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Ottendorfer Zeitung Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend 2 Die »Ottendorfer Zeituny" erscheint Dieno» tag, Donnerstag und Sonnabend. Der Bezugs-Preis wird mit Beginn » jeden Monats bekannt gegeben. Im Falle höherer Gewalt jKricg od. sonst. H — irgendwelcher Störungen des Betriebes der « 2 Zeitung, d. Lieferanten od. d. Bcförderungs- L - Einrichtungen) hat der Bezieher keinen An- - »» sxruch aus Lieferung oder Nachlieferung Ler »» ü Zeitung od. Rückzahlung d. Bezugspreises. H Postscheck-Konto Leipzig Nr. 29148. WerPIlWS- Diese Zeitung veröffentlicht die des Gemeinderates M Aetzkblck amtlichen Bekanntmachungen zu Ottendorf-Okrilla. Mit den Beilagen „Neue Illustrierte", „Mode und Heim" und „Der Kobold". Schriftleitung, Druck und Verlag Hermann Rühle, Ottendorf-Okrilla. !! Anzeigen werden an den Erscheinung»««» L » bi» spLtest« ns vo«ü««ag 10 UH« <»«««» Geschäftsstelle erdete«. - Die Festsetzung des An,eigen«vrets»« 8 ü wird bei rintretendet Änderung et»« VUWWH s 2 vorher bedanntgegeoe«. Gemeinde-Giro-Konto Nr. 136. Nummer Sonntag, den März 1928 27. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Bttendors-Vkrilla den 8. März ^928. — In letzter Zeit treibt sich im hiesigen Orte eine Zigeunerin herum, die bei leichtgläubigen Einwohnern ver sucht, durch allerlei Hokuspokus Geld und Gegenstände zu erlangen. Bei Wiederauftreten dieser Person wolle man so fort die hiesige Gendarmerie (Kommissar Beyer) benach richtigen. — Zur Kirchenvorstandswahl 1928. In den letzten Jahren haben viele Ortseinwohner über Kirchensteuerliche Fragen ihren Unwillen Ausdruck gegeben. Das nach ver- schiednen Seiten ungerecht wirkende Steuersystem kann auf die Dauer nicht beibehalten werden. Eine Aenderung tut not im Interesse der Kirche als auch ihrer Mitglieder. Durch die am 18. 3. stattfindenden Kirchgemeindevertreterwahl ist den Mitgliedern der Kirche Gelegenheit gegeben, mit dem Stimmzettel zu bekunden, wen sie für geeignet und würdig halten als Vertreter die Geschicke der Kirche mit zu betreuen. Die am kommenden Montag einberufene Wählerversammlung, wird zeigen ob ein starkes Jnteresie für die Kirche vorhanden ist die Frauen sind besonders herzlich mit eingeladen. Lohn steuerpflichtige, Handwerker und Landwirte mögen die kommenden stattfindenten Wählerversammlung nicht ver gessen zu besuchen. An alle zur Kirche gehörenden Mitglieder ergeht der Ruf: Kommt am Montag und helft. — Arme Weidenkätzschen! Schon gar lange blitzen die silbernen Köpfe der Kötzschen aus den Weidenbüschen. Nun blühen sie auf und bieten ihre gelben Pollen den Bienen zur Nahrung für die junge Brut- Aber wie sind viele, viele Weiden wieder zugerichtet! Mit roher Hand haben die licht scheuen Naturfrevler die Zweige abgerissen (zum Abschneiden läßt ihnen das böse Gewissen nicht Zeit) und haben die junge Bienenbrut zum Teil den Hungertod ausgeliefert. Man scheut sich nicht solche geräuberten Weidenkätzchenzweige in Vasen auf die Tische von Gastwirtschaften zu stellen, ob wohl man weiß, daß jedes Wegnehmen der geschützten Weidenkätzchen unter Strafe gestellt ist. Den rücksichtslosen Räubern und Schändern der Natur kann nur nach Verdienst, d. h. mit gleicher Rücksichtslosigkeit, begegnet werden. Sie verdienen nichts anderes als strafrechtliche Verfolgung. Nicht besser sollte es den unvernünftigen Eltern ergehen, die ihre Kinder forlschicken ein paar Kätzchen zu holen, und die nicht wissen, daß sie sich an der Natur versündigen. Jede Be schädigung der Weiden ist verboten. Das sei immer wieder und besonders im Hinblick auf den noch kommenden Palm sonntag in Erinnerung gebracht. Wachau. Am 6. März ds. Js. gegen Abend wurde in einem Gehölz in Flur Wachau der seit iS. 2. 28 au» Klein-Dittmannsdorf abgängig gewesene Landwirt Tübel er hängt aufgefunden. Es liegt Selbstmord vor. Schwermut wird als Tatgrund angenommen. Langebrück. Ein vor Hennigs Bahnhofsrestaurant haltendes Auto, dessen Führer sich als Gast im Lokal be fand, rollte am Freitag unbeaufsichtigt die dort ziemlich ab schüssige Dresdner Straße hinunter durch die Bahnunter führung, riß einen Kabelmast um und sauste nach Jurks Drogerie, wo es die Einzäunung samt Steinsäulen umstürzte und dort erst endlich stehen blieb. Durch das Umfallen des Kabelmastes rissen wiederum die starken Drähte ein am anderen Ende am Dache eines Schokoladengeschäftes be findliche» Gestänges samt dem oberen Giebelteil herunter, so daß allseitig ziemlicher Materialschaden entstand. Menschen wurden rein zufällig nicht von dem Unfall betroffen. Kamenz. Spielende Kinder brachten aus Panschwitz ein Gewicht mit nach Hause, das sich bei näherer Unter suchung als ein neues Revolverkanonengeschoß herausstellte. Wie das Geschoß an den Fundort gelangt ist bedarf noch der Klärung. Wittichenau. In Abwesenheit der Eltern machte sich das vierjährige Söhnchen des Kantors Jäckel am Küchen herde zu schaffen. Dabei fing die Schürze des Kleinen Feuer, und im Nu standen die Kleider des Kindes in Hellen Flammen. Das durch das Geschrei aufmerksam gewordene Dienstmädchen konnte durch Herunterreißen der brennenden Kleidungsstücke das Kind aus seiner schrecklichen Lage be freien. Trotz der raschen Hilfe trug der Knabe starke Brand wunden am Halse und im Gesicht davon. Weinböhla. Anscheinend infolge Funkenfluges einer Lokomotive geriet Mittwoch mittag ein Stück Waldland bei Oberau am Gipshügel in Brand. Zahlreiche Einwohner der benabarten Orte begachben sich zu der Brandstätte, um das Schauspiel eines Waldbrandes anzusehen. Vornehmlich brannte eine größere Heidefläche mit Unterholz ab. Die schnell herbeigeeilte Weinböhlaer Feuerwehr und hilfsbereite An wohner von Oberau und Niederau dämmten das Feuer ein,' so daß größerer Schaden verhindert werden konnte. Die herrschende Windstille war für die Löscharbeiten günstig. Das. in Brand geratene Land gehört zum Forstbesitz des Ritter- ! gutes Oberau. Meißen. Am Mittwochabend in der elften Stunde^ überfuhr ein nach Leipzig fahrender Lastzug des Eisenbahn- Kraftverkehrs einen etwa 24 jährigen Mann, der auf der in folge des Sprühregens schlüpfrigen Bahnhofstraße beim Ueber- holen des Lastzuges mit dem Rade stürzte und vor die Räder des Lastzuges zu liegen kam trotz scharfen Bremsens konnteZdie Katastrophe nicht abgewendet werden. Vorder- und Hinterrad des vorderen Wagens gingen dem Bedauerns werten über Brust und Hals und einen Teil des Kopfes. Der Tod trat auf der Stelle ein. — Aus dem Fenster gestürzt ist am Roßplatz aus ihrer im dritten Stock gelegenen Wohnung die über 70 Jahre alte Witwe Z. Der Tod trat alsbald ein. Ein epileptischer Anfall dürfte die Ursache des Unglücks sein. Nossen. Eine jüngere Frauensperson entwendete die anläßlich der Seminarschlußfeier am Ehrenmal auf der Seminarbastei niedergelegten Kränze und verkaufte sie unter falschen Vorspiegelungen an zwei hiesige Familien. Sie wurde ermittelt, ins Amtsgerichtsgefängnis eingeliefert und hat eine empfindliche Strafe zu erwarten. Wurzen. In der ehemaligen Artillerierkaserne hier entstand gestern vormittag in der 10. Stunde ein gefährlicher Brand. In einem langen Stallgebäude ist das Ober stockwerk an eine Firma vermietet, die Port Heu und Stroh eingelagert hat. Das Untergeschoß hat die Kistenfabrik Schramm inne. Das Feuer brach im Obergeschoß aus und fand in den Heu- und Strohvorräten reiche Nahrung. Im Nu stand der ganze Dachstuhl des Gebäudes in Hellen Flammen. Der schnell herbeigeeilten Feuerwehr gelang es, einen Durchbruch des Feuers in die Fabrikräume der Kisten fabrik zu verhindern, wobei die starken Betondecken des Ge bäudes große Vorteile boten. Ein sehr heftiger Nordwestwind blies immer wieder in die lohende Glut, so daß ständig große Gefahr bestand, daß durch Funkenflug auch die anderen Gebäude der umfangreichen Kasernenanlagen in Brand ge rieten» Gegen Mittag war das Feuer auf seinen Herd be schränkt. Werdau. Ein falscher Gerichtsvollzieher hat hier eine Gastrolle gegeben Unter der Angabe, als Beamter des Landgerichts Zwickau einen Schuldtitel eintreiben zu wollen, hat er einen hiesigen Einwohner auf dem Heimwege von der Arbeit einen solchen auch aus seiner braunen Aktentasche vor- gezeigt und Bezahlung verlangt. Da zufälligerweise der Mann den Betrag der auf den Schuldtitel verzeichnet war auch zu bezahlen hatte, hegte er kein Mißtrauen und händigte dem Gerichtsvollzieher auch einen größeren Betrag ohne Quittung aus, die er von der Behörde direkt zugestellt be kommen sollte. Die Quittung blieb aber aus und der Mann mußte jetzt die Wahrnehmung machen, daß er einem Schwindler in die Hände gefallen war. Plauen i. V. Ein großzügiges Verkehrsprojekt, das die Bürgerschaft schon lange beschäftigt, ist vom Rat ge nehmigt worden. Es soll eine neue zeitgemäße Brücke über die Elster gebaut werden. Die Jahrhunderte alte König Albert-Brücke jetzt die einzige Verbindung zweier belebter Stadtteile und Außenstraßen, soll ausgebesiert und verbreitert werden' Die Kosten für die Durchführung dieser Pläne werden weit über 1 Million Mark betragen. — Ein folgenschweres Autounglück ereignete sich am Mittwoch in der Nähe der Kaserne. Der 19 Jahre alte Schlosser Paul Weimann aus dem benachbarten Neundorf wollte mit seinem Rade zum Mittagessen heimfahren und ge riet an der Zeppelinbrücke unter einen Kraftwagen der Sipo. Er wurde auf der Stelle getötet. KircheKnachrichten Sonntag den 12. März 1928. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Mit anschließend Abendmahl. Vorm. Vr 1l Uhr Kindergottesdienst. V om lor 2^ den (3) Ein, Land, reich an natürlichen Schönheiten, tut sich hier in Altserbien vor uns auf, ein Bergland, da» sich am besten mit unseren sächsischen oder schlesischen Gebirgsland schaften vergleichen läßt. Hier windet sich die Straße in einem großen Bogen um einem mit dichten Eichenwald be deckten Berg, rechts unten im Tal steigt der Rauch au» den serbischen Dörfern empor, dort drüben am Horizont grüßen die Riesen de« Balkans herüber, deren. Häupter im Glanz der untergehenden Sonne aufleuchten. In den Bergen an den Abhängen weiden die serbischen Hirten ihre Schweine- Herden, die mit einem so dicken Wollfließ bedeckt sind, daß sie von der Ferne gesehen Schafen gleichen. Auf ihr« leichten Wägelchen fahren serbische Bauern vorüber, die schwarze Lammfellmüze auf dem Kopfe gehüllt in den dicken Schafpelz dessen wollige Seite nach innen, das Leder nach außen ge kehrt ist, an den Füßen an Stelle der Stiefel den Bundschuh, die Sandale, die mit Schnüren und Riemen an den Schenkeln befestigt ist. Da die Straße leidlich und das Wetter klar ist, be schließen wir, die Nacht durchzufahren. Wir kommen spät abends in ein kleines serbisches Städtschen mitten in den Bergen und sind gezwungen, unseren Benzinvorrat zu er gänzen. Während unser D-Rad auf der Straße hält und wie gewöhnlich von einem Schwarm Neugieriger umringt ist, hören wir plötzlich mitten in dem serbischen Stimmengewirr in unverfälschtem Berliner Jargon die Worte! „Del hab ick doch jleich gesagt, det ist doch mein Motorrad" und au» der Menge pellt sich ein deutscher Ingenieur heraus, der hier im Innersten Serbiens angestellt ist, sich gerade vor wenigen Tagen ein Rad bestellt hat und nun verwundert den wie vom Himmel gefallenen Vorläufer seines eigenen Rades be trachtet. Es ist überhaupt erstaunlich, wie vielen Deutschen wir in Südslawien begegen, nicht nur in der Hauptstadt Belgrad oder Esseg und Semlin, die etwa zur Hälfte von Deutschen bewohnt sind. Ganze Landstriche finden sich im Norden Süd- slawiens, in denen sich ein deutsches Dorf an das andere reiht. Immer werden wir auf unserer Fahrt von den Bauern die an unserem Seitenwagen die Inschrift „Berlin—Kairo- Berlin" lesen, deutsch angesprochen, immer wieder erhalten wir auf unsere Fragen die Antwort: „Die ganzen Dörfer hier sind deutsch". Ja auch im Süden des Landes, in Alt serbien selbst in den mazedonischen Bergen, überall stoßen wir auf Deutsche, Reichsdeutsche Deutschösterreicher, Deutsche aus der Tschechoslovakei oder Ungarn, die hierher verschlagen worden sind und lebhaft ihrer Freude Ausdruck geben, deutsche Landsleute zu sehen. Bei dieser großen Zahl von Deutschen innerhalb Südslawien» ist es nicht verwunderlich da» man fast überall deutsch versteht und spricht. Nur in ganz wenigen Fällen war es für uns notwendig das Französische zu Hilfe zu nehmen, was wir natürlich, soweit es ging möglichst ver mieden. Am Morgen treten wir au» den Bergen heraus in die wette, fruchtbare Ebene der Morawa. Von allen Seiten ziehen Trupps von Männern und Frauen zu zweien, zu dreien zu Markt: Ochsen, Kälber, Schweine, Schafe, Hühner vor sich hertreibend, Truthähne über die Schulter gehängt, auf Eseln reitend, ohne Sattel und Zaumzeug mit lang herunterbaumelnden Füßen. Schwerfällige Büffelkarren kommen uns entgegen, die Büffel in ein altertümliche» Joch eingespannt, das au» vier kreuzweise übereinandergelegten Stangen besteht; nur mit einem spitzen Stock ohne Zügel und Peitsche lenkt der Fahrer die schweren Tiere. Da» Knattern des Motors scheucht alle aus ihrer Ruhe auf. Frauen und Kinder ziehen sich erschreckt auf die Felder zurück oder suchen Schutz hinter den Büffelkarren, die Hühner und Kälber und Schweine stieben auseinander und suchen das Weite, die Büffel gehorchen den Stecken nicht sondern jagen samt ihren Karren über den Graben in den Acker hinein. Ein Motorrad scheint hier unten ein seltener und unheimlicher Gast zu sein. Am stützen Nachmittag treffen wir in Nisch ein und fahren nach kurzer Rast nach Osten weiter, der bulgarischen Grenze zu. Fortsetzung folgt.