen nachzukommen. Gegen den Ausreißer sind bereit» gerichtliche Schritte eingeleitet worden. Crimmitschau, 22. November. In der Nacht zum Freitag brach in der umfangreichen Wollniederlage der Firma Zacharias L Mette ein verheerender Brand au«. Mit rasender Schnelligkeit griffen die Flammen unter den in den langgestreckten Räumen zahlreich aufge stellten Wollballen um sich; von dem Hinter gebäude setzten sie über auf die Vorderfront des langen zweistöckigen Gebäudes, in dem sich auch das Kontor befand. Auch dort stand alles im Nu in Flammen; an Rettung war nicht zu denken. Der Schaden ist beträchtlich. Meerane, 21. November. Am Freitag Vormittag hielten die gesammten Arbeiter der einzelnen Fabriken (jede für sich) Versamm lungen ab, um in geheimer Abstimmung fest zustellen, wer für Wiederaufnahme der Arbeit beziehungsweise weiteres Streiken sei. Da» Resultat dieser Abstimmungen war folgendes: 1568 Arbeiter für Ausharren im Streik und ca. 25 für Wiederaufnahme der Arbeit. Bei diesen Ziffern war vorauszusehen, daß die am Nachmittag stattfindenden Versammlungen der Ausständigen, die in drei Sälen abgehalten wurden, dasselbe Ergebnis liefern würden. Die Arbeiter sahen denn auch in den ihnen übermittelten Bedingungen keine Lohnerhöhung. Sie wollen die Arbeit nicht früher wieder auf nehmen, bevor nicht eine wirkliche Lohnauf besserung erfolgt. Herr Bürgermeister Wirth gen hat den Vertretern der Arbeiter mitgeteilt, wenn die Ausständigen die vereinbarten Be dingungen nicht anerkennen beziehungsweise die Arbeit nun nicht aufnehmen würden, er die Hand zur Einigung nicht wieder biete. Nach längeren, zum Teil sehr erregten Debatten wurde einstimmig der Antrag angenommen, weiter im Streik zu beharren. Damit sind nun alle Brücken zwischen den beiden Parteien abgebrochen und der Streik auf» ungewisse verlängert. Welche Opfer aufgebracht werden müssen, um die Streikenden zu unterstützen, geht da.aus hervor, daß jede Woche 18000 Mk. Unterstützungsgelder gezahlt werden, da» er- giebt bis jetzt 108000 Mark Streikgelder. Wie die Arbeiter versichern, ist noch genügend Geld vorhanden, und wenn noch viele Wochen gestreikt würde.. Bockwa, 22. November. Auf der Zwi ckauer Straße wurde vorgestern Abend ein anscheinend sehr stark betrunkener Mann ge funden und nach der OrtSzelle gebracht; dort ergab sich, daß der Mann, ein Müllergeselle Emil Beyer aus der Freiberger Gegend, tot war. Der Tod ist durch Erfrieren eingetreten. Asch, 20. November. Die hiesigen Flei scher hatten den Beschluß gefaßt, die Preise für Fleisch und Wurst zu erhöhen. Die Be völkerung, insbesondere die zahlreiche Arbeiter schaft, beschloß daher, von dem Tage an, der die Erhöhung der Preise eintritt, kein Fleisch und keine Wurst bei den hiesigen Fleischern mehr zu kaufen und dieser Beschluß wurde auch durchgeführt. Ein Fleischer, der früher alle Wochen durchschnittlich 38 Zentner Wurst veräußerte, setzte in den letzten 8 Tagen nicht ganz zwei Zentner ab. In den Abendstunden fanden mehrmals Ansammlungen vor den Fleischerläden statt. Nur eine Woche lang vermochten die Fleischer diesen Boykott au»zu- halten, denn eine Versammlung der Fleischer genoffenschaft beschloß, die Würste wieder zum alten Preise zu verkaufen und die Fleischpreise nicht um 8, sondern nur um 4 Heller zu er höhen. Die Fleischer hoffen, durch diese Be schlüsse wieder günstigere Verhältnisse zu be kommen.