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Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezöge:, 1,20 Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und (Zarten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag zs Uhr. Inserate werden mit zo Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Verlag vsn Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 7. Sonntag, den 17. Januar 1904. 3. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, ;6. Januar 1904. -r. Am Donnerstag abend nach 9 Uhr ent stand in der Holzköhlerei des Herrn Ernst Menzel in Moritzdorf ein Schadenfeuer, welches einen Vorratsschuppen einäscherte. Nur durch sofortige Hilfe herbeigeeilter Personen sowie der Freiwilligen Feuerwehr, wurde ein weiteres Umsichgreifen des Feuers verhindert. Die Entstehungsursache ist unbekannt, da Selbstent zündung ausgeschlossen erscheint. Der Brand- kalamitose hat einen Schaden von ungefähr 400 Mark. — Das für Sonnabend den 16. Januar an gekündigte Scharfschießen der Feldartillerie- Regimenter Nr. 12 und 48 zwischen Langebrück Und Lomnitz findet nicht statt. — Die Zweite Kammer des sächsischen Land tags überwies auf Antrag des Direktoriums in ihrer 30. öffentlichen Sitzung den Gesetzent wurf zur Abänderung des Gesetzes über die Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umher ziehen vom 1. Juli 1878 der Gesetzgebungs deputation in Verbindung mit der Finanz deputation Weiter erfolgte die Schlußberatung über die Kapitel 5 (Hofapotheke), 35 (Haupt staatsarchiv), 46 (Beurkundung des Personen standes und der Eheschließung), 52 (Landes medizinalkollegium), 54 (Ambulatorische Kliniken), 58a (Grcnzrcgutierungen), 105 (Neichstags- wahlen) und 106 (Vertretung Sachsens im Bundesräte) des ordentlichen Etats 1904/05. Nach kurzer Debatte erhob die Kammer die befürwortenden Deputationsanträge zum Be schluß. Weiler beantragte die Finanzdeputation die Bewilligung von insgesamt 5995000 Mark für notwendige Justizbauten. Die Kammer trat nach längerer Debatte dem Deputations antrage bei. — Nach den bisher getroffenen Dispositionen wird die Gräfin Montignoso im Frühjahre Ventnor auf der Insel Wight verlassen und einen Teil des nächsten Sommers wieder in der Dilla Toskana bei Lindau im Bodensee verbringen. Dresden. Der Schriftsteller Georg von Ompteda, welcher kürzlich ein unblutig ver laufenes Pistolenduell ausfocht, hat seinen Dresdner Hausstand aufgegeben und zieht sich mit seinen beiden Kindern nach der Besitzung Jünichen, einer herrlich gelegenen Villa, genannt Klammschlößchen im Pustertal im südlichen Tirol zurück. — Etwas ganz Eigenartiges und, wenn man will, etwas ganz Neues werden für Dresden die humoristischen Unterhaltungen sein. Welche die Dresdner Kunstgenossenschaft für ihr G'schnasfest am 22. Januar im städtischen Ausstellungspalast plant. Im Gegensatz zu sonstigen Festen, bei denen alle einzelnen Ver anstaltungen und Vorführungen programmatisch festgestellt sind und vorher angekündigt werden, soll diesmal die Improvisation Trumpf sein. Mitten im Publikum, sei es im großen Saale oder auf den Treppen, sei es im Ratskeller oder auf den Gallerten, überall werden sich humoristische Szenen abspielen, die immer gerade nur für den kleinen Kreis, der in dem Raum versammelt ist, bestimmt sind. Nicht ängstlich programmatisch soll das Fest sein Nein, flolt, flisch, eigenartig, wie es ein G'schnasfest verlangt. (Eintritt für die Person 6 Mark bei schriftlicher Anmeldung an die Kunstgenoffenschaft, Schöffergaffe 4, 2. Etage.) Dresden. Der Fischhändler Georg Sänger fand vorgestern auf dem Zentralbahnhofe hier einen Beutel mit etwa 400 Mark Inhalt in Gold. Er gab seinen Fund unverweilt in der Güterkaffe ab, von wo ihn der Verlustlräger, Besitzer eines hiesigen größeren Buttcrgeschästes bereits wieder abgeholt hat, allerdings ohne dem Zinder etwas von dem glücklich zurück- trhcülenen Gute zukomwen zu lassen. Königsbrück. D-n Gutsbesitzer Förster aus Zietsch fanden Paffanten an der Straße zwischen hier und Schmorkau bewußtlos neben seinem Fahrrade liegen. Herbeigerufene ärzt liche Hilfe konstatierte eine schwere Verletzung an der rechten Seite des Kopfes, von einem Sturz vom Fahrrade hercührend. Der Verletzte wurde verbunden und mit Geschirr nach seiner Behausung transportiert. Pulsnitz. Zu berauben versucht hat am Montag der 17 Jahre alte Fabrikbandweber Thieme hier den Bandweber Prescher in Ober lichtenau. Prescher und Thieme arbeiten zu sammen in einer Pulsnitzer Fabrik. Obwohl Thieme in Pulsnitz wohnt, schloß er sich am Montag abend doch dem Prescher an, um mit ihm unter einem Vorwande nach Oberlichtenau zu gehen. Auf freier Straße hob dann Thieme unbemerkt einen Stein auf und versetzte seinem Opfer mehrere wuchtige Schläge auf den Kopf, sodaß Prescher zusammengebrochen ist. Als Thieme bemerkte, daß sich der Ueberfallene wieder aufrichtete, ergriff er aber die Flucht. Ec ist bereits ergriffen und in das Amtsgericht eingeliefert worden. Pirna. Eine aufsehenerregende Ehebruchs- Affäre macht hier von sich reden und zwar umsomehr, als dabei mehrere hiesige Offiziere stark beteiligt sind. Die in Frage kommende Frau ist die Gattin eines Oberleutnants und Tochter eines hochangesehen Pirnaer Arztes. Der betrogene Gatte hat Verschiedene gefordert, und es fanden bereits mehrere Duelle statt, die mit Verwundungen der Geforderten endeten, sodaß sie ins Garnisonlazarett gebracht werden mußten. Wie verlautet, stehen in dieser An gelegenheit einige weitere Zweikämpfe bevor. Schauplatz der ersten Duelle war der Graupaer Forst. Äußer dem Oberleutnant, dessen Namen zu nennen die wohl angebrachte Rücksichtnahme verbietet, sind neben der betreffenden Frau nur junge Leutnants in dis Angelegenheit verwickelt. Der ganze Vorgang wird in militärischen Kreisen angesichts der in der letzten Zeil er folgten hochernsten Publikationen über mili tärische Zustände außerordentlich schwer empfunden und umsomehr, als er gerade in Pirna sich abgespielt hat. an welches Beyerleins Roman „Jena oder Sedan" sehr stark erinnert. Moritzburg. Nächsten Sonntag, den 17. Januar, nachmitttags halb 2 Uhr, wird im benachbarten Cunnertswalde, wie mehrfach erwähnt, die erste sächsische Heilstätte für Alkoholkranke, welche bereits am 1. November 1903 eröffnet wurde, feierlich eingeweiht werden. Im Anschluß hieran wird im Saale des Bohnhofsrestaurants zu Moritzburg halb 5 Uhr eine öffentliche Versammlung abgehalten werden, in welcher über die Bekämpfung dec Trunksucht Bericht erstattet werden soll- Unter anderen wird Herr Dr. Esche aus Dresden über die gesetzlichen Maßnahmen zur Einschränkung des Alkoholmißbrauchs referieren, während Herr Pastor Schmidt aus Ponickau über die Trink rettungsarbeit des „Blauen Kreuzes" sprechen wird. Wilsdruff. In dem abends 6 Uhr 38 Minuten hier eintreffenden Personenzuge aus Nossen ist gestern zwischen Birkenhain- Limbach und hier ein Steuerbeamter plötzlich verstorben. Ein Herzschlag dürfte seinem Leben ein so schnelles Ende bereitet haben. Großenhain. Sehr leicht hätte gestern nachmittag über eine am Walkdamm wohnende Familie ein großes Unglück Hereinbrechen können. Ueber dem Ofen zum Trocknen aufbereitete Torfkohle war ins Glimmen gekommen und wurden die allein in der Wohnung zurück gebliebenen beiden 3 und 5 Jahre alten Kinder durch den entstandenen Rauch in die Gefahr des Erstickens gebracht. Glücklicherweise war im gegenüberliegenden Grundstücke das ängst liche Gebühren der Kinder am Fenster beobachtet worden, sodaß ein auf die Gefahr aufmerksam gemachter patrouillierender Schutzmann durch Einsteigen in die Wohnung noch rechtzeitig Hilfe bringen konnte. — Vergangene Nacht mußte ein auf der Elsterwerdaer Straße wohnhafter Hausbesitzer, der geisteskrank war und plötzlich in Tobsuch- verfiel, auf ärztliche Anordnung Aufnahme im Stadtkrankenhause finden. G r ö b a- Der hiesige Gemeinderat hat die Erbauung einer eigenen Gasanstalt beschlossen, unter der Voraussetzung, daß sich genügende Abnehmer finden. Strehla. Am Montag gegen Abend erlitt das 2—3jährige Kind der Steinmetz Heinrich Gelbhaarschen Eheleute hier durch in Brand geratene Kleidungsstücke am ganzen Körper schwere Brandwunden. Auf nur kurze Zeit hatte die Mutter die Wohnung verlassen und fand bei der Rückkehr das Kind, einer Feuersäule gleich, brennend vor. Die Wunden warm derartig schwere, daß die Ueberfühcung des Kindes in das Riesaer Krankenhaus noch am selben Abend erfolgte, wo es aber am Dienstag vormittag von seinem Leiden durch den Tod erlöst wurde. Auf welche Weise der Brand entstanden, kann nicht bestimmt ange geben werden. Bautzen. Aus der Landesstrafanstalt Zwickau trafen gestern nachmittag 2 Uhr 75 Gefangene hier ein und wurden unter den üblichen Sicherheitsmaßregeln nach der hiesigen Gefangenenanstalt überführt. In den nächsten Tagen treffen auch Versetzungen aus der Landesanstalt Hoheneck bei Stollberg in Sachsen hi r ein. Bautzen. Im Domstifts - Vorwerk am Holzmarkt kam in verwichener Nacht Feuer aus. Nachts 2 Uhr waren bereits zwei große gefüllte Scheunen niedergebrannt. Das Vieh konnte gerettet werden. Die Entstehungsursache ist zur Zeit noch unbekannt. Zur Löschung des Brandes wurde das 103. Regiment alar miert. Ganz Bautzen wurde bei dem stürmischen Wetter mit einem Funkenregen übersät. Es war ein schaurig-schönes Schauspiel in der finstern Nacht I St. Schönau. In Herrnskretschen flößte man gestern vormittag in diesem Jahre das erste Floß nach Deutschland ein, Dieser Floß- Holztransport ist für eine Holzfirma in Pirna bestimmt. Das Holz entstammt dem Rosen dorfer Reviere. Leipzig. Ein Motorwagen der elektrischen Straßenbahn erhielt plötzlich Kurzschluß und dabei entlud sich vom Verdeck des Hinterperrons eine starke Flamme auf die Fahrgäste. Hierbei wurde die 23jährige Ehefrau eines Sergeanten am rechten Arme und linken Beine derart gelähmt, daß sie schwerkrank darniederliegt. — Der Verdacht gegen den der Ermordung des Trödlers Cohn in der Seeburgstraße be schuldigten Schuhmacher Reinhold Günther hat sich so verstärkt, daß die Voruntersuchung gegen ihn eröffnet ist. Günther befindet sich in Haft. Ec hatte mit dem Ermordeten freundschaftlich verkehrt und wußte in dem Cohnschen Laden vollen Bescheid. — Gestern vormittag fand hierselbst im „Pantheon" eine vom Vorstand des Gewerk schaftskartells einberufene Versammlung von Arbeitslosen statt. Sie war von zirka 2000 Personen besucht. Eibenstock. In Karlsfeld erkrankte am 3. und 11. d. M. der Glasmachermeister Beetz beide Male sehr heftig und unter Zeichen der Vergiftung. Nur. mit Mühe gelang es, ihn am Leben zu erhalten. Wegen dringenden Verdachts, ihn Gift in das Frühstück gemischt zu haben, wurde der Glasmacher R. verhaftet- In seinen Taschen wurden Reste von Arsenik gefunden, ohne daß er ihr Vorhandensein ge nügend erklären konnte. Glauchau. Ein seltenes Jagdglück halte ein Schmiedemeister aus Schlunzig am Ufer der Mulde, indem er aus einer Schar wilder Enten eine weiße Ente herausschoß. Crimmitschau. Die Zahl der Arbeits willigen ist auf 2330 gestiegen und sie wächst, wenn auch langsam, so doch fortgesetzt an, da fast jeder Zug fremde Arbeitskräfte bringt und immer mehr Streikende, namentlich Familien väter, es vorziehen, sich ihre Existenz dadurch zu sichern, daß sie auf ihren früheren Platz zurückkehcen, ehe er von einem Ersatzmann weggenommen ist. Es ist vorauszusehen, daß, je größer die Zahl der „Streikbrecher" wird, desto mehr den Mut finden werden, trotz der scharfen Kontrolle der Streikleitung, überzulaufen. Das Gros der Streikenden bilden allerdings Vie jungen, unverheirateten Leute beiderlei Ge schlechts, und diese werden nicht eher den Kampf verloren geben, als bis die Parole von der Streikleitung daran mahnt, daß ein weiteres Ausharren zwecklos ist. Gerüchte, daß auch in den altenburgischen Städtchen Schmölln und Gößnitz wegen des Verbots der Weihnachts versammlungen Austritte aus der Kirche erfolgt seien, bewahrheiten sich nicht. Daß auch für manchen der Fabrikanten der Streik zum Verhängnis wird, beweist der „umständehalber" erfolgende Verkauf eines Fabrikgrundstücks zu sehr billigem Preise, dem andere folgen dürften. Die Fabrikanten sehen sich gezwungen, zum Teil auswärts arbeiten zu lassen, u. a. in Schweden, wohin große Schiffsladungen zum Spinnen fertiger Wolle gehen. Limbach. Das Technikum geht bekannt lich von Ostern dieses Jahres ab in Privat besitz mit städtischem Zuschuß über. In der diesjährigen ersten öffentlichen Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums teilte nun Bürger meister Dr. Goldenberg mit, daß dem jetzigen Technikumsdirektor Siebold am 29. Dezember vorigen Jahres die sofortige Entlassung zuge stellt worden sei. Bei einer Revision der Technikumskasse sei ein Defizit von 1600 Mk. festgestellt worden, welche der Expedient Kocher unterschlagen habe. Da jedoch Direktor Siebold seinerzeit schriftlich erklärt habe, alle Kaffen eingänge und -Ausgänge selbst zu verwalten, er dies aber nicht getan habe, sei ein Grund zur sofortigen Entlassung und Ersatzpflicht Siebolds vorhanden. Siebold habe zwar er widert, dch er von seinem Posten nicht zurück treten, vielmehr sich bis 31. März im Technikum als Direktor zur Verfügung stellen werde, der Rat, der die Entlassung Siebolds einstimmig beschlossen, habe aber dem Ingenieur Hauptmann vom 2. Januar bis 31. März die interi mistische Leitung des Technikums übertragen. Zwickau. Nach einem aus Hamburg ein gelaufenen Telegramme ist dort ein Arbeiter names Ludwig aus Niederplanitz verhaftet worden, als er im Begriffe stand, nach Holland abzudampfen. Er gestand, dem aus Nieder planitz geflüchteten Sparkaffenkassierer Max Colditz bei der Flucht behilflich gewesen zu sein und dafür 4500 Mark empfangen zu haben. Eine größere Summe fand sich bei ihm noch vor. Wohin Colditz selbst sich gewendet hat, ist noch unbekannt. Die Summe der Unter schlagungen des ungetreuen Gemeindekassierers ist auf 37500 Mark festgestellt worden. Da von werden 2500 Mark durch ColditzS Kaution gedeckt. Plauen i. V. Kürzlich ist im „Fuchs loch" im sogenannten schwarzen Holze das Gerippe eines Mannes gefunden worden. Ein Stück Strick an einem Baume wies darauf hin, daß er sich erhängt hat. Man stellte fest, daß es der 49 Jahre alte Müller Feustel aus Unterlosa war. Feustel wurde seit dem 1. Oktober 1890, also seit über 13 Jahren vermißt. Niederreuth i. V. Hier stellte sich dem Gutsbesitzer Michael Künzel ein Mann als Beamter der Ascher Sparkasse vor; er sei geschickt, die Einlagebücher einzufordern, weil sie umgeschrieben werden müßten. Der leicht gläubige Bauer händigte dem „Herrn Beamten" das auf 900 Kronen lautende Sparkaffenbuch auS, erhielt es natürlich aber weder „umge schrieben", noch überhaupt wieder. Der Betrag war abgehoben und von dem Betrüger, einem Maler, im Verein mit seinem Bruder durch gebracht worden. Beide wurden verhaftet.