Volltext Seite (XML)
Ottendorfer Zeitung. Annahme von Inseraten bi, »»»mittag Nhr. Inserate werben mit w Pf. für bie Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Die „Dttenborfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag unb Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 53. Mittwoch, den 4. Mai 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrtlla, z. Mai 1304. — Der am Sonntag nachmittag 5,40 Uhr erstmalig von Dresden.-N. nach Königsbrück verkehrende, neu eingelegte Personenzug, war von dem Ortevcrcin Lausa-Weixdorf festlich geschmückt worden. — Der 1. Mai führte gestern den Wonne monat aufs herrlichste ein. Es herrschte eine Maiwitterung, die einen 2. Baumblutsonntag erster Güte brachte, wie sie nicht schöner ge dacht werden konnten. Wanderungen in Gottes schöner Natur wurden darum zahlreichst unter nommen, sei es von einzelnen Familien und Freundeszirkeln, sei es von Vereinen. So besuchte der Kaufmännische Verein Großen hains Riviera und verlebte daselbst ganz köstliche Stunden. — Lernt stenographieren! Wie notwendig das Können der Stenographie für jedermann, der im geistigen Berufe steht, in unserer vorwärtsstrebenden Zeit ist, wurde an dieser Stelle schon oft dargelegt, doch immer und immer wieder sei in Hinsicht auf einen dem nächst beginnenden neuenLehrkursuS des Gabels- berger Stenographen-Vereins zu Großenhain hiermit die Erlernnung dieser vorteilhaften Kurz schrift anempfohlen. Schon gar manchen hat sie den Weg zu einer besseren Laufbahn ge ebnet. — Verordnung über Kraftwagen. Das Königliche Ministerium des Inneren hat neuer dings bestimmt, daß die Erkennungsnummer der Kraftwagen und Motorfahrräder die Größe etwa der Wagennummern der Straßenbahnen haben und daß abends oder beim Ueberholen von Fuhrwerken, bei lebhaften Straßenverkehr auf Straßenkreuzungen usw. nur mit Ge schwindigkeitsermäßigung gefahren werden darf. — Schwindel. Jetzt fangen auch Londoner Blätter an, sich mit der East Stand Gold Mines Limitet, deren Aktien bekanntlich durch die Hugo Loemysche Financial and Commercial Bank hauptsächlich in Deutschland vertrieben wurden, zu beschäftigen. So schreibt die „Sunday Times und Sunday Special": Interessante Entwickelung stehen in bezug auf die East Rand Gold Mines-Aktien bevor. Von Zeit zu Zeit bringen gewisse Zeitungen eine Notiz, daß diese Aktien zu 3-/, bis 4 Pfo. Sterling sehr stetig waren, doch wird au der Londoner Börse behauptet, daß diese Notierung nur für eine ganz kleine Anzahl von Aktien gilt die sich unter besonderer Kontrolle befinden, und daß die anderen Aktien, selbst nicht zu einem weit billigem Preise, verkäuflich sind. Man vermutet, daß sich das Komitee der Londoner Börse näher mit der Angelegenheit befassen wird. Inzwischen setzt Hugo Loewy mit großen Inseraten der London and Paris Exchange Ltd. mit ungeschwächten Kräften den Gimpelfang in Deutschland fort. — Beschädigte Briefe. Trotz der wieder holten Anregungen seitens der Postverwaltung, zur Versendung vsn Briefen bessere und ge eignete Briefumschläge zu verwenden, kommen dennoch jetzt immer wieder und namentlich vom Auslande zahlreiche Klagen über Be schädigung von Briefen, die lediglich auf mangelhaften Briefumschläge zurückzuführen sind. In Deutschland kann man sich zu schwer von den persönlichen Liebhabereien trennen, besonders schmale oder lange Briefumschläge oder solche winzig kleinen und andernteils wieder besonders großen Formats zu verwenden; das vorgeschlagene Normalformat wird bis jetz erst wenig und meist nur von großen Ge- schäftshäusernverwendet. AbgesehenvomFormat ist aber auch die Qualität der Umschläge in folge übertriebener Sparsamkeit meist nicht zweckdienlich. Die Umschläge platzen während der Beförderung an den Rändern auf oder di Verschlußklappe löst sich, so daß der Inhal bloßgelegt wird und ein Verlorengehen des Inhalts oft unausbleiblich ist. Ein weiterer Mangel besteht ferner darin, daß sich beiWert- und Einschreibebriefen die Siegel während der Beförderung loslösen. Auch hier ist die Ur- ache teils schlechter ungeeigneter Siegellack, eils zu glatte, unzweckmäßige Umschläge. Wir können daher nicht dringend genug raten, doch endlich auch in Deutschland davon abzu- tehen, zu den Briefumschlägen Papiersorten oder Formate zu verwenden, die ganz unge eignet sind, der während der Postbesörderung erforderlichen Behandlung genügenden Wieder- tand zu bieten und ihren Inhalt in tadel- reiem Zustand zum Empfänger zu bringen. — Warnung! Ein „Kunst-Atelier" im Südosten Berlins hat zahlreiche Reisende und Agenten ausgesandt, die den Leuten versprechen, es werde ihnen eine „lebenswahre" Vergrößerung einer Photographie „vollständig gratis" an gefertigt werden. Die Reisenden verteilen Prospekte, die mit den schönen Worten beginnen: Das neueste Rätsel! Das ganze Reich zer bricht sich seit Tagen den Kopf über die Mög lichkeit dieser Sache! Vollkommen neu! Ueberzeugung macht wahr! Es heißt dann weiter, das unentgeltlich zu liefernde Bild werde eine Größe von 35X45 Zentimeter haben; „absolut jeder Kaufzwang inbetreff eines Rahmens oder auch nur Kartons" sei ausgeschlossen. Soweit hat die Sache einen reellen Anstrich. Auf dem Zirkular befindet sich jedoch an einer auffälligen Stelle folgende Bemerkung: „Bitte dieses (!) Prospekt aufzu- bewahren, da dasselbe (!) abgeholt wird!" Die Firma handelt sehr vorsichtig, wenn sie sich wieder in den Besitz der Prospekte zu setzen sucht, denn nun beginnt der 2. Akt, der für die Kunden der Firma weniger erfreulich ist. Den Vertrauensseligen wird jetzt von einem Agenten ein Schein vorgelegt, in dem erklärt wird, das nur die gedruckten Bestimmungen als giltig anzusehen seien, dagegen die Firma andere Abmachungen, die zwischenden Abnehmern und Reisenden getroffen wären, nicht anerkennen könne. Diese Schrtsttücke werden von den meisten Kunden nicht genau durchgelesen, sondern so fort unterschrieben. In den Vereinbarungen verpflichten sich die Abnehmer, einen Rahmen zu einem meist recht ansehnlichen Preise zu erwerben, der natürlich die Kosten der famosen „lebenswahren" Vergrößerung reichlich deckt. Zugleich aber erklären sie ihr Einverständnis damit, daß Bild und Rahmen unter Nachnahme des Betrags gesandt werden, sodaß sie nicht einmal das „Kunstwerk" sehen, bevor sie ihr gutes Geld losgeworden sind. Das „Kunst atelier" gibt ihnen allerdings die tröstliche Versicheruirg, daß es etwaige kleine Fehler ohne besondere Vergütung beseitigen werde. Die Mienen, die die Empfänger bei der ersten Besichtigung machen, kann man sich denken, und es ist erklärlich, wenn sich jetzt zahlreiche Personen melden, die zu den Hineingefallenen gehören. Freilich sollten sie nicht nur die Firma, sondern auch sich selbst anklagen, denn schließlich weiß jeder verständige Mensch, daß kein Geschäftsmann seine Waren zu verschenken in der Lage ist. — Die Gemeindesteuerreform ist aus der Gesetzgebungsdeputation zurückgekehrt. Es ist wenig von den Vorschlägen der Regierung übrig geblieben. Die Einkommensteuer bleibt wie dieses nicht anders möglich ist, nach wie vor die Grundlage auch der Erhebung von Gemeindeanlagen, die zu weitgehende Be lastung der Grundstücksbesitzer ist unmöglich gemacht, die Erhebung von Gewerbesteuer, Schank- und Biersteuer bleibt Sache der Ge meinden; Tanzsteuer soll nicht erhoben werden, wenn sich ergibt, daß sie lediglich den Wirt belastet. Zuwachssteuer soll „in der Regel,, erhoben werden, aber die Höhe bestimmt di Gemeinde. Ueber den sogen. Bezirksausgleic wird ein bestimmter Beschluß nicht gefaßt, sondern nur empfohlen, daß, wenn er geschaffen wird, zugleich das Gesetz über die Bildung von Bezirksverbänden mit zu regeln sei. Auf Grund dieser Gesichtspunkte soll nun die Re gierung eine neue Vorlage ausarbeiten und or der Vorlegung an die Stände durch die treffe bekannt machen, damit die beteiligten Kreise sich rühren können. Es ist ohne weiteres vorauszusehen, daß der von der Re gierung auszuarbeitende Gesetzentwurf im wesentlichen nichts anderes sein wird, als eine Festlegung der bereits jetzt im Gemeinde - euerwesen herrschenden Zustände. Man hat ich umsonst aufgeregt, es wird bis auf Kleinigkeiten alles beim alten bleiben. Dresden. Der Nat zu Dresden hat die Arbeiten zur Durchführung eines Octsgesetzes zur Regelung der Verhältnisse der Wohnungen mit Teilvermietung wieder energisch ausgenommen, nachdem die Anfang l898 erlassene dies bezügliche Wohnungsordnung wegen Mangel an verfügbaren kleinen Wohnungen nicht in Iraft gesetzt werden konnte und eine Vertagung derselben bis zum 1- Oktober 1904 erfolgen mußte. Gegenwärtig herrscht ein ungewöhnlicher lleberfluß an Wohnungen. — Der Verein für Radwettfahren ver anstaltete am letzten Sonntag bei herrlichem FrühjahrSwctter ein von ca. 10 000 Personen besuchtes großes Dauerrennen und Amateur rennnen. Die letzteren wurden von 14 Herren- Ehrern aus Breslau, Dresden, Tharandt, Leipzig und Mylau bestritten, konnten aber jervorragendeü Interesse nicht erwecken. Von Berufsfahrern erschienen in der Bahn Contenent- Paris, Bruni-Paris und Lasalle-Leipzig. Letzt genannter fuhr zum ersten Male auf der Dresdner Bahn und erwarb sich infolge seines schneidigen Fahrens viel Sympathien, um so mehr, als er gegenüber zwei hervorragenden ausländischen Stehern die deutschen Farben allein vertrat. Im Stundenrennen kam es zwischen dem kleinen unscheinbar aussehenden Deutschen und dem Franzosen Bruni, der mit großer Zähigkeit um seinen Platz stritt, zu einem interessanten Kampf, der im Falle des Sieges für Lassale ein großer Erfolg gewesen wäre, aber leider damit endete, daß Bruni wegen eines Naddefektes aus der Bahn fahren mußte. Trotz mehrfacher Stürze war erfreulicher Weise ein ernstes Unglück nicht zu verzeichnen. — Die gestrige Maifeier, die von der hiesigen Sozialdemokratie mit 10 Vormittags- Versammlungen einem Rendezvous im Großen Garten und einigen Abendkommersen begangen wurden, verlief ruhig. Die Versammlungen waren stark besucht, während dies bei den Kommersen nicht der Fall war. Im Großen Garten wogte zwar eine große Menschenmenge hin und her und auch die Gartenlokale waren sämtlich gut besucht. Um die Maidemonstration bester wie diesmal zum Ausdruck zu bringen, wird beabsichtigt, zur nächsten Maifeier ebenso wie in Meißen einen Festzug zu veranstalten. — Auf der Zwickauer Straße versuchte sich eine Verkäuferin mit Phosphor zu vergiften und die Pulsader der linken Hand auf- znschneiden. Sie wurde noch lebend dem Friedrichstädter Krankenhause zugeführt. — Ende März dieses Jahres war die aus vier Köpfen bestehende Familie Renner, der Arbeiter bei Gebrüder Pfund war nnd hier Louisenstraße wohnte, verschwunden. Kurz darauf wurde auch die Plätze des Renner am Elbufer gefunden und vor 14 Tagen wurde bas sechs Jahre alte Kind der Rennerschen Familie in Lorenzkirchner Flur tot aus der Elbe gezogen. Am Mittwoch Abend ist nun auch die Ehefrau in Loschwitz am Winterhafen der Sächsisch - Böhmischen Dampfschiffahrts- Gesellschaft angeschwommen, während der Ehe gatte und ein dreijähriges Kind bisher noc vermißt werden. — Der Personenverkehr am Sonntag war ein recht bedeutender, namentlich wurden die Lößnitz und die Vororte der linken Elbseite viel besucht, Zur Unterstützung der fahrplan ¬ mäßigen Personenzüge kamen 19 Sonderzüge zur Mästung, von denen 11 nach und von Cossebaude-Coswig, 6 nach und von Schandau und 2 nach und von Tharandt abgefertigt vurden. Die 2 Sonderzüge nach und vom Rennplätze bei Reick beförderten 782 Personen. — Auf der Bautzner Straße wurde vor gestern mittag ein etwa 12jähriger Knabe von inem durch die vorüberziehende Wachtparade unruhig gewordenen Pferde eine« Geschirr» umgerissen, wobei ihm zwei Näder des Wagen» über die Beine gingen. Der Knabe wurde in die nahegelegene Diakonistenanstaltt gebracht. — Eine Rauferei spielt« sich Sonntag abend in der 10. Stunde am Terrastenufer ab. Zwei anscheinend dem Schifferstande an- gehörende Mannspersonen waren au» unbe« ännten Gründen in Streit geraten und balgten sich am Dampfschiff-Halteplatze, wobei der eine zu Falle kam und der andere wie ein Wütender über den am Boden liegenden Mann herfiel. Er schlug ihn dermaßen, daß vorübergehende Straßenpassanten mit Mühe den blutüber« trömten Mann seinem Angreifer zu entreißen vermochten. Ein zufällig hinzukommender Polizist ließ durch Gendarmen beide Exzedenten der Polizeiwache zuführen. — Weißer Hirsch. Dem Herrn Ingenieur v. Uslar-Gleichen hier ist von der General direktion der Sächsischen Staatsbahnen für sein rasches Handeln, wodurch das einem Personen zuge (zwischen Langebrück und Klotzsche am Karfreitag d. I.) drohende Unglück verhütet wurde, jetzt ein Dankschreiben zugegangen. Moritzburg. In den seiner Schönheiten falber vielbesuchter Moritzburger Forsten be findet sich zahlreiche Prachtexemplare hundert- jährige Eichen und Buchen; jene Waldbestände besitzen sogleich Eichen von hohem Alter, die zu den ältesten Bäumen unseres Königreichs zählen. Der erste dieser mächtigen, imposanten Baumriesen stehtdicht anderDreSdner-Großen- hainer Chaussee, im Kreyerner Revier, unfern des sogenannten Gabelwegs. An dem ge waltigen Stamm, unterhalb des fast manneS- starken Geästes, ist eine Tafel angebracht, die folgende Inschrift trägt: Ich alte Eiche kann schon lange denken, — Hab' manchen Herrscher Sachsens vorbei passieren sehn. — Ein Baum- freund wird sich's nimmer schenken. Hoch achtungsvoll an meinem Fuße still zu stehn. Diese Eiche mißt am unterem Ende 10 Meter und hat eine Höhe von 30 Metern; ihr Alter wird von Sachkundigen auf 500 Jahre geschätzt. Bisch eim. Bei der von der Staats anwaltschaft Bautzen angeordneten Sektion der verscharrten Kmdcsleiche der geschiedenen Stange wurde durch ärztliche» Gutachten festgestellt, daß das Kind frühzeitig geboren und bei der Geburt nicht lebensfähig gewesen sei. Die Stange wurde daher aus der Haft entlassen und das Untersuchungsverfahren eingestellt. Bischofswerda. In Goldbach wurde der Gemeindevorsteher und Gutsbesitzer Ernst Noch verhaftet. Der Grund hierzu war da-Fehlen einer größeren Summe an den von ihm ver walteten Mündel-und Krankenkassengeldern. Zittau. Erschossen hat sich Sonnabend früh gegen 6 Uhr in der Mandaukaserne der Soldat Schröder der 8. Kompagnie des hiesigen Infanterie-Regiments, der aus Dresden gebürtig ist. Der Beweggrund der Tat ist noch nicht festgestellt. Dem Anscheine nach hat seine wegen mehrfacher Vernachlässigungen erfolgt« Ablösung vom Kommando als Büchsenmacher gehilfe und der dadurch bedingte Rücktritt zum Kompagniedienst die Veranlassung zu dem Selbstmorde gegeben. Marbach. Vermißt wird hier seit acht Tagen der Bäckermeister Donath. Er hat von Döbeln aus seiner Wirtschafterin mit geteilt, daß er Selbstmord verüben werde. Dieser Tage ist nun über das Vermögen des Vermißten da« Konkursverfahren eröffne; worden»