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MsdmsserTageblatt Nationale Tageszeitung für dir Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld, Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstallen; Post- n^.^u Wockenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer Ermatt, . Krieg oder sonstiger De- riebsstörungen besteht Keir. Anspruch aus^-teserung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzelle 20 Rpsg., die ^gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 41 Reichs- Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Rachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Bor- Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahme bis norm.10Uhr. - ° - . » Für die Richtigt ki^ der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Radaitunlprnu «tlisci r, nenn de: Linl < urch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 218 — 91. Jahraansf Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruss-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 16. September 1932 Ertüchtigung -er Jugend. Aus dem viel zitierten und noch häufiger mißbrauch ten „Wer die Jugend l/.h hat die Zukunft" ist schon lange ein — Problem geworben. Aber kein Zukunfts--, sondern ein ebenso reales wie trauriges Gegenwartsproblem! Die iv-rage: Was sollaus unserer Jugend werden? wird schon feit Jahren nur noch mit einem hoffnungslosen Achsel zucken der für die Jugend Verantwortlichen beantwortet. Anders ist darum die Frage zu stellen: Was soll mit unserer Jugend werden? Jetzt, heute! Was materiell aus Pen Millionen der Jugendlichen — und diese „Jugend" Hehl schon bis tief in das dritte Jahrzehnt ihres Daseins Hinein — einmal werden soll, das wird die wirtschaftliche Entwicklung von morgen enthüllen; was hier inzwischen geschah oder geschehen soll, ist ja alles nur Stückwerk, ist ».Ersatz" in diesem entsetzlichen Krieg der Jugend gegen Hie Gegenwart. Man braucht ja nur an den freiwilligen Arbeitsdienst zu denken oder — an das „Akademiker proletariat", das zu Zehntausenden beschäftigungs los herumsteht. Man braucht ja dieses furchtbare Wild nicht weiter auszumalen, — ein jeder kennt es, fast in allen deutschen Familien und darüber hinaus: bei Zehn- und Hundcrttausenden einzelner, die dem Leben gegenübcrstchen, in ihm keinen Platz finden. Was soll nun mit dieser Jugend Werden? Geistig, seelisch, ethisch? Materiell kann ihr 4>er Staat von heute nur in beschränktem Umfang hel-fen, mnd so stellt sie wachsend radikale Forderungen an die -Gesellschaft von heute. Sie fühlt sich zum großen Teil Nicht „im Staat" von heute. Sie fühlt sich als Masse nur — in der Partei; durch sie glaubt sie den Staat morgen für sich erobern zu können. „Jugend ist Trunkenheit ohne Wein", sagte einmal der alt- nnd jugendsehnsüchtig ge wordene Goethe. Das ist heute nicht mehr richtig. Jugend ist fanatische Besessenheit, weil sic ohne Besitz dessen ist, was das Leben erst lebenswert macht, ohne Besitz der Arbeit. Ohne Aussicht darauf, vom schäumenden Becher des Lebens trinken zu können. Das „Alter" versperrt ihr die Aussicht viel, viel mehr, als das früher der Fall war, als noch die wirtschaftliche Entwicklung nicht bloß in die Höhe, sondern vor allem in die Breite ging. Was soll mit der Jngcnd werden, deren materielle und seelische Sehnsüchte, deren Hoffnungslosigkeit der poli tische „Parteiismus" — um dieses häßliche Wort einmal zu gebrauchen — sich in rasch steigendem Umfang be mächtigen konnte. Partei aber bedeutet immer „Teil", bedeutet Gegensatz, Streit, Kampf, Krieg mit anderen im Staate und im Volke. Noch schlimmer wird es, wenn die Partei das Drängen deutscher Jugend nach natürlicher Wehrhaftigkeit, nach Mannestum und höchster Mannes tugend für sich einfängt und auf Partei-, auf „Teil"- Ziele einstellt. Das darf nicht länger m i t unserer Jugend werden. Wehrhaftigkeit soll wieder abzielen auf ein Sich- vpfern-wollen für das Ganze, für das Volk und seine Zusammenfassung im Staat. Nicht letzten Endes die körperliche Ertüchtigung — so notwendige und selbst verständliche Voraussetzung sie ist — kann also das Ent scheidende sein; sie ist nur die Form, die erst vom Geist der „Opferbereitschaft für die Gesamtheit" lebendig für Volk und Staat gemacht wird. DerJugendliche soll und mutz es verlernen, erst nach den Parteiabzeichen zu sehen, die der andere im Knopfloch zu stecken hat, und sich überhaupt als „was Besseres" zu dünken, weil er einer Partei an gehört. Das ist nur ein „Sein", aber keine Leistung. Der Erlaß des Reichspräsidenten über die Zusammenfassnng aller Vereinignstgen, die sich der körperlichen Ertüchtigung der Jugend widmen, führt im zukünftigen R e i ch s k u r a 1 o r i u m ja nicht bloß die, übrigens sehr großen, unpolitischen Vereinigungen solcher Art zusammen, sondern zieht auch die politischen heran, an denen selbst freilich noch ein gewaltiges Stück „geistiger Ertüchtigung" vollzogen werden muß, ehe sie sich zu dem Geist bekennen werden, der diesem Erlaß zugrunde liegt und der die nur körperliche auch zu einer seelischen Er tüchtigung im Sinne des rein Vaterländischen machen will. In den Richtlinien dafür steht das nachdenkliche Wort: -„Körperliche und geistige Eigenschaften bilden eine Einheit, deren einzelne Teile unter sich in engster Wechselverbin dung stehen." Es soll hier also nicht allein zu einer rein sportlichen Leistung kommen, die eine solche „an sich" ist, nämlich der Muskeln und der Energie, sondern auf körper liche Leistungsfähigkeit für etwas. Für ein Geistiges nämlich, für die Idee nicht einer Partei, sondern für die: Vaterland und Volk. Aus dem Sport wird damit der Wehrsport, besser gesagt: die Wehrhaftigkeit. Und die ist nicht bloß ein körperliches Können, sondern ist etwas Geistiges, das seinen stärksten Ausdruck in der Kamerad schaft — im weitesten Sinne — und in der Opferbereitschaft findet. Dieser Geist führt und zwingt zusammen und soll dem Ungeist entgegenwirken, der uns als Polk schon viel M sehr anseinandertreibt. Das soll mit unserer Jugend werden! All!» M In «Ml WU Die Neueinstellungen. Wann wird die EinsteÜnngs-rSmie bezahlt? Der Reichsarbeitsminister hat zur Durchführung der Verordnung über die Vermehrung der Arbeitsgelegenheit in einer neuen Verordnung bis ins einzelne gehende Vor schriften gegeben, die am 15. September in Kraft getreten sind. Es heißt darin: Als „Betriebsabteilungen" gelten nur selbständige Betriebsteile im Sinne der Verordnung über Betriebsstillegungen und Arbeitsstreckung von 1923. Bei Bemessung der Vermehrung der Arbeiter oder Angestellten sind auch solche Arbeitnehmer mitzuzählen, die auf Grund eines planmäßigen Austausches (Krümper system) zeitweise die Arbeit aussetzen. Nicht mitzuzählen sind: der Ehegatte des Arbeitgebers sowie Personen, die mit dem Arbeitgeber im ersten oder zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind, Hausgewerbetreibende einschließ lich der Heimarbeiter, Arbeitnehmer, deren Beschäftigung unständig im Sinne der Reichsversicherungsordnung ist, Arbeitnehmer, die ausschließlich oder überwiegend auf Provision, Bedienungsgeld oder ähnliche Bezüge an gewiesen sind,, wenn ihnen nicht ein Mindestverdienst zu gesichert ist, Angestellte, deren Jahresverdienst 8400 Mark übersteigt, Lehrlinge und Volontäre. Außerdem sind von den neueingestellten Arbeit nehmern nicht mitzuzählen: Arbeiter oder Angestellte, die nicht mindestens vierzig Stunden in der Woche oder — falls die Belegschaft des Be triebes im Durchschnitt kürzer arbeitet — nicht mindestens während dieser Durchschnittsdauer beschäftigt werden. Arbeitnehmer, deren Lohn oder Gehalt nicht einem im Betrieb gellenden Tarifsatz entspricht oder nicht min destens dem Ortslohn gleichkommt. Im Falle des K r ü mP e rs y st e m s ist die wöchent liche Arbeitszeit nach ihrer durchschnittlichen Arbeitszeit unter Einrechnung der Zeit des Aussetzens zu berechnen. Grundlage für die Bemessung der Erhöhung der Arbeiter- oder Angestelltenzahl ist die Zahl der am 15. August oder im Durchschnitt der Monate Juni, Juli und August 1932 beschäftigten Arbeiter oder Angestellten. Hat die Arbeiterschaft oder Angestelltenschaft eines Betriebes während der Monate Juni, Juli und August 1932 im Gesamtdurchschnitt mehr als vierzig Stunden wöchentlich gearbeitet, so ist im Falle einer Verringerung der Arbeitszeit von einer erhöhtenBemessungsgrundlage auszu gehen. Die Erhöhung berechnet sich nach dem Verhältnis der eingetretenen Verringerung der Wochenarbeitsstunden zur Zahl der jeweiligen Wochenarbeitsstunden. Dabei bleibt ein Herabgehen unter vierzig Wochenarbeitsstunden außer Betracht. Hat die Arbeiterschaft während der Monate Juni, Juli und August 1932 im Gesamtdurchschnitt nicht mehr als sechsunddreißig Stunden wöchentlich gearbeitet, so ist der Arbeitgeber berechtigt, bei Bemessung der Ver mehrung der Arbeiter die Zahl der neueingestellten Arbeiter oder Angestellten um ein Drittel erhöht an zurechnen. Er darf die Zahl der neueingestellten Arbeiter oder Angestellten um zwei Drittel erhöht anrechnen, wenn die Arbeiter- ödere Angestelltenschaft während der Monate Juni, Juli und August 1932 im Gesamtdurchschilt nicht mehr als dreißigStunden wöchentlich, er darf di« Zahl doppelt anrechnen, wenn sie nicht mehr als vier« undzwanzig Stunden wöchentlich gearbeitet hat. übersteigt der Lohn- oder Gehaltssatz eines Arbeit nehmers den zuständigen tarifvertraglichen Satz, fo ist di« zulässige Unterschreitung von demjenigen Teilbetrag zu rechnen, der dem tarifvertraglichen Satz entspricht. Sach bezüge, Aufwandsentschädigungen, Familienzuschläge und ähnliche Vergütungen sind nicht als Lohn- oder Gehalts sätze anzurechnen. Als „Wochenarbeitsstunden" gellen auch die an Sonn- und Feiertagen geleisteten Arbeits stunden. Für den Wert von Sachbezügen sind, soweit nicht ein Tarifvertrag etwas anderes vorschreibt, die Fest setzungen der Versicherungsbehörden nach der Reichsver sicherungsordnung Z 160 Abs. 2 maßgebend. -!- Durch die etwas komplizierte Berechnung für die Ncucinstellungsprämie soll die Ungerechtigkeit vermieden werden, daß Arbeitgeber, die bereits früher die Arbeit ge streckt hatten, jetzt schlechter gestellt werden, als die jenigen, die durch Verminderung der Belegschaft eine volle Beschäftigung von 48 Stunden aufrechterhalte» haben. Ebenso wird vermieden, daß der Arbeitsverdienst, der bei Verkürzung der Arbeitszeit naturgemäß schon eine Minderung erfährt, durch Unterschreitung der tariflichen Sätze weiter verkürzt werden kann. Eine solche doppelte Kürzung würde nur in den Fällen eintreten, in denen ein Betrieb so viele Arbeitnehmer ne» einstellt, daß da durch nicht nur die Kürzung der Arbeitszeit ausge glichen würde, sondern darüber hinaus eine Vermehrung» der Beschäftigung einträte. Damit ist anch der Gefahr vorgebeugt, daß infolge Kürzung der Arbeitszeit trotz» Vermehrung der Belegschaft eine Minderung der Gesamt lohnsumme cintritt. Ein Anreiz für die Arbeitgeber, auch bei unvermindertem Arbeitsbedarf zur 40-Stunden- Woche überzugehen und die Zahl der Arbeitnehmer zu vermehren, bleibt erhalten, weil in Aussicht genommen ist, bei der Gewährung von Steuergutscheinen für die Mchrbeschäftigung von Arbeitnehmern von einer Ver knüpfung mit der Beschäftigungszeit Abstand zu nehmen. Die 400-Mark-Prämie wird der Arbeitgeber auch dann er halten, wenn die Vermehrung seiner Belegschaft nur durch eine Kürzung der Beschäftigungsdauer und nicht durch Steigerung der Produktion erzielt wird. Bekämpfung der Schwarzarbeit. In den Ausführungsbestimmungen der neuen Not verordnung werden auch besondere Vorschriften zur wirk samen Bekämpfung der Schwarzarbeit enthalten sein. Wie von unterrichteter Seite erklärt wird, haben sich auf diesem Gebiet außerordentlich große Auswüchse breitgemacht. Schätzungsweise sollen 70 bis 80 Prozent in erster Linie der Hausreparaturen von Schwarzarbeitern aus geführt werden. Bei Vergebung der Hausreparatur arbeiten, die aus dem im Wirtschaftsprogramm der Reichs regierung vorgesehenen 50-Millionen-Fonds bestritten werden, wird streng darauf geachtet werden, daß jegliche Schwarzarbeit ausgeschaltet bleibt. Aufträge dürfen nur an Handwerker erteilt werden, die sich darüber ausweisen können, daß sie als selbständige Gewerbetreibende angemeldet sind. Auch bei Vorlegung derRcchnungen über diejenigen Reparaturarbeiten, die aus Mitteln des 50-Millionen-Fonds bezahlt werden, soll eine strenge Kontrolle erfolgen. Es ist ferner daran gedacht, ört liche Ausschüsse zu bilden, die die Durchführung der Be stimmungen zwischen Hausbcsitz und Handwerk regeln und prüfen sollen. Rund um die sächsische Politik. Die politischen Ereignisse im Reiche, die Volk und Wirt schaft abermals in Unruhe zu stürzen drohen, wird kaum jemand mit Befriedigung begrüßen. Wenn man will, kann man aber doch wenigstens einen kleinen Vorteil in ihnen sinden: dadurch, daß sich das Interesse in so großem Maße auf das Reich konzentriert, ist es in den Ländern — abgesehen allerdings von Preußen — um so ruhiger geworden. Beson ders in Sachsen schweigen fast alle politischen Auseinander setzungen. Wird es dabei bleiben oder wird der Landtags- zusammentritt, der in etwa vier WochcZr zu erwarten steht, auch wieder politischen Kampf bringen? Wahrscheinlich wird es nicht so schlimm werden. Es erscheint freilich nicht aus geschlossen, daß die Nationalsozialisten, gerade weil sie jetzt im Reiche nicht zur Macht gekommen sind, ihr Verlangen auf Auflösung des Landtages und Herbeiführung der Neu wahl noch energischer Vorbringen werden in der Hoffnung, dann wenigstens in einem weiteren Lande die Regierung in die Hand nehmen zu können. In diesem Wunsche werden sie aber voraussichtlich weniger Unterstützung finden als bisher, da die Deutschnationalen jetzt viel geringeres Interesse an einem Regierungswechsel in Sachsen haben als früher. Sie haben die Regierung Schieck seinerzeit besonders deshalb be- lömpst, weil diele es ablehnte. sich in offenen Geaeniatz zur Regierung Brüning zu stellen. Brüning ist aber feit Monaten beseitigt, und die Regierung Schieck erfüllt als ein von den Parteien unabhängiges Kabinett, eine Art Präsidialkabinett, eigentlich auch das Ideal, wie es die Deutschnationalen jetzt im Reiche vertreten. Und da bei den übrigen Parteien, mit Ausnahme der Kommunisten, erst recht keine Sehnsucht nach Neuwahlen besteht, kann man mit ziemlicher Sicherheit Vor aussagen, daß auch jetzt der Bestand des Landtages und damit der Regierung Schieck nicht gefährdet werden wird. Man kann auch nicht leugnen, daß in Sachsen in politischer Beziehung kaum irgendwelche Beschwerden vorzubringen sind. Erfreulich ist es, daß es kaum ein anderes deutsches Land gibt, wo in den verflossenen unruhigen Monaten so wenig Zwischenfälle wie in Sachsen zu verzeichnen waren. Auf wirt schaftlichem und finanziellem Gebiete sieht es allerdings weniger erfreulich aus. Der Abschluß über die Staatssinanzcn im Monat Juli zeigte sich zwar nicht ungünstig: Einnahmen von 27,22 Millionen Mark standen nur 24,16 Millionen Mark Ausgaben gegenüber, es ergab, sich also ein Überschuß von etwas über 3 Millionen Mark Doch muß man diese Zahlen sehr vorsichtig betrachten. Es haben sich in diesem Monat mehr Steuern zusammengedrängt, als in anderen Monaten, es steht zu befürchten, daß die weiteren Monate erheblich ungünstiger abschneiden werden. Und dann ist auch nicht zst vergessen, daß die vorhergehenden Monate schonZo stattliche!