Volltext Seite (XML)
Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend Postscheck-Konto Leipzig Nr. 29148. Schriftleitung, Druck.u. Verlag Hermann Rühle, Ottendorf-Okrilla. Gemeinde-Giro-Konto Nr. 118. Nummer Sonntag, den 25. März 1Y2Z 22. Jahrgang. Di, .Ottendorfer Zeitung' erscheint Mitt wochs und Sonnabends. ft Der Dezngs-Preis wird am Ersten jeden ff Monats bekanntgcgcocn. U Im Falle höherer Dewalt (Krieg od. sonst. ft irgendwelcher Störungen des Betriebes der t, Zeitung, der Lieferanten od. d. Beförderungs- 8 Einrichtungen) hat der Bezieher keinen Än« ft ^ruch auf Lieferung oder Nachliefcnmg der « Zeitung od. auf Rückzahlung d. Bezugspreises, ft ft Anzeigen werden an den Erschcimmgitaa« ft bi, spLtesten, vormittags 10 Uhr t» vt« ft Geschäftsstelle erbeten. ! Die Festsetzung des Anzeigen-Pretf«, !< wird bei einlrelender Änderung eine Nummer ft vorher bekanntgegeben. ff Jeder Anspruch auf Nachlatz erlischt, wenn ft der Anzeigen-Betrag durch Klage etngezoaen st werde» muß oder wen» der Auftrags«« ft in Kontur« gerät. Uatmsonntag. Palmsonntag! Knospen schwellen Lenzhauch küßt das blasse Feld; Neuen Lebens frische Quellen Rinnen lauschend durch die Welt. Wie die Herzen froh sich weiten! Aller Sinn wird still und mild, Und au» alten schönen Zeiten Steigt empor ein trauter Bild. Wie im Sturme floh'n die Jahre, Wie im Flug die Zeit entschwand, Seit ich bebend am Altäre In dem Heimatkirchlrin stand; Seit mir Vaters treue Hände Segnend auf dem Haupt geruht: „Sei getreu bi» an das Endel Halte Glauben! Bleibe gut" Und wie klang am Kirchentore Doch der Rutter Wort so lind, Da sie neigte sich zum Ohre: „Gott mit Dir, mein liebe» Kind! Laß der Welt da» eitle Wähnen, Da» wie Schaum und Rauch vergeht! Denk an Deiner Rutter Tränen! Dich geleitet ihr Gebet!" O, wie liegt in weiter Ferne Meiner Jugend Zouberreich! Ntedersanken manche Sterne, Manche Tonne wurde bleich. Heute schau' ich alle» wieder, Jugendfrisch und zauberschön; Und e» weht ein Grüßen nieder, LiebeSgrüßen au» den Höh'n. vertttcheK ««d Güchßfches. VttendoichDIMa, den 24. März iSr». sH Der freiwillige Kirchenchor und der Kirchenvorstand ladet die hiesige Kirchgemeinde zu einer würdigen und ernsten Feier für Karfreitag abends halb 8 Uhr in die Kirche ein. In langen, anstrengenden Uebungsabenden hat der junge Kirchenchor an Chören gearbeitet, die die bedeutensten Kirchenmusik« zum Komponisten hatten. Eingeleitet wird die Feier durch einen stimmungsvollen Orgelvortrag: Tode», zug v. Fährmann. Der Künstler malt prächtig den Tod, wie er al» Würger oder al« Freund zum Manschen kommt, immer über ihn triumphierend. Im ersten Teile de» Werke» werden die Hörer durch einen musikalischen Dialog in die geschichtlichen Ereignisse eingeführt, die sich vom Palmsonn tag bi» Karfreitag im Leben Jesu zutragen. Rezitativ und Arie au» Bach» Oratorium „Messias" und der Sologesang Gethsemane lassen uns die Seelenqualen nachfahlen. Zart und klagend gibt der nachfolgende Chor „Ihr Augen weinet" au» Oratorium „das Leben Jesu" die Stimmung der Mitfühlenden Menschheit wieder. Der zweite Teil de« Chorwerk» trägt die inhaltsschwere Ueberschrist: „Auf Golgatha". Düster und ernst mahnt der Chor in Moll- akkordrn: „Schau hin nach Golgatha". Bittend und er- mutigend erklingt die Arie au» der Matthäus Passion: , nur, du liebe« Herz. Hayens Vertonung der Verse de» 23. Lukasevangeliums bringen die ganze Qual de« Herrn am Kreuze zum Ausdruck. Ttefcrgrissen singt die unter« Kreuz versammelte Menge: O große Not der Herr ist tot! Ein prächtige» Tongemälde über den Tod von Grieg fm Orgel beschließt diesen Teil. Der dritte Teil führt UN» zu« Grabe de« Herrn. Au» Schicht« Oratorium „dar Ende de« Gerechten" klingt da» rechte warme Mitgefühl für den Gekreuzigten. Ernst trauernd, dann herrlich und fi«ge»gewiß wim der Wechselgesang zwischen dem Engel, der suchenden Maria Magdalena und dem verklärten Jesu« au« dem neuesten Oratorium „Jesus" von Gläser. Rit dem befreienden Chor: „Jesu«, meine Zuversicht" schließt da« gesamte Chorwerk. Der Kirchmchor darf wohl hoffen, daß die vielen Mühen von der Kirchgemeinde durch rin ge fülltes Gotteshau« belohnt werden. — Durch Beschluß de» Verbandtvorstande» de» 5. Kehrgebezirk» find die Zuschläge zu den Grundgebühren für da« Reinigen der Schornsteine vom 1. März d. I. ab von 11 SOO v/o auf 2S5OO »/, erhöht worden. — Laut einer amtshauptmannichaMch-n Bekannt machung erfährt der Brotpreis in der Amt«hauptmannichaft Kamenz insofern eine Herabsetzung, al» da» jetzt 665 Mark kostende 1S00.Gramm-Brot vom 25. ds«. Mt«. ab für 645 Mark abgegeben wird. Ist der Preisrückgang zu nächst auch nur geringfügig, so wird er von den Hausfrauen doch sicherlich mit Freuden begrüßt. Weit größer würde bei un« erst die Freude sein, wenn der 820 Mark betragende Preis eine dementsprechende Herabsetzung erfahren würde. Warum die Preisgestaltung in den einzelnen Amtshaupt mannschaften so unterschiedlich ist, war un« bi« jetzt immer schon ein Rätsel. Freiheit, die ich meine! E» ist in einer der letzten Nummern so schön vom Gewissen gesprochen worden, den wir allein folgen sollen. Und e» wäre herrlich, wenn wir alle wirklich so weit wären, daß jeder so leben könnte, wie e» sein Gewissen innerhalb der durch da» Allgemeinwohl gesetzter Grenzen vorfchreibt. Aber, e» ist doch bekannt, wie die Herrschsüchten Kreise immer wieder die Freiheit de« einzelnen, ganz besonders aber des Arbeiter« einschränken. Gerade in den Kreisen, die da« hohe Ideal der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit al« Losung ihre« ganzen Streben« ausgestellt haben, gibt es genug, die mit oder ohne Billigung der Führer sich immer wieder verstoßen gegen da« kostbare Gut der Freiheit. Wenn es auch immer wieder in der Oeffentlichkeit geleugnet wird, es steht fest und ist sogar auf Grund von Preffezeugniffen und persönlichen Erlebnissen zu bezeugen, daß in der freien deutschen und sächsischen Re publik, die die freieste Stoatsversafluna hob-n, täglich Ein griffe in die persönliche M inungs- und Handlungsfreiheit erfolgen. Do werden die Arbeiter aufgefordert in Wort und Schrift, kcine bürgerlichen Zeitungen zu lesen, obwohl in deren Belieben auch organisierte Arbeiter beschäftigt sind und dort ihr Brot verdienen, und da« Auseinandersetzen mit anderen Gedanken erst die freie Meinung bildet, da werden die Arbeiter sogar im Betrieb gefragt, welche Zeitungen fie lesen, w'lchen Vereinen sie angehören, obwohl das reine Privatsache ist, da werden A b-iter gehänselt, die ihren Pflichten als freie Männer nachkommen, da werden Arbeiter die selbst bürgerlichen Vereinen angehören und sich dort wohl- fühlen, so lange angeekelt, bi« sie e« satt haben und dort auitreten. Ja, man sbeut sich nicht, durch Betrieb«ratS- mitglteder bei der Fobrikleitung die Entlassung solcher Ar beiter zu fordern, trotzdem das ungesetzlich und ein schwerer Verstoß gegen da« Betrieb-Meges-tz ist. Und selbst die Arbeiter werden nicht in Ruhe gelassen, deren Kinder, sogar erwachsene Söhne und Töchter solchen Vereinen angehören. Ist das die Freiheit, die versprochen worden ist? Und da« in einer Zeit, wo jede Uneinigkeit im Innern, Wasser auf die Mühle de« Feinde» an der Ruhr ist I Allen denen aber die unter solchen Angriffen auf ihre persönliche Freiheit leiden, sei gesagt, daß es unbedingte Pflicht ist, sich durch nicht« einschüchtern zu lassen und da« kostbare Gut der Frei heit zu wahren. Dann aber, wenn die Gegner der persön- lichen Freiheit merken, daß sie nicht« erreichen, daß sie wahrhaft freie Männer vor sich haben, werden sie doch ein mal aufhören, weiter zu schüren. Und setzt ihr nicht da» Lcken ein, nie wird euch da« L ben gewonnen sein! E« lebe die Freiheit! — Der Sächsische Landtag wählte am Mittwoch mit 49 von 95 Stimmen den bisherigen sozialdemokratischen Justizminister Dr. Zeigner zum Ministerpräsidenten. Für ihn stimmten die Sozialdemokraten und die Kommunisten. Die Volkspartei stimmte für den Fraktionsvorfitzenden der Volkspartei, der 38 Stimmen erhielt. Die acht demo kratischen Abgeordneten gaben für ihren Fraktion-vorsitzenden Seiffert ihre Zettel ab. Die sächsische Regierungskrise, die über zwei Monate gedauert hat, ist damit beendet. Al« die bürgerlichen Parteien den kommunistischen Vorstoß gegen da« Kabinett Buck unterstützten, haben sie sicher nicht daran ge dacht, daß ihr Vorgehen die Errichtung einer neuen sozial demokratischen Minderheittregierung von ungleich radikalerer Färbung zur Folge haben könnte. Die sozialdemokratische Landtag«fraklion halte lange hin und her geschwankt, ob fie sich unter da« kommunistische Joch brgeben oder mit den Demokraten eine Koalition eingehen sollte. Ihre Mehrheit war für diese Koalition, ebenso da« Kabinett Buck, und auch der sozialdemokratische Parteivorstand in Berlin hatte sich sür da» Zusammengehen mit. den Demokraten ausgesprochen. Gr war sogar noch weiter'gegangen und hatte empfohlen, jede» Zusammenarbeiten mit den Kommunisten abzulehnen. In dieser Richtung hatte dar wirklich radikale Vorstand«- Mitglied Dittmann in Dresden gewirkt. Aber nicht» hat ge holfen. Weil eine Koalition mit den Demokraten auf dir wohlwollende Neutralität der Deutschen Volkspartei ange wiesen wäre, die zugesagt war, bekamen e» die sächsischen Sozialdemokraten mit der Angst und wichen mutig vor den Kommunisten zurück. Ein Landerparteitag lehnte mit Drei- Viertelmehrheit jede« Zusammengehen mit den Bürgerlichen ab und gab die Parole au», daß unbedingt ein« Ver ständigung mit den Kommunisten erreicht werden müßte. Die Kommunisten stellten Bedingungen, die gegen die Reichr und gegen die Landerverfaffung verstieße. Da« lehnten di« Sozialdemokraten ab. Aber dann kam doch eine Ver ständigung zuwege. Auch die neuen Richtlinien find zum Teil verfassungswidrig, so daß der bisherige Ministerpräsident Buck die Annahme einer Wiederwahl ablehnte. Der neue Ministerpräsident Dr. Zeigner steht auf den linken Flügel der Sozialdemokraten. Er hat sich da» Vertrauen der Kommunisten erworben, weil er ohne Amnestie im Wege von Einzelbegnadtgungen 16000 Fälle erledigt hat. Gleichwohl wird auch die neue Herrlichkeit nicht lang« dauern, denn schon in der ersten Sitzung unter der neuen Regierung kündigten Kommunisten an, daß sie an der Errichtung der Diktatur de« Proletariat« und an der Kontrolle d«r Re gierung durch außerparlamentarische Machtmittel feßhielten. Wmn die neue Regierung diese Forderung zurückweist — und daß muß fie tun — ist der Krach wieder da. Mit Buck verschwindet auch der bisherige Innenminister Lipinski, den die Kommunisten, obwohl er einer der Radikalsten war, nicht mehr sehen wollen. An seine Stelle tritt der Leipziger Ge- werkschaftasekretär Liebmann, der zwar noch radikaler al» Lipinski ist, aber den kommunistischen Ansprüchen doch nicht genügen dürfte. — In der Kanzlei der Handelskammer Dresden liegen die Berichte über die Prüfung de» Gründung-Hergänge« bei der Schisst L Sohn Aktiengesellschaft in Ottendorf-Okrilla zur Einsicht au«. Sacka. In die hiesige Kirche ist in der Nacht zum 18. März eingebrochen worden. Gestohlen wurde ein Tauf- becken, zwei Zinnleuchter und ein Brouz«leuchter von hohem Werte. Dresden. Lor einigen Tagen wurde ein hiesiger Einwohner von einem Unbekannten um 3 V, Meter blauen Chcviotstoff im Werte von 70000 Mark geprellt. Er suchte im hiesigen Hauptbahnhof den Stoff an den Raun zu bringen. Ein dort aufhältlicher junger Mann erbot sich so fort, den Verkauf zu vermitteln, und ließ sich zu diesem Zwecke den Stoff aushändigrn. Er ging mit dem Eigen tümer des Stoffe« nach der Strehlener Straße 32, woselbst ein Käufer sein sollte. Während nun der Verkäufer de» Stoffe« auf der Straße wartete, kletterte der Unbekannte mit feiner Beute im Hof über eine Mauer und verschwand durch ein Hau« der Gutzkowßraße auf Nimmerwiedersehn. Rodewisch. Am Montag nachmittag überfuhr auf der Lengenfelder Straß« ein von Auerbach kommende« Auto, dessen Insassen au« Mylau stammen, den noch mit mehreren Kindern im Seitengraben spielenden vier Jahre alten Knaben Rudolf Abxander Becker. Der Kleine überschritt die Straße in dem Augenblick, al« da« herannahende und sich durch laute« Hupen deutlich meldende Auto nicht mehr halten konnte. Das Kind lief direkt in die Räder; «« verstarb bald an den Folgen eines Schädelbruch«. Airchennachrichte«. Sonntag, den 2b. März 1923. Vorm. 9 Uhr Konfirmation „Hebe deine Augen aus" Quartettgesang a. d. Elia« von Mendelrsohn. Glaube, Liebe, Hoffnung Sologesang von Schubert. Kollekte für die Kirche. Nach«. 3 Uhr Nachfeier im Hirsch. Abend« 8 Uhr Jugendvereinigung im Ring. Neu konfirmierte und Angehörige find herzlich eingeladen.