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Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend Postscheck-Konto Leipzig Nr. 29 1 48. Nummer 90 SchrisNeidmq, Dmck u. Verlag Hermann RÄHle, Ottendorf-OKNAa. Freitag, den 4» August ^Y22 Glinailkc DltV M. ML 2;. Jahrgang. Amtlicher Teil. Versteigerung. Dar Gestell der allen Gemeindrspritze soll Senutag, den 6. August d. I. vormittags 11 Ahr am Spntzenraum Bergstraße öffentlich an die Meistbietenden gegen Barzahlung versteigert werden. Httendorf-Hkrissa, am 2. August 1922. Der Gemein-evorstand. Sedelbergungtsttuer Ser Sezlrirrverbanaes. Der Bezirksverband der Amtshauptmannschast Dresden- Neustadt erhebt eine Beherbcrgungssteuer, welcher die ge werbsmäßige Ueberlaffung von eingerichteten Wohn- und Schlasräumen zur Beherbergung für vorübergehenden Aufent halt in Gasthöfen, Privathäusern usw. unterliegt. Die Steuer beträgt bet einem Zimmerpreise bi« zu 5 M. - 1 M- bi« zu 10 M. -- 2 M. bis zu 20 M. -- 3 M. von mehr al« 20 R. 20 v. H. für Tag und Perfon. Die Entrichtung der Steuer liegt dem Vermieter ob, er ist berechtigt sie dem Mieter in Rechnung zu stellen. Der Vermieter ist verpflichtet, über fämtliche Be- Herbergungen fortlaufend Buch zu führen. Zur Abrechnung der Steuer hat er allwöchentlich, spätestens Dienstag ein Verzeichnis über die in der abgelaufeuen Woche beherbergten Personen bei der Gemeindebehörde einzureichen. Vordrucke find im Rathaus erhältlich. Sommerfrischler fallen ebenfall« unter diese Vor schriften. Htteadorf-Hkrilla, am 26. Juli 1922. Der Gemeindrvorstsnd. Obstpachtung. Nachdem der Gemeinderat die Obstnutzung an den Staatsstraßen innerhalb der Orter gepachtet hat, ist da« anhängende Obst in den Besitz der Gemeinde übergegangen. Es wird nachdrücklich davor gewarnt, Obst zu ent- wenden oder mit Steinen oder anderen Gegenstände» in die Bäume zu schlagen. Zuwiderhandlungen werden ohne Rücksicht mit aller Schärfe bestraft werden. Die Eltern sind für ihre Kinder vrrantworlich und wollen diese entsprechend belehren. Zur AnwenVüng von Schaden für die Gemeinde wolle sich die gesamte Einwohnerschaft an der UeberwachungStätig. leit beteiligen und Zuwiderhandelnde im Rathaus an- zeigen. Httendorf-HkriL«, am 29. Juli 1922. Der Gemeindevorstand. Oertttche- «d Eächstsche». Vttend»rhVkrt8a, dm z, August;922. — Heut« Donnerstag, abends 8 Uhr findet im Saale de« Gasthof zum Hirsch ein Vortrag der Herrn Max Emming über da« Thema „Der gesunde Mensch, der kranke Rensch — der galvanische Schwachstrom ein Familien- und Hausmittel" statt, zu dem jedermann, insbesondere Kranke und Leidende, eingeladen sind. (Siehe Inserat.) Dresden. Zu dem gemeldeten Vorfall in der Töpserstraße ist nachzutrageu, daß der Erkennungsdienst de« Polizeipräsidium« in dem Verbrecher den Buchmacher Wilh. Blume, am 20. Juni 1874 in Amsterdem geboren, festge stellt hat. Durch die in seiner Wohnung vorgenommene Durchsuchung ergab sich, daß es Blume auf die Beraubung und eventuelle Ermordung eine« Geldbriefträger abgesehen hatte. Zu diesem Zwecke hatte er schon seit einigen Tagen einen Geldbriefträger, der die Töpserstraße zu bestellen hat, beobachtet und eine Nachnahmesendung an eine in der Töpserstraße wohnende Familie gerichtet. Diese Nachnahme sendung hatte er am Sonnabend den 29. Juli nachmittag« zwischen 4 und 5 Uhr im Postamt I aufgegeben. Al« Ab sender hatte er einen Karl Rolf, Pragerstrabe 1b wohnhaft, angegeben. Seiner Meinung nach mußte diese Nachnahme sendung am Montag den 31. Juli früh zur Bestellung kommen. Er hate sich deshalb am eben erwähnten Tage gegen i/»9 Uhr vormittag in das Grundstück Töpferstraße 1 begeben, um den Geldbriefträger dort zu erwarten. Auf di« oberen Treppenstufen, die der Geldbriefträger passieren mußte, legte er kleine Geldscheine, die den Beamten zum Aufheben veranlassen sollten. Bei dieser Gelegenheit wollte er den Geldbriefträger mit dem eisernen Hammer, den er einige Tage zuvor gekauft hatte, niederschlagen und berauben. An Stelle des Geldbriefträgers erschien aber nur der Brief träger. Hierauf hat Blume das Haus verlaffen und von der Frauenkirche au« seine Beobachtungen auf den Geldbrief, träger fortgesetzt. Da ihm an diesem Tage sein Vorhaben nicht zu gelingen schien, begab er sich in das Grundstück Töpferstraße 2, um dort eine neue Adresse für eine weitere Nachnahmesendung auszusorschen. Dabei kam ihm Polizei oberwachtmeister Bräcklein, der inzwischen von einer Frau aus ihn aufmerksam gemacht worden war, in den Weg und verlangte Ausweispapiere von ihm. Bei dieser Gelegenheit kam e« zu dem geschilderten Kampfe, wobei Blume den Polizciwachtmeister Bräcklein durch drei Schüsse schwer ver wundete. Die hiesige Kriminalpolizei vermutete mit Recht, daß Blume noch weitere gleichartige Verbrechen begangen habe. Sie suchte ihn deshalb auch mit auswärtigen Raub- Überfällen in Verbindung zu bringen, wobei e« ihr auch ge lang, Blume zu zwei weiteren in Berlin ausgeführten Raub- mordfällen, denen drei Personen zum Opfer fielen, zu über- führen. Es handelt sich um die Ermordung des Geldbrief trägers W. und der Zimmervermieterin R. am 7. Sept. 1918 in Berlin und des Geldbriefträgers L. am 2. Januar 1919 im Hotel Adlon in Berlin. Blume ist auch zu den Berliner Fällen geständig. Kamenz. Ein dreister Diebstahl ist vor einigen Tagen beim Gasthofsbefitzer Richter in Grüngräbchen ver übt worden. Von einem Unbekannten wurden dort 100 Stück Zigaretten „Damilo" und eine braune Geldtasche mit 45000 Mark Inhalt gestohlen. Der vermutliche Täter ist etwa 25 Jahre alt, 1,70 Meter groß und trug braunes Jackett und Wadenstrümpfe; in seiner Begleitung befand sich eine unbekannte Frauensperson. Mit dieser hat er sich im Gasthof aufgehalten und war mit ihr später, auf einem Rade sitzend, davongefahren. — In der Nacht zum 29. v. M. wurden dom Ziegelei- besitzer Eiselt in Lehndorf aus dem verschlossenen Maschinen hause zwei Treibriemen im Gesamtwerte von 15000 Mark gestohlen. Bad Gottleuba. Beim Beerensuchen wurde un weit des neuen Friedhofes ein junge« Mädchen von einer Kreuzotter gebissen. Das Mädchen wurde ohnmächtig und die Glieder schwollen ihm an. Dem Arzt ist es gelungen, es am Leben zu erhalten. Wurzen. In das Gollmannsche Schuhwarengeschäst ist ein Einbrecher eingedrungen, nachdem er die Glasscheibe an der Ladentür angebohrt und durchgedrückt hatte. Er wurde aber verscheucht. Bei der angestcllten Verfolgung ge lang es ihm, zu entwischen. Obwohl die Waren, soweit der Einbrecher sie nicht in seine Taschen gesteckt hatte, Herrn Gallmann wieder zugestellt werden konnten, ist dessen Ver lust doch noch ziemlich erheblich. Der Wert der zertrümmerten Glasscheibe wird auf 6000 Mark angegeben. Chemnitz. Um Mitternacht brach an einem von der Wittgensdorfer Straße kommenden Perfonenautomobil in der Nähe der Leipziger Straße das Steuer de» Wagen« der fcharf gegen eine drei Meter hohe Böschung lief und sich Überschlug. Ein 50 Jahre alter Bierverleger erlitt einen Unterschenkel- und Fußgelenkbruch, die beiden anderen Passagiere, ein Fabrikbesitzer und ein Schieferdeckermetster erlitten leichtere Verletzungen; der Chauffeur blieb unverletzt, das Auto ist völlig zertrümmert. Aue. Aus der Strecke Grünstädtel-RitterSgrün wurde beim Arnoldshammer ein Privatauto vom Zuge erfaßt und in den Graben geschleudert, dis Insassen kamen mit dem Schrecken davon. Pilzzeit. Einen dicken Strich hat im Vorjahre das Sommer- und Herbstwetter den Freunden leckerer Pilzgerichte durch die Rechnung gemacht. Dafür hat Heuer infolge der zahlreichen Niederschläge Vie beginnende „Pilzsaison" gleich mit einem außerordentlich großen Erntesegen eingesetzt. Wenn die „Steinpilze" — was muß sich nicht alles Steinpilze nennen lassenI —, die Butterpilze, die verschiedenen Egerlinge (zu deutsch Champignons), die geschätzten Pfifferlinge, die Suppen pilze oder gar die Perlpilze und Pantherpilze in jedem Grünwarenladen austauchen oder gar in großen Haufen auf dem Wagen der Straßenhändler herumgesahren werden, dann weiß auch der naturentrückte Großstädter, daß es „dieses Jahr viel Pilze geben muß". Freilich find die Pilze in der Nachkriegszeit etwa« in der Wertschätzung gesunken; aber die teuren Fleischpreise sorgen schon dafür, daß das Märchen vom „Fleisch de« Waldes" nicht ganz ausstirbt. Nachdem mau die Pilze in den letzten Jahrzenten auf dem Rangierbahnhof der laugen Nahrungsmitteltabellen lustig hin- und hergeschoben hat, nachdem man fie bald ob ihre« hohen Eiweißgehaltes in den Himmel gehoben, bald wegen ihrer Unverdaulichkeit und ihr?« Wassergehalt« in den Abgrund völliger Mißachtung gestüzt hat, hat man sich jetzt so einigermaßen dahin geeinigt daß der Nährwert der Pilze zwischen dem der hochwertigen Gemüse und dem der geringen Fleischsorten liegt. War hat menschliche Schlauheit nicht alles ersonnen, um der un bequemen Tatsache aus dem Wege zu gehen, daß mau nur bei fleißigem Pilzstudium de» Pilzreichtum» froh werden und sich vor Schaden bewahren kann: Schneckenfraß an den Pilzen soll ein untrügliche» Zeichen der Ungefährlichkeit sein. Leider ist aber der Mensch keine Schnecke. Die Amsel verzehrt di« Beeren de« giftigen Seidelbaste« und Krebse vertragen sogar Strychnin. Di« Eichhörnchen und Ziegen find immun gegen Giftpilze, und Hunde und Enten sterben bei Genuß von Edelsorten. Da muß der berühmte Silberlöffel oder da« im Volksbewußtsein ehrfurchtsvoll be trachtete Salz helfen. Giftige Pilze sollen da« Salz gelb, dar Silber braun oder schwarz särben. Aber auch hier liegt leider eine Täuschung vor. Freilich wird der Silberlöffel durch Schweffelvcrbindungen in den Pilzen geschwärzt, aber die können für den menschlichen Organtsmu« völlig unschäd lich sein. Andere wollen die Giftpilze am Geschmack, am Geruch, an der Farbe, am Standort usw. erkennen. Aber schmecken nicht der Pfifferling, der Pfefferröhrling, der wollige Milchling, der rotbraune Reizker, manche Täublinge z. T. brennendscharf, der Hallimasch nach Grünspan, ohne die Gesundheit zu gefährden, und hat nicht der entsetzliche Knollenblätterschwamm einen ganz angenehmen, der heim- tückische Satansröhrling sogar einen süßen Nußkerngeschmack? Riecht nicht der wohlschmeckende und milchreiche Brätling tranig wie alter Hering und der unschädliche Stinktäubling sogar ekelerregend, während der Satanspilz ein Aroma wie frische« Obst verbreitet? Trägt das verräterische Rot des giftigen Fliegenpilzes nicht auch der edle Kaiserling, der Liebling der römischen Cäsaren und ihrer üppigen Zeit genossen, und finden wir da« Grün, Gelb und Weiß der gefährlichen Knollenblättcrschwämme nicht auch in aller Harm losigkeit bei gern gegessenen Pilzen? Aber die blaue, rot« oder schwarze Farbe, die sich auf der Schnitt- oder Bruchfläche de« Pilze« einstellt? Die ist doch sicher rin verräterisches Indizium? — Keineswegs, denn dann müßten wir ja die schönsten Pilze (Rothäuptcheu usw.) wegwerfen. Nein, werft lieber alle diese vermeintlichen Kennzeichen beiseite I Werft fie dahin, wo sie al- alter Aberglaube hingehören und wo fie auch herstammen, nämlich in Urgroßmutter« Handkörbchen! Wer Pilze sammeln will, muß Pilze kennen. Kauft euch ein schlichtvertzändliche« Buch mit guten Abbildungen, oder schließt euch mit Gleichstrebenden zu gegenseitiger Förderung in einem Pilzoerein zusammen. Eine Aufgabe aber muß die Schule übernehmen. Es giebt in jeder Gegend, auch bei uu«, höchsten« sechs bi» acht Gift pilze, deren Genuß unter ganz besonder» ungünstigen Um ständen den Tod herbeizuführen vermag. Könnte die genaue Kenntnis dieser wenigen Pilze, ganz besonder» der drei Arten der Knollenblätterschwamme« durch fleißige, alljährlich wieder- holte, gründliche Betrachtung, nicht auf dem Bilde oder am Modell, sondern in der Natur, nicht zum unverlierbaren geistigen Eigentum jede» Menschen gemacht werden? Daun würde die Zahl der tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen, die ja gerade in den letzten Wochen wieder so erschreckend zugenommen hat, sich sicher verringern.