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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft' Das »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. frei Haus, bei Poftbeftellung 1,80 NM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Poftanstalten, Post- j-Ä." Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Fall. HSHnc, »kwail, — ' - Krieg oder ionftign Bt- nedsftorungeii deslehi Lei, Anlprucy aus Licicrung der Leitung oder Kürzung drs Bezugrxreiies. — Rückirndung -ingejandier Schristüückc ersolgi nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u, Arbeiter Anzeigenpreis: die 8ge,; ottkn» Naumzeile 20 Npfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Sielchr- Pfennige, die 3 gespaltene Neklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. ^ achweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vor- LL"n^^ Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 ^L^"''Vg'L -nn-hmebirvorm.iorihr. Für dir Richtigkeit »« durch Fernrui übermittelten Anzxgen übern, wir deine Laranire. Jeder ^adattanlpruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage ringe,ogen werden mutz oder der Auftraggeber IN Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- gertchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 234 — 91. Jahrgang Teiegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdrusf-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 5. Oktober 1932 Am Beobachtungsstand. Nicht bloß die berühmten Auguren, in diesem Falle also die Herren Diplomaten selbst, sondern auch wir mehr oder minder gewöhnlichen Zeitgenossen werden uns des Lachens oder Lächelns nicht haben erwehren können, als in der Völkerbundversammlung Herriot pathetisch er klärte, daß dieser Bund die — Geheimdiplomatie abgcschasft habe. „Daß du die Nase ins Gesicht behältst!" dürfte Onkel Bräsig im Falle einer derartigen Behauptung gesagt haben. Das ist nicht einmal äußerlich richtig, denn es gibt kein Parlament der Welt, wo der Außenminister vor aller Öffentlichkeit und ohne Rückhalt sein gesamtes Wissen und Wollen auskramt. Er denkt nicht daran, und niemand verübelt ihm das. Wenn er ein bißchen mehr aus sich herausgchen und indiskrete Fragen neugieriger Volksvertreter wirklich beantworten will, dann hat er ja überall einen besonderen parlamentarischen Ausschuß. Dort aber werden die Türen fest verschlossen, und die Zu hörer bindet ein eisernes Schweigegebot gegenüber der Öffentlichkeit. Und würde wirklich trotzdem jemand den Mund auftun, riskiert er ein Verfahren wegen Landes verrats. Doch muß man sagen, daß eine solche Indiskre tion wohl noch nie erfolgt ist, auch wenn die Gegensätz« zwischen Regierung und parlamentarischer Opposition s« scharf wie nur denkbar sind. Im Deutschen Reichstas bleibt der „Auswärtige Ausschuß" übrigens auch dann bestehen, wenn — wie das jetzt der Fall ist — der Reichstag aufgelöst wurde. Denn ein bißcher unterrichtet werden über das, was in der aus wärtigen Politik hinter den Kulissen vorgeht, mutz di« Volksvertretung Wohl wünschen — wenn sie freilich an dem Gang der Außenpolitik noch weniger ändern kann als sonst. Auch anderswo läßt sich dieDiplomatie höchst ungern dreinreden. Übrigens bisweilen nicht ganz mit Unrecht, weil mitunter dabei schon recht viel Porzellan zerschlagen ist; jedoch — die Diplomaten sind auch wieder nicht un fehlbar! Nur haben sie meist eine für Kritik recht emp findliche Haut. Und daher war auch der deutsche Außen minister nicht gerade vor Freude außer sich, als ihm der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Reichs tages milteilte, er wolle den Ausschuß für den nächsten Dienstag einbcrufen; ob der Herr Minister usw. Und der Herr Minister antwortete recht zurückhaltend, daß er den Nutzen eines „Gedankenaustausches" zwischen Regierung und Ausschuß „nicht in Abrede stellen wolle". Erscheinen aber würde er nur nach Bereinigung des bekannten innen politischen Konflikts der Regierung mit dem Reichstag. * Jst's also nicht gerade viel, so ist's doch etwas! An Material für einen solchen Gedankenaustausch fehlt es wirklich nicht; denn mehr als genug geschehen ist außen politisch in den fünf Monaten, die die Regierung Papen das Steuer der Politik in Händen hat. Und nicht minder viel geschieht zur Zeit. Da ist z. B. die Abberufung des seit mehr als sieben Jahren in Berlin als österreichi scher Gesandter residierenden Dr. Frank. Er hatte vor her ganz vorn im Kampf für den österreichisch-deutschen Zusammenschluß gestanden und war es geblieben, als er zwecks Förderung des Anschlußgedankens nach Berlin ge kommen war. Durch seine Hände gingen, von seinem Parteifreund, dem Großdcutschen Dr. Schober, aus, die Anregungen zum deutsch-österreichischen Zollunions-Pakt. Darüber ist Dr. Schober gestürzt, nach Dr. Curtius, — und das Ende kennen wir alle. Deutschland selbst konnte nicht helfen, Österreich stürzte in den Abgrund furchtbarster finanzieller und wirtschaftlicher Not, so daß der jetzige Bundeskanzler Dr. Dollfuß keinen andern Ausweg mehr zu sehen glaubte als den der „löblichen Unterwerfung" unter die Erpressungen der Franzosen. Soll der jetzige österreichische Gesandte in Berlin nun auch dieser Zwangs politik geopfert werden? über das rein Persönliche hin aus könnte man im Auswärtigen Ausschuß des Reichs tages also wohl einen Gedankenaustausch darüber für not wendig halten, wie überhaupt der heutige „Zwangs- knrs" der österreichischen Politik gegenüber Deutschland vor sich gehen wird. * Auch das Thema „De u ts ch l a n d — I t a l i en" hat ja plötzlich an Aktualität ganz außerordentlich, aber nicht sehr erfreulich gewonnen. Es handelt sich dabei nur um Fragen des gegenseitigen Warenaustausches, der sich heute, wie überall, in den Geleisen der Devisenwirtschaft voll zieht. Von irgendwelchem Politischen ist also nicht die Rede und die deutsche Regierung hat auch verlautbaren lassen, daß bei der weiteren Behandlung der Differenzen irgendwelche politische Erwägungen von keinem Einfl ußseindürften, so gut diese allge meinen politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien auch sind. Man hat uns ja gerade den angeblichen Politischen Hintergrund des deutsch-österreichischen Zoll unions-Vertrages schärfstens zum Vorwurf gemacht. Ita lien war dabei nicht der letzte Gegner — und andererseits sind wir auch wirtschaftlich gar nicht in der Lage, uns durch Zugeständnisse auf diesem Gebiet politische Freundschaften Zn. erkaufen oder politische Freundschaften auszunutzen. Tie Durchführung der Kontingentierungspolitik im Rah men der bestehenden Handelsverträge hat ja schon bei den ersten Verhandlungen ergeben, daß auf Sonderkomessio- Wen-liD IM an dar NW Valk „Borwäris mii Gott!" Hindenburgs Dankesworte an das deutsche Volk Die Ansprache, die der Reichspräsident als Dank für die ihm entgegengebrachten Glückwünsche und erwiesenen Aufmerksamkeiten im Rundfunk hielt, hat folgenden Wortlaut: „Zur Vollendung des 85. Lebensjahres sind mir aus allen Teilen des Reiches und auch von den Deutschen jen seits unserer Grenzen zahlreiche Glückwünsche zugegangen. All diese Grüße und Gaben von groß und klein, von reich und arm haben mich tief gerührt. Ich habe diese vielen Zeichen persönlichen Gedenkens zugleich als Beweis treuer vaterländischer Gesinnung und Verbundenheit begrüßt. Mit besonderer Befriedi gung habe ich auch davon Kenntnis erhalten, daß der Ruf der Hindenburg-Spende, die meinen alten kriegs beschädigten Kameraden und ihren Hinterbliebenen in Fällen der Not bisher so segensreich geholfen hat, guten Widerhall gefunden und neue Mittel zu diesem Zweck er bracht hat. So danke ich denn heute von ganzem Herzen allen, die meiner gedacht, die in meinem Sinne vielen Bedürftigen Hilfe gebracht und die mich durch das Ge löbnis treuer Mitarbeit am Wiederaufbau des Vater landes erfreut haben. Wir stehen vor schweren Aufgaben. Nach außen ringen wir um unsere Freiheit und uns;r Recht, im Innern um Arbeit und Brot. Nach wie vor wird es mein Ziel sein, als gerechter Sachwalter des gesamten Bölkes über den Parteien stehend alle Deutschen hierfür zusammenzuschließen. Ich baue dabei auf den gesunden Sinn des deutschen Volkes, dessen Geschichte lehrt, daß es sich auch in früheren Zeiten der Not und der Gefahr einig hinter eine starke und von nationalem Willen beseelte Führung gestellt hat. Es geht nicht um die Anschauungen und Wünsche von Personen, Gruppen und Parteien, es geht um das Vaterland, es geht um Deutschlands Zukunft! Dieser zu dienen, für sie Opfer zu bringen, muß der Wille jedes deutschen Mannes, jeder deutschen Frau sein! Wer in dieser Erkenntnis zu mir steht und Hilft, hat mir die beste Geburtstagsfreude bereitet. In diesem Sinne: Vorwärts mit Gott!" ri- Amtlich wird mitgeteilt: „Seine Heiligkeit Papst Pius XI. hat dem Reichspräsidenten zu seinem 85. Ge burtstag durch den Apostolischen Nuntius in Berlin seine besten Glück- und Segenswünsche übermittelt." 22VV0 Glückwunfchsen-ungen an Hindenburg. Aus Anlaß des 85. Geburtstages des Reichspräsidenten von Hindenburg sind im Büro des Reichspräsidenten insgesamt 22 000 Sendungen der verschiedensten Art ein- gegangen, Briefe, Postkarten, Geschenke und Telegramme. Die Zahl der Telegramme allein beläuft sich aus 1700. Wische KMmg zur Fünfmächiekouserenz über die Gleichberechtigung 1 Deutschland verlangt vorher Sicherungen. Die englische Regierung beabsichtigt, bereits in diese» Tagen in Berlin, Paris, Washington mü N o m in diplomatische Fühlungnahme einzutreten, um di« Stellungnahme diesrr Regierungen zu dem Gedanke« einer Konferenz der fünf Mächte in Londov zu klären, die möglichst noch nächste Woche zusammeutreten soll. Man will dem Zusammentritt der fünf Mächte nichl den Charakter einer offiziellen Konferenz, sondern mehr den direkter vertraulicher Besprechungen zwischen den leitenden Staatsmännern der fünf Mächte geben. Eine offizielle Einladung an die vier Mächte zur Teilnahme an dieser Konferenz wird daher nicht ergehen. Auf englischer Seite betont man, daß die Grundlage derartiger Bespre chungen der Teil 5 der großen englischenNoteinder Gleichberechtigungsfrage sein könnte. Die grundsätzliche Anerkennung der deuffchen Glcichbercchtigungsfvrderung wird jetzt aus englischer Seite als unerläßlich angesehen. Man will jedoch die Ver handlungen über die praktische Regelung der Deutsch land aus dem Gebiet der Abrüstung einzuräumcndcn Stellung sofort ausnchmen. Der Widerstand der fran zösischen Regierung gegen solche Verhandlungen in der Glcichbcrcchtigungssrage wird auf englischer Seite nicht als unüberwindbar angesehen. Ausdrücklich wird erklärt, daß das Ziel dieser Verhandlungen nur die Rückkehr Deutschlands in die Abrüstungskonferenz sein könnte. Zu dieser Meldung wird von zuständiger deutscher Seite erklärt, daß Deutschland selbstverständ lich diese Anregungen mit dem größten Interesse verfolge. Aber ebenso selbstverständlich ist es, daß die Besprechungen nicht auf der Basis und in dem Ton geführt werden, der im englischen Memorandum an Deutschland zu finden ist. Deutschland muß vorher Sicherungen dafür haben, daß man ihm auf der Konferenz nicht in diesem Ton be gegnet und daß es nicht plötzlich vor einer Einheitsfront der Mächte steht. Diese Sicherung mutz Deutschland auch von französischer Seite aus haben. Wenn Deutsch land zu diesem Verhalten gezwungen ist, so trägt daran allein die Gegenseite die Schuld. nen gegenüber irgendeinem Staat sofort auch die anderen Länder Anspruch erheben, soweit sie mit uns im Handels- vcrtragsverhältnis stehen. Aber gerade aus politischen Gründen möchte man wünschen, daß es zu einem Ausgleich der Differenzen schon bis zu dem Tage gekommen ist, an dem der Auswärtige Ausschuß des Reichstages zusammen tritt. Ms-RWe-Msemz. LnMch-sranMche Besprechung über die Fünsmächielonferen^ Gleichberechtigungssrage steht im Vordergrund. Die zuständigen englischen Kreise bestätigen jetz^ daß die englische Regierung die Einberufung einer Fünf- mächtekonserenz nach London zur Erörterung de» Abrüstung und der deutschen Wehrfrage erwägt. Der eng lische Vorschlag war Gegenstand der Unterredung zwischen dem englischen Außenminister Sir John Simon und dem französischen Ministerpräsidenten Herriotin Paris. Die englische Regierung ist bisher mit den anderen Mäch ten außer Frankreich wegen dieses Vorschlages noch nicht amtlich in Verbindung getreten. Die deutsche Gleich- berechtigungsforderung soll auf der Konferenz in allererster Linie behandelt werden. Die eng lische Regierung, so heißt es, lege den größten Wert dar auf, daß Deutschland sich wieder an den Abrüstungs verhandlungen in Genf beteilige. Deutschland ist eingeladen worden. Der englische Geschäftsträger erschien im Berliner Auswärtigen Amt, um der Reichsregierung eine Ein ladung zu der für London geplanten Fünfmächtekonferenz über die Gleichberechtigungsfrage zu überbringen. Diese Einladung dürfte von deutscher Seite in dem Sinne aus genommen worden sein, in dem bereits von unterrichteter Seite zu den Plänen einer solchen Konferenz Stellung genommen worden ist, daß nämlich vorher die Gewißheit bestehen müßte, daß Deutschland nicht einer Einheitsfront gegenübertritt, und der deutsche Anspruch auf Gleichberech-^ tigung auch tatsächlich anerkannt wird. * SerrlolS angebliche Vedlngungen. über das Ergebnis der Unterredung zwischen Herriot und Sir John Simon verlautet in Pariser politischen Kreisen, daß Herriot sich dem Plan MacDonalds nur unter bestimmten Bedingungen habe anschließen wollen. Angeblich verlange er, daß die vorgesehene Konferenz nicht in London, sondern in Genf, das heißt also wenig stens theoretisch im Rahmen des Völkerbundes stattfinde. Herriot setzte ferner voraus, daß die interessierten kleinen Mächte keinen Einspruch gegen dieses Verfahren erheben und daß schließlich die Vierer- oder Fünferkonferenz nur einen vorbereitenden Charakter haben solle, während der endgültige Beschluß über die Gleichberechtigung dem Völ kerbund überlassen bleiben müsse. Dem „Matin" zufolge sollen MacDonald und Simon unter Umständen bereit sein, die Konferenz zu erweitern, und Polen und die, Tschechoslovakei einzuladen.