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MdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt« erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austrägern. , , ... .. Geschäftsstelle, nehmen zu lederZ-itBest-llung-nent- Wochenblatt für Wtlsdruff u. Umgeaend gegen. Im Fall- höherer Gewalt, Krieg od. sonstiger — Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieserung der Zeitung oder Kürzung Les Bezugspreises. Rücksendung cingefandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. 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Alle von der Krise und Arbeitslosigkeit gepackten Staaten und Völker versuchten und versuchen es, unter Einsatz aller nur verfügbaren Kräfte die Arbeits losen „von der Straße wegzubringen". Man weiß, daß es sich dabei sehr oft nicht um Arbeit handeln wird, die sich nicht unmittelbar, sondern erst mittelbar rentiert, — aber zum mindesten das letztere muß sie tun, denn Arbeit ohne einen wirtschaftlichen Zweck ist keine Arbeit, sondern „Beschäftigung", die auch keinen sozialethischen Wert besitzt. Grad und Stärke der wirtschaftlichen Erzeugung ist abhängig von der Absatzfrage. Diese freilich kommt nicht für jene wirtschaftlichen Arbeiten in Betracht, die überall als Gegenstand der Arbeitsbeschaffung ins Auge gefaßt wurden und werden. Aber in zahllosen Fällen dienen sie der Erhaltung, Vereinfachung oder gar Verbilligung z. B. der industriellen Erzeugung. Eine nicht mehr benutzbare Brücke, ein lange nicht mehr ausgebesserter Weg, schlecht oder gar nicht mehr reparierte Häuser und noch vieles Derartige bedeutet letzten Endes immer Un kosten für den noch wirtschaftenden Teil des Volkes. Das alles wiederherzustellen heißt ebenso Unkosten ersparen wie andererseits einen neuen notwendigen Weg, eine neue, Umwege ersparende Brücke zu bauen. Daß hierin der wirt schaftlich vernünftige Bedarf geradezu ins Ungeheuerliche angewachsen ist, beweisen allein schon z. B. zahlreiche Bauten, die trotz dringender Notwendigkeit aus Mangel an Mitteln stillgelegt werden mußten und damit wirt schaftlich zwecklos wurden. Werden sie fertiggestellt und können sie dann ihrem Zweck dienen, dann dürfte auch ihre „Rentabilität" gesichert sein. Und damit ist auch die Voraussetzung dafür gegeben, daß der zur Fertigstellung gewährte Kredit „wirtschaftlich", also rentabel angelegt wird. Ebenso ist es mit der Ausbesserung von Straßen, Brücken und Häusern; denn überall liegt hierfür ein wirtschaftlich geradezu schreiender Bedarf vor. Das weiß jeder und jede in deutschen Landen. Diesen Bedarf im einzelnen festzustellen und ihn durch Arbeit zu befriedigen, ist natürlich auch die Absicht des Arbeitsbeschaffungsprogramms der neuen Reichsregierung, die aber dabei an bereits bestehende, leider jedoch erst zu einem recht geringen Teil in Ausführung begriffene Vor haben anknüpft. Ein bestimmter Abschnitt dieser frühereu Programme ist allerdings überraschend schnell aus- und durchaeführt worden: die Verwendung eines 50-Millionen- Kredits für H a u s r e p a r a tu r e n. Da hierbei nm ein Fünftel der benötigten Summe als Kredit vom Reich zur Verfügung gestellt wurde, ergibt sich, daß für solche Reparaturen schon 250 Millionen verwendet werden. Iw neuen Programm sind für diesen Zweck und unter dei gleichen Bedingung wiederum 50 Millionen Kredit vor gesehen, und das würde zusammengefatzt bedeuten, das 500 Millionen Mark in Hausreparaaturen gesteckt werden Das würde eine sehr merkbare „Ankurbelung" allein schou des schwer darniederliegenden Baugewerbes Herbeiführen aber auch auf zahlreiche andere Gewerbe und Wirtschafts zweige zurückwirken, die mit der äußeren oder innerer Ausstattung des Hauses irgendwie zu tun haben. Dieses Beispiel aus dem Arbeitsbeschafsungs Programm ist aber deswegen ausgewählt, weil gleich auck noch daran erinnert werden soll, was der Reichskanzlei von Schleicher in seiner Rundfunkrede, also seiner Regie rungserklärung, zusagte: „Die Vergebung der Arbeiter an Unternehmer ist der Ausführung in eigener Regie vor zuziehen". Ähnlich hat sich auch der Neichskommissar füi die Arbeitsbeschaffung in seiner programmatischen Er klärung geäußert und dabei noch besonders hervor gehoben, daß die Durchführung des öffentlichen Arbeits beschaffungsprogramms keineswegs als etwas gegen du Privatwirtschaft Gerichtetes angesehen werden dürfe Man möchte wünschen, daß diese Ausschaltung der „Regie betriebe", also der Unternehmungen der öffentlichen Hand grundsätzlich erfolgt; denn darzustellen, was diese Betrieb! wirtschaftlich gesündigt haben, würde ganze Bände füllen Die Steuerzahler müssen hinterher die Buße dafür ent richten. Und wenn wiederholt von „oben" her erklär wird, daß bei der Arbeitsbeschaffung unbedingt jed< Kapitalsfehlleitung und jede falsche Kredit- investierung vermieden werden müßte, so möchte man zwm hoffen, daß d'es geschieht; aber man kann noch nichi ganz ohne jeden Zweifel daran auch überzeugt sein: , denn die öffentliche Hand ist finanziell eine fehl u n g l ück l i ch e H a n d. Gewiß muß durch sie die Vergebung der Arbeiter unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Billig keit erfolgen und beim heutigen Tiefstand der Beschafft gung in der Privatwirtschaft wird ein wahres Wett rennen der Unternehmer um die Hereinnahme von Auf trägen entstehen müssen. Es wird an „Submissions blüte n" nicht fehlen, aber das „Arbeit um jeden Preis" hat eine Grenze an dem anderen Wort, daß jede Arbeit auch ihres Lohnes wert sein muß. Denn sonst ist sie wirt schaftlich zwecklos, beschafft für den Augenblick vielleicht Arbeit, aber führt dann zu noch tieferem Fall. Einem ersten Teil der jetzigen Arbeitsbeschaffungs- Pläne ist die drastische Bezeichnung «Sosort- Sie LMMW an der Wemmde Der Reichsernährungsminister Freiherr v. Braun gab im Rundfunk einen Rückblick über die Agrarpolitik des vergangenen Jahres, und stellte gleichzeitig die Ziele klar, die im kommenden Jahre erarbeitet werden müssen. Frei herr v. Braun betonte in seiner Ansprache u. a.: Die Wiederherstellung der Ertragssähigkeit der Landwirtschaft konnte im Jahre 1932 nicht erreicht werden. Gerade in den typisch bäuerlichen Gebieten des Westens, Südwestens und Nordens, deren Schicksal auf das engste mit dem Gedeihen der Vieh- und Milchwirt schaft verbunden ist, hat sich die Lage ausgesprochen ver schlechtert. Die Verkaufserlöse der Vieh- und Milch wirtschaft waren im letzten Jahre um mehr als zwei Mil liarden Mark niedriger als im Wirtschaftsjahr 1928/29. Diese Zahlen im Zusammenhang mit der wachsenden Verschuldung, der Zunahme der Zwangsversteigerungen, einer nennenswerten Verminderung der Düngemittel bezüge sprechen eine beredte Sprache. Nach einem Rückblick auf die wichtigsten landwirt schaftlichen Ergebnisse des Jahres 1932 betonte der Reichs ernährungsminister zu den Aufgaben einer gesunden Handelspolitik übergehend: Wir werden — wie ich hoffe — durch die in letzter Zeit erfolgte Kündigung mehrerer Handelsverträge mit anderen Ländern die Lösung unerträglicher Zollbindungen der wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse erreichen und durch autonome Zollgestaltung und andere ge eignete handelspolitische Maßnahmen den Preisdruck der vom Weltmarkt nach Deutschland zu niedrigsten Preisen hereinströmenden landwirtschaftlichen Produkte auffangen. Wir wollen weiter dafür eintretcn, daß der Deutsche nach Möglichkeit inländische Produkte verbraucht und sie den ausländischen vorzieht. Freiherr v. Braun befaßte sich dann eingehend mit den mannigfaltigen Ratschlägen zur Sicherung einer Wiedergenesung der Landwirtschaft. Im einzelnen betonte er dazu u. a.: Zweifellos könne auf dem Gebiete der binnenwirtschaft lichen Organisation z. B. bei dem Vichabsatz noch manches erreicht werden. Die Viehverwertungsgenossen schaften hätten zwar in den letzten Jahren stark an Boden ge wonnen, von einer Beherrschung des Marktes könne jedoch bisher Wohl nicht dte Rede sein. Es sei auch nicht möglich, das österreichische Viehverlehrsgesetz ohne weiteres auf die deutsche Viehwirtschaft zu übertragen. Theoretisch er scheine es außerordentlich einleuchtend, die Viehpreise durch eine staatliche Regulierung des Austriebs aus den Viehmärkten zu beeiwlussen. Man dürfe nicht vergessen, daß dieses Svstem der Auftriebsbewilligungen in Österreich ledig lich deshalb funktioniere, weil für den österreichischen Vieh absatz im wesentlichen nur ein einziger Markt, näm lich Wien, in Frage komme. Außerdem stammten die Anliefe rungen für den Wiener Viehmarkt zum größten Teil nicht aus dem Inlands. In Deutschland handelt es sich aber nicht um einen Markt, sondern um 3V bis 30 Vichmärktc, deren Austrieb reguliert werden müßte. Das bedeutet eine außerordentliche Häufung der praktischen Schwierigkeiten bei der Durchführuna,der Auftriebsregeluna. Was neueste Rezept, vas in der Agrarpolitik Eingang ge funden habe, sei das der Kartellierung. Man will das, was sich in der industriellen Produktion bewährt hat, auch auf die Landwirtschaft übertragen. Praktisch dürfte jedoch eine Kartellierung der landwirtschaftlichen Produktion schon an der Fülle der Betriebe scheitern. Man könne für ört lich begrenzte Gebiete oder auch bet dem einen oder anderen Produkt — wie z. B. im Mtlchgesetz vorgesehen — Kartelle schaffen, aber es sei unmöglich, dies für die gesamte land wirtschaftliche Erzeugung — das sind fünf Millionen bäuerliche Betriebe — dizrchzusübren. Es gebe deshalb meist, wie beispielsweise beim Getreide bau, keine andere Möglichkeit der Beeinflussung des Pro duktionsumfanges als über den Preis Der Preis sei das natürliche Steuerungsmittel für eine Produktion Er werde im nächsten Jahre, wenn die Landwirt schaft sich nicht von sich aus bei der Frühjahisbestellung große Zurückhaltung im Getreidebau auserlegt, aus weitere Sicht gesehen, die Produklionseinschränkung beim Ge treide erzwingen. Als weiteres wird der Landwirtschaft Unkostensenkung empfohlen. Leider sind die Möglichkeiten der Unkostensenkung für den einzelnen außerordentlich begrenzt; denn Steuern, Soziallasten, die Preise für industrielle Bedarfsartikel, Zinsen, Löhne, das alles sind Faktoren, die von dem ein zelnen Landwirt nicht beeinflußt werden können. Und doch muß ein Ausgleich zwischen den Produktions kosten der Landwirtschaft und den Preisen für die land wirtschaftlichen Erzeugnisse geschaffen werden. Die Ver pflichtung, an diesem Punkte mit aller Kraft zu arbeiten, besteht nicht nur für den Staat, sondern auch für die Wirt schaft selbst. Richtig ist es, daß die Kaufkraft des Städters beim Absatz der landwirtschaftlichen Produkte heute eine sehr wichtige Rolle spielt. Kein Bauer darf außer acht jassen, daß in den Städten fünf bis sechs Millionen Arbeitslose monatlich einen Unterstützungssatz von weniger als 50 Reichsmark beziehen. Auch die Lohn- und Gehaltsverhältnisse der noch in Arbeit befindlichen städti schen Bevölkerung haben sich äußerst verschlechtert. Die Altton der Neichsregierung zur Winterhilfe mit einem Gesamtaufwand von 37 bis 38 Millionen Mark stellt hier einen Schritt dar. Sie eröffnet für Fleisch, Brot, Milch usw. durch die Verbilligung mit Reichsmitteln Absatzmöglichkeiten, die ohne die Verbilligung durch Reichszuschüsse einfach nichtvorhanden wären. Eine organische Agrarpolitik ohne Schlagworte ist der Weg, der gegangen werden mutz. Es gilt nicht, wirtschaft liche Theorien durchzusetzen und zu verwirklichen, son dern es gilt, „das wirtschaftlich V e r n ü n f t i g e zu tun". Mancherlei Hoffnungen hat die deutsche Landwirt schaft — wie jeder deutsche Mensch — in den letzten Jahren begraben. Aber was auch immer versank, mit Willen und Glauben kann der Mensch auch des härtesten Schicksals Meister werden. Und so sollten alle, die deutsches Korn bauen und deutsches Brot brechen, einander nicht als Gegner, sondern als Weg genossen betrachten, die zusammengehalten werden durch gemeinsames Blut und durch deutschen Boden. Programm" gegeben worden, Dieser Name ist aber — nicht neu! Und das beste Weihnachtsgeschenk — auch wenn es erst nachträglich kommt — für das deutsche Volk und die Millionenscharen seiner Arbeitslosen wäre, wenn anders wie früher diesmal aus dem Worte eine — Wirk lichkeit wird. Sie ArbettMchaffmlgspMe der Aeichsregiemng. Der Reichskommisiar für die Arbeitsbeschaffung, Dr. Gereke, äußerte sich vor Pressevertretern über seine Arbeitsbeschaffungspläne. Da die Verhandlungen über die Gestaltung dieser Pläne noch andauern, mußte Dr. Gereke Einzelheiten noch zurückstcllcn. Dr. Gercke stellte eingangs fest, daß es nicht in seiner Absicht liege, eine große Behörde zu schaffen. Vielmehr solle mit einem verhältnismäßig kleinen Kreis von Mitarbeitern gearbeitet werden, um zunächst das öfsentliche Arbeitsprogramm mit größter Beschleunigung durchführen zu können. Es handele sich hierbei im wesentlichen um eine Ergänzung der von der Regierung bereits in Angriff genommenen Maßnahmen. Auf Grund der Verhandlungen mit der Reichsbank lasse sich sagen, daß sich das Sofortprogramm im Rahmen der von Reichsbankpräsident Luther in seiner Münchener Rede enthaltenen Ausführungen über die Kreditauswcitungsmöglichleiten bis zu 2,7 Milliarden halten werde. Innerhalb dieses Rabmens werde das Sofortprogramm durchgefuhrt werden. Für die ersten Maßnahmen komme ein Betrag von rund 500 Millionen Mark in Frage, über die Beschaffung dieser 500 Mil lionen Mark soll nach Abschluß der zur Zeit noch laufen den Verhandlungen noch vor Weihnachten Mitteilung ge macht werden. Dr. Gereke erklärte dann weiter, daß er sich von dem Grundsatz der Dezentralisation leiten lassen werde. Die Kredite würden unter besonders günstigen Bedingungen auf Antrag gegeben werden. Für die Auszahlung der Kredite kommen in Frage erstens die Deutsche Gesellschast für öffentliche Ar beiten und zweitens die Nentenbankkredit- a n st a l t. Dr. Gereke hofft, daß sich der Jnstanzenzug so be schleunigen lasse, daß höchstwahrscheinlich schon im Januar die Aufträge an die Unternehmer erteilt wer den könnten. Besonderen Wert legt der Reichskommissar darauf, daß schnelle Arbeit geleistet werde, für die in erster Linie die bisher aus finanziellen Rücksichten liegen- gebliebenen Arbeiten in Frage kämen. Aus dem Gebiete der Hausrcpara- turen seien seinerzeit vom Reichsarbcitsministcrium bereits 5V Millionen Mark zur Verfügung gestellt worden, was eigentlich das Fünffache bedeute, weuu mau bcdeuke, daß 80 Prozent der Hausrcparaturen der Hauseigentümer selbst tragen müsse. Darüber hinaus sollen jetzt insbeson dere für die Jnncnrcparaturen weitere 50 Mil lionen Mark zur Verfügung gestellt werden. Als ein weiteres Beispiel für die Möglichkeiten der öffentlichen Arbeitsbcschaftnna bezeichnete Dr. Gereke die