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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „WUrdruffcr Lageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. jrei Hau», bei Poftbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummer» 10 Rplg. Alle Postanstalten, Post- Am-"u S'eL Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer Bemalt, - —" Krieg oder sonstiger Be- Aebsftörungen besteh« dein Anspruch aus Lie,ernng der Fettung oder Kürzung des Dezuarpreises. — Rücksendung -ingesandter Schriftstücke ersolg, nur, wenn Poriv driliez i. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis» die Lgejpollkn« Navrnzeile 20 Rpsg.» die 4gefpaltene Zeile der amMSeri Ledanntmoc^nngen Reichs pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Rachweisungsgebühr 20 Reichepsennixe. Dor- geschrieben-Erscheinungs. x;. « tageun» Plvtzoorscl >>! r» wrrdrn nach Möglichkeit Fernfprecher: Amt Wilsdruff vlr. b berücksichtig», «nzric.n. annahmebisvorm.10Uhr. - Für die Ricitixteil der durch Fernruf Übermittelteri Anzeigen übern, wir keine Garantie, ^eder Ü odaitorl; r» e n-ic ,,n«ni llL,n. »ich Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber n Hcnlnrr serör. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 227 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: -Amtsblatt" Wilsdruss-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 27. September 1932 Politik der Verleumdungen. Leider läßt sich wirklich nicht mehr leugnen, datz die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich mittlerweile in ein Stadium recht erheb licher Nervosität bineingeraten sind. Die Schuldfrage da bei zu erörtern ist um so überflüssiger, als von fran zösischer Seite ja doch immer nur die uralten Vorwürfe erhoben werden, die von Clemenceau über Poincarö und Tardieu bis zu Herriot jeder französische Ministerpräsident seine Anklagen gegen Deutschland immer aus demselben Arsenal entnommen haben und entnehmen. So hat es Herriot, von dem so mancher nach dem Sturz Tardieus Besseres, Versöhnlicheres erwarten zn können glaubte, aus jenem Arsenal die alten, schon so oft gebrauchten Waffen wieder hervorgeholt und sie auf einer Bankettrede am Sonntag gegen Deutschland gekehrt. Das politisch Be deutungsvolle an dieser Nede voller „Anklagen" ist nicht so sehr die Tatsache, daß Herriot auch jetzt wieder in die Futz- stapfen seiner Vorgänger trat, sondern daß „mit lautem Schall" Deutschlands Regierung und das deutsche Volk als die großen Störenfriede bezeichnet werden, die es nicht zu einem wirklichen Weltfrieden und zu einer weitgehenden Weltabrüstung kommen lassen. Auch deshalb ist diese Nede von besonderer poli tischer Bedeutung, weil sie nicht etwa nur ein Eigen gewächs aus dem Kopse Herriots darstellt, sondern der Ministerpräsident sie vorher mit den Mitgliedern seines Kabinetts vereinbart hat. Und sie wurde gehalten mitten zwischen die Verhandlungen des Völkerbundrates und des Völkerbundes hinein, die beide schon tief in den größten weltpolitischen Verlegenheiten stechen. Schließlich bleiben von diesen Ausführungen Herriots auch die der zeitigen Versuche nicht unberührt, die Genfer Ab rüstungsverhandlungen wieder in Gang zu bringen, die durch Deutschlands Fernbleiben in womöglich noch größere Verlegenheiten geraten sind. Zum Kampf gegen das drohende Waffengeklirr Herriots anzutreten ist daher völlig zwecklos; Deutschland kann von seinen Lebensforderungen nicht lasten und Frankreich will sie uns heute weniger denn je zugestehen. Das bekannte „Nein, nein, niemals!" Herriots ist gleich eine dreifache Verneinung! Ein dreifaches Nein! gegen Deutschlands Verlangen, nicht „eine ganz gewaltige moderne Armee auf die Deine zu stellen", sondern nur durch Umgestaltung unserer Reichswehr aus dieser ein besseres Instrument für unsere Landesverteidigung, für den Schutz der nationalen Sicherheit zu machen, die zu wahren der Artikel 8 des Völkerbunostatuts uns das ausdrückliche Recht gibt. Es bleibt zwecklos, angesichts der ganz klaren und gar nicht mißzuverstehenden Erklärung des deutschen Außenministers in seinen Besprechungen mit dem Berliner Botschafter Frankreichs nun der Ver leumdung durch Herriot entgegen treten zu sollen, daß von uns eine „Wiederbewaffnung" Deutschlands geplant ist, die dann „der Anfang der Rückkehr zu dem Wahnsinn der Vorkriegszeit" wäre; denn es handele sich — so unter streicht Herriot nochmals — um nichts anderes als um eine deutsche Wiederaufrüstung. Und der jüngst erfolgte Erlaß zur körperlichen und geistigen Ertüchtigung der deutschen Jugend „organisiere die Vorbereitungen der Jugend, damit sie im Gebrauch der Waffen geschult werde". Es ist zwecklos, dem mit Worten entgegenwtrken zu wollen. Der Fuchs predigt den Enten nnd beschuldigt sie, das Master zu trüben. Die „moralischen Nutzanwendun gen", die Herriot im Anschluß an jene Verleumdungen knüpfte, sind für uns Deutsche mehr als nur von unsag barer Peinlichkeit. Und dieses Gefühl der schärfsten Ablehnung mutz sich noch steigern, wenn Herriot wieder unter unzweideutigem Hinweis auf Deutschland es als „Schwindel" bezeichnet, immer nur die mate rielle Abrüstung der anderen zu verlangen, selbst aber nichts zur Förderung der „moralischen Abrüstung" zu tun. Man sieht, daß der verletzende Ton der englischen Note sich nun bei Herriot schon in eine robuste Grobheit um gewandelt hat. Wir haben für Frankreich nach Herriots Spruch nur eine Daseinsaufgabe: Restlose Innehaltung des Versailler Friedensvertrages! Am liebsten würde man uns verbieten, ihn auch nur zu kritisieren; denn — und das ist ja nun ganz unzweideutig — auf diesem „Friedens"-Vertrag baut Frankreich seine ganze Auf fassung und seine politische Betätigung auf. Das haben wir nicht bloß immer gewußt, sondern auch oft und schmerzvoll genug zu spüren bekommen! Von neuem hielt uns jetzt auch Herriot den Shylock-Schein vor die Augen. Frankreichs ungeheure Rüstung. Gayda über „Waffen und — Reden-. Unter dem Titel „Waffen und — Reden" geht Gahda im halbamtlichen „Giornale d'Italia" mit der Rede Herriots ins Gericht. Er führt aus, daß nach den Äuße rungen des französischen Unterstaatssekretärs Bernier am 24. September gelegentlich einer Inspektionsreise die französischen Befestigungen gegen Italien an der Alpen- arenze unanareikbar seien. Nack den Worten desselben VesMhm Men Siim s. Herriot Verzweifeln am Völkerbund. Eröffnung der 13. Vollversammlung. Die 13. ordentliche Vollversammlung des Völker bundes ist am Montag durch den amtierenden Ratspräsi denten, den irischen Ministerpräsidenten de Valera, er öffnet worden. 54 Völkerbundmächte sind vertreten, dar unter zum erstenmal die Türkei und Mexiko. De Valera wies in seiner Eröffnungsrede auf das Versagen des Völkerbundes in der Abrüstungssrage hin und betonte, daß der Völkerbund jetzt seine Daseinsberech tigung nachweisen müsse. Von allen Seiten häufen sich Kritiken, Verdacht, Klagen. Die Menschen fangen an, ungeduldig zu werden, und fragen sich, ob die bisherigen mageren Ergebnisse des Völkerbundes sein Bestehen rechtfertigen. Kleine Staaten sollen eine bedeutungslose Rolle im Völkerbund spielen. Sie zweifeln, ob sich die Entsendung von Abordnungen nach Genf überhaupt noch lohne. Der Zweifel wird überall laut, ob nicht der Völkerbund auf wirtschaftlichem Gebiet lediglich die Interessen der Großmächte verfolge, und ob der Völkerbund noch die Macht habe, die Einhaltung des BÄkerbundvertrages zu erzwingen. Der Völkerbund stehe heute als Angeklagter auf der Anklagebank der öffentlichen Meinung. Die einzige Rettung für den Völkerbund sei der Nachweis, daß jede Macht die übernommenen Ver pflichtungen einhaltcn müsse. Ohne eine fortschreitende Abrüstung könne der Völkerbund nicht mehr leben. Der Zusammenbruch der gesamten Wirtschaft erfordere sofor tige Taten. Die Versammlung wählte sodann in geheimer Ab stimmung den Pariser griechischen Gesandten Politis zum Präsidenten. Die Wahl war seit längerer Zeit von den leitenden Völkerbundkreisen sorgfältig vorbereitet worden, da Politis als Vertrauensmann Frankreichs bereits seit Jahren zu der engeren Gruppe der einflußreichen Persön lichkeiten im Völkerbundsekretariat gehört. Politis, der Vorsitzende der Völkerbundversammlung. Politis eröffnete die Verhandlungen mit einer länge ren phrasenreichen Rede, in der er den Nachweis zu er bringen suchte, daß die in Völkerbnndkreisen um sich greifende Panikstimmung und die Voraussage des Zu sammenbruches des Völkerbundes keineswegs den Tat sachen entsprächen und der Völkerbund sester denn je da stehe. Seine Ausführungen fanden nur kühle Aufnahme. Oer leere Stuhl. Genf in Erwartung weiterer Verhandlungen mit Deutschland. In französischen Kreisen hatte man es so hinzustellen versucht, als ob das Fehlen Deutschlands im Büro des Völkerbundes überhaupt nicht auffalle und der leere Platz am Beratungstisch in Genf keine eigentliche Lücke darstelle. Jetzt stellt es sich aber doch heraus, datz diese Darstellung nicht wahr ist. Das Büro hat sich vor läufig vertagt bis zum 10. Oktober mit der Begrün dung, daß Henderson in den nächsten Tagen einige wichtige Unterhaltungen habe. Henderson hatte nämlich mitgeteilt, daß er eine Unterredung mit dem Reichsaußenmini st er gehabt habe und daß er Hosse, in den nächsten Tagen weitere Besprechungen mit v. Neurath zu führen. Auf der ersten Sitzung nach der Pause sollen ferner auch das Verbot des Luftangriffs auf die Zivilbevölkerung und des Bombenabwurfes erörtert werden. Diese Frage war bereits einmal verschoben worden mit der vielsagenden Begründung, daß Deutsch land als eine an dieser Frage besonders interessierte Macht nicht anwesend sei. So ganz bedeutungslos scheint demnach der leereStuhl Deutschlands doch nicht zu sein! Herrioi in Genf. Kurze Besprechung mit Simon. Ministerpräsident Herriot traf Montag erst kurz vor 21 Uhr tm Kraftwagen in Begleitung seines Kabinetts chefs in Genf ein. Seine Ankunft war in französischen Kreisen mit Ungeduld erwartet worden, da der englische Außenminister Simon um 21.40 Uhr den Nachtzug be nutzen mußte. Gleich nach Herriots Eintreffen traf Simon bei der französischen Abordnung ein. Die Unterredung konnte infolge der Kürze der Zeit nur zwanzig Minuten dauern. Eilends verließ Simon das Hotel. Herriot erklärte sodann der ihn umringenden Presse, er habe für seinen Genfer Aufenthalt noch keinen Plan. Auf die Frage eines Journalisten, ob er den deutschen Außenminister sehen werde, hob Herriot nur beschwörend die Hände gen Himmel und wandte sich wortlos um und eilte davon. Ein nWlöuMer BnrsM Simons. Genf, 26. September. Leber den Vorschlag, den Simon zur Lösung der Gleichberechtigungsfrage ausgearbeitet haben soll, sind Gerüchte im Umlauf, die zunächst nicht kontrollierbar sind, jedoch verlautet nach französischen Mitteilungen, daß Si mon folgenden Plan Herriot vorzulegen beabsichtigt: Die Ab rüstungskonferenz beschließt, daß das künftige Abrüstungsab kommen die alleinige und endgültige Regelung des Nüstungs- standes aller Länder bildet. Hierdurch tritt automatisch auch für Deutschland das künftige Abrüstungsabkommen an die Stelle des Teiles 5 des Versailler Vertrages. Im Rahmen des Abrüstungsabkommens werden die Rüstungen jedes Landes einzeln festgesetzt. Der Rüstungsstand Deutschlands wird so be messen, daß die französischen Sicherheitsforderungen berücksich tigt und die von Frankreich geforderte Verbindung zwischen Ab rüstung und Sicherheitsfrage hergestellt werden. Von französischer Seite wird dazu weiter erklärt, daß auf der Grundlage eines solchen Planes Verhandlungen über die Gleichberechtigungsfrage denkbar wären. Ünterstaatssekretärs seien auch die Verteidigungslinien im französischen Nordosten gegen Deutschland in ihrem Aufbau beendet und von der Erde aus unangreifbar. Was die Luftangriffe betreffe, so sehe das letzte ungeheure Bau programm des französischen Luftfahrtministeriums 1097 Lufthäfen und einen Aufwand von 4,3 Milliarden Franken vor und mache Frankreich auch in der Luft — sowohl in der Verteidigung wie für den Angriff — vollkommen überlegen. Gahda weist dann die Verschleierung des fran zösischen Heereshaushaltes nach und stellt fest, daß die tat sächlichen Ausgaben für das Jahr 1931 bis 1932 nicht 11,6, sondern 16 Milliarden betragen und somit nach Gold wert die Heeresausgaben von 1913 um 44,8 Prozent über treffen. Die Ziffern stünden im Gegensatz zu den Worten wie Tatsachen zu den Theorien. Solange man unter Ab rüstung dasselbe wie Frankreich verstehe, müsse man dar an denken, daß in Genf umsonst gearbeitet werde. * Me Frankreich seine Zngend militarisiert Der französische Ministerpräsident Herriot hat Deutsch-. kand den ungeheuerlichen Vorwurf gemacht, daß der Erlaß deS Reichspräsidenten zur Ertüchtigung der Jugend nichts anderes sei als die Militarisierung der Jugend nnd damit eine Störung des Weltfriedens, Herriot bat aber ver ¬ schwiegen, datz Frankreich und die mit ihm verbün deten Staaten seitJahren in weitgehendstem Matze die militärische Erziehung der Jugend, sogar auch der weiblichen betreiben. Herriot stößt sich besonders daran, daß in Deutschland ein ehemaliger General an die Spitze des Ausschusses für die Ertüchtigung der Jugend berufen worden ist. Wie ist es aber im Lande Herriots selbst? Das französische Kriegsministerium hat eine ganz besondere Abteilung für die militärische Jugenderziehung, in jedem Wehrkreis steht ein Ober st an der Spitze der Organisationen für die militärische Jugendausbildung, in jeder Provinz liegt die Leitung in Händen von Stabsoffzieren.inden Ausbildungs kursen wirken Offiziere als Lehrer mit. Die mili tärische Ausbildung ist direkt in den Lehrplan der Schulen eingegliedert, halbjährlich finden Prüfungen vor staat lichen und militärischen Kommissionen statt. Die großen Mittel für die militärische Jugend erziehung gibt der Staat, die Armee stellt unentgeltlich Offiziere als Lehrer zur Verfügung, stellt kostenlos Waffen und Munition, und gibt die Schießplätze und die großen militärischen Übungs plätze für die Jugendausbildung frei. Bei Veranstaltung grober Übungen erkalten die Tetlnekmer ank der Baku