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WsdmsserTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nr. 266 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 12. November 1932 Anzeigenpreis! dir Sgeiz vMn, Woon-«eilt 20 2 ptg-, dik4,clpa»enkgk0« der amtlichen Bekanntmachungen 40 s e'cks« Pfennige, die 3gespaltene Beklamezeile im «ertlichen Teile 1 SiMK. 2>achweilun,sgedüh« 20 Reichspsennige, Vor ^eschricbeneErscheinungs. , , tage und Platzvorschiistrn werden nach Möglichkeit «HLPNfprether: Amt WilSokUff vtr. t) berücksichtigt. Anzeigen. annahmebisvorm-IOUHr. —, — Mr die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wn keine warantte. Jeder Rabuttanspruch erlischt, wenn der Betrog durch Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend -t-dsitürungen depetz, kät oder Kürzung des Bezugs.' - ULA . g nur. wenn Porto beilieg«. Klage «iiigezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät, das, zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- gertchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Me MWerMsideM Sei Papen. In neuen Ufern. Deutschland und Amerika. — Nationale Konzentration, Wirtschaftliche Hoffnungen. „Es ist der Welt nicht gegeben, sich zu bescheiden; . . . der Masse nicht, daß sie in Erwartung allmählicher Verbesserungen mit einem mäßigen Zustande sich begnüge", hat der alternde Goethe einmal in etwas „bürgerlich" klingender Mißstimmung geäußert, als allerdings noch nicht die parlamentarische Möglichkeit für die Masse ge geben war, mittels der Stimmabgabe zum Ausdruck zu bringen, wie wenig sie sich mit den heute allerdings recht „mäßigen" Zuständen zu bescheiden Willens ist. Auch gegen den bisherigen amerikanischen Staatspräsidenten Hoover hat sich dieser Uüwille der Masse in einer so starken 'Form gewandt, daß sein siegreicher Gegner Roosevelt selbst davon überrascht sein mag; aber auch der wird, sobald ihm auch äußerlich nach der im Februar erfolgenden Wahl die Amtswürde und -bürde ans die Schultern gelegt wird, nur dasselbe anstreben, was Hoover zu erreichen versuchte, aber nicht mehr rechtzeitig erreichen konnte: die Überwin dung der Weltwirtschaftskrise. Daß bis zum Tage des Amtsantritts Roosevelts die erhoffte Besserung einen, ach so sehnsüchtig und allseitig erwünschten Sprung nach oben macht, ist ebensowenig zu erwarten wie ein Wunder, und wenn man von den überall in der Welt, also auch in Amerika, vor der Wahl üblichen Versprechungen und Verheißungen nun hinterher ein ebenso übliches Ende ab- strcicht, so mag man vielleicht jür das Suchen nach anderen Wegen eine Andeutung Roosevelts übrigbehalten, die die Kriegsschuldenfrage mit dem internationalen „Güteraustausch" erleichtern oder lösen will. Scheinbar könnte dies das gleiche sein, was wir als Schuldner unseren ausländischen Gläubigern immer wieder sagen: Wir können unsere Schulden nur durch Warenexport be- gleichen und ihr selbst macht uns „zahlungsunfähig", wenn ihr die Grenzen gegen den Import aus Deutschland zn- sperrt! Zwischen uns und Amerika liegen die Dinge ganz anders und viel komplizierter: Wir beziehen aus den Ver einigten Staaten viel mehr Waren — vor allem Rohstoffe und Halbfabrikate —, als wir infolge des amerikanischen Hochschutz,Zollsystems nach dorthin verkaufen können. Andererseits aber steht Amerika als unser Gläubiger so wohl bei den kurz- wie bei den langfristigen deutschen „Privatschulden" weitaus an erster Stelle. Dieses Ver hältnis ist also — vom Standpunkt der Schnldenbczahlnng durch Warenexport aus gesehen— so anormal wie nur mög lich und würde erst dann normaler werden, wenn Amerika seine Einfuhrbindernisse abbaut. Was Roosevelt aber andeutcte, ist ja gerade der Wunsch, daß — die anderen gegen Schuldenermäßigung ihre Zölle oder gar Einfuhr verbote im Interesse der amerikanischen Ausfuhr er mäßigen und auflockcrn! Nun, zu des künftigen Staats präsidenten ersten Amtsaufgaben dürfte die Stellung nahme zu der etwa gleichzeitig, also für den März 1933 anberaumten Weltwirtschaftskonferenz gehören. * Zum mindesten bis dahin, also über den Winter h-nweg, wird auch in Amerika „die Masse in Erwartung allmählicher Verbesserungen sich mit einem mäßigen Zu stande begnügen" müssen. Erst recht in Deutschland, obwohl hier die Zustände noch viel „mäßiger" sind! Insofern nicht zuletzt deshalb, weil die Reichstags wahlen ein Ergebnis von einer politisch bemerkenswerten Ungewißheit herbcigcführt haben. Der einzige, der mit diesem Ergebnis restlos zufrieden ist, dürfte der — Direktor des Reichstages sein, weil er diesmal nicht wie durch die beiden letzten Wahlresultate in die Notwendig keit und Verlegenheit versetzt wurde, durch Umbauten im Plenarsitzungssaal dafür sorgen zu müssen, daß alle künftigen Volksvertreter wenigstens einen „Sitz im Reichstag" erhielten; denn jetzt gibt es ja 25 Abgeordnete weniger als nach dem 31. Juli. Natürlich schlägt auch in dieser Masse und bei ihren Führern, jetzt, erst acht Tage nach dem Ende des Wahlkampfes, der Wille noch recht wilde Wellen, sich keineswegs „mit einem mäßigen Zustande zu begnügen und auf allmähliche Verbesserungen zu warten". Aber sollten die „Zustände" nicht doch stärker sein als das Wollen und Wünschen! Auch wenn man die „weitgeöffneten Arme" der Reichsregierung, von denen man las, nicht gleich für mehr nimmt, als damit gemeint ist, so mögen sich doch die allseitig mehr oder minder geballten „Fäuste,, allmählich lösen, zumal auch der Reichskanzler in seiner ersten großen Rede nach den Wahlen mindestens den latenten Konflikt zwischen der Präsidialregicrung und dem neuen Reichstag nicht ver schärfte. Vielmehr sprach er von der „Herstellung einer wirklichen nationalen Konzentra tion" als der nächsten und wichtigsten staatspolitischen Aufgabe, — und dabei muß der Reichstag selbst sich irgendwie einschalten oder einordnen. Freilich gilt hüben wie drüben ein Satz aus jenem Goethewort, den erst hier zu zitieren angebracht ist und der nicht ein Tadel, sondern eine Mahnung sein soll: „Es ist der Welt nicht gegeben, sich zu bescheiden; dem Großen nicht, daß kein Miß brauch der Gewalt stattfinde ..." * Jedenfalls bedeutet es für Roosevelts künftiges Handeln eine sehr wesentliche. Erleichterung» daß er auch Empfänge bei Papen. Reichskanzler von Papen hat den preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun zu einer Be sprechung empfangen, in der die Versuche fortgesetzt wur den, zu einer Einigung über die Auslegung des Leipziger Urteils zu kommen. Die Unterredung dauerte übcc eine Stunde; über den Inhalt der Besprechung wird offiziell nichts bekanntgegeben. Eine Einigung soll noch nicht er zielt worden sein. Man hört indessen, daß auf Wunsch des Reichskanzlers die Aussprache in der nächsten Woche fort- gesetzr werden soll. Die Pause in diesen Unterredungen ist durch die süddeutsche Reise des Reichskanzlers bedingt. Für Freitag nachmittag war ein Empfang der L ä n d e r m i n i st e r beim Reichskanzler vorgesehen, und zwar handelte es sich um die Ministerpräsidenten Bayerns, Sachsens, Württembergs und Badens. Die Regierungs chefs dieser Länder hatten sich vorher in einer Konferenz in Würzburg über ein gemeinsames Vorgehen in dem Konflikt Reich—Preußen und in den Fragen der Reichs und Verfassungsreform geeinigt. , Der Empfang der Parteiführer soll eben falls demnächst erfolgen. Man rechnet damit, daß der Reichskanzler die Abgeordneten Dr. Kaas (Zentrum), Dr. Hugenberg (Deutschnational) und Dr. Dingeldey (Deutsche Volkspartei) noch vor seinem am Sonntag in Dresden erfolgenden Staatsbesuch empfangen wird, während der Führer der Bayerischen Volkspartei, Prälat Leicht erst nach dem Dresdener Besuch zu einer Rücksprache beim Reichskanzler erscheinen wird. Noch ganz ungewiß ist es, ob und wann die Nationalsozialisten beim Reichskanzler von Papen erscheinen werden. Die nationalsozialistische Presse fordert nach wie vor eine Übertragung der Re gierungsführung an Hitler und lehnt es ab, unter einer Kanzlerschaft von Papens sich an der Negierung zu beteiligen. Gewaltiger Fortschritt im Gleichberechtigungskampf. Berlin zu der Londoner Erklärung. Die Parlamentsrcde des englischen Außen ministers über die deutsche Gleichbcrcchtigungs- sorderung in der Abrüstungsfrage hat in allen politischen Kreisen größtes Aufsehen erregt. Die ganze Welt wartet nun darauf, was Deutschland zu diesen Ausführun gen im Englischen Unterhaus sagen wird. An den zu ständigen deutschen Stellen wird die Rede als günstig für die deutschen Forderungen bezeichnet. Zunächst ist auffallend, so wird erklärt, daß Ton und Inhalt dieser Rede ganz anders sind als in der englischen Note vom September d. I. An diesem Unterschied im Ton läßt sich schon erkennen, welchen Fortschritt im Kamps um die Anerkennung der deutschen Gleichberechtigungsfordernng die englische Rede bedeutet. An den zuständigen deutschen Stellen spricht man von einem gewaltigen Fortschritt. Der englische Außenminister hat sich die deutschen Forderungen — wenn auch nicht hundertprozentig — zu eigen gemacht und hat sich zu den in Betracht kommenden Fragen mit einer Genauigkeit geäußert, wie es bisher von keiner Seite des Auslands geschehen ist. Die Er klärungen des Engländers, daß der berüchtigte Teil V des Versailler Vertrages im Repräsentantenhaus und im Kongreß, also im ameri kanischen Volk, über eine große und sichere Mehrheit ver fügen wird, also nicht mehr auf die schweren Hindernisse stößt, mit denen Hoover zu rechnen hatte. In Deutschland sind wir noch längst nicht so weit, solche „stimmungs mäßige" Plattform für die Regierungsarbeit zur Verfügung zu haben. Aber trotzdem sind wir heute doch nicht mehr ganz unberechtigt, auch schon „allmähliche Ver besserungen" zu erwarten. Dafür spricht der Rückgang der Arbeitslosigkeit seit Mitte September bis Ende Oktober, während sie in der gleichen Zeit des Vor jahres beträchtlich gestiegen war; dafür spricht noch prä ziser, daß die Wagengestellung durch die Reichsbahn für die Bewältigung des Güterverkehrs im Oktober auf das doppelte Maß der Anforderung des Oktober 1931 anwachsen konnte Gewiß, wir stehen vorerst noch an der Schwelle der Konjunkturbesserung. Gewiß, die Hochwasser der Wirtschaftskrise werden sich erst sehr all mählich verlaufen, — aber wir können ooch schon der Hoffnung Ausdruck geben: „Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag!" Dr. Pr. Die Ministerpräsidenten der Länder m Berlin. Keine Beschlüsse. An der Besprechung des Reichskanzlers mit den Ministerpräsidenten Bayerns, Sachsens, Württem bergs und Badens nahmen ferner der Reichsinnenminister und der Reichsjustizminister sowie die Berliner Bevoll mächtigten der genannten vier Länder zum Reichsrat teil. Zur Erörterung stand die allgemeine politische Lage unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen dem Reich und den Ländern. Dabei wurde im Hinblick auf die anstehende-Sitzung des Perfassungsausschusses des Reichs rates vor allem auch die Lage in Preußen besprochen. Beschlüsse wurden, wie verlautet, entsprechend der Art der Unterredung nicht gefaßt. Auch ein amtlicher Bericht wurde nicht ausgegeben. * Die Verwaltuugsrefarm im Reichsrat»- ausschutz. Berlin, 12. November. Den Besprechungen des Reichs kanzlers mit den Ministerpräsidenten Bayerns, Sachsens, Württemberg und Badens war, wie Berliner Blätter berichten, eine Verhandlung der vier Ministerpräsidenten in der bayri schen Gesandtschaft vorangegangen, an der auch der bayrisch« Staatsrat Schösser und der bayrische Innenminister Stützel teilnahmen. Bei den Verhandlungen über die Verwaltungs- resorm im Reichsratausjchnß am heutigen Sonnabend, zu der die Finanzminisler der Länder erschienen sind, wird die Frage der Verbilligung der Reichsverwallung durch Abbau von Fi- i nanzämtern, Arbeitsämtern usw. eine Rolle spielen. Die Be sprechungen mit den Vertretern der Länder sollen in der Haupt- I fache heute abgeschlossen werden. verschwinden und durch das geplante Genfer Abrüstungs abkommen ersetzt werden soll, wird als besonders wichtig bezeichnet. Auch über die Auswirkung der Rüstungs- freiheit sür Deutschland hat sich der Engländer ge äußert und hat erklärt, daß die Waffen, die den andern nicht verboten sind, auch sür Deutschland nicht verboten werden sollen. In welchen Etappen die Änderungen für Deutschland eintrcten sollen, darüber wurde nichts gesagt. Der deutsche Standpunkt in der ganzen Frage bleibt unverändert, und nach wie vor fordert Deutschland eine klare Antwort auf die Frage, ob das geplante Abrüstungs abkommen in vollem Umfange auch für Deutschland gelten soll. Erst wenn von allen Mächten auf diese Frage eine klare Antwort vorlicgt, dann wird Deutschland wieder Vertreter nach Gens senden. Von den zuständigen deutschen Stellen wird auf die Ausführungen hingewiesen, in denen der englische Außen minister erklärte, Deutschland solle sich verpflichten, keine Streitfrage mit Gewalt zu lösen. Als Antwort darauf wird an die letzte Kanzlerrede vor der ausländischen Presse erinnert, wo Herr v. Papen sagte, daß der Versailler Vertrag keinen wahren Frieden gebracht habe. Es müsse das Ziel nicht nur Deutschlands, sondern aller europäischen Mächte sein, die Bestimmungen des Versailler Vertrages, die Deutschland durch Zwang auf erlegt wurden, durch freiwillige Vereinbarun gen zu ersetzen. Dazu wird weiter betont, daß sich Deutsch land die Möglichkeiten zu einer friedlichen Revision des Versailler Vertrages durch keine irgendwie gearteten Abmachungen einschränken lasse. Auch ein Ost-Locarno komme für Deutschland nicht in Frage. Deutschland könne nur Bindungen aus sich nehmen, die auch für die andern gelten. Bei allem Fortschritt, den die Rede des Engländers zeigt, darf nicht vergessen werden, daß ja England nicht allein uns die Gleichberechtigung geben kann. Ent scheidend bleibt nach wie vor die Haltung Frank reichs, und dort sind noch keine Fortschritte zu sehen. Papen öder die deutsch-französische Zusammenarbeit. Rede vor der deutsch-französischen Wirtschaftskommission. Amtlich wird mitgeteilt: Die deutsch-französische Wirt schaftskommission ist vor der Fortsetzung ihrer Arbeiten vom Reichskanzler empfangen und in sehr herzlichen Wor ten begrüßt worden. Der Reichskanzler hat daran erinnert, daß es eine Tradition geworden sei, daß die Chefs der deutschen,und der franzöffschen KegiepunL den Vorsitz in Vie englische kinlackung.