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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apfg. Alle Postanstalten» Post- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend LuA Falle hoher» Dewalt, — Krieg oder ionftiger Be ¬ triebsstörungen besteht Kem Ampruck ans Lieserung Ser Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersolgl nur, wenn Porto b-ilicgt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rpfg.» die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs* Pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Dor» geschriebeneEA>-inun°s, « tage und Plotzoorschripen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff vir. v berücksichtigt. 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Im Augenblick der Eröffnung der Konferenz scheint die Lage plötzlich etwas ermutigender auszusehen, aber kann jemand glauben, daß die Betonung nicht mit Recht doch aus dem Wörtchen „scheint" liegt? Der Konferenzbeginn hat einen Entschluß zutage gefördert, der vorsieht, daß Deutsch land zunächst ein weiteres Moratorium der Doung- Plan-Zahlungen für die Dauer der Konferenz erhält, und daß in der Zwischenzeit die endgültige Liquidierung der Reparationen und Schulden vorbereitet werden soll. Diese Bestimmungen kommen einem merkwürdig be kannt vor, und bei näherem Zusehen stellt sich denn auch heraus, daß bereits vor Wochen von dem Bestehen eines solchen englisch-französischen Planes geredet wurde. Da mals wurde allerdings fleißig dementiert, als es in der ausländischen Presse hieß, man fei entschlossen, die Kon ferenz von Lausanne ohne Ergebnis zu vertagen und die Beratung des Reparationsproblems aus die lange Bankzu schieben. Ein auch nur oberflächlicher Vergleich zwischen dem, was damals behauptet wurde, und dem jetzt vorgebrachten Plan zeigt mit aller Deutlichkeit, daß es sich durchaus um dasselbe handelt, mag man es vor Wochen auch unfreundlicher, dafür aber sachlich zutreffen der ausgedrückt haben. So wird denn auch die Konfe renz von Lausanne ein müßiges und nutzloses diploma tisches Spiel bleiben. Wozu eine Konferenz, die nur be schließt, daß man einen Weg aus der verworrenen Lage suchen müsse? Wozu diese Konferenz, zu der außerordent lich wichtige Hauptbeteiligte wie Österreich, Ungarn und Bulgarien nicht einmal eingeladen sind? Hat man Bedenken, die Vertreter dieser Länder könnten allzu erschreckende Worte über das Schicksal ihrer Staaten, die bereits einen Schritt weiter auf der Leidens bahn sind als das übrige Europa, aussprechen? Es ist müßig, aus alle diese Fragen eine Ant wort zu erwarten. Die Geschehnisse selbst geben sie. Man braucht sich nur einmal kurz zusammenfassend zu vergegenwärtigen, welche für Deutschland unannehm- baren Forderungen Frankreich durch den Mund Herriots gestellt hat. Der „Pazifist" Herriot hat sich in seiner Rede schlimmer als Tardieu gezeigt. Er hielt eine echte Poincarö-Rede! Frankreich ist zwar auch nach dieser Erklärung zur „Endlösung" bereit, es stellt dafür aber folgende Bedingungen: Eine politische Erklärung der in Lausanne versammelten Mächte, die der „Sicherheit" dienen, also eine Bestätigung von Versailles sein soll, und eine Abschlußzahlung Deutschlands an Frankreich, ent weder durch Sicherung einer Hypothek auf die Reichsbahn in Höhe von sechs Milliarden oder, falls Deutschland das aus sachlichen Gründen ablehnt, eine Sicherung in ande rer Form. Diese französischen Forderungen kann und wird die deutsche Delegation nicht annehmen! Wie die Entwicklung weitergeht, zeichnet sich schon ganz klar ab. Einige europäische Staaten haben ihre Aus landszahlungen, oder richtiger gesagt, die Umwandlung dieser Zahlungen in die Währung des Gläubigers, ein gestellt. Nicht aus Mutwillen, sondern aus ganz selbst verständlicher technischer Unmöglichkeit. Die meisten anderen Staaten, darunter Deutschland, schränken die Umwandlungsmöglichkeit durch Zwangs bewirtschaftung der Devisen weitgehend ein, naturgemäß aus den gleichen Gründen. Die wenigen übrigbleibenden Staaten drohen, obwohl es für sie im Augenblick noch keine Lebensfrage ist, mit Vergeltungsmaßnahmen. Uns selbst gegenüber betätigen sich in dieser Richtung augenblicklich Holland, Belgien und Italien. Sie tun damit ebensowenig etwas Verdammenswertes wie Deutschland mit seiner selbstverständlichen Weigerung, ihre Wünsche zu erfüllen, man kann ihnen im Gegenteil nur bestätigen, daß sie für ihre eigenen Interessen frühzeitig und geschickt zu sorgen wissen. Aber wohin das alles führt, wenn es nicht in allernächster Zeit zu ganz grund legenden Eingriffen kommt, ist völlig klar: die Abschließung der Länder voneinander muß praktisch den internationalen Güteraustausch völlig lahmlegen, die Länder kommen, ob sie wollen oder nicht, zur Autar kie, d. h. es kann in jedem einzelnen Lande nur noch das verzehrt oder verbraucht werden, was in diesem Lande selbst erzeugt wird. Daß eine solche plötzliche Um stellung im ganzen nicht ohne schwere Erschütterung ab- geheu kann, ist klar, mag man die allmähliche Er reichung der wirtschaftlichen Autarkie für ein Land auch erstrebenswert halten. Die Grundsätze solcher Überlegungen sind wahrhaftig nicht neu, der Gang der Ereignisse bestätigt sie tagtäglich, wer also kann sich eigentlich erklären, worauf noch ge wartetwird? Sollte Frankreich ernsthaft glauben, die Ernte so einfahren zu können, wie es sich das vorgestellt hat? Es scheint trotz allem so, und unter diesen Umständen ist nicht abzusehen, wie das Ganze einmal obne Gewalt samkeiten enden soll. Am 19. Juni fanden in Hessen Neuwahlen zum Land tag statt, sür die seit Wochen von allen politischen Parteien ein überaus reger Kamps geführt wurde, in dessen Ver lauf unzählige Versammlungen abgehalten wurden. Der alte Landtag, der erst am 15. November 1931 gewählt worden war, mußte aufgelöst werden, da der Staats gerichtshof die Wahl aus Grund einer Klage der Wirt schaftspaktes für ungültig erklärte. In ihm war die NSDAP, mit 27 Sitzen die stärkste Partei, während die SPD. 15, das Zentrum 10, die KPD. 10. die SAP. 2, das Landvolk 2 und die DNVP., DVP., Staatspartei und der Christlichsoziale Volksdienst je einen Sitz inne hatten. Obwohl unmittelbar nach der Novemberwahl Koali tionsverhandlungen zwischen den Nationalsozialisten und dem Zentrum eingeleitet wurden, kam eine Regierungs bildung nicht zustande, so daß bis zum heutigen Tage die alte, aus Vertretern der Weimarer Koalition zu sammengesetzte Regierung geschäftsführend im Amt ist. Für die diesmalige Wahl waren neun Listen auf gestellt, und zwar 1. Sozialdemokraten, 2. Zentrum, 3. SAP. (Komm. Opposition), 4. KPD., 5. Liste Leucht gens, tz. DNVP., 7. NSDAP., 8. Hessische Demokraten, 9. Nationale Einheitsliste. Zu dieser Einheitsliste gehört die DVP-, Staatspartei, Christlichsoz. Volksdienst, Volks- rechtspartei, Landvolk und Wirtschaftspartei. Einige Par teien sind noch untereinander Listenverbindungen ein gegangen, um jede Stimme bei der Verrechnung der Mandate auswerten zu können. Der Hessische Landtag setzt sich aus 70 Abgeordneten zusammen, die nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden. Der Wahlsonntag ist, nachdem die Parteien am Sonn abend fast den ganzen Tag über noch einmal mit aller Macht ihre Wahlpropaganda entfaltet hatten, nach den bisher vorliegenden Meldungen nur in Mainz durch Über fälle auf Nationalsozialisten gestört worden. Ein Trupp Nationalsozialisten wurde von Kommunisten überfallen, wobei fünf Nationalsozialisten verletzt wurden. Auch zwei Kommunisten trugen Verletzungen durch Messerstiche davon. Der Wahlverlauf war sonst ziemlich ruhig. Wohl auch in Anbetracht des sommerlichen Wetters blieb die Wahlbeteiligung weit hinter den Erwartungen zurück. Bei den Wahlberechtigten machte sich infolge der häufigen Wahlen offenbar eine gewisse Wahlmüdigkeit bemerkbar. Die beiden letzten Wahlstunden waren etwas lebhafter, so daß man mit einer knapp 60- bis 70prozentigen Wahl beteiligung rechnen darf. Reichskanzler von Papen spricht aus Lausanne. Reichskanzler von Papen hielt von Lausanne aus eine Rundfunkrede, die über alle deutschen Sender verbreitet wurde. Er führte u. a. aus: Meine deutschen Landsleute! In dieser für Mit teilungen der Reichsregierung vorbehaltenen Rundfunk stunde sage ich Ihnen heute eigentlich nur den Gruß des Reichskanzlers und deutschen Delegationsführers in Lausanne, den Gruß an die deutsche Heimat. Sie alle werden es verstehen, daß ich aus dieser Konferenz, deren Ergebnis ein Stück deutschen Schicksals einschlietzen wird, jetzt noch nicht besondere Einzelheiten mitteilen möchte. Die Zeit für eine Erläuterung dessen, was hier in Lausanne vorgeht, wird noch kommen. Lassen Sie mich aber hier von Lausanne aus an knüpfen an das von mir gebildete und geleitete neue Reichskabinett. Ich habe es hier für meine Pflicht ge halten, in persönlichen Besprechungen mit den Minister präsidenten Frankreichs und Englands und mit dem italienischen Außenminister sowie in der Vollsitzung der Lausanner Konferenz nicht nur ein ganz klares und plastisches Bild der Lage Deutschlands zu zeigen, sondern auch die Entstehung des neuen Reichskabinetts zu er klären und die Grundgedanken verständlich zu machen, die mich zur Übernahme meines schwierigen Amtes bewogen haben. Gerade hier in Lausanne muß ich das deshalb ganz deutlich sagen, weil die maßgebendsten Männer des Auslandes sowohl die Lage unseres Volkes wie auch die Absichten der neuen Regierung kennen und verstehen müssen, wenn diese Konferenz erfolgreich werden soll. Gemäß meiner Programmerklärung will das neue Reichs kabinett alle aufbauwilligen Kräfte unseres Volkes sammeln. Unmöglich wäre es in dieser Zeit Deutschland zu führen und dabei Bewegungen gegenüber fremd zu Neve Erfolge der MiMlsozivlisteu ober keive obsolute Mehrheit. Das vorläufige amtliche Gesamtergebnis der Wahlen zum Hessischen Landtag lautet (die eingeklammerten Zahlen geben die Stimmenzahl der Landtagswahlen 1931 bzw. die damals erzielten Mandate zum Vergleich an): Sozialdemokraten 172 545 (168 101) 17 Mandate (15). Zentrum 108 603 <112 444) 10 M. (10). SAP. 11 697 (23108) 1 M. (2). Kommunisten 82111 (106 790) 7 M. (10). Dr. Leuchtgens 2079 (—) 0 M. (—). Deutschnationale 11267 (10 857) 1 M. (1). Nationalsozialisten 328 313 (291 183) 32 Mandate (27). Hess. Demokraten 4925 (4613) 0 M. (—). Nat. Einheitsliste 25 175 (68 208) 2 M. (5). * Die hessischen Wahlen haben gezeigt, daß die bürger lichen Parteien auch nicht durch ein Zusammengehen in einer Einheitsliste den Abmarsch ihrer Wähler aufhalten konnten. Diese Liste hat gegenüber den Wahlen vom November 1931 nicht weniger als 43 000 Stimmen ver loren. Der Zuwachs der Nationalsozialisten rekrutiert sich — wenn man von de» gewiß nicht unerheblichen Abgang von Wahlmüden gerade aus den bürgerlichen Kreisen ab sieht — aus diesen Stimmen und aus den Verlusten der marxistischen Parteien, von denen die KPD. den starken Verlust von 24 600, die SAP. von 11400 Stimmen auf weisen. Die SPD. verzeichnet einen kleinen Gewinn, wäh rend das Zentrum einen Verlust von 3800 Stimmen zeigte, der wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, daß die nichtkatholischen Wähler dieser Partei diesmal aus geblieben sind. Deutschnationale und Demokraten haben sich gehalten. Fest steht, daß es den Nationalsozialisten trotz ihres erheblichen Zuwachses nicht gelungen ist, die abso lute Mehrheit im Landtag zu erreichen. Sie erhalten 32 Mandate gegen bisher 27 Sitze. Die nationale Opposi tion verstärkt sich noch um den einen Sitz der Deutsch nationalen Volkspartei. Selbst wenn — woran noch zu zweifeln ist — die Nationale Einheitsliste dieser Opposi tion durch ihre zwei Sitze verstärkt, würde erst die Zahl von 35 Sitzen erreicht, während 36 Sitze Voraussetzung sür die Mehrheit sind. An den bisherigen parlamentarischen Ver hältnissen hat sich also nichts geändert. bleiben, die instinktmäßig und willensmäßig den Lebens willen Deutschlands verkörpern. Wir wissen, daß Deutsch land nicht für sich allein, auch bei höchster Anspannung des nationalen Selbstbchauptungswilleus die heutigen Schwierigkeiten überwinden kann. Wir wissen, daß die Welt um so eher bereit sein wird, Deutschlands Not zu verstehen, als die Welt erkennt, wie sehr die deutsche Not die brennendste Wunde des gesamten Weltkörpers ist. Deutschland und die Welt brauchen gleichermaßen den ent scheidenden Umschwung in der unheilvollen Nachkriegs epoche, den herbeizuführen die Aufgabe dieser Konfe renz ist. . Längst schon haben hervorragende Sachverständige des Auslandes festgestellt, daß die Gläubigerländer unter der jetzigen Vertrauenskrise und der allgemeinen Un sicherheit ebenso leiden wie die Schuldnerländer. Wenn ich als Leiter der deutschen Reichsregierung hier in Lau sanne Verständnis für die deutsche Not fordere, so tue ich dies als der vor das Ausland gestellte Vertreter des ganzen deutschen Volkes. Soll die notwendige Einsicht in die Lage unseres Volkes sich durchsetzen, dann muß der Vertreter Deutschlands in Lausanne den geschlossenen Willen der Heimat hinter sich haben, muß das Ausland erkennen, daß die jetzige Regierung mit Fug und Recht die Vertretung dieses geschlossenen deutschen Willens sür sich in Anspruch nimmt. Wir rufen der Heimat zu, daß nur ein geschlossener und einheitlicher nationaler Wille helfen kann. Der geschlossene Wille, dem widerspricht es nicht, wenn innenpolitische Meinungsverschiedenheiten be stehen. Sie dürfen nur nicht das wesentliche unserer deut schen Gemeinschaft verdunkeln. Weiß sie doch, daß es heute nm Entscheidungen geht, die nichts Geringeres bedeuten als die Zukunft unserer Kultur, Rasse und Nation, als die Zukunft der abendländischen Welt. In der Gemeinsam keit dessen, was uns heute nottut, grüße ich Sie alle in der Heimat von Herzen. Je; Kanzler; Mahnung an die Heim!