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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschast, Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. lrer Haus, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apsg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. --- , Geschäftsstelle, nehmen zu I°der Zeit Bestellungen ent. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend gegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg od. sonstiger "" Betriebsstörungen besteht nein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung cingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. für Bürgertum- Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpfg.. die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, die 3 gespaltene Rcklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachweisungsgebühr 20 Aeichspfennige. 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Es ist ein Verbrechen an der Wirtschaft, der Nährmutter der Menschen, wenn durch dauernde politische oder Wirtschaft« liche Beunruhigung ihr die Möglichkeit entzogen wird, sich zu entfalten." Dieser geradezu flehende Stoß seufzer aus dem Munde eines unserer bekannteste« Großindustriellen klingt wie ein Hilferuf, weil wieder und wieder politische Wassermassen die zarten Keime wirt schaftlicher Besserung zu überfluten scheinen, — oder viel mehr es immer wieder tun! Fast eindruckslos blieb eS nn Lärm der politischen Auseinandersetzungen während der vergangenen Woche, daß die langsam gesunkene Arbeitslosenziffer nun wieder nach oben kletterte, weil die saisonmäßigen Wintereinflüsse sich stärker bemerkbar machttn als die allmählich sich belebende Beschäftigung in den anderen Wirtschaftszweigen. Nur ein sehr magerer Trost ist es, daß im ganzen genommen in diesem Spät herbst die Beschäftigungslosigkeit längst nicht in dem großen Umfange stieg wie im vergangenen Jahr, als die Erwerbslosenzisfcr geradezu in Sprüngen anstieg. Um wieoiel besser aber wäre es schon mit uns und bei uns wirtschaftlich bestellt, wenn nicht wie ein dunkler drohen der Druck die innenpolitische Unruhe und Beunruhigung die „Nährmutter der Menschen" am Porwärtsschreite« Dehinder«, würde! Politik gegen Wirtschaft, — hierin liegt ja auch im .Lr"vcn Nahmen der Weltwirtschaft ein Grund, v'-«leicht d e r Grund für die „Krise des Kapitalismus", wovon man nun seit Jahren spncht und schreibt. „Die Verfälschung der wirtschaftlichen Folgerichtigkeit des Kapitalismus durch die Politik in der Ausgangspunkt allen Übels gewesen", äußerte jetzt in bitterer Anklage der Leiter einer unserer größten Banken, und spitzt das zu in dem Satz, daß es sich gegenwärtig nicht nm eine Krise des Kapitalismus, sondern nm eine Krise der Politik handele. Das ist nun aber auch wieder zu viel gesagt, denn in der Krise befinden sich — beide, Politik ebenso wie Wirtschaft. Diese wie jene sind Äußerungen menschlichen Handelns und daher unvollkommenes Stückwerk. Das „entschuldi gende" Wort von der Not, die kein Gebot kenne, hat hüben wie drüben zu Erscheinungen geführt, auf die ein anderes Wort paßt: Korruption. Und sie geht nicht bloß den Weg von der Politik zur Wirtschaft, sondern weiß auch sehr wohl den umgekehrten Weg zu finden. Tas „Gemein nutz geht vor Eigennutz" ist eine Forderung, die zwar sehr laut erhoben, aber nur in recht beschränktem Umfang beachtet wird. Und erfreulicherweise empfindet man es in Deutschland immer noch als ein besonders übles Vergehen, wenn ein Diener der Allgemeinheit, des Staates den Eigennutz allein oder allzu laut sprechen läßt. Aber wir Wissen auch — und nichts ist da, uns diese Überzeugung zu zerstören —, daß es sich hier immer nur um Einzel- fälle, um Ausnahmen handelt. Andererseits ist es eine nicht minder große Selbst verständlichkeit für die Allgemeinheit, zu fordern, daß „die Führung der privatwirtschaftlichen Gebilde im Einklang mit den Bedürfnissen des Allgemeinwohls er folgt". Diese Verpflichtung ist dann besonders groß, auf sie ist besonders dann hinzuweisen, wenn man sich mit "Recht — wie es der ReichNwrband der Deutschen Industrie jetzt wieder tut — sehr deutlich darüber beklagt, daß die „von der Privatwirtschaft erwartete Initiative und Risiko freudigkeit durch nichts mehr gehemmt werden als durch eine ständige innenpolitische Beunruhigung". Der Reichs verband will sich seinerseits aber keineswegs in die Politik mischen, wenn er daran das Verlangen schließt, die gegen wärtige Unsicherheit durch ein „stabiles Rcgicrnngsfunda- mcnt" zu ersetzen. Wie soll man denn schließlich auch „die Kredite auftauen" oder gar beleben, wie soll eine stärkere Unternehmungslust sich zeigen, wenn das Vertrauen sich nicht hervorwagen kann, daß wir endlich eine nicht mehr fo vielen politischen Störungen und Bennruhigungen unterliegende Zukunft vor uns haben! Wie soll Vertrauen in der Wirtschaft als der „Nährmutter der Menschen" sich einstellen, wenn von der Seite der Politik her das Risiko unerträglich vergrößert wird! Allerdings sollte man sich bei der Wirtschaft nun auch nicht für all und jeden Schaden gleich auf dft Politik heransreden. Hüben und drüben sind ja letzten Endes die Menschen selbst das Entscheidende und die Entscheidenden, nicht aber irgendein „Etwas" oder ein „—ismus". Und beim M enschenist anznfangen, wenn es besser werden soll, — in der Politik ebenso wie m der Wirtschaft und m dem Verhältnis beider zueinander. Sn OlWch.VMWk MchiOMlWatt MWett. cm polnische Staatspräsident Moscicki hat den in Moskau zwischen Polen und Sowjetrußland unterzeich- ue'en ^chtangrisssvertrag ratifiziert. Es ist das erste Mal, Vertrag mit einer auswärtigen Macht nicht, wie vorgesehen, durch den Sejm, sondern durch ^en Staatspräsidenten ratifiziert wurde. Politischer Waffenstillstand? AotregieMg für den Winter. Die Entscheidung des Reichspräsidenten darüber, wer an der Spitze der neuen Reichsregierung stehen soll, wird erst in einigen Tagen fallen. Man rechnet damit, daß etwa am Dienstag Herr von Hindenburg den nenen Reichskanzler ernennen wird. Inzwischen wird, wie in politischen Kreisen verlautet, der Reichspräsident nochmals vertrauliche Besprechungen mit den Parteiführern haben, um festzustellen, welche Haltung die Parteien etwa einem anders zusammengesetzten Präsidialkabinett gegen über einnehmcn würden. Darüber hinaus gehen Versuche, einen politischen Waffenstillstand für die nächsten Monate herbeiznführen, für den sich vor allem namhafte Wirt schuftsführer einsetzen. Der Zweck eines solchen Waffenstillstandes wäre es, zunächst mindestens über die Monate Dezember und Januar ohne neue Krise hinwegzukommen. Bei dem Waffenstillstand wird daran gedacht, daß auf politischem Gebiet weittragende Pläne, wie etwa die Verfassungs reform, zurückgestellt und Ausschreitungen des politischen Kampfes verhindert, und daß ans wirtschaftlichem Gebiet alle Anstrengungen auf Arbeitsbeschaffung und Verringe rung der Arbeitslosigkeit gerichtet werden. über die Persönlichkeit des neuett Reichskanzlers tauchen in der Öffentlichkeit wieder allerhand Gerüchte auf. Neben Herrn von Papen, gegen den sich namentlich das Zentrum und die Bayerische Volkspartei wenden, werden Reichswehrminister Schleicher und Reichsaußen minister von Neurath als favorisierte Kanzlerkandidaten genannt. Herr von Schleicher soll allerdings wenig Lust verspüren, das Kanzleramt zu übernehmen, und bei Herrn von Neurath wird geltend gemacht, daß er sich bisher lvenig um innenpolitische Fragen gekümmert habe. Immerhin ist es beachtenswert, daß Herr von Neurath am Sonnabend Genf verlassen hat, wo er Deutschland auf einer Tagung des Völkerbundrates vertrat, um sich nach Berlin zu begeben. Es ist nicht ganz von der Hand zu weisen, daß seine Rückkehr nach der Reichshauptstadt mit der Frage der Regierungsbildung in Zusammenhang ge bracht werden kann. Natürlich sind auch Überraschungen bei der Ernennung des neuen Kanzlers nicht aus geschlossen. * Unterredungen mit von Papen und Schleicher? Keine offiziellen Besprechungen über die Regierungsbildung. Am Sonntag haben keine offiziellen Besprechungen über die Regierungsbildung stattgesunden. Amtlicherseits konnte auch nicht bestätigt werden, daß streng vertrauliche Besprechungen privaten Charakters gepflogen worden sind. „Der Montag" berichtet, daß der geschäftsführende Reichs kanzler von Papen und Neichswehrminister General von Schleicher Besprechungen mit verschiedenen politischen Persönlichkeiten gehabt haben. Diese Besprechungen sollen noch fortgesetzt werden. Die „Montagspost" spricht von Sondierungen, die der Kanzler und der Wehrminister eingeleitet hätten. Diese Sondierungen gingen besonders dahin, wie die Wirtschaftskreise, die Gewerkschaften und die Parteien sich zu der Lösung Papen und der Lösung Schleicher, zwischen denen beiden der Reichspräsident nach wie vor nur wählen dürfte, verhalten würden. Freiherr von Nruralh, der Neichsautzenministcr, wird bei den Verhandlungen um die Neubildung der Negierung vielfach genanntz Jenirumserklärung zur Besprechung Kaas-Hugenberg. Die Pressestelle der Deutschen Zentrums- Partei stellt zu den Besprechungen, die der Parteiführer Kaas mit Hugenberg hatte, u. a. folgendes fest: Kaas hat die Parteiführer zur Beratung eines Sach programms aufgefordert mit dem selbstverständlichen Ziel, eine Mehrheit für ein solches Programm zu ge winnen. Ohne dieses Ziel hätten diese Bemühungen nur theoretische, aber keine realpolitische Bedeutung gehabt. Bei Hugenberg hat Kaas auf diese klare Frage eine ab lehnende Antwort bekommen, wie ja auch in dem von der Dentschnationalen Volkspartei herausgegebenen Be richt über diese Besprechungen mit aller Deutlichkeit selbst festgestellt wird. Bei der Ablehnung hat Hugenberg sich aus die Vorgänge des Jahres lS27 berufen, ohne daß dazu eine sachliche Berechtigung gegeben war. Kaas hat das Nein Hugenbergs in seinem Bericht an den Reichs präsidenten pflichtgemäß festgestellt. * Httler über -as Schettern -er Verhandlungen. Zum ersten Male nach dem Scheitern der Verhand lungen über die Neubildung des Reichskabinetts sprach Adolf Hitler im Rahmen einer Kundgebung der Nationalsozialisten für die thüringischen Kommunal- Wahlen in Weimar. Hitler sagte u. a.: Wenn eine Rettung Deutschlands gelingen solle, dann nur, wenn sie von vornherein ehrlich gemeint sei. Man solle sich aber nie mals an ihn, Hitler, wenden, wenn man nicht bereit sei, den Weg zu gehen, den e r für richtig halte. Die Bewegung des Nationalsozialismus habe nicht nur ihren eigenen Sinn, sondern auch ihren eigenen Zweck und ihre eigene Aufgabe. Sie sei nicht ins Leben gerufen worden, damit andere mit ihr Politik treiben könnten. Es sei ein Trugschluß gewesen, wenn man angenommen habe, ihn mit halben Befugnissen auszustatten und mit Fesseln zu behängen, die das ganze Werk der nationalen Erhe bung doch nur zum Mißlingen verurteilt hätten. Er würde sich niemals eine solche Rolle aufoktroyieren lassen, die am Ende nichts anderes wäre, als die eines Agen ten zwischen der Obrigkeit und der Volksvertretung. Man habe ihm nur beschnittene Rechte zuerkennen, andererseits aber die seit 40 Jahren größte staatsmän nische Aufgabe stellen wollen. Er habe ein ehrliches An gebot gemacht, sei nach wie vor zu jeder Stunde bereit, die Verantwortung zu übernehmen. Wenn ein neues Kabinett komme, so werde man sich in wenigen Monaten zum dritten Male an die Nationalsozialisten wenden müssen. —Anschließend erklärte Dr. Goebbels, daß kein Nationalsozialist ein Ministeramt übernehmen würde, wenn nicht Hitler an der Spitze des Kabinetts stehe. Erst wenn die Not ihren Höhepunkt erreicht habe, werde man wieder Hitler rufen. Dann aber würden seine Bedingungen um so schwerer sein. Jedes Kabinett ohne Hitler als Kanzler werde von den Nationalsozia listen auf das schärfste bekämpft werden. polnische Niederlage in Genf. Der Angriff auf den Danziger Gulden erfolgreich abgeschlagen. In Genf wurde durch den Danziger StaatSpräst. denten Ziehm und den polnischen Aussenminister Beck ein Abkommen unterzeichnet, in dem sich die Warschauer Regierung verpflichtet, ihre vertragswidrig erlassene Verordnung, nach der vom 1. Dezember ab an allen Eifenbahnschaltcrn auf dem Gebiet der Freien Stadt nur in polnischer Zlotywährung gezahlt werden sollte, nich 1 in Kraft zu setzen. Die Danziger Regierung Hai in- folgcdcssen ihren Antrag beim Böllerbnndrat zurück- gezogen. Wenn Polen auch trotz dieses Abkommens aus seine Pläne, Danzigs Hohcitsrcchte allmählich zu beseiti- gen, nicht endgültig verzichtet, so bedeutet doch die plötzliche Aufgabe des Zlotydiktats eine schwere Niederlage der Warschauer Machthaber. Polen hat in Genf diesen Rückzug angetreten, bevor noch der vom Völkerbundrat eingesetzte Juristenausschiiß sein Gutachten abgeben konnte, in dem unzweifelhaft ein Bruch der Vertragsbestimmungen und ein direkter Angriff Polens gegen die Lebensinteressen Danzigs festgesiellt worden wäre. Polen ist wohlweislich diesem peinlichen Spruch, wie auch der öffentlichen politischen Aussprache im Schlosse des Völkerbundrates aus dem Wege gegangen und hat es vorgezogen, mit der Freien Stadt selbst ein Entspannungsabkommen zu treffen. In diesM Abkommen verpflichtet sich Warschau ferner, sich an