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MWMrAgeblait Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Tagedlaii- cr,ch«in> an all-» Werktagen nachmittags S Uhr. B-Mg-preis monatlich 2,— RM. boten 1.MUM. zuzüglich »estellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstallen, Poft, nehmen zu Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ^walt, ———————————— Krieg ober ionstiger Be- Iieosstorungen besteht kein Amprua, aui L'ieicrung bei Heilung oder Kürzung des Bezugspreise. — Nüchjendung -ingeiandter SchristsiLckc ersolg' nur. wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis, die «grlpvliin, Sianmzeile 2V Apsg., die 4geipaltene geile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Brich»' Pfennige, die Sgespaltene Beklomezeile im tertlichcn Teile 1 BWK. Bachweifungsgebüht 20 Reichspfenvige. Dor' geschriebencErscheinungs. <,r—» ti 'a,e und Platzoorschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: AM! Wltsdruff vlr. v berüchsichtigt. Anzeigen, annahmebisvorm.iotihr. 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Oktober 1932 Papens Pläne. überraschenderweise ist der Kanzler in seiner Münchener Rede weit über die Andeutungen hinausge gangen, die bisher von ihm oder dem Reichsinnenminister über die Reichsreformpläne gemacht worden sind; in großer Ausführlichkeit wurde jetzt durch Herrn von Papen dargelegt, wie der entsprechende Gesetzentwurf aus- fehen soll, den der neuzuwählende Reichstag bet seinem Zusammentritt bereits vorfinden wird. Wenn diese Pläne einer Neichsreform gewiß politisch ein recht großes Interesse erzeugen werden, so berührt doch im Augenblick vielleicht noch mehr, was der Kanzler zu den wirtschaftlichen Tagesproblemen in München gesagt bzw. nicht gesagt hat. Denn schließlich gilt immer noch die leichte Variation eines lateinischen Sprichwortes: Erst kommt es darauf an, lebenzu können, und dann zu politisieren. Bei seinen Ausführungen über die wirt schaftlichen Hintergründe der politischen Forderungen Deutschlands nach Gleichberechtigung und natio naler Sicherheit sagte der Kanzler durchaus zu Recht, unser Handel mit dem Auslande könne nicht gedeihen, wenn der deutsche Staat dort nicht das gleiche Ansehen genieße wie jeder andere, und kein Ausländer werde sein Kapital anlegen in einem Lande, das dem Zu griff der Nachbarn schutzlos preisgegeben ist. Für diesen Zusammenhang zwischen Politik und Wirtschaft hätte der Kanzler übrigens noch ganz besondere Kronzeugen an führen können, jene Baseler Sachverständigen nämlich, die vor nunmehr bald einem Jahre in ihrem Bericht mit vorsichtigeren, aber doch durchaus verständ lichen Worten das gleiche gesagt haben wie jetzt der deutsche Reichskanzler. Das Ausland hat eine fürchter liche Attacke auf den deutschen Kredit und die deutsche Währung geritten und uns dabei fast zu Boden gestreckt. Was blieb, war ein ebenso unerhörtes Mißtrauen kredit politischer Art gegen uns, das nun seit mehr als Jahres frist allmä^ich und in mühseliger Arbeit, leider auch unter ständiger Gefahr des Rückfalles, von uns überwunden werden muß. Wieder wies der Kanzler darauf hin, daß zum mindesten Ansätze dafür da sind, eine allmähliche Überwindung des allgemeinen Mißtrauens in der Welt herbeizuführen. Man wagt zu hoffen, wagt sogar diese Hoffnung auszusprechen, ohne mehr befürchten zu müssen, daß man deswegen nur verzweifelten Spott oder spöttische Verzweiflung auslöst. Von ganz unmittelbarer wirtschaftlicher Bedeutung sind nun aber die Ausführungen des Kanzlers zur Handelspolitik, die ja zur Zeit eine Schwenkung, vielleicht auch eine Krise durchmacht. Herr von Papen wiederholt in München seine Ablehnung eines grundsätzlichen Autarkiegedankens, betont andererseits die Notwendigkeit, Notstandsmaßnahmen zum Schutze unserer Landwirtschaft zu treffen, er kennt aber den Zwang an, nicht auf weltwirtschaft liche Beziehungen Deutschlands zu verzichten, sondern jede Arbeitsgelegenheit, die uns der Auslandsmarkt noch bietet, auszunutzen. Dann folgt eine wirtschaftspolitisch ganz außerordentlich wichtige, grundsätzliche Erklärung: Die ganze deutsche Kontingentierungspolitik kann von den Staaten, die an der Einfuhr nach Deutschland interessiert sind, ohne weiteres „überflüssig gemacht werden dadurch, daß ein fühlbarer Abbau des industriellen Pro tektionismus, also der Hochschutzzölle oder gar der Ein fuhrverbote auf Jndustriewaren, erfolgt". Der Kanzler bekennt sich dazu, daß eine wirklich bedeutende Erweite rung der Absatzmöglichkeiten für deutsche Jndustrieerzeug- nisse im Ausland lvenigstens einem Teil unserer Arbeits losen Arbeit geben und sich dadurch die Kaufkraft unserer Arbeiterschaft wieder steigern lassen würde. Dar aus wieder würde sich ein Anwachsen der Aufnahmefähig keit Deutschlands für die landwirtschaftlichen Er zeugnisse ergeben. Unsere Kontingentierungspolitik habe also nicht zuletzt einen Verteidigungscharakter. Ob sich die Erkenntnis, daß der Wirtschaftskrieg aller gegen alle der Hintergrund unserer furchtbaren Weltwirt schaftskrise ist, nun auch überall praktisch durchsetzen wird bis zu dem Tage, an dem die Weltwirtschafts konferenz zusammentreten soll, kann man heute höchstens hoffen. Auch der Kanzler tut es und bringt dies ZUm Ausdruck. Es ist daher bedeutungsvoll, wenn gerade jetzt der Reichskanzler darauf hinweist, daß man, um ge sunden zu können, weltwirtschaftlich wieder zusammen kommen und vertrauensvoller zusammenarbeiten müsse. Neurath kommt vorläufig nicht nach Genf. Reichsaußenmini st er von Neurath hat dem Präsidenten der Abrüstungskonferenz durch ein Mitglied der deutschen Abordnung mitgeteilt, daß er in folge der Einladung zur Londoner Konferenz und der dadurch geschaffenen Lage seine bereits getroffenen Dispo sitionen nicht ändern könne und deshalb nicht nach Genfkommen werde. Diese Mitteilung ist in Beant wortung der Frage erfolgt, die Henderson vor einigen Tagen durch kttn Führer der deutschen Abordnung, Ge sandten von Rosenberg, übermitteln ließ. „M ei« neues besseres MWnd!" Ziele und Wege neuer Reichspolitik. Der Reichskanzler über die Neuordnung des Staats, und Wirtschaftslebens. Reichskanzler von Papen sprach in München auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung des bayerischen Jndustriellenverbandes. Nach Worten des Dankes für die Einladung betonte er, daß Nord und Süduntrennbarzusammengehörten. Keiner sei unter uns, dem nicht die deutsche Einheit das höchste und heiligste Gut wäre. Der Kanzler fuhr dann u. a. fort: Die Hoheit des Reiches in seiner Weltgeltung wieder zum Ausdruck zu bringen, ist die vornehmste Aufgabe der Reichsregierung. Weil wir den Frieden wollen, fordern wir die Grundrechte der Freiheit und Gleichberechtigung. Was bedeutet das Abrüstungsproblemfür die Wirtschaft? Wir fordern gleiches Recht und gleiche Sicherheit wie alle anderen Völker. Wer wird Kapital anlegen in einem Lande, das dem Zugriff seiner Nachbarn schutzlos preisgegeben ist? Unser Ziel ist ein friedliches Europa, das geordnet ist nach den ewigen Gesetzen der Gerechtig keit und Selbstbestimmung der Völker. Das Wirtschastsprogramm. der Neichsregierung hat, das kann ich ohne Übertreibung sagen, in den Kreisen der Wirtschaft in seinem grund sätzlichen Teil einen starken und zustimmenden Widerhall gefunden. Das schließt natürlich nicht aus, daß einzelne Teilgebiete dieses Programms kritisch beurteilt wer den. Was immer man an diesem Programm im einzelnen auch kritisch auszusctzen haben mag, es hat jedenfalls der Wirtschaft schon in den ersten drei Wochen seiner Laufzeit eine fühlbare psychologische und materielle Entspannung gebracht. Es hat Arbeit und Brot geschaffen, und wir stehen doch erst am Anfang der Möglichkeiten, die sich aus dem Pro gramm ergeben sollen. Zur Handelspolitik kann ich nur'das in Münster Gesagte wiederholen. Den Gedanken einer grundsätzlichen Autarkie lehnt die Reichsregierung ab. Deutschland mutz jede Arbeits gelegenheit ausnützen, die ihm der Auslandsmarkt heute noch bietet. Aber diese Erkenntnis darf nicht Notstands maßnahmen zur Erhaltung der Lebensfähigkeit der Landwirtschaft hindern. Es gibt ein Mittel für die an der Einfuhr nach Deutschland interessierten Staaten, die deutsche K o n tin g e n t i e r u n g s p o li tik überflüssig zu machen, nämlich für einen fühlbaren Abbau des industriellen Protektionismus in der Welt Sorge zu tragen. Wenn die Welt wieder bereit ist, in größerem Umfange deutsche Jndustrieerzeug- nisse auszunehmen, wird die Kaufkraft unserer Arbeiterschaft steigen und die Aufnahmefähigkeit für landwirtschaftliche Erzeugnisse wieder wachsen. Man ist so weit gegangen, aus dem sozialpolitischen Teil -es Negierungs programms auf eine besondere Arbeiterfeindlichkeil der Reichs regierung zu schließen. Wir verteilen keine „Milliardengeschenke" an die Unternehmer, sondern wollen nur möglichst vielen Millionen von Arbeitslosen wieder Arbeits- und ausreichende Existenzmöglichkeiten schaf fen. Alles, was den Unternehmergeist im Lande stärkt und zur Geschäftsbelebuna führt, ist Sozialvolitik im Kranzniederlegung am Münchener Ehrenmal. Reichskanzler von Papen begibt sich zum Ehrenmal vor dem Armeemuseum, um gm Grabe des deutschen Kriegs gefallenen einen Kranz niederzulegen. Mit ihm sind Minister Stützel und Freiherr von Lersner. fruchtbarsten Sinne des'Wortes.' Von ^Systemen* kann niemand satt werden. Die so stark kritisierte Er mächtigungsverordnung soll die sozialen Ein richtungen leistungsfähiger gestalten. Für den Winter hoffen wir, in der A r b e i t s l o s e n- hilfe die Unterstützungssätze erhöhen zu können, über das hier mögliche Maß wird zur Zeit beraten. In der Krankenversicherung sollen Bindungen, die die frühere Reichsregierung den Versicherungsträgern bei den freiwilligen Mehrleistungen auferlegt hat, gelockert werden. Auch ist geplant, in der Rentenversiche rung zunächst in beschränktem Umfange anstelle eines Teiles der früher abgebauten Leistungen freiwillige Mehr leistungen zuzulassen. Die Neichsregierung prüft auch, ob für die Kr i eg s b es ch ä d i g t en und ihre Hinterbliebe nen die Gewährung von freiwilligen Mehrleistungen er leichtert werden kann. Aufgabe der Sozialpolitik ist es, dort, wo die sozialen Bedürfnisse es verlangen, die Härten auszugleichen, die eine freie Wirtschaft mit sich bringt. In ihrer ersten Erklärung hat die Reichsregierung den Satz geprägt, daß der W o h l s a h r t s st a a t oder — wie ich unmißverständlicher sagen möchte — -er Versorgungsstaat, so wie er in den letzten Jahren geworden ist, die mora lischen Kräfte der Nation zu schwächen drohe. Die heftige Kritik dieses Satzes geht von völlig falschen Voraus setzungen aus. Wir sind der Ansicht, daß die Gesetzgebung des letzten Jahrzehnts in einem viel zu hohen Maße den Arbeitgeber aller Grade von der wichtigen Pflicht ent lastet hat, zu allererst für den Arbeitnehmer zu sorgen. Gerade indem der Marxismus planmäßig die Wirtschaft durch untragbare Lasten zerrüttet hat, ist er der Hauptschuldige an dem Zusammenbruch der sozialen Ein richtungen. An die Stelle des marxistischen Begriffs der staatlich reglementierten Fürsorge fetzen wir den einer wahren christlichen Volksgemeinschaft. Das schwere Werk, die deutsche Volkswirtschaft wieder zu neuem Aufstieg zu führen, kann nicht ohne das Ver trauen des Volkes gelingen. Die ungeheuren Leistungen des einzelnen und des Volkes, wie z. B. Überwindung der Banken- und Kreditkrise berechtigen zu Vertrauen. Es ist klar, daß jede Besserung nur etappenweise erreicht werden kann. Jahre angestrengteste'- Arbeit und größter Sparsamkeit liegen vor uns. Oie Weimarer Verfassung hat in einer Periode von dreizehn Jahren gezeigt, daß sie stetige Verhältnisse nicht schaffen konnte. Alle unsere großen Parteien sind in der Reformbedürftigkeit der Verfassung einig. Ich stimine auch dem Herrn Staatsrat Schäffer zu, daß die Periode der Gesetzgebung durch den Artikel 48ein mal abgeschlossen werden muß. Das kann aber nur durch ein Vcrfassungswerk geschehen, das dach Verhältnis zwischen Staat und Volk und zwischen Neichsgewalt und Ländern in klarer Erkenntnis der Not wendigkeiten der Zukunft, in Würdigung der historischen Staatspersönlichkcitcn neu bestimmt. An den großenGrundgesetzen,dieder Teil II der Weimarer Verfassung enthält, soll man nicht rütteln, aber die Formen des politischen Lebens gilt es zu er- neuern und den Bedürfnissen des Volkes anzupafsen. Die Reichsregierung muß unabhängiger von den Parteien gestellt werden. Die Negierung und nicht das Parlament muß die Staatsgewalt handhaben. Als Gegengewicht gegen ein- festige, von Partciintcressen hcrbcigeführte Beschlüsse des Reichstages bedarf Deutschland einer besonderen Ersten Kammer mit fest abgegrcnzten Rechten und starker Beteiligung an der Gesetzgebung. Heute ist das einzige Korrektiv gegen das überspitzte parlamentarische System die Verordnungsgewalt auf Grund des Ärtikels 4 8. Es ist beabsichtigt, die Ver fassungsreform in engem Einvernehmen mit den Ländern durchzuführen. Die Reichsregierung lehnt jede Maßnahme ab, die eine Zerschlagung Preußens bedeutet. Das Schwergewicht der Reichsreform muß in der Beseitigung des Dualismus Reich—Preußen liegen. Im Zusammenhang mit der Herstellung einer organischen Verbindung zwischen Reich und Preußen wird es durchaus möglich sein, den übrigen Ländern die Ver fassungsautonomie zu gewähren. Die Reichsregierung wird den Verfassungsentwurf so fertigstellen, daß der neue Reichstag ihn bei seinem Zusammentritt vor- findet. Möge er beweisen, daß er dieser großen Aufgabe gewachsen ist. Die Väter der Weimarer Verfassung haben in der Institution des Reichspräsidenten eine zugleich demokra tische nnd autoritäre Gewalt geschaffen — die einzige, die sich heute auf eine Mehrheit des Volles stützen kann. Mit