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MsdnOrNgeblaii Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Das „Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstaltrn, Post- S-L Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Fall« höherer Gewalt, - Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anspruw ani Lieternng der Heilung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke ersoigt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile 20 Rpsg., die ^gespaltene Zeil« der amtlichen Bekanntmachungen 4» Reichs« psennige, die Zgespaltene Bcklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachwcisungsgebühr 20 Relchkpscnnige. Bor« oeschriebeneErscheinanbr. ee tage und Platzvorschristen werden nach MS glich keil Fernsprecher: Amt Wrlsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen. -nnahm-disvornsioUhr. — — . F°r di- Richt gkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 144 — 91. Jahrgang Wilsdruss-Dresden Telegr.-Adr.-. „Amtsblatt' Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 22. Juni 1932. Rechter Han-, linker Hand! Es gibt ein altes Studentenlied, in dem es so schön heißt: „Rechter Hand, linker Hand, alles vertauscht! Straße wie wunderlich, du bist berauscht." Daran muß man un willkürlich decken, wenn man sich damit beschäftigt, die verschiedenen Meinungen über den unseligen Streit zwischen Reich und Ländern wegen desUniform - und SA.-Verbotes zu studieren. Es gab einmal eine Zeit, es sind nur einige Jahre her, da war die Stimmung zwischen München und Berlin auch nicht gerade rosig, und in der danialigen Berliner Regierungspresse, vor allem in den Blätter der Demokraten und Sozialdemokraten, wurden die Bajuvaren tagtäglich mit Hohn und Spott überschüttet, am liebsten hätte man von Berlin so einen kleinen Feldzug gegen München unternommen. Das war in der Zeit, als die Mannen Hitlers in den bayerischen Ämtern gern gesehen waren. Gegen Stuttgart und Karls ruhe war die Stimmung stets sanfter, denn dort ließ man sich manches von Berlin gefallen, weil man damals schon parteipolitisch mit der Reichsregierung sympathisierte und ihr keine Schwierigkeiten machen wollte. Auch die Bayern haben sich später beruhigt, als sie in der Reichsregierung vertreten waren. Nur von Zeit zu Zeit hielt Herr Held, um die kochende Volksseele zu beruhigen, eine Brandrede gegen Berlin. Aber sonst blieb es ruhig, auch dann, als Herr Brüning mit seiner Politik der Notverordnungen ziemlich tief in die Rechte der Länder eingriff. Ach, was haben sie da alles ruhig hingenommen. Kein Widerstand regte sich, weder in München, noch in Stuttgart, noch in Karlsruhe, auch nicht in der preußischen Regierung. Nun hat sich plötzlich das Blatt in der Ncichspolitik gewendet und siehe da, alles ist vertauscht. Aus München, aus Stuttgart und aus Karlsruhe kommen die Minister nach Berlin, fordern den Schutz ihrer Sonderrechte und weigern sich, die Notverordnungen der neuen Reichs regierung in ihren Ländern durchzuführen. Und die Bayern sind in den ihnen einst so verhaßten demokratisch- sozialdemokratischen Berliner Blättern die Helden des Tages. Da wird ihr Mannesmut gelobt, setzen sich Politiker für Länderrechle ein, während sie früher hundert- und tausendmal bereit waren, kaltlächelnd über alle Proteste hinwegzugehen. Jetzt wird sogar das gefährliche Wort von der Mainlinie wieder hervorgeholt. Vielleicht werden die Bayern doch ein wenig mißtrauisch, wenn sie sich ihre Lobredner von heute ein wenig näher ansehen. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Sache der Neichs- regierung hier zu vertreten. Wir stehen den Ereignissen ohne parteipolitische Voreingenommenheit gegenüber. Aber wir halten es für unsere Pflicht, an der Erhaltung des inneren Friedens mitzuwirken und nach her Wahrheit zu forschen, die sich hinter dem Streit der TaKsmeinungen verbirgt. Dazu ist es zunächst einmal nötig, sich mit dem eigentlichen Sinn der Maßnahmen der neuen Reichs regierung zu befassen. Die Regierung von Papen ist vom Reichspräsidenten berufen worden, weil Hindenburg die Methoden Brünings nicht mehr milmachen wollte, eine starke Volksbewegung mit Mitteln der Gewalt niederzu halten. Ihm schien dies eine Gefahr für den inneren Frieden, und er hat der neuen Reichsregierung zur Auf gabe gestellt, den gefährlichen Druck auszugleichen. Der Volkswille soll durch Neuwahlen zum Reichstag Ausdruck erhalten. Es sollen auch nach Möglichkeit der Auswirkung des politischen Willens keine Hemmungen mehr be reitet werden. So ist es zur Aufhebung der Brüningschen politischen Einschränkungen gekommen. Das alles ist bekannt und auch mit guten Gründen durch die Verfassung zu stützen. Die Ministerien in München und in Karlsruhe sind jedoch anderer Meinung, sie stellen sich den Absichten der Neichs- regierung entgegen und halten das Uniformverbot und die Verbote gegen die Organisationen der Nationalsozialisten aufrecht. Sie berufen sich dabei auf ihr Recht, auf Grund der R e i ch s v e r f a s s u n g alle Maßnahmen zu er greifen, die sie zur Sicherung der öffentlichen Ordnung für notwendig halten. Dieses Recht haben die Länder, und das soll man ihnen auch nicht wegstreiten. Aber dieses Recht kann unmöglich dazu dienen, die Absicht der Reichsregierung zu durchkre u z e n. Das kann nicht der Sinn der Neichsverfassung sein. Die Länder können sich auch nicht darauf berufen, daß die Reichsregierung ver fassungswidrig handelt. Wie man hört, will die Rcichs- regierung, wenn eine Einigung in den bevorstehen den Besprechungen nicht erzielt wird, durch eine neue Notverordnung ihre Absichten durch setzen. Es wäre gut, wenn es zu einer gütlichen Einigung käme. Es handelt sich hier um eine Frage der Loyalität der Länder gegenüber dem Reich. Als Herr Brüning mit seinen Sonderbestimmun gen gegen die NSDAP, hcrauskam, haben sich die Regie rungen in Thüringen und in Braunschweig gefügt, ob wohl sie anderer Meinung als Berlin waren. Sie wollten aber nicht die Politik der Rcichsregierung durchkreuzen. Man wird schließlich auch in Süddeutschland einsehen, daß man den Bogen nicht Überspannen kann. Heute schon bereut man in München, daß der Landtagspräsidenl übereil,g sämtliche Abgeordneten der NSDAP durch die Polizei aus dem Landtag werfen ließ. Man möchte gerne tue peinliche Geschichte ungeschehen machen. Solche Uber- Ehetten können sich bitter rächen. ' " SMNW Mischen Reich M Ländern. Zwischen dem Neichsinnenministcr von Gahl und den Innenministern der deutschen Länder finden am Mittwoch neue Besprechungen zur Beilegung des Streites um Uniform- und SA.-Verbot statt. Der Besprechung legt man in politischen Kreisen grösstes Gewicht bei. Über die Absichten der Reichsregierung in dieser Sache hört man folgendes: Man ist in den Kreisen der Reichsregierung der Auffassung, daß die allgemeinen Uniformverbote inBayern und Baden über das, was den Ländern im Rahmen ihrer Polizeihoheit zusteht, hin ausgehen und glaubt, in der Besprechung die Länder auch von dieser Tatsache überzeugen zu können. Es ist be absichtigt, den Ländern eine kurze Frist für die Auf hebung der Uniformverbote zu stellen, damit sie Gelegen heit haben, Übergangsmaßnahmen zu schaffen. Sollte auf dieser Grundlage ein Einverständnis mit den Ländern nicht erzielt werden können, so hat man die Absicht, die Frage des Uniformtragens allgemein reichsgesetzlich zu regeln, und zwar durch eine neue Notverordnung. In dieser Notverordnung würde zum Ausdruck kommen, daß allgemeine Uniformverbote nur vom Reich erlassen werden können. Für die Länder würde im einzelnen be stimmt werden, wann und in welchem Umfange sie in einzelnen Fällen selbständig vorgehen können. Man spricht auch von der Verhängung des Ausnahmezustandes über das ganze Reich. Der Besprechung dieser Angelegenheiten galt auch eine Unterredung, die der Reichsinnenminister mit Führern der NSDAP, hatte. Sie haben bei ihm darüber Beschwerde geführt, daß die Länder das Uniformverbot nicht auf heben. Bei den Besprechungen mit den Ländern sollen übrigens auch die Zusammenstöße zur Sprache kommen, die sich in den letzten Tagen ereignet haben, wobei es sich offen zeigte, daß die Kommunisten bei den Überfällen ganz planmäßig vorgehen. Oie nächsten Maßnahmen -er Reichsregierung. Neue Notverordnungen nach der Rückkehr des Reichskanzlers. Nachdem durch die beiden ersten Notverordnungen nur eine Glattstellung der von der Regierung Brüning zurückgelassenen schwierigen Finanzlage erfolgt ist, wird das Reichskabinett nach der Rückkehr des Kanz lers und der Minister aus Lausanne wichtige positive Maßnahmen durchführen. Die entsprechenden Vorarbeiten werden bereits in den betreffenden Ministerien geleistet. Die Verabschiedung des Neichshaushalts durch Notverordnung muß bis zum 30. d. M. erledigt sein. Schwierigkeiten sind dort nicht mehr zu erwarten. Der Neichshaushalt wird in wenigen Tagen bereits vom Neichsrat verabschiedet sein, so daß man unter Umständen noch für Ende dieser Woche bzw. für Anfang nächster Woche unmittelbar nach der Rückkehr von Papens die be treffende Notverordnung erwarten kann. Als wichtigste Aufgabe kommt dann die Frage der A r b e i t s b e s ch a s - fung und der Siedlung in Betracht. Die größten Schwierigkeiten macht hier die Frage der Finanzierung des Programms, da im Reichshaushalt nur unzulängliche Summen vorgesehen sind. Der Gedanke einer Prämienanleihe sH l nicht wieder auf- gegriffen werden, da man sich von einer solchen Anleihe nichts verspricht. In der Frage der Siedlung dürfte man sehr viel weniger weit gehen, als das frühere Kabinett cs beabsichtigte. Die von Brüning geplante Enteignung großer Güter im Ostan wird die neue Regierung nur in erheblich geringerem Umfange durchführen, weil sie auf dem Standpunkt steht, daß alle Gutsbetricbe, die noch gerettet werden können, auch gerettet werden müssen. Unter allen Umständen soll vermieden werden, daß eine große Zahl von Gütern durch den Konkurs getrieben werde, weil in diesem Fall ja nicht nur die betreffenden Landwirte betroffen würden, sondern alle Gläubiger, d. h. also Sparkassen, Händler, Gewerbetreibende, Handwerker, erleiden große Verluste. Wenn das dazu führen würde, daß sogar Sparkassen und Genossenschaften ihre Schalter schließen müßten, würde es zu einer unübersehbaren Not lage in den betreffenden Gebieten kommen. In der Frage der Arbeitsbeschaffung denkt man daran, führende Männer auf diesen Gebieten zu einem Ausschuß zusammenzurufen, um auch deren An sicht zu hören. Der von einer Berliner Zeitung bereits genannte Oberst Hierl von der NSDAP, wird' sicher zu diesem Ausschuß gehören, es sollen aber in gleicher Weise auch Persönlichkeiten aus anderen politischen Lagern hin zugezogen werden. Auch die Frage der organischen Umgestaltung der sozialen Fürsorge wird in Angriff genommen werden. Tie zweite Notverordnung hat nur die finanzielle Grundlage für den weiteren Fortbestand überhaupt ge sichert. Jetzt sollen durch Verwaltungsvereinfachung wei tere Ersparnisse erzielt werden. Dabei denkt man zunächst nicht daran, irgendeine Form der Versicherung oder irgendeine Art der Klassen aufzuhebcn, sondern man will z. B. die Anzahl der verschiedenen Kassen vermindern. Auch der Gedanke der Neugründung von Sportverbänden unter Reichsaussicht wird wieder aufgegrifsen werden; man wird auch hier schon bald mit positiven Plänen an die Öffentlichkeit treten. Forderung der freiwilligen Verkürzung der Arbeitszeit. Das Neichsarbeitsministerium ist seit langem bemüht, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eine freiwillige Ver kürzung der Arbeitszeit herbeizuführen. Neuerdings sind auch die Landesarbeitsämter in den Dienst dieser Anfgabe gestellt worden, an der sie durch ihren Aufgabenkreis be sonders interessiert sind. Die Landesarbeitsämter sollen durch besondere Kurz arbeitsausschüsse auf die Arbeitsstreckung in den einzelnen Gewerbezweigen und Betrieben ihres Bezirks hinwirken und an den Verhandlungen dieser Ausschüsse auch die Gewerbeaufsichtsbeamten und gegebenenfalls die Schlichlungsorgane beteiligen. Zugleich sind die Spitzenverbände der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgefordert worden, die Landesarbeits ämter durch tatkräftige Mitarbeit bei der Durchsüßung dieser wichtigen Aufgabe zu unterstützen. Änim Mer-ErMW in Gens. WttklWnde EinSmsung des HWtmrWsscr. Genf. Der Hauptäusschuß der Abrüstungskonferenz ist völlig unerwartet auf Wckrag des amerikanischen Botschafters Gibson sür heule nachmittag Uhr einberusen worden, ob wohl der Präsident der Abrüstungskonferenz Henderson noch gestern abend den Zusammentritt des Hauptausschusses für An fang Juli in Aussicht stellte. Auf der Tagesordnung dieser Sit- zrmg steht die Abgabe Er Erklärung der amerikanischen Re gierung. Die Einberufung des Hauptausschusfes geht auf einen ^mittelbaren Wunsch des Präsidenten Hoover zurück und wird zur Verlesung einer Hoovererklärung vor der Abrüstungskon ferenz führen. Diese neue Initiative der amerikanischen Regie rung hat hier großes Aussehen erregt und stimmt völlig mit den Schritten überein, die der amerikanische Botschafter in den letz- I len Tagen Mgen Herriot u-P MacDvnald getan Halle. „Stellungskrieg" in Lausanne. In den gegenwärtig vollständig znm Stillstand ge kommenen offiziellen Arbeiten der Tributkonferenz ist noch immer keine neue Wendung zu verzeichnen. Die Konferenz ist im Zustande des „Stellungskrieges". Macdonald spielt die Rolle des ehrlichen Maklers und sucht fortlaufend zwischen dem deutschen und dem fran zösischen Standpunkt zu vermitteln Von englischer Leite wird gegenwärtig ein Druck auf die deutsche Abordnung ausgeübt, durch ein Entgegenkommen eine Wiederbelebung der Verhandlungen zu ermöglichen. — . Der französische Standpunkt in der P.ribut- frage steht jetzt in allen Einzelheiten fest: man verlangt zu einem noch festzusetzenden Zeitpunkt eine Abschluß- zahlungin der Form, daß Frankreich entweder an den Einnahmen der Reichsbahn oder der deutschen In- dustrie beteiligt wird, wobei die endgültige Abschluß- zahlung Deutschlands vom Wohlstandsindex und der ge samten Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft abhängig gemacht werden soll. Der deutsche Standpunkt findet immer stärkere Unter stützung, da die Auffassung im Wachsen begriffen ist, daß eine Streichuna der interalliierten Schulden durch die