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MsdrufferTageblatl Wilsdruff-DreSden Posticheck: Dresden 2640 Nr. 268 — 91. Jahrgang Dienstag, den 15. November 1932 Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" III III Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend r^cds!I»?un«-" d-st°"°deir Aniprua, aui k->«1«l»nß d«> i odki likrzun« °kb s - NÜ-KI-ndunv cingemndiei LchrisifiLckk ertolai Nl». wenn Porto deilicgl. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr ff "s; U"d Piatzv°,i»,iftev annahmebisvorm.tVUI,,. — «Vtlvvrllsl n deröcksichlig,. Anzeigen, durch Fernru, Lbcrmit,eiten Anzeigen übern, wir »ein-»baran.t. -teder ^abnttontnrnu, .,,-.2?' «ichtigkei, de> K>°°° ""gezogen werden muß oberer ÄLrag^^ durch Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung.der aEchen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Amerika soll stunden. Wer heute Gläubiger ist, hat nichts zu lachen, ganz besonders dann nicht, wenn der Schuldner ein Staat ist. ^enn dann kann man die Schulden weder einklagcn noch eintreiben, >SAl es hierfür ebenso an einem zuständigen Gerichtshof wie an einem tatkräftigen Gerichtsvollziehe, fehlt Früher, in der Vorkriegszeit, fand in solch ver zweifelten Fällen etwa eine Flottendemonstration statt, aber die machte nicht einmal mehr auf die Türkei irgend welchen Eindruck. Wenn heute Amerika als der eigent- liche Gläubiger ähnliches gegenüber all seinen Schuldnern in der Welt unternehmen wollte, dann müßte es seine Flotte auf recht ausgedehnte Reisen schicken. Was jedermann erwartete, ist nun geschehen: Eng land und Frankreich haben an den amerikanischen Staats präsidenten Hoover Noten gesandt, die dort um vor- läufige Stundung der am 15. Dezember fälligen Schuldenrate und um Einberufung einer Konferenz zwecks Verhandlung über die Kriegsschuldenfrage überhaupt ersuchen. Es mag übrigens gleich hinzugefügt werden, daß Deutschland auch für die Zahlung seiner Schuldverpflichtungen au Amerika bereits vor einiger Zeit einen solchen Morato- riumsantrag gestellt hat, über den bisher eine Entschei dung aber noch nicht erfolgt ist. In Paris und London hat man mit der Absendung der Noten natürlich gewartet, bis in Amerika die Prä sidentenwahl vorüber war, — und nun tritt wieder ein mal das grenzenlos Unnatürliche der ganzen Art zutage, wie seit dem tatsächlichen Zusammenbruch des Noung- Planes die Frage der deutschen „Reparationen" und die der interalliierten Kriegsschulden be- und verhandelt worden sind. Alles noch komplizierter zu machen, als es geschehen ist, wäre kaum möglich gewesen! Zwar nicht England, Wohl aber Herriot hat jüngst wieder gesagt, auf der Lausanner Konferenz im Sommer dieses Jahres sei „eine Verbindung zwischen den Reparationen und den Kriegsschulden hergestellt worden"; das ist insofern wenigstens objektiv richtig, als bekanntlich das nach jene, * Konferenz zustande gebrachte Übereinkommen Englands und Frankreichs die Ratifizierung der Lausanner Be schlüsse — d. h. die deutsche Schlutzzahlung von drei Mil liarden — davon abhängig gemacht hat, ob auch Amerika einen Schuldennachlatz gewährt. Die Washingtoner Re gierung aber hat von jener Verkuppelung zwischen Re parationen und Kriegsschulden nie etwas wissen wollen, und hat ja ebenso wie mit Deutschland so auch mit anderen Schuldnerstaaten — „abseits von Versailles, Dawes-Vertrag und Aoung-Plan" — Sonderabmachungen getroffen. Nun aber verweist die französische Note Wiede, auf „die schweren Opfer", die Frankreich in Lausanne gebracht habe, und geht von hier aus zum Vorschlag über, „mit der amerikanischen Regierung eine neue Prüfung der Schnldenfrage vorznnehmen". Diese Prü fung wird auch von der englischen Negierung erbeten, doch vermeidet Macdonald jenen Hinweis auf die Opse, von Lausanne, sondern ersucht einfach um ein Morato rium bis zur Entscheidung durch die vorgcschlagenen Verhandlungen. Man solle es damit ebenso machen wie auf der Lausanner Konferenz, die übrigens nur als ver tagt gilt! Und für diese Zeit die Zahlung der geschulde ten oder fällig werdenden Schulden zwischen den Teil nehmerstaaten nur gestundet bat! . In Washington selbst hat sich nun daraufhin etwas ereignet, was wir Deutschen mit einem gewissen — Neid betrachten müssen. Offiziell bleibt Hoover noch bis zum Marz nächsten Jahres im Amt, aber nun hat er, der Unter legene des 8. November, an seinen Besieger und Nachfolger Roosevelt telegraphiert, er möge doch sofort ""A Washington kommen und gleich alle dem künftigen Präsidenten geeignet erscheinenden Ratgeber mit- bnngen. Er, Hoover, wolle mit Roosevelt die Kriegs schuldenfrage, also die englisch-französischen Noten, be sprechen; er beabsichtigt mithin offenbar, von sich allein aus keine Entscheidung zu treffen, die seinen Nachfolger irgend- wie Astlegen mutzte. Außerdem hat man in Washington die Kriegsschuldenfrage weniger theoretisch als praktisch init etwas ganz anderem in engen Zusammenhang ge bracht, mit dem Abrustungsproblem nämlich, und auch hier hat Hoover bekanntlich eine starke Aktivität entwickelt, die aber bisher m Genf, Paris und London noch nicht ans allzuviel Empfänglichkeit gestoben ist. IN seinem Telegramm an Roosevelt spricht Hoover davon, Amerika solle sich seinen Schuldnern zugänglich zeigen, — aber gegen „fühlbare Kompensatio- n c n". So ähnlich hat aber auch der künftige Präsident als Kandidat im Wahlkampf gesprochen. Er sagte noch deutlicher: Zugeständnisse der Schuldnerstaaten auf zoll politischem Gebiet, „kommerzielle" Zugeständnisse. Ferner steht im Hintergrund auch die Weltwirtschaftskonferenz, für deren Schicksal und Ergebnisse das alles von entschei dendem Einfluß ist. Was nun geschehen wird, wissen wir heute noch nicht; wir können nur hoffen, daß auch in der Kriegsschulden frage etwas geschieht. Ter französische AWmgrO» Nachdem der Französische Ministerrat den Wortlaut Les Abrüstungs- und Sicherheitsplanes des Minister präsidenten Herriot endgültig angenommen hatte, wurde der Plan in Paris veröffentlicht. Herriot bat einen Aus zug aus dem Plan bekanntgeben lassen, 2em folgendes zu entnehmen ist: Nachdem darauf hingewiesen wird, daß es auf der Genfer Abrüstungskonferenz nicht möglich gewesen sei, eine genaue Grenze zwischen Angriffs- und Nichtangriffs waffen zu ziehen und einen gemeinsamen Maßstab für die verschiedenen militärischen Organisationen zu finden, wird französischerseits folgendes vorgeschlagen: Es soll eine umfassende Lösung der Abrüstungsfrage angestrebt werden, die stufenweise die Forderung des militärischen Aufbaus verwirklicht, die entsprechend den besonderen politischen und technischen Bedingungen des betreffenden Gebietes eine Angriffspolitik erschweren soll. Nur auf diese Weise, glaubt Frankreich, könne eine gerechte Lösung der deutschen Gleichberech tigungsforderung gesunden werden: Durch eine stufenweise Angleichung der Militär ft atuten an eine Vereinbarung und durch Gleichbetciligung an den Pflichten und Vorteilen, die aus einer im Pakt vor gesehenen gemeinsamen Aktion folgen, da jede Aus rüstungsidee im übrigen ausgeschaltet wird. Der französische Plan kehrt dann immer wieder zu seinem eigentlichen Hauptthema, der Sicherheits frage, zurück und betont, daß man eine Rüstungs einschränkung nur dann erhoffen könne, wenn man der besonderen Lage eines jeden Kontinents, ja sogar eines jeden Staates und insbesondere den Bemühungen der Regierungen Rechnung trage, die diese Einschränkung mit den bestehenden oder noch zu schaffenden Sicher heitsbestimmungen verbänden. Abgesehen davon, daß die Unterzeichner des Kell og-Paktes sich verpflichten sollen, im Falle einer Verletzung dieses Paktes ihre wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zu dem angreifenden Staat abzubrechen und die Völker- bundmitglieder dem Sanktionsartikel des Völker bundpaktes eine ganz besondere Wirkungsfähigkeit ver leihen sollen, werden noch folgende Bedingungen fest gelegt, unter denen ein Unterzeichnerstaat im Ängriffs- falle das Recht auf Unterstützung der anderen Staaten hat: Diese gegenseitige Unterstützung muß automatisch durch den Angriff oder Einfall irgendeines Staates in Kraft treten, wenn dieser Einfall auf Forderung des an gegriffenen Staates durch einen besonderen Aus schuß sestgestellt ist, dessen Mitglieder noch in Friedcns- zciten durch die diplomatischen Vertreter und die Militär attaches bei den gesamten Negierungen namhaft gemachi werden. Sämtliche Unterzeichner des französischen Planes müssen auch dem allgemeinen Schiedsgerichtsabkommen beitreten. Der Plan geht dann auf die Bestimmungen militä rischen Charakters ein und betont, die Heere der Mächte müßten allmählich gleichmäßig geregelt werden. Diese Regelung bestehe in der Schaffung eines zahlenmäßig beschränkten Nationalheeres mit kurzer Dienstdauer. Außerdem müsse der militärischen Ausbildung, die in den politischen Verbänden gegeben wird, ebenso wie der Wichtigkeit derPolizei Rechnung getragen werden. Die so geschaffene Nationalarmee werde über keinerlei bewegliches mächtiges Kriegsmaterial verfügen. Was die „erste Hilfe" anlange, so werde Sine besondere Anzahl von Truppen, die über die den Nationalarmeen verbotenen Mittel verfügt, zur Verfügung des Völkerbundes gestellt, um sofort in Wirksamkeit treten zu können. Andere Bestimmungen beziehen sich auf die unter Kontrolle des Völkerbundes stehenden Waffen lag e r in den einzelnen Staaten, die einem angegriffenen Staat zur Verfügung gestellt werden könnten, ferner auf bewegliches Kriegsmaterial, dessen Beibehaltung durch das allgemeine Abkommen erlaubt werden könnte, das aber den Nationalarmeen mit kurzer Dienstzeit unter sagt wird. Ein neues Kapitel handelt dann von den überseeischen Streitkräften (Kolonialtruppen), die von dem oben dar gelegten System nicht betroffen werden. Auf dem Ge biet der Rüstungen zur See sieht der Plan den Fall vor, daß zwischen den interessierten Mächten ein Mittelmeerpakt abgeschlossen wird, der eine genügende Garantie für die gegenseitige Unterstützung gibt, damit den unterzeichneten Staaten die Möglichkeiten geboten werden, auf dem Wege der Herabsetzung des Tonnengehalts „so weit als möglich" zu gehen. Auf alle Fälle müsse das Verhältnis, fo heißt es dann weiter, das augenblicklich zwischen den einzelnen Flotten besteht, aufrechterhaltcn bleiben. Der französische Plan sieht ferner vor, daß jeder unter zeichnende Staat,. Ler über Seeüreitkräkte veriüat. auf An forderung des Völkerbundes hin sofort die dringende Hilfe leisten muß, auf die ein angegriffener Staat Anrecht hat. Diese Hilfe besteht darin, eine gewisse Anzahl aller Schrffsgattungen zur Verfügung des Völkerbundes zu stellen. Die französische Abordnung schlägt schließlich noch ein Abkommen zwischen sämtlichen europäischen Luftfahrtmächten zur Schaffung einer „Europäi schen Vereinigung für Lufttransporte" vor, ebenso wie der französische Plan die Bildung von besonderen Luftheeren enthält, die dem Völkerbund für die Bil dung zur Verfügung gestellt werden sollen. Ebenso ent hält er Vorschläge sür die Bildung Auer europäischen Luftstreitmacht auf internationaler Grundlage, dessen Personal nach einen- noch aufzustellcn.dcu Plan aus Frei willigen aller Staaten herangezogen werden soll. * Geteilte Ausnahme in Geas. Genf, 14. Nov. Der große Abrüstungs- und Sicher heitsplan Herriots hat in internationalen Kreisen zunächst eins stark geteilte Aufnahme gefunden. Uebereinstimmend wird je doch bereits nach der ersten Prüfung festgestellt, daß dieser Plan keineswegs den Charakter eines Abrüstungs-, sondern vielmehr eines Umrüstungsvorschlages trage. Man erwartet daher, daß der Plan bei den neutralen Mächten insbesondere bei den skandinavischen Staaten auf allerschärfsten Widerstand stoßen wird. Bereits jetzt wird in internationalen Kreisen von den verschiedensten Seiten heftige Kritik an dem außerordent lich verwickelten und unzulänglichen Charakter dieses Planes laut. Vom deutschen Standpunkt muß dieser Plan zuerst in aller Ruhe und Objektivität eingehend geprüft werden. Je doch zeigt sich jetzt schon, daß der Plan in großen Linien auf eine neue Festlegung Deutschlands auf den Versailler Status und auf den gegenwärtigen militärischen Stand Deutschlands hinausläust, während die in dem Plan vorgesehenen Ausnah men Frankreich und der französischen Bundesgenossenschaft eine weitere Aufrechterhaltung ihrer Militärmacht erlauben würden. Man nimmt nunmehr an, daß dieser Plan Herriots in den nächsten Wochen im Mittelpunkt großer internationaler Debatten und Kämpfe stehen wird, beurteilt jedoch die Aus sichten auf Annahme dieses Planes in den nächsten Wochen wenig günstig. Sie GleWerechtiguiiMage im französischen Abriislungsplan. Gewundene Ausdrucksweise. Die Stelle, die sich auf die deutsche Gleichberechtigungs forderung bezieht, hat im französischen Abrüstungsplan folgenden Wortlaut: „Wenn die französische Regierung gegen die Umstände protestiert hat, unter denen die Gleichberechtigungssorde- rung vorgebracht wurde, wenn sie den Wert der recht lichen Beweisführung, auf die sich die Forderung stützt, nicht anerkennt, und wenn sie auf dem Gedanken beharrt, daß jede Lösung, die eine Aufrüstung nach sich ziehr, als im Widerspruch zur Konferenz selbst stehend unannehmbar sein würde, so hat sie doch niemals geleugnet, daß die Frage selbst zu den Aufgaben gehört, die der Konferenz gestellt sind. Schon am 22. Juli hat der Ministerpräsident das vor dem Allgemeinen Abrüstungsausschuß erklärt. Die französische Abrüstungsabordnung hat das feste Vertrauen, daß ihre Vorschläge es ermöglichen, im Interesse des all gemeinen Friedens dieser Frage durch eine allmähliche Gleichstellung der militärischen Bestimmungen sowie durch eine gleichmäßige Beteiligung an den Lasten und Vor teilen der gemeinsamen Aktion unter Beendigung jeder Aufrüstung eine gerechte Lösung zu geben" * Oer Prüfstein für -en Abrüstungswillen. Der Kanzler über die deutsche Gleichberechtigungssorderung. Eine englische Zeitung bringt einen Artikel des Reichskanzlers, in dem die deutsche Gleichberechti- gungsforderung begründet wird. Papen tritt darin in erster Linie der falschen Auslegung der Gleich berechtigungsfrage entgegen, indem er betont, daß Deutsch land keine Wiederaufrüstung, sondern die allgemeine Abrüstung wünsche. Es sei Deutschlands bitterer Ernst bei der Forderung einer internationalen Abrüstung, die alle Nationen umfasse und die in demselben Ausmaß und durch dieselben Methoden dnrchgeführt werden müsse, wie sie von Deutschland durchgeführt worden sei. Die deutsche Gleichberechtigungsforderung liege nicht nur im Interesse des deutschen Volkes, sondern auch des Weltfriedens. Deutschlands Erklärung in Genf, daß es nicht mehr an der Abrüstungskonferenz ieilnebmen wolle, bis leise