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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »a» »Wilrdruffn TageblaU- e-Ichkint an allen Werttagen nachmittag» s Uhr. «ezng,nret» monatlich 2,— BM. srei Haus, bei Poftdestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rplg. All» Postanstaltcn, Post» n°hmcn"u SeiL Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Fall, höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anspruch aus L'esernng der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingejandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis» die 8gespaltene Raumzeile 20 Vpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennig». V»»' geschriebenLLrscheinunLr- cL---r---tage und Platzvorfchrch« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. b berücksichtigt. Anze1««v- annahmebisvorm.10Uhr. 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Würde es sich nicht um das Schicksal des größten zusammenhängenden Reiches auf dem Erdball, um das Schicksal also eines erheblichen Teiles der Menschheit handeln, würde in Sowjetrußland von der polnischen Grenze bis zum Fernen Osten nicht eine allen anderen Staaten gegenübertretende politische Idee regieren, dann könnte man mit einem objektiven Interesse dem riesenhaften Wirtschaftsexperiment zusehen, 4as vom Zentralpunkt Moskau aus auf diesen gewaltig-unabseh baren Flächen des europäischen und asiatischen Rußlands versucht wird. Einfach durch fein Dasein, durch seine Schwere sozusagen hat es sich zum großen Teil aus der politischen Isolierung der Nachkriegszeit befreit. Und mit jener Schwere hat es sich allmählich hineingedrängt auch in das jetzige Weltwirtschafts sh st em, als dessen Feind Sowjetrußland erstand und mit dem es heute eine Art Waffenstillstand abgeschlossen hat, so daß etwaige Ausbrüche „weltrevolutionärer" Ideen des russischen Kommunismus sich jetzt schon reichlich überholt anhören. So sehr hat man sich von Moskau aus in die wirklichen Hintergründe heutigen weltpolitischen Geschehens ein gegliedert, daß die Meldung gar nicht unwahrscheinlich erscheint, Rußland habe sich mit Japan wegen des Man dschureikonflikts mittels einer Vereinbarung geeinigt, wonach Japan künftig seinen Bedarf an Erdölpro dukten nicht mehr wie bisher in Amerika, sondern in Rußland decken will und Moskau sich an den politischen Gleichgewichtsverschiebungen für „uninteressiert" erklärt. Einzigartig ist dieses riesenhafte Wirtschaftsexperi ment auch dadurch, daß es mit einer wohlbehüteten „chinesischen Mauer" der Absperrung umgeben ist. Nur die Zentrale in Moskau vermag zu sagen, ob über haupt und inwieweit dieses Experiment geglückt ist und welche Aussichten es hat. Sie können es in Moskau sagen, aber sie sagen nur, was ihnen als zweckmäßig erscheint. Daß der Ausländer in Rußland nur zu sehen bekommt, was er sehen soll, ist bekannt und beweist im übrigen nur, daß der Grundsatz des Potemknrfchen Dörferbaues vom Zarismus an den Bolschewismus weitervererbt worden ist. Daß aber die einst vor 40 Jahren von dem Zarenminister Witte begonnene Industrialisierung unter Benutzung der un geheuren Bodenschätze große Fortschritte gemacht hat, ist schon aus manchen Fernwirkungen zu erkennen wie der obenerwähnten. Ein weiteres sei erwähnt: Rußland nimmt in Deutschland heute eine Stellung im Benzin import ein, die für die Angloamerikaner eine schon fast überlegene Konkurrenz bedeutet und etwa ein Viertel des ganzen deutschen Benzinverbrauches deckt. Bekannt ist ja auch, daß Rußland für unsere Industrie eiu großes Absatz gebiet bedeutet. Allerdings ist bei den riesigen „R ussen- aufträgen" zu beachten, daß sich Lieferung und Be zahlung häufig auf mehr als Jahresfristen erstrecken. Die schon fehr weit fortgeschrittene Industrialisierung nament lich des russischen Südens ist ermöglicht und notwendig durch die Standortlage, die durch Erdöl, Kohle und Eisen bestimmt wird. Augenzeugen glauben bestätigen zu können, daß es sich hier durchaus nicht um Potemkinsche Dörfer handelt, sondern daß die amtlichen Produktions ziffern wirklich nicht allzu übertrieben sind. Man hat andererseits aber auch offen zugegeben, daß die Ziele des ersten Fünfjahresplans nicht erreicht worden sind. Die Gefahr, daß nun Rußland als übermächtiger Konkurrent auf dem industriellen Weltmarkt auftreten könnte, ist durchaus nicht akut; man empfindet die russische Jndustrie- ausfuhr nur hier und da als einen unangenehmen Stören fried, mit dem man sich aber auch schon zu Vereinbarungen hat einigen können. Und zwar auf durchaus „kapitali stischer" Grundlage! Weit riesenhafter noch, und zwar schon rein dem Um fang und der räumlichen Ausdehnung nach, ist das bolschewistisch-kommunistische Experiment an der eigent lichen Lebcnsgrundlage Rußlands, an der Landwirt schaft. Daß es mißglückt ist, wird kaum noch bestritten. Was ist aus der gewaltigen Agrarausfuhr des zaristischen Rußlands geworden? Die natürliche Quelle hierfür ist verstopft, und wenn Exportmassen in den letzten Jahren auftauchten, so konnte das nur geschehen, weil sie dem Binnenkonsum durch staatliche Zwangsmaßnahmen, durch den Ablieferungszwang entzogen wurden. Offen wird jetzt zugegeben, daß dieser Ablieferungszwang zu einer starken Anbaueinschränkung geführt hat, die über die Erzeugung der Eigenbedarfsdeckung des „Muschik" vielerorts kaum noch hinausgeht, also eine „Sabotage" dieser Seite des Fünfjahresplans darstellt. Man bestreitet gar nicht mehr, daß der „planwirtschaftliche" Aufbau der Lebensmittelerzeugung und -Versorgung im Zusammen brechen ist, und hält daher die Zügel zur Befriedigung des „privaten Egoismus" schon sehr viel lockerer. Stalin, der heutige Beherrscher Rußlands, ist eben nicht mehr so wirk lichkeitsfremd wie sein Gegner Trotzki, der das System des Marxismus bis in die letzten, äußersten Folgerungen durchführen wollte. An der Wirklichkeit zerstößt sich dieses System den Kopf, hat aber vorher doch erreicht, daß es das Lebensniveau der russischen Menschenmassen auf eineu menschenunwürdigen Tiefstand heruntergedrückt hat. Weil dieser Tiefstand, diese Ausschaltung eines Riesen reiches als Konsument einen so großen Teil unseres Erd balls umfaßt, deswegen ist dieser Konsumausfall auch mit Dienst am Vaierland. Der Reichskanzler über die Winterhilfe. ' In der Stunde für die Winterhilfe sprach Reichs kanzler von Papen. Der Kanzler führte u.a. aus: Meine liebenLandsleute! Heute wendet sich das Winterhilfswerk an Sie und das ganze deutsche Polk mit der dringlichen Bitte, es auch im kommenden Winter durch freiwillige Spenden aller Art bei der Betreuung bedürftiger Volksgenossen zu unter stützen. Die Reichsregierung macht sich gern durch mich zum Fürsprecher dieser Bitte, welche die in der Deutschen Liga der Freien Wohlfahrtspflege zusammengefatzten Wohltätigkeitsorganisationen an alle, die helfen können, ergehen lassen. Auf unserem deutschen Vaterlande liegen noch immer dunkle Schatten. Wohl lassen manche Anzeichen erkennen, daß sich in der Welt hier und dort gewisse Aufhellung verbreitet. Es regen sich neue Hoffnungen, daß nach der grausamen Zerstörungsflut, mit der Krieg und Nach krieg alle Kontinente der Erde überschwemmt hat, neuer Grund auftauchen wird, auf dem wirtschaftliches Leben wieder gedeihen kann. Die Reichsregierung hat für den Zeitpunkt, an dem sich eine neue, aufstrebende Entwicklung anbahnt, ihrer seits Maßnahmen getroffen, um die deutschen Wirtschafts kräfte aus ihrem Erstarrungszustande wieder zu neuer Entfaltung zu bringen. Sie hat damit den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit als eine der offenbarsten Erscheinungen des unverschul deten Elends von Millionen darbender Volksgenossen und ihrer Familie mit Entschlossenheit ausgenommen. Sie erwartet zuversichtlich, daß sich ihre Maßnahmen schon in den nächsten Wochen heilsam auswirken werden, und daß das Gefühl der Hoffnungslosigkeit und Ratlosigkeit, von der manche Kreise zu Zeiten erfaßt gewesen sein mögen, bald einer zuversichtlicheren Betrachtung Weichen wird. Ein derart stetiger Gesundungsprozeß erfordert jedoch seine Zeit. Deshalb wird auch der kommende Winter dem Gemeinschaftssinn des deutschen Volkes neue große Aufgaben stellen. Bei der Massenhaftigkeit der Verarmung reichen trotz des größten Aufwandes öffentlicher Mittel die staatlichen und gemeindlichen sozialen Einrichtungen nur eben hin, um einen äußersten Lebensbedarf sicherzustellen. Die Opfer- Sie Gleichberechtigung eine Lebensfrage Deutschlands. Der Reichsaußenmini st er über seine Ausgabe in Genf. Die Verhandlungen über die allgemeine Abrüstung sind an einem wichtigen Punkt angelangt. Es wird sich bald entscheiden müssen, ob die allgemeine Abrüstung, diese große Friedenshosfnung der Völker, in der Gegen wart möglich ist oder nicht, ob die Erwartungen, die sich an den Zusammentritt der Allgemeinen Abrüstungskonfe renz und an den Verlauf ihrer ersten Phase knüpften, be gründet waren oder ob eine große Enttäuschung bevorsteht. Den Standpunkt Deutschlands zur Ab rüstungskonferenz beleuchtet in diesem kritischen Augenblick ein Artikel des ReichsaußenministersvonNcu- rath in der Zeitschrift der Deutschen Liga für Völker bund. Es heißt darin u. a.: „Die allgemeine Abrüstung hat vor über zwölf Jahren begonnen, als Deutschland seine Unterschrift unter die Ent waffnungsbestimmungen des Versailler Vertrages setzte und sich damit zu einer radikalen Abrüstung verpflichtete. Die deutsche Abrüstung war nach dem klaren Wortlaut des Vertrages nur die Einleitung zur allgemeinen Abrüstung. Die einseitige deutsche Entwaffnung sollte nur ein Über gangsregime zur allgemeinen Entwaffnung sein, sollte dieser sozusagen den Weg bahnen. Nur unter dieser Voraussetzung haben Deutschlands Vertreter der Ab- etne der Ursachen der Weltwirtschaftskrise geworden, die ihrerseits auch wieder dem Fünfjahresplan Rußlands ent gegenwirkte. Weit wie das Land, weit wie der Raum — ebenso weit ist der Weg, den Rußland wird gehen müssen, um wieder zu natürlichen, menschenwürdigen Zuständen zu gelangen. Dieses Ziel wird es aber nie erreichen, solange es sich dabei vom Marxismus führen läßt. fähigkeit eines jeden ist bis zum äußersten in Anspruch genommen. Den meisten wird es schwer fallen, noch etwas von dem abzugeben, was sie ihr Eigen nennen oder mit Sorgen und Mühen für ihre Familien erwerben. Mancher, der gern leben möchte, wird glauben, hierzu nicht in der Lage zu sein. Viele sind selbst in Not geraten, die noch vor einem Jahr anderen helfen konnten. Um so größerer Anstrengungen wird es bedürfen, um mit den Samm lungserträgnissen gegenüber dem Vorjahre nicht zurück zustehen. Aus den Grundbindungen jeden nationalen Zusammenhaltens, Familie, Heimat, Vaterland, ergibt sich aber die Pflicht zum persönlichen Dienst des einen am andern. — Auch das Winterhilfswerk ist Dienst am Vaterland! Ich bin überzeugt, daß auch der diesmalige Appell an die Opferbereitschaft nicht vergeblich sein wird. Der erbarmungslose Lebenskampf des einzelnen ist ja nur ein Teil des großen Kampfes, in dem Deutschland als Ganzes steht, in dem es um seinen Beistand, sein Dasein, seine Zukunft ringt. Es ist ein Befreiungskampf, wie ihn Preußen vor 120 Jahren gekämpft hat, Jeder gebe daher nach Kräften und sei es die unscheinbarste Spende! Sie wird den not leidenden Volksgenossen ein Zeichen dafür sein, daß auch in dem leidenschaftlichsten Streit der Meinungen ein un zerreißbares Band menschlicher Verbundenheit alle die umschließt, die sich Deutsche nennen. * „Miileid allein geniwi mcki!" In der Stunde für die Winterhilfe sprach im Rund funk nach dem Reichskanzler noch Generalsuperintendent 0. Karow für die freie Wohlfahrtspflege. Er führte u. a. aus: Die größte der Not mutz uns bis in die Tiefe der Seele erschüttern Aber Mitleid allein genügt nicht. Als solche, die mitleiden, müssen wir lernen, daß wirk liches Mitleid sich nicht in leeren Empfindungen und Worten erschöpft, sondern zur Tal, zur H ilfe wird. Prof. Dr. Lang stein, Präsident des Fünften Wohl fahrtsverbandes, hielt es in seiner Ansprache für erwiesen, daß es zu einem großen Teil der vorjährigen Winterhilfe zu verdanken sei, wenn namentlich unser Nachwuchs sich noch gesund zu erhalten vermochte. Eine neue, in ihren Erfolgen nicht zurückbleibende Winterhilfe tue jedoch bringend not. ruflung Deutschlands zugestimmt. Nur in diesem Sinne wurde die deutsche Abrüstung von den Siegermächten ge fordert, wie in der Rote vom 16. Juni 1919 mit aller Deutlichkeit ausgeführt ist. Während die deutsche Abrüstung sofort nach dem Friedensschluß in Angriff genommen wurde und nach zwei Jahren in allen wesentlichen Punkten bereits durchgeführt war, ist die allgemeine Abrüstung, die nach dem Artikel 8 seiner Satzung eine der Hauptaufgaben des Völkerbundes darstellt, heute, zwölf Jahre, nachdem sie feierlich ver sprochen worden ist, noch immer nicht begonnen. Die deutsche Delegation hat immer wieder verlangt, daß das Abrüstungssystem des Versailler Vertrages für die allgemeine Abrüstung richtunggebend sein müsse. Sie hat das gefordert im Namen der Gleichberechtigung und im Namen der Abrüstung. Im Namen der Gleichberechtigung, weil nur eine Abrüstung, die nach gleichen Methoden und Maßstäben für alle Völker durchgeführt wird, dem Prinzip der Rechtsgleichheit entspricht, im Namen der Abrüstung, weil die deutsche Abrüstung, wie nicht bestritten werden kann, eine wirklich durchgreifende gewesen ist und die ent scheidenden Faktoren der Rüstung getroffen hat. Die deutschen Vertreter sind mit dieser Forderung nicht durch gedrungen. In der Resolution, mit der die erste Phase der Abrüstungskonferenz ihr Ende fand, wird ein System der allgemeinen Abrüstung skizziert, das von dem der deutschen Abrüstung sich gründlich unterscheidet, leider im Sinne der Nichtabrüstung statt im Sinne der Abrüstung. Es liegt auf der Hand, daß die.Mitwirkung Deutschlands an der allgemeinen Abrüstung, seine Beteiligung an den Ab rüstungsverhandlungen in Genf sinn- und zweck- lo s wären, wenn die Konvention für die allgemeine Ab rüstung, die das Ergebnis dieser Verhandlungen sein soll, nachher für Deutschland keine Gültigkeit besäße, sondern einen Dauerzustand zweierlei Rechtes in der Wehrfrage Abrüstung nicht Aufrüstung