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MsdmfferTaMatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, NS«,« L',7jSL"L'» Wochenblatt M Wilsd-E u Um<l-,md >»L ?/in A^ch^lVerung d« Zeitung oder Kürzung des B-zug-preise- Mündung eing°I°nd,er SchriKstüL. erfolgt nur, wenn Ruckporto berlregt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vorge schriebene Erscheinungs- — c», cm tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10 Uhr. —--- —— ----- Fgr die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch. Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 292 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr : .Amtsblatt' Wilsdruff-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 14. Dezember 1932 „Durchgreifende Maßnahmen". Gewiß stehen die jüngsten Ereignisse in Genf, wenigstens während der jetzigen Woche, noch im Vorder grund des Interesses der „großen Politik', und Herr von Neurath wird auch im Auswärtigen Ausschuß des Reichs tages dieses Interesse zu befriedigen versuchen, — wobei man den Hinweis hinzufügen darf, daß schon viele, viele Monate vergangen sind, seit dieser Ausschuß zum letzten mal zusammengetreten war! Gewiß war das Ziel der -deutschen Außenpolitik sowohl in der Tributfrage wie in der Forderung nach Gleichberechtigung seit Beginn dieses Jahres festgelegt und geltend gemacht wor den unter einhelliger Zustimmung des ganzen deutschen ^Volkes, und die verschiedenen Regierungswechsel, die seit dem erfolgten, sind im Ausland lediglich als Folgeerschei nungen innenpolitischer Entwicklungen betrachtet worden, während eine Änderung der deutschen Außen- politik auch im Ausland nicht erwartet wurde. Trotzdem werden im Auswärtigen Ausschuß des Reichstages Stimmen der Kritik an manchen taktischen Maßnahmen >md Einstellungen der Außenpolitik sicherlich nicht fehlen. Doch näher als der Rock der Außenpolitik ist uns das Hemd der Frage: Wie kommen wir über den her einbrechenden Winter hinweg, und zwar nicht bloß durch Hilfs- und Notmaßnahmen, sondern durch auf bauende Arbeit? Der Hauptausschutz des Reichstages ersuchte die Regierung darum, — „alsbald -durchgrei fende M a ß n a h m e n' zu treffen, durch die den grotzen Massen der notleidenden Bevölkerung eine angemessene Weihnachts- und Winterhilfe gewährt wird'. Eine ganze Reihe von „Forderungen' sind von ihm erhoben worden, die hauptsächlich eine Belieferung der Notleidenden mit ^Naturalien veranlassen wollen. Gewiß sind das Vorschläge, deren Erfüllung aufs innigste zu wünschen wäre, — „doch hart im Raume stoßen sich die Sachen" oder, um an den Wortlaut der im Reichstag von dem Re- hierungsvertreter hierüber gemachten Zusage zu erinnern: Me Winterhilfe werde „im Rahmen des finanziell Mögliche n" erfolgen müssen. Und da die Erfüllung Lieser Forderungen einen finanziellen Aufwand von etwa WO Millionen ausmachen, mutzte der Reichsfinanzminister alsbald einiges Wasser in jenen Wein hineintun; denn eine so hohe Summe zur Verfügung zu stellen dürfte Wohl Die Kräfte der Reichskasse übersteigen, und der Finanz- winister legte den Rahmen des finanziell Möglichen «n- überschreitbar fest. Gerade darum wird man nun hoffent lich bald zu endgültigen Entschlüssen und zu ihrer schnellen Durchführung kommen. Daneben geht eine mehr politische „Sanierungs"- ,Arbeit einher, die ihr drastischstes Ziel in dem vom Reichs tag beschlossenen Amnestiegesetzentwurf gefunden chatte: der Versuch einer innenpolitischen Befriedung oder, wenn man will: eines Vertrauensgeschenkes. Am Sonn abend dürfte sich nämlich dis Regierung schlüssig darüber werden, ob und inwieweit die verschiedenen Notver ordnungen aufgehoben oder abgeändert werden sollen, die besonders im Laufe des vergangenen Frühlings und Sommers gegen die Verwilderung im innenpolitischen Leben erlassen werden mußten. Sondergerichte, Maß nahmen gegen den Terror und die Pressenolverordnungen sollen überprüft und Wohl zum Teil aufgehoben werden. Am 31. Dezember läuft übrigens auch das Republik- schutzgefetz ab, was auch wieder bestimmte Maß nahmen zu treffen notwendig machen wird. Doch dürfte eine Vorsichtsmaßregel vielleicht auch fehr bald in An griff genommen werden: Sollte nach Aufhebung dieser ^Antiterror'-Verordnungen wieder eine Verwilderung des Politischen Lebens eintreten, so wird man für diesen hoffentlich nicht eintretenden Fall neue Verordnungen ffertigstellen, die an Energie des Eingreifens wohl noch ein Stück weitergehen werden als die bisherigen. Und schließlich hat sich der neuernannte Reichs- kommissar für die Arbeitsbeschaffung den seiner harrenden Aufgaben zugewandt und bemüht sich in seinen Verhandlungen mit den Vertretern der großen Wirtschafts organisationen, die vielfach noch auseinandergehenden jWünsche und Interessen zusammenzubringen. Der finan zielle Unterbau im Betrage von etwa einer Milliarde Mark scheint festere Form und Gestalt zu gewinnen, nur «kann man nicht von heute auf morgen auch die zweck- mrühigste Methode für die Verwendung dieser Summe ansarbeiten, damit „Fehlleitungen" vermieden werden. Aber der wichtigste Punkt in diesem nicht gerade schmalen Arbeitsprogrmam der Regierung und des Reichs tags dürfte doch die bevorstehende Erklärung des neuen Acichskanzlers sein, von dem nun Deutschland zu hören Erwartet, welche „durchgreifenden Maß nahmen" er anpacken und durchführen will im Kampfe Segen Not und Arbeitslosigkeit. Vor Schleicher; Rundfunkrede. , Berlin. Die Rundfunkrede des Reichskanzlers am Don nerstagabend, die der Reichskanzler persönlich vorbereitet, wird sich ausführlich zu allen aktuellen Fragen der deutschen Außen- vnd Innenpolitik und zur Wirtschaftspolitik äußern. Sie smzWe WKW MW Paris, 13. Dezember. Im weiteren Verlauf der Kam mersitzung am Dienstag sprach sich der Eeneralberichterstatter der Kammer, Bergerie, gegen die Befürchtung aus, die Nicht zahlung der Schuldenrate am 15. Dezember könnte dem fran zösischen Kredit in Amerika schaden. Er forderte das Haus auf, geschlossen für den Cntschließungsantrag der beiden Aus schüsse zu stimmen, um den Willen des, französischen Volkes gegenüber der amerikanischen Regierung zum Ausdruck zu brin gen. Die Sitzung wurde sodann auf 21 Uhr vertagt. Die Kammer wurde in den Abendstunden wiederum mit starkem Polizeischuh umgeben. Augenscheinlich befürchtete man Zusammenstöße. Anhänger der activn francaise marschierten kurz vor der Vertagung der Kammer in der Nähe des Palais Bourbon auf. Drei Anträge. Bei Wiederaufnahme der Kammersitzung gab der Kammer präsident drei Anträge bekannt: den des Abgeordneten Chau vin (radikal), der sich den Negierungelext zu eigen macht, den des Abgeordneten Nogara (radikal), der die Streichung der interalliierten Schulden fordert, im übrigen aber der Regie rung Beschlußfreiheit für den 15. Dezember läßt und den des Abgeordneten Marin, der die Zahlungsverweigerung fordert. Die Antragsteller begründeten darauf ihre Anträge. Dann setzte sich der Sozialrexublikaner Forgeot warm für die Anschauung der Regierung ein. Hierauf wurde die Sitzung wieder unterbrochen. Mr 87 Stimm» siir die Negierung. Paris. Die Regierung Herriot ist am Mittwoch früh 5.15 Uhr gestürzt worden. Die Kammer hat in der Schluß sitzung den Antrag Chauvin, zu dem Herriot die Vertrauens frage gestellt Halle, und das die vier Punkte der Regierungs vorlage enthält, mit 402 gegen 87 Stimmen abgelehnt und da mit die Zahlung verweigert. MlheWhlung oewkigert. Der Verlauf der Pariser Kammeraussprache übei die Schuldenfrage hatte sich in den frühen Abend stunden dahin entwickelt, daß die Regierung Herrio! bereits vor der Abstimmung als gestürzt angesehe« wurde. Der Finanz- und der Auswärtige Ausschuß der Kam- mer hatten den Wortlaut der Negierungsnote an Amerika abgelehnt und dafür einen Gegenvorschlag eingebrachtz in dem die Kammer aufgefordert wird, die am 15. Dezem ber fällige Zahlung so lange au f z u s ch i eb e n, bis eine internationale Konferenz einberufen worden ist. Es wurde ferner darauf hingewiesen, daß die von der Re gierung an die Zahlung geknüpften Vorbehalte durch die ablehnende Antwort der amerikanischen Regierung auf die englischen Vorbehalte gegenstandslos geworderi seien. Die Verlesung des Entschließungsantrages wurde von der Kammer mit anhaltendem Beifall ausgenommen. Die Sozialisten beschlossen, für den Entschließungsantrag der Ausschüsse und damit gegen die Negierung zu stimmen. Me-eraushebung der Lohnlüttungen zugesagt. Der Haushaltsausschuß des Reichs tages nahm zunächst eine Mitteilung über die Beratun gen seines Unterausschusses über die Aufhebung der lohnpolitischen Verordnung vom 5. Sep tember entgegen. In diesem Unterausschuß habe die Neichsregierung durch den Reichsarbeitsminister erklären lassen, daß sie diese Verordnung mit einer gewissen ttbergangs- regelung aufhcben wolle, so daß die Tariflöhne wicdcr- hergcstellt würden. Es sei eine Generalablauffrist bis Ende d. I. vorgesehen. Diese Frist werde für Betriebe, die nachweislich noch Aufträge auszuführen hätten, die auf Grund der ge kürzten Lohnsätze angenommen worden waren, und denen nachweislich bei sofortiger Aufhebung der Verord nung Schaden entstehen würde, auf Antrag beim Schlichter bis längstens 31. Januar 1933 verlängert werden. Ein entsprechender Antrag sei dann bis Ende dieses Monats zu stellen. Außerdem habe die Neichs regierung die Absicht, die zu der Verordnung erlassene Ausführungsverordnung außer Kraft zu setzen. Ein Vertreter des Neichsfinanzministeriums teilte dann mit, daß die Vorbereitung des Haushaltsentwurfs für 1933 in vollem Gange sei. Der Entwurf sei aber noch nicht end gültig abgeschlossen, insbesondere deshalb nicht, weil die ReichSregierung die Auswirkungen des Arbeitsbeschaffungs- Programms aus den Haushalt noch berücksichtigen wolle. Weiter beschloß der Ausschuß aus sozialdemokratischen Antrag mit den Stimmen der Kommunisten, der Deutsch- nationalen und der Deutschen Volkspartei gegen Zentrum und Nationalsozialisten, eine Finanzaussprache in der zweiten Januarwoche vorzunehmen. Der Haushaltsausschutz beschäftigte sich dann mkt de« An trägen auf Aufhebung oder Milderung der Notverordnung vom 14. Juni d. L. Die Kriegsschulden und das Lausanner Abkommen. England zahlt bedingungslos England wird am 15. Dezember bedingungs los zahlen. In einer neuen Note an Amerika zieht England die in der früheren Note angedeuteten Be dingungen zurück und stellt fest, daß die von Amerika beanstandeten Ausführungen dieser früheren englischen Note lediglich den Charakter einer einseitigen englischen Auffassung haben. Der englische Schatzkanzler Chamberlain ging in einer grotzen Rede, in der er den Standpunkt Englands zu der Schuldenzahlung darlegte, auch auf die Frage des Rückgriffes auf Lausanne ein. Er erklärte, es komme gar nicht in Frage, daß gegenwärtig England schon Zählungen von seinen Schuldnern verlange. Dieses bedeute aber nicht, daß diese Schulden erlassen seien. Sie seien vielmehr nur gestundet. Wenn es aber unmöglich sein sollte, die Lau sanner Abkommen zu ratifizieren, weil die Unterzeichner keine bindende Regelung mit Amerika zu stande brächten, dann würde dieLagedieselbesein wie vor dem Hoover-Moratorium, und die englischen Ansprüche an seine Schuldner würden in voller Krast wieder aufleben. * Belgien verweigert Gchuldenzahlung« Gesamtrüütritt der Regierung. Der belgische Kabinettsrat beschloß den Rücktritt der Regierung. Ministerpräsident de Broqueville wurd« nach der Überreichung des Demissionsgesuches vom König erneut mit der Regierungsbildung beauftragt. Man nimmt allgemein an, daß das neue Kabinett dem alten sehr ähnlich sein wird. Zuvor hatte der Kabinettsrai beschlossen, die am 15. Dezember fällige Zahlung der Kriegsschuldenrate an Amerika nicht zu leisten Außenminister Hymans übermittelte diesen Beschluß de» amerikanischen Gesandten in Brüssel. Arbeitsbeschaffung. Besprechungen mit R ei ch s k o m m issar G e r e k e. Vom Landkreistag wird mitgeteilt, daß zwischen dem Neichskommissar für Arbeitsbeschaffung und dem Präsi denten des Landkrcistages, Dr. von Stempel, eine ein gehende Besprechung der mit der Arbeitsbeschaffung zu sammenhängenden Fragen stattgesunden hat. Das Ziel, die unerträgliche finanzielle Belastung des Bczirksfür- sorgcvcrbandrs durch Senkung der Wohlfahrtserwerbs- lofenziffer fühlbar zu vermindern, könne nur durch un mittelbare öffentliche Arbeitsbeschaffung erreicht werden. Man sei sich darüber einig, daß schnellstes Handeln unbe dingt geboten sei, wenn dieser Zweck erreicht werden solle, Durch beschleunigte Arbeitsbeschaffung auf dem Wege über Vergebung öffentlicher Aufträge werde nicht nur den Ge meinden und Kreisen Erleichterung gebracht, sondern die dadurch hervorgcrufene größere Beschäftigung der Privat industrie lasse weitere fühlbare Erleichterungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eintrcten. Die Finanzierung — der wichtigste Teil des Problems — sei bis iu alle Einzel heiten durchgesprochcn worden. Dieser Besprechung komme deswegen große Bedeutung zu, weil im Reichskabinett die Frage bereits zur Erörterung komme. Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, ist über die Abgrenzung der Befugnisse des Neichskommissars für Arbeitsbeschaffung bereits eine grundsätzliche Einigung zustande gekommen. Das Reichskabinett wird diese Einigung in seiner Mittwochsitzuug durch einen formellen Beschluß bestätigen. Entgegen anderslautenden Meldun gen wird von zuständiger Stelle darauf hingewiesen, daß die Abgrenzung der Befugnisse im Einvernehmen mit dem Reichskommissar Dr. Gereke herbeigeführt worden fei. Im übrigen dürfte bereits in der nächsten Zeit eine Organi- satiousverordnung des Reichspräsidenten ergehen, die die Einzelheiten über die Aufgaben des Reichskommissars für die Arbeitsbeschaffung enthält.