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Wenn der Friede auf deutscher Erde nur mit den Machtmitteln des Staates aufrechterhaltcn und geschützt wird, dann ist es, als verklinge, ohne wirk liches Gehör zu finden, der zweite Teil der Weihnachts botschaft, die sich an alle jene wendet, „die guten Wil lens sind". Unter dem Druck des staatlichen Friedens gebotes bleibt der Wille bei vielen, allzuvielen doch nur auf Kampf und Haß gerichtet. Kampf gegen wen? Gegen Menschen desselben Volkes. Haß auf wen? Auf jene, die politisch anders denken, anders wollen, anders fühlen, — die aber doch demselben deutschen Boden entstammen, die in derselben Sprache reden und die von derselben Not gepackt oder niedergetreten sind. Und die doch alle, alle von demselben Wunsch, derselben Sehnsucht erfüllt sind: wieder als freie Menschen auf freiem deutschen Boden leben und arbeiten zu können. Aber während des ganzen Jahres prallten allein schon in einem halben Dutzend erbittertster Wahlkämpfe die politisierten deutschen Massen aufeinander. Noch wenige Tage vor Weihnachten waren diese politischen Kampsspannungen kaum geringer geworden und griffen hinein in den herannahenden Weihnachtsfrieden. Nicht dieser aber, sondern unzweideutiges Drohen mit einer Kampfverschärfung mußte eingesetzt werden, um „be ruhigend" zu wirken. Weil zu wenige „guten Willens" waren, mutzte erst der Zwang den Weihnachtsfrieden schaffen. Was uns innerlich nottäte: Selbstbesinnung, ruhigere Abschätzung politischer Schlagworte oder Forde rungen, nüchternes, „einsames" Abwägen dessen, was politisch emporgehoben oder niedergeschrien wird, — all diese innere Einkehr kann durch den äußeren Weih nachtsfrieden nicht erzwungen werden. Sondern dafür ist eben der „gute Wille" notwendig! Nein, sie sind gewiß nicht „bösen Willens", jene Millionen und aber Millionen Deutscher, denen das furchtbare Gespenst der Arbeitslosigkeit den inneren Weihnachtsfrieden stört und zerstört! Diese grauenhafte Wirklichkeit läßt sich durch keine Friedenspredigt bciseiteschieben, auch wenn diese noch so gut gemeint ist. Aber doch bleibt eines: die Hoffnung darauf, daß dieses Fest am Tage der Wintersonnenwende seine sym bolische Bedeutung in eine bessere, hellere, sonnigere Zukunft hinüberleitet. Licht ist Hoffnung und der Stern von Bethlehem kündete die Erfüllung langer Sehnsucht. Unwillig, nur dem Zwang gehorchend, verkroch sich jetzt politischer Haß und parteipolitische Kampfstimmung in dunkle Ecken. Für ein Weilchen nur! Dann aber, wenn langsam die Lichter des Weihnachtsbaumes niedergebrannt sind und die grünen Äste zu verdorren beginnen, soll dann das frühere Kampfgetöse wieder hochkommen? Soll der Hatz wieder zu alter Höhe aufflammen, wenn die Weih nachtszeit, die Weihnachtsbotschaft hinter uns liegen, als wären sie nie gewesen? Dann wären wir des Weihnachts festes nicht wert, und diese Tage zu feiern wäre nur ein äußerliches Geschehen. Wie wanderte einst im Weltkriege die gemeinsame Sehnsucht Millionen Deutscher gerade zu Weihnachten aus dem Feindesland hinüber in die ferne Heimat, die wir in klammernden Wünschen umfaßten. Jetzt haben wir sie, zerschlagen, zerstückelt, zermürbt. Jetzt hat sie uns. Aber wir stehen auf ihr nicht neben-, sondern gegen einander, obwohl allzu schwer unser aller Dasein geworden ist. So vieles muß man sich und dem Nächsten versagen am Tage des Schenkens und Beschenktwerdens. Millionen Deutscher sind durch ein hartes Schicksal am Feiertage des Lichts hinausgestotzen in die Lichtlosigkeit. Wie aus weiter, weiter Ferne nur hören sie die Weih nachtsbotschaft oder verschließen gegen sie das Ohr. Um allzu viele schmiedete die fürchterliche Not den Panzer der Hoffnungslosigkeit und einer Verbitterung, der von Weih nachtsfreude und Weihnachtssä^Len nichts wissen will. Aber das wäre ein schlechter Deutscher, in dem nicht trotz jenes Panzers gerade am Weihnachtsfest doch die Sehn sucht nach dem Licht ei wer. besseren Zu kunft laut und hörbar spräche. Und wenn so oft andere Völker spöttisch oder heimlich die Achseln zucken über die deutsche „Sentimentalität", die am Weihnachtsfest zutage trete, so wollen wir uns dieser echt deutschen Gefühls regung nicht schämen. Wenn harter oder verhärteter Sinn nur von Fort setzung des politischen Kampfes bis zur Entscheidung spricht, so erhebt sich hier gegen eine andere, aus größerer menschlicher Tiefe kommende Stimme, die sich den Weih nachtsfrieden und die Weihnachtsfreude nicht nehmen lassen will durch Forderungen des politisierenden Ver standes. Zögernden, tastenden Schrittes suchen wir den Weg durch die Dunkelheit der Gegenwart, aber wir können ihn nur finden, ihn a ufw ä rts gehen, wenn wir Deutsche im Sinne der Weihnachtsbotfchaft erst einmal „guten Willens" werden! Dr. Pr. Weihnachtssreude. „Was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Und solches schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei." So hebt die erste Epistel des Johannes an, so recht weihnachtlich. Freude will er seinen Lesern vermitteln. Wer sind seine Leser? Menschen unserer Art, Menschen in Not und Verfolgung, Menschen, denen das Leben des Alltags nicht viel zu bieten hatte, aber alles zu nehmen drohte, Menschen, denen es bange war ums Herz. Menschen, denen es bange ist im Herzen. Gibt es die bei uns heute nicht im Übermaß? Ja, ist das nicht gerade so schlimm, daß denen zu Weihnachten am bängsten zumute ist, weil zu Weihnachten, wo alles sich freut oder doch freuen möchte und sollte, jede Wunde mehr und von neuem schmerzt, jede Sorge doppelt drückt? Also: auch für uns schreibt dieser Mann mit dem frohen Herzen, um auch uns voll Freude zu machen. Laßt uns auf ihn hören! „Ich kann nicht", sagen zuerst alle die, die einen Lieben verloren haben und die, wenn sie wünschen dürften. nur den einen Wunsch hätten: „Ach, daß er wieder bei uns wäre!" — und dieser Wunsch ist doch unerfüllbar. So sagen auch die, die einen Kranken im Hause haben, der doch von ihren Wünschen nicht gesund wird. Können die nun nicht Freude haben — Freude zu Weihnachten? Ja, wenn Weihnachten bloß das Familienfest wäre, wie es zumeist gefeiert wird, dann nicht. Aber wenn wir das erfassen: daß Weihnachten die Stunde ist, da einst Gott in dem Kind von Bethlehem in unmittelbare Gemeinschaft trat mit den Menschen in ihrer Ratlosigkeit und ihrer Not; da er offen zeigte: mir ist's um euch zu tun, ichkomme zu euch, um euch zu helfen! Wenn Weih nachten das wieder ins Herz trägt, diesen seinen eigent lichen Sinn und Zweck: Gott ist bei uns, ist auch bei mir — dem wird das Leid linder, dem geht es auf: meine Lieben sind von ihm gerufen, sie sind in seiner Gemein schaft; dem geht es auf am Grabe und am Krankenbett: es ist der Vater der Liebe, der mich aufgesucht hat, weil er mich sucht, weil er Gemeinschaft mit mir haben will, damit ich, mit ihm im Bunde, leichter trage und über winde. So sind sie damals, die Ärmsten der Armen, voll -?reude geworden in all dem Dunkel und Drohen ihrer Nöte — so sollen wir gerade den Vergrämten heute sagen: Du kannst nicht nur, du sollst, gerade du s o l l st und darfst Weihnachten feiern, damit du Wieder froh und getrost wirst. Und ähnlich ist es mit denen, die die Not der Armut leiden. Ach, das ist bitter für so unendlich viele heute bei uns, zumal, wenn sie Eltern sind: datz sie ihre Kinder darben sehen, darben gerade zu Weihnachten. So mancher ist dadurch irre geworden an Gott: als wäre er schuld daran. Und er läßt doch so reich die Schätze der Erde wachsen in aller Welt, so reich, datz übergenug da ist für alle. Wenn wir nur mit seinen Gaben recht umgingen! Und nun zeigt uns Weihnachten, wie einer geboren ist, ganz arm, ganz in Not, verachtet und verfolgt dazu: und wie gerade er so reich ist — woher? Weil er sich eins weiß mit dem Vater; wie er alle die reich macht, die sich von ihm hereinziehen lassen in die Gemeinschaft des Paters. Der den Brief geschrieben hat, von dem wir Anfang redeten, der ist einer von ihm gewesen. Wie jubelt feine Seele, wie merkt man ihm die Freude über seinen Reichtum an! So dürfen wir Weihnachten feiern: es gibt einen Reichtum und eine Freude in aller äußeren Not — wenn man reich ist in Gott. Soll ich noch eine Gruppe von Menschen nennen, denen oft so bange ist, und die vor Weihnachten geradezu Angst haben? Es sind die Einsamen. Die keinen mehr haben, der sich um sie kümmert, und schlimmer noch: Die, um die sich die nicht kümmern, nach deren Liebe sie hungern. Verlassene und verstoßene Eltern und Groß eltern, Ehefrauen oder Ehemänner, vernachlässigte Kinder. Wie wird denen das Herz bitter zu Weihnachten. Aber sagt nicht gerade denen Weihnachten: Du bist nicht so verlassen, wie du meinst. Und hast du keinen Menschen mehr: einer sucht auch dich. Auch für dich hat er seinen Sohn gesandt, um dir zu zeigen: Ich bin bereit — willst du nicht zu mir kommen aus deiner Einsamkeit, willst du nicht in der Gemeinschaft mit nur Wieder die Freude haben, nach der du hungerst? Ich hab' dich lieb! Und sagt uns nicht Weihnachten von dem, der trotz allem Undank doch vergab und die suchte, die ihn von sich stießen? Ihr Verbitterten, wenn ihr von ihm, dem Weihnachtskind, lerntet zu sagen im Gedanken an die, denen ihr zürnt: Und wollt ihr euch nicht um mich kümmern, so will ich mich um euch kümmern, indem ich euch vergebe und für euch bitte? Oh, wenn ihr wüßtet, welche Freude in diesem Reichtum liegt! Gott klopst an, ihr Einsamen. Wenn man allein ist, sollte man sein Anklopfen deutlicher hören. Einsamkeit kann auch zum Segen werden! Wenn wir doch nicht so sehr beim Wcihnachtcnfeicrn in die Irre gegangen wären! Wir haben es uns mit Freuden behängt, die der Sturmwind der Zeit nun weg bläst. So wollen wir nach der Freude suchen, die kein Stürm Wegblasen kann: nach der Freude, daß Gott mit uns verbunden ist und wir mit ihm in dem, der einst zu zu Weihnachten geboren wurde und der gesagt hat: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. „Solches schreiben wir euch, damit eure Freude völlig sei."