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MsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis! die 8ge,pvUkne Dvnmzcile 20 Rpsg., die Igcspaltenc Zeile der amtlichen Belmnntmochnngen <c Reichs' Pfennige, die »gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. SlachweisnngLgediihr 20 Beichspfennige. Dor« geschriebeneErfcheinungs« — , „ er tagennd Dlatznvrsririi en werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wtlsorttff Nr. 6 berüchsichligt. «nzeit,». » - .. I—II «neg oder launiger Re- « i PM annahmebi-oorm.lvuhr. — Für die Siichtigkeil der rrevsstörungen besteht Kern Anfpruch auf t-lefernng der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung I " «le durch Fernruf üdermitielten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder p adatlonipire eriifc» I, u tun der sIttl < urch emgesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto tkiin,!. Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt« erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Poftbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apfg. Alle Postanftalten, Post- ne^eu^u^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend ftLg"7^^ Nr. 220 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdrufs-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 19. September 1932 Zinsfenkung. Erst tat es England, jetzt folgte Frankreich. Erst setzte England den Zinssatz seiner Kriegsanleihen um 1,5 Prozent herunter und vollzog damit die größte Zins- konvertierung, die die Welt je erlebt hat — es handelte sich dabei um nicht weniger als drei Milliarden Pfund Sterling —; jetzt konvertiert auch Frankreich 85 Milliarden Franc — 14 Milliarden Mark — der Staatsschulden, die bisher 5—7 Prozent Zinsen trugen. Sie werden auf K,5 Prozent konvertiert, was ja auch eine sehr erhebliche Zinsherabsetzung bedeutet. Hier vollzog sich übrigens ebensowenig wie in England eine „Zwangskonver tierung", sondern ausdrücklich bleibt es dem Inhaber der staatlichen Schuldpapiere überlassen, sich entweder den Betrag auszahlen zu lassen oder sich mit der Zins- Herabsetzung einverstanden zu erklären. In Frankreich wie In England handelt es sich außerdem um Anleihen, deren Emisstonsbedingungen von vornherein eine Kontingen tierung für den Fall vorsahen, wenn der offizielle Zins satz des Landes — der Diskont — erheblich unter den Zinsfuß der Anleihen sinken würde. Das ist ja sowohl bei der Bank von England wie bei der Banque de France geschehen. Einen charakteristischen Unter schied gibt es übrigens. Bei der französischen Zins konvertierung sind besondere Vergünstigungen für die Kleinrentner vorgesehen. Denn auch in Frankreich gibt es massenhaft Kleinrentner, die bei der Stabilisierung des Franc auf ein Sechstel seines Friedenswertes entsprechende Vermögensverluste erlitten haben; eine Aufwertung geld licher Forderungen nach deutschem Muster hat die franzö sische Stabilisierungsgesetzgebung 1926 nicht dnrchgeführt. Fetzt erhalten die Kleinrentner dafür eine gewisse Ent schädigung. Und schließlich: Es ist anzunehmen, daß diese gewaltige finanzielle Maßnahme der Zinskonvcrtierung in Frankreich ebenso glückt wie in England, was ja außer dem eine beträchtliche Herabsetzung der Staatsausgaben "bedeutet. Damit ist wieder an einer Wirtschafts- und kredit politisch besonders wichtigen Stelle, beim „Bankier Euro pas", ein großer Schritt zur allgemeinen Zinssenkung erfolgt, und zwar auf dem Kapitalmarkt, also auf dem Gebiet der langfristigen Anleihen. Möglich ist dies nur, wenn dort so viele und so große Kapital-Angebote vor- liegcn, daß sie nur schwer unterzubringen sind, und der Anleihe-Gläubiger sich lieber mit der Zinsherabsetzung einverstanden erklärt, als die Schuld zu kündigen und dann sein Geld ertraglos im Schubkasten auf zubewahren. Setzt sich also hier die natürliche Ent wicklung durch, so wirkt für uns Deutsche der lange Wider stand, den die — dazu vertragsmäßig leider berechtigte — Internationale Bank in Basel dem deut schen Wunsch nach Herabsetzung des Reichs bankdiskonts unter 5 Prozent entgegenstellte und der jetzt endlich überwunden werden soll, aus einer ganzen Reihe von Gründen ebenso unsinnig wie verbitternd. Die Baseler Bank hat durch die im deutschen Vankgesetz „ver ankerte" Bestimmung des Noungplans das Einspruchsrecht gegen einen etwaigen Beschluß der Reichsbank erhalten, den Diskont unter 5 Prozent zu senken, dann nämlich, wenn die Golddeckung des deutschen Notenumlaufs weniger als 40 Prozent beträgt. Natürlich war diese Bestimmung nur für eine vorübergehende Unterschreitung der 40- Prozent-Grenze gedacht, hat nun aber monatelang den Leitern der ausländischen Notenbanken eine nicht ganz unwillkommene Möglichkeit gegeben, die.-auf der deutschen Wirtschaft ruhende Zinslast für kurzfristige Gelder nicht abbauen zu lassen und damit das allgemeine deutsche Zinsniveau beträchtlich höherzuhalten als im Ausland. Denn dieser überhöhte deutsche Zinssatz bedeutete ja eine Erschwerung unserer Wettbewerbsfähigkeit auf dem Welt markt. War dies aber wirklich so vorteilhaft? Auf der anderen Seite bedrohte diese Erschwerung unseres Außen handels doch in steigendem Maße nicht bloß unsern Außenhandel, sondern damit auch unsere Zahlungsbilanz, also auch unsere Zahlungsfähigkeit gegenüber unseren Auslandsschuldnern, so daß am Horizont schon langsam das deutsche Zahlungsmoratorium herauf zog. Wenn man ferner den deutschen Rcichsbankdiskont und damit das allgemeine Zinsniveau zwangsmäßig hochhielt, dann wirkte man dadurch nur jedem Versuch der deutschen Wirtschaft entgegen, durch Verminderung der Zinslasten wieder zu Atem zu kommen, machte sich selbst mitschuldig an der weiteren Schrumpfung unserer Wirtschaft und schaltete damit Deutschland auch immer mehr als Käufer von Rohstoffen am Weltmarkt aus, der ober heute weniger als je der Käufer entbehren kann. Und gerade von der Rohstoffseite her will man ja der Wcltwirt- wWUskrise bcizukommen versuchen! Je mehr anderswo « Diskonte herabgesetzt würden und sich daher auch das allgemeine Zinsniveau senkte, desto schwerer wurde für untere Wirtschaft das Tragen einer unverändert starren Jmslast Das kann aber nicht eher anders werden, als Viv "as Ausland auf die Fesseln verzichtet, die der Reichs- vanl bzw. der Reichsregierung eine zeitgemäße Abände- rung des Bankgesetzes und damit eine Herabsetzung des Diskonts unmöglich machen. Aw wieder an Frankreichs Sette Versailles steht gegen Deutschlands Wehrforderung England gegen die deutsche GleichberechSLgungssorderung. Die englische Regierung hat eine längere Mitteilung veröffentlicht, in der sie nach einer Versiche rung über ihre Bemühungen zur Förderung der Ab rüstung und der Wiederherstellung der Wirtschaft ihre Beobachtungen zu dem deutschen Anspruch auf Gleich berechtigung bekanntgibt. Im Hinblick auf die bevorstehende Wcltwirt- schaftskonserenz, auf die großen Zugeständnisse in der Reparationsfrage und aus die gegen wärtigen wirtschaftlichen Bedürfnisse betrachtet sie es als unglücklich, ungelegen und unklug, daß Deutschland seine Forderung jetzt erhoben hat, und er blickt darin erhebliche Nachteile. Rechtlich sei die Lage so, daß der Teil V des Versailler Vertrages noch verbindlich sei und seine Wirkung nur durch allgemeine Über einkunft verlieren könne. Deutschland sei nicht berech tigt zu dem Anspruch, daß durch das Zustandekommen oder Nichtzustandekommen einer Abrüstungskonvention der Teil V des Versailler Vertrages hinfällig werde, weil die anderen Mächte ihr Versprechen nicht erfüllt Hütten. Es sei auch keineswegs gesagt, daß die Art, wie die deutsche Abrüstung vollzogen sei, auch unbedingt auf die anderen Nntcrzeichnermächte Anwendung finden müßte. England sei aber der Ansicht, daß der deutsche Anspruch sich nicht aus juristischen Ableitungen aus dem Frie densvertrag ergebe, sondern vielmehr eine Aufforderung zur Berichtigung der Rüstungen sei, weil die deutsche Ab rüstung der Vorläufer für die Abrüstung der anderen sein sollte. Die Rote schließt damit, daß das Ziel sich nicht durch eine scharfe Herausforderung oder durch Nichtteilnahme an der Abrüstungskonferenz, sondern nur durch geduldige Verhandlungen im Verlauf einer Konferenz erreichen läßt. Sie englische Stellungnahme amtlich in Verlln überreicht. Die amtliche englische Stellungnahme zur deutschen Gleichberechtigungssorderung wurde in Berlin durch den englischen Botschafter dem Reichsaußenminister überreicht. Eine amtliche Stellungnahme der Berliner zuständi gen Stellen liegt yoch nicht vor, doch ist man in politischen Kreisen über die schroff ablehnende Haltung einigermaßen überrascht. Der wesentliche Zweck der Note scheint zu sein, daß England in irgendeiner Form die Abrüstungskonfe renz retten möchte, und daß es versuchen will, Deutschlands weitere Teilnahme zu erzwingen. Unbedn«t abgelehnt wird der englische Standpunkt, daß jeder Rckistungsaus- gleich für den Fall, daß keine tatsächliche Abrüstung erfolgt, unzulässig ist. Auch iu Rom überreicht Rom, 18. September. Der englische Botschafter hat der italienischen Regierung am Sonntag die Denkschrift der engli schen Regierung zur deutschen Gleichberechtigungssorderung überreicht. Die Londoner Sonntagsprefse in scharfem Gegensatz zur amtlichen englischen Erklärung. London, 18. September. Die amtliche englische Erklärung zur deutschen Gleichberechtigungssorderung steht in schärsslem Gegensatz zu den Erklärungen der Londoner Sonntagspresse, die von der amtlichen Verlautbarung noch keine Kenntnis hat. Ohne Unterschied der Parteirichtung wird erklärt, daß Deutschlands Forderung unabweisbar sei, und daher zum mindesten anerkannt Diese Diskontsenkung kann dann auch auf den Kapi talmarkt rückwirken. Wenn der Zinsfuß für kurzfristige Geldhergabe so niedrig geworden ist, daß er fast unlohnend wird, dann überlegt man sich doch, ob es nicht zweckmäßiger ist, zu einer langfristigen und höher verzinslichen Anlage des Geldes zu schreiten. Dadurch würde sich auf dem Kapitalmarkt das Angebot vermehren und dann natürlich der „Preis" dafür, also die Zinsen sinken. Natür lich nur für künftige Kapitalsaufnahme! Aber eine deutsche Diskontherabsetzung würde es uns erleichtern, an unsere Auslandsgläubiger mit dem Wunsch einer Zinssenkung heranzukommen, nachdem schon in Deutschland selbst vor einem halben Jahr eine Zwangs konvertierung gegenüber den binnendeut schen Gläubigern erfolgt ist. Hoffentlich wird man nun endlich in Rasel ein Einsehen haben und nicht länger seine Finger in die deutsche Diskont- und Zinspolitik hinein- steckenl werden müsse, daß England seine im Versailler Vertrag abge gebenen Versprechungen einhalten und in diesem Sinne eine von der französischen Politik unabhängige positive Führung aus der Abrüstungskonferenz ergreifen müße. Im „Obferver" wird er klärt, daß es gar keinen Zweifel über die öffentliche Meinung Englands gegenüber der deutschen Forderung gebe. Die englische Meinung sei klar, gerade und eindeutig. England müsse seine Versprechungen gegenüber Deutschland genau so einhalten, wie es sie seinerzeit gegenüber Belgien eingehalten habe. Die eng lische Regierung würde ihrem eigenen Namen Schande machen und den ganzen Ruf und den Einfluß Englands untergraben, wenn sie nicht mit derselben Betonung ausdrücken würde, was die Meinung des Volkes ist. „Sunday Times" erklärt, man kön ne nicht behaupten, daß Deutschlands Forderung nach dreizehn jährigem Warten verfrüht oder unangebracht sei. Er habe alles Recht, seinen Platz unter den Nationen wieder einzunehmen. „People" erklärt, die deutsche Behauptung, die Alliierten hät ten ihre Versprechungen gebrochen, bestehe vollkommen zu Recht. England müsse unbedingt von der französischen Politik Abstand nehmen. Die englische Regierung müsse klar und sest betonen, daß sie die Politik Frankreichs, die die Unterwerfung Deutsch lands zum Ziele habe, nicht mehr länger unterstütze. Was Dresdner Blätter sagen. Dresden, 19. September. In kurzen Kommentaren nehmen die Dresdner Montagmorgenblätter bereits zur engli schen Note in der deutschen Gleichberechtigungsfrage Stellung. „England hat sich", so schreibt der „Dresdner Anzeiger" u. a., „dem französischen Standpunkt so weit genähert, daß sich Deutschland in völliger Rechtsunsicherheit befände, wenn es auf die englischen Anregungen einginge". Die „Dresdner Nachrich ten" schreiben, es sei mit Bestimmtheit zu hoffen, daß die deut sche Regierung sich auch durch die englischen Bemühungen, die Angelegenheit auf die lange Bank zu schieben, nicht veranlaßt sehen werde, nun etwa einen Rückzieher zu machen, besonders da Italien dem deutschen Standpunkt rückhaltlos seine Zustimmung gegeben habe. Berliner Pressestimmen. Berlin, 19. September. Von den wenigen Berliner Montagmorgenblättern nimmt nur der „Montag" ausführlich zu der englischen Denkschrift Stellung. Er betont, daß ein Kom promiß auf der in der englischen Note angedeuteten Grundlage für Deutschland unannehmbar sei. Die „Montagspvst" erfährt aus Regierungskreisen, es sei kaum zu übersehen, wie die eng lischen Eedankengänge und Vorschläge zu einer Verständigung führen könnten, da die englische Denkschrift mit der Forderung nach unabänderlicher Erhaltung der bestehenden Verträge an dem Grundsatz des doppelten internationalen Rechts festhalle. Eine Diskussionsgrundlage stelle die englische Note nicht dar; und ihre starke Anlehnung an die französische Nechtsauffassung sei kaum geeignet, die deutsche Politik von dem in den letzten amtlichen Erklärungen verfolgten Wege abzubringen. Infolge» besten werde die englische Denkschrift von der deutschen Regie, rung nicht beantwortet werden. Ser „Mm des Versailler Vertrages". Herriot sagt „Niemals!" zur deutschen Gleichberechtigung Der Auswärtige Ausschuß der Französischen Kammer trat zusammen, um den Bericht des Ministerpräsidenten über die außenpolitische Lage und im besonderen über die Gleichberechtigungsfrage entgegenzuneh men. Nach Schluß der Sitzung wurde eine nichtssagende amtliche Verlautbarung ausgegeben. Über den Bericht Herriots sickern aber jetzt noch Einzelheiten in die Öffentlichkeit. Der Ministerpräsident habe den Ausschuß, so wird erklärt, von seinen lebhaften Bemühungen ver ständigt, den Erfolg der Genfer Abrüstungskonferenz sichcrzustellcn. Den deutschen Gleichbercchtigungsforderungen gegen über habe Herriot eine entschieden ablehnende Hal tung eingenommen. Er habe diesen Forderungen stets ein französisches „Nein, niemals, unmöglich!" entgegengesetzt. „Ich bin der Mann des Lausanner Paktes und des Versailler Vertrages", so soll der Ministerpräsident wörtlich erklärt haben, „und nicht ein Mann, der sich auf Sonderverhandlungen einlasten würde." Er lehne die Einberufung einer Sonderkonferenz ab, da er sich nicht als der Beauftragte der kleinen Nationen fühle, die an den Verhandlungen teilnehmen müßten. Auf die Frage nach den französischen Akten über die „deut schen Geheimrüstungen" habe Herriot erwidert, daß er diese Akten bereits England unterbreitet habe. Er habe auch mit dem Vertreter Deutschlands über diese Frage gesprochen, ohne bisher eine Antwort erhalt» zu haben.