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MdmfferTageblait Mt ntld Dr. Bracht gegen den Kulturbolschewismus Geschichtliche Vergleiche sind immer irreführend, und es wäre daher falsch, zn solch einem Vergleich etwa den preußischen Verfassnngskonflikt der 60er Jahre des der- gangenen Jahrhunderts heranzuzichen, als Bismarck sich verfassungsrechtlich anch auf den Standpunkt stellte, daß „regiert werden müsse". Er war nur seinem König ver antwortlich. Der Konflikt ist aber „gelöst" worden durch das, was jeden Staatsmann auch heute noch groß macht: den ErfolgI Die hinterher nachgesuchte „Indemnität" sollte auch dem Rechtsgedanken die notwendige Befriedi gung schaffen, die W einer Befrieduna im Matt« Ein Eratz gegen die Zersetzungserscheinungen. Amtlich wird mitgeteilt: Die Reichsregierung ist in ihrer Regierungserklärung für die Wahrung christlicher Grundsätze im Staatsleben eingetreten. In Übereinstim mung hiermit hat sich der Reichskommissar Dr. Brachi entschlossen, kulturellen Zersetznngserscheinnngen im ände ren Bilde vor allem der Großstädte im Rahmen des mög lichen entgegenzntreten. Insbesondere ist es die schamlose Herabsetzung der Frauenehre und Frauenwürde, die als typische Entartungserscheinnng christlich-deutscher Volks- knltnr, Volkssitte und Volkssittlichkeit zuwiderläuft. Es sind deshalb zunächst grundsätzlich alle Nacktdarstellungen in Theatern und Revuen, Kabaretts usw. ebenso verboten wie die Versuche, durch weibliche Personen in dürftigste, Bekleidung einen Anreiz zum Besuche von Schankstätten ausznüben. Deutsche Frauen, nur mit dem Badekostüm bekleidet, durch Preisgerichte oder vielhundcrtköpfiges Publi kum auf ihre körperlichen Reize abtaxicrcn zu lassen, um sie dann als Schönheitskönigin usw. zn prämnrcn, ist ein Zeichen kulturellen Niederganges. Derartige Dinge werden daher in Znkunft verhindert werden. Das Badeleben an unseren Strömen und Seen hat Formen angenommen, die zum Teil nichts mehr zu tun haben mit der begrüßenswerten Forderung nach Licht, Luft und Sonne. Klagen ans dem Auslände zeigen, daß derartige Zustände auch dem deutschen Ansehen im Aus lände abträglich sind. Der Reichskommissar hat daher das Nacktbaden und den Besuch von Gaststätten in Badcklcidung — soweit sie nicht unmittelbar mit dem Badestrand in Verbindung stehen — verboten. Sogenannten F r e i k ö r p e r k u l t n rs chu l e n war es möglich, in großen Theatern Berlins vor Tausenden von Zuschauern gymnastische Nacktvorführnngen von Kin dern, Jugendlichen und Erwachsenen beiderlei Geschlechts unter dem Zeichen der Anbahnung einer neuen „prole tarischen Kultur" zu zeigen. Das deutsche Volk lehnt in seiner großen Mehrheit eine derartige „Kultur" ab. Daher werden solche Darbietungen in Zukunft verhindert werden. Die Polizei ist ferner angewiesen, dem Str aßen- bfld verschärfte Aufmerksamkeit zuzuwenden, um auch dort oft beklagten unerträglichen Auswüchsen entgegcn- zutretcn. energisch bestritten, daß eine solche Äußerung fallen sei. Hindenburg habe geäußert, daß er im Inter esse der Außen- und Innenpolitik einen Kanzlerwechsel nicht für angebracht halte, aber an der Personenfrage sollen sonst erfolgversprechende Verhandlungen nicht scheitern; nach wie vor halte der Reichspräsident an dem Gedanken fest, daß die Reichsrcgiernng parteipolitisch und parlamentarisch nicht gebunden sein dürfe. Die Verhandlungen über die Regierungsum bildung in Preußen zwischen Zentrum, Deutsch nationalen und den Nationalsozialisten, die für Montag vorgesehen waren, sind auf Wunsch der Nationalsozialisten und der Deutschnationalen wieder verschoben worden. * Beratungen am Sonnabend. Hitler beim Reichskanzler und beim Reichspräsidenten. Reichskanzler von Papen empfing den Besuch der nationalsozialistischen Abgeordneten Röhm und Gras Helldorf, der die Besprechung des Reichskanzlers mit Adolf Hitler vorbereiten sollte. Adolf Hitler wird im Laufe des Sonnabend vormittag sowohl vom Reichs kanzler wie auch vom Reichspräsidenten empfangen wer den. Nach dem Besuch der nationalsozialistischen Abge ordneten begab sich der Reichskanzler zum Reichspräsiden ten, »in ihm über die Lage Bericht zu erstatten. * Es ist anznnehmen, daß der Reichskanzler auch den nationalsozialistischen Abgeordneten gegenüber die bisher verfolgte Linie eines Präsidialkabinetts eingehalten hat, wonach sich in der Führung des gegenwärtigen Kabinetts als solcher nichts zu ändern habe. In unterrichteten Kreisen verweist man in Diesem Zusammenhang auf die Tatsache, daß die Ein ladung der Zcntrumssraltion des Preussischen Landtages für Montag zu Verhandlungen über die Regierungs- bildung in Preussen von der nationalsozialistischen Frak tion abgesagt worden ist, „da das ausschliesslich Sache des Parteiführers Adolf Hitler sei". Man darf daraus schliessen, dass Adolf Hitler Koalitionsverhandlungcn sowohl im Reich wie auch in Preussen ablchnt und mit den« Grundgedanken eines Prä- sidialkabincttS als solchem einverstanden ist. Über die P e r s o n a l fr a g e n hofft man in Kreisen der Rcichsregierung, sich mit Hitler verständigen zn können, wobei auch die Frage des Postens eines Vize kanzlers und des preussischen Ministerpräsidenten eine Rolle spielen dürfte. wurde. Heute aber ist im Kamps um die Macht und dis Führung im Staate das Wort „Erfolg" noch eine MahnungI Die „Patentlösung" in der Tasche zu haben sollte niemand behaupten, wohl aber kann m diesem ,'ür Deutschlands Zukunft bestimmenden Kampfe auch des Volkes wirklicher Wille insofern zur Geltung kommen, daß wir alle, wie der Reichsinnenminister in seiner Rede bat, auch den weltanschaulichen nnd politischen G egner bis zum Beweise des Gegenteils als einen e h rlichen Volksgenossen betrachten, der das Beste unseres Volkes will. Dr. Pr. Oes Volkes Wille. Alles verstehen heißt viel zuviel vergessen — „Es muß irgendwie regiert werden" — Konflikt um den „obersten Willen". llnaWM oder parlamentarisch? Die Erwartung, daß bis zum Wochenende eine Ent scheidung in den Verhandlungen über die Um- oder Neubildung der Reichsregierung vorliegen werde, oder daß zum mindesten bis dahin sich die weitere Entwicklung klar abzeichnen jverde, hat sich nicht erfüllt, vor allem deshalb nicht, weil die für Freitag vorgesehene Unterredung Hitlers mit dem Reichskanzler und der Emp fang beim Reichspräsidenten nicht stattgefunden haben. Hitler war am Freitag noch nicht in Berlin. Die Be sprechungen sollen am Sonnabend stattfinden. Die politischen Erörterungen drehen sich jetzt um die Frage, waschas Zentrum will: ob es eine Koali tion mit den Nationalsozialisten im Reichstag anstrebt mit Hitler als Kanzler und mit einem Zentrumsvertreter als Ministerpräsidenten in Preußen, oder ob es bei einer un abhängigen Präsidialregierung mitmachen will. Es über wiegt did Auffassung, daß dem Zentrum die vom Reichs präsidenten angestrebte parteipolitisch und parlamentarisch unabhängige Reichsregierung nicht willkommen ist, weil es seinen Einfluß in einer parlamentarischen Regierung viel stärker zur Geltung bringen könnte, und weil es in einer parlamentarischen, von den Parteien abhängigen Regierung durch seine große Erfahrung den Nationalsozialisten weit überlegen wäre. Nach der Unterredung der beiden Zentrnmsvertrauens- leute mit dem Reichskanzler hat die Zentrumspartei dazu Mitteilungen ausgegeben, aus denen drei Forderungen klar hervorgehen: erstens die Forderung, daß die jetzige Reichsregierung mit Herrn von Papen sofort verschwindet, zweitens, daß die jetzige enge Verbindung der Reichs regierung mitPreutzen sofort anfhört, und drittens, daß die Nationalsozialisten ganz klar die Verantwortung mit übernehmen. Geschieht das, dann will das Zentrum in einer Regierung mitmachen. Mit anderen Worten, das Zentrum wünscht eine Wiedcreinschaltung der Parteien in die Machtverteilnng. Damit stellt es sich aber in Gegen- satz zum Reichspräsidenten, der deutlich zu erkennen ge geben hat, daß er eine von den Parteien und den Zufällig keiten des parlamentarischen Betriebes unabhängige Reichsregierung haben will. Viel besprochen wird im Zusammenhang mit den Ver- Handlungen eine in Amerika verbreitete Mel dung, wonach Hindenburg erklärt haben soll, er könne Hitler nicht zum Kanzler machen, er eigne sich höchstens zum Po st m inister. Von den zuständigen Stellen wird deutsche Volk. Dies wenigstens dürfte eine eindeutige Äußerung des Volkswillens sein; anders aber ist es bestellt mit jener Willensentscheiduttg, die vom deutschen Volk am 31. Juli verlangt und nur in „zweideutiger" Weise er reicht worden ist. Das reichlich zynische Wort eines früheren Reichskanzlers: „Es muß doch irgendwie regiert werden" hat ja schon vor drei Jahren zum Beginn des „Regimes derNotvcrordnungen" übergehen lassen. Irgend- wie muß man aber bei der Um- oder Neubildung der Reichsregierung mit jenem politisch Tatsäch lichen fertig werden, das doch der vom Willen des Volles gewählte und hingestellte neue Reichstag bedeutet und es im Bewußtsein seiner verfassungsmäßigen Rechte auch ist. Daß „die Staatsgewalt vom Volke ausgeht", ist Grundlage der Verfassung, und diese Staatsgewalt wird einerseits dem Reichspräsidenten, andererseits dem Reichstag „delegiert" — hier wie dort durch direkte Wahl. Das „Ausbatancieren der Kräfte" erfolgt durch den Artikel 54 der Reichsverfassung, wonach ein ver- sassungsgemäßes „Regieren" nicht vor sich gehen kann, wenn der un Reichstag „repräsentierte" Volkswille feine Zustimmung versagt. Diese Bestimmung aber ist bekannt lich überhaupt der Kern und der Drehpunkt jeder „parla mentarischen Demokratie". Schaltet man ihn ab, dann bleibt nur die „kontrollierende" Tätigkeit des Reichstages, wie er sie früher ausübte. Die Zusammensetzung des neuen Reichstages scheint es aber nicht zu ermöglichen, eine wesentliche Änderung des Artikels 54, also ge- wissermaßen eine Art Sclbstausschaltung oder Rcchts- minderung des Reichstages herbeizuführen, wenigstens nicht auf verfassungsmäßigem Wege. Seine Mehrheit wird die Rechte des Artikels 54 in Anspruch nehmen, und der Blick aus diese Tatsache beeinflußt ja entscheidend auch die Verhandlungen um die Bildung einer neuen Regierung, die einerseits dem Volkswillen, entsprechend den Wahl ergebnissen, Rechnung tragen soll, aber doch auch „irgend wie regieren muß". Vielleicht aber wird erst einmal die Probe darauf gemacht, o b cs „mit dem Reichstag geht", ehe es etwa zu einer neuen Befragung des Volks- Willens kommt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend m-b.„-ru.«.n b-st-h, ksin Et d« VnL eingeianoter Schriftstücke erfolat nur, wenn Porto deiIi«Lr. - „ -- v "7—eriiin r -ixm, Ler Denar r n Klage eingezogen werden muß oder der Auftrags^ für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 du-ch S-rnru, d« In Willibald Alexis' bekanntem Roman „Die Hosen des Herrn von Bredow" bittet der Kanzler den Kurfürsten, er solle den wegen Raubes zum Tode verurteilten früheren Freund und Berater sich nicht noch einmal zu einer letzten Aussprache vorführen lassen; denn „das Angesicht des Fürsten bedeutet Gnade". Begnadigung war einst das schönste fürstliche Vorrecht, — aber was ist nun daraus in den fast vierzehn Jahren gemacht worden, seitdem nicht mehr ein Fürst, sondern eine Volksvertretung dieses Recht besitzt, für das sogar die deutsche Reichsverfassung das Fremdwort „Amnestie" einführte! „Vergessen" heißt das, und die Folge von mehr als einem Dutzend Amnestien ist es uicht zuletzt gewesen und geworden, daß man die Grund lage des Staates, das Recht, in nnbedingtester Weise zu schützen „vergaß". Was nützt in solchen Zeiten wie heute in Deutschland selbst ein noch so drastischer Richterspruch, wenn der wegen eines „politischen" Vergehens oder Ver brechens Verurteilte von der fast sicheren Hoffnung erst"" sein kann, daß ihm eine Amnestie in naher Zukunft Schi und Strafe vergessen läßt! Auch die Schuld, — denn schon rin paarmal sind jetzt eben erst amnestierte politische Ver brecher bei neuen Untaten ähnlicher Art erwischt worden. Mit größter Schärfe hat sich darum die Reichsregierung dagegen gewandt, daß nun etwa von einzelnen Länder parlamenten wiederum Amnestien beschlossen und da- durch die Absichten vereitelt werden, die man von Reichs wegen mit der Verschärfung der Strafen namentlich aus die „politischen" Verbrechen verfolgt. Das ist doch die a b - chreckende Wirkung und sie ist um so nötiger, als ja nfolqe des immer schneller steigenden parteipolitischen Fanatismus derjenige, der — leicht und schnell dazu ver anlaßt — eine politische Untat selbst schwerster Art ver übt bente vielfach geradezu als „Gentleman-Verbrecher" betrachtet und behandelt wird. Mord bleibt Mord, und ein politischer Mord ist um nichts entschuld barer als ein solcher ans materieller Gier. Wenn »ber das Gesetz bisher schon in seiner ganzen Sckärkc anaewendet worden wäre, wenn vrelsach nccht io Nr de Mindestqrenze der angedrohten Strafe den Urteilssprüch diktiert hätte, sondern H ö ch st st r äsen ver- hängt worden wären, dann hatte tue Rechtsprechung die ihr jetzt erst noch durch Notverordnung übertragene Aus gabe durch harte Strafen auf das politische Verbrechertum abschreckend zu wirken,, schon früher erfüllen können. „Viösant sonsulss, ns guiä rss publica, ästrimcnti oopiot", War die Formel, mit der im alten Rom der Senat den obersten Behörden diktatorische Vollmachten übertrug, wenn der Bürgerkrieg dem Staat an den Hals griff; unsere Staatslenkung „soll dafür sorgen, daß dem Staat kein Schaden zustößt", — so verlangt es jetzt das Wge der NEW. an da; Zentrum Auch Hitler für ein Präsidialkabinett.