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Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des SLadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeite^ Anzeigenpreis: die 8gespaltene Ranmzeile 20 Npfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs^ Pfennige, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebuhr 20 Reichspsennige. Vor» gefchriebeneErscheinungs. werden nach Möglichkeit bVN s"»k. V berückstchtigt. Anzeigen^ annahmcbisvorm.Ivllhr. ' Für die Richtigkeit dev durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattaniprnch erlischt, wenn der Betrag durch» Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »as .Wilsdruffer Tageblatt» erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. 7-ei Haus, bei Postdesiellung k,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 1ü Rpjg. Alle Postanstalt-n, Post- Amen^ j-Är'^-i^: Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Lg-^g^ ,Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingejandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto b-Uiegt. Rr. 67 — 91. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Sonnabend, den 19. März 1932 Postscheck: Dresden LK40 Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" kroener rückt von Severing ab gens für die Netchsregterung auch nach innen, gegenüber dem Sturm berechtigter Ungeduld im deutschen Polke selbst. Wird doch der Kamps in der Neichspräsi- dentenwahl von der Opposition weitergeführt gegen das innen- und außenpolitische System Brüning, und er setzt sich im Hintergrund auch bei den preu ßischen Landtagswahlen fort. Wahl auf Wahl — das heißt ja geradezu Wahlen am laufen den Band veranstalten! Das dreimalige, kurz hintereinander erfolgende Wählen kann man auch als eine schwere Nervenprobe bezeichnen. Denn Wählen heißt doch vor allem — Verantwortung übernehmen, heißt auch Ver antwortung übertragen. Daß durch die dreimalige Nerven probe der Wähler die politische Temperatur in einer Weise überhitzt wird wie sollen zuvor, hat nun Veranlassung gegeben, den kalten Wasserstrahl des notverordneten Burgfriedens aus die „heißgelaufene* Nerven maschinerie zu lenken. Freilich ist's nur ein „be waffneter", kein entwaffnender Friede, der überdies mit den Waffen des Gesetzes geschützt werden muß. Dr. Pr. Reichspräsidenten vertritt Staatssekretär Meiß ner. Den Reichstag wird Reichstagspräsident Löbe vertreten. Die deutschen Länder werden zum größten Teil durch ihre Ministerpräsidenten vertreten sein, Preußen durch den Kultusminister Grimme. Zahlreiche Vertreter entsenden der Reichsrai, das Reichsgericht, die Reichsbank, der Neichssinanzhos, der Deutsche Städtetag, die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, die Goethe- gesellschaft, die Kirchenbehörden, die Universitäten, der Bühnenverein und die Bühnengenossenschafi u. a. Für die Städte Berlin und Leipzig werden die Ober bürgermeister erscheinen. Natürlich wird auch Goethes Vaterstadt Frankfurt a. M. vertreten sein. An- gemeldei haben sich ferner zahlreiche deutsche Dichter und Schriftsteller. Die Botschafter Frankreichs, Italiens und Japans werden persönlich anwesend sein. Großbritannien entsendet als Gesandten den britischen Generalkonsul in München. Auch alle übrigen Staaten der Well entsenden Sondergesandte. Bemerkenswert ist ferner, daß der Rektor der Universität Paris sein Erscheinen angemeldet hat. Der feierliche Akt am Dienstag, 22. März, mittags i<>2 Uhr, bei der Fürstengruft aus dem Friedhof in Weimar wird sich so vollziehen, daß Reichskanzler Dr. Brüning und dir frühere Groß Herzogin von Weimar sich in das Innere der Gruft begeben und am Sarge Goethes Kränze niederlcgcn. Während dieser Zeit läuten im ganzen Reiche die Glocken. Außer halb der Fürstengruft legen die Diplomaten und sonstigen Vertreter ihre Kränze am Katafalk nieder. Die Goetheferern m Weimar. Der Reichskanzler als Vertreter der Reichsregierung. Bei den Goethefciern in Weimar, die vom 20. bis 28. März stattfindcn, wird die Reichsrcgierung durch Reichskanzler Dr. Brüning und Neichs- innenminitzer Dr. Groener vertreten kein. Den „Alke bekannte Nachrichten". Erklärungen des Reichsinncnministers Groener. Zu den Haussuchungen, die der preußische Innen minister Severing in nationalsozialistischen Ganbüros in Preußen hat vornehmen lassen, und zu den Beschwerden, die die Zentrale der NSDAP, in München gegen diese Haussuchungen beim Reichsinnenministerium geführt hat, läßt Neichsinnenminister Groener folgendes mitteilen: „Es ist zutreffend, daß Herr Röhm einige Tage vor der Wahl mir als Reichsinnenminister hat melden lassen, daß er beabsichtige, für den Wahltag die SA.s in ihren Unterkunftsräumcn geschlossen zu halten, um allen Zusammenstößen auf der Straße vorzubeugen. Gegen diese Maßnahme bestanden beim Ncichsinncnministc- rium keine Bedenken, besonders auch deshalb nicht, weil dadurch die Verantwortlichkeit der SA>- Leitung für alle etwaigen Vorkommnisse klar sestgestellt war. Der ruhige Verlauf der Wahl hat der Auffassung des Ministeriums recht gegeben." Dieser Mitteilung des Neichsinnenministeriums wird von zuständiger Stelle hinzugefügt, daß selbstverständlich auch das Ministerium entsprechende Maßnahmen zur Auf rechterhaltung von Ruhe und Ordnung getroffen habe. Die Unterbringung der SA.s in ihren Unterkunftsräumen sei natürlich kein Alibi für irgendwelche dennoch begangenen strafbaren Handlungen. In einer weiteren Auslassung des Rcichsinnen- ministers, die sich mit den in der Öffentlichkeit verbreitet gewesenen Nachrichten über eine angebliche Mobilmachung der SA. am letzten Wahlsonntag beschäftigt, auf die auch Minister Severing in seinen Veröffentlichungen Bezug genommen hat, läßt der Reichsinnenminister erklären: „Was die in den letzten Tagen in der Presse ver breiteten Nachrichten über Mobilmachung der SA's und Putschabsichten angeht, so handelt es sich dabei zum Teil um alte bekannte Nachrichten. Soweit es sich um neue Nachrichten handelt, werde ich sie unver züglich scharf nachprüfen. Selbstverständlich wird von mir die nationalsozialistische Bewegung dauernd sorgfältig beobachtet und jede der Nachrichten auf ihre Richtigkeit nachgeprüft. Ich habe den preußischen Innenminister gebeten, mir schleunigst das bei den Haussuchungen der letzten Tage gefundene Material zugänglich zu machen. Nach Prüfung desselben werde ich meine Entschlüsse treffen." Von zuständiger preußischer Stelle wird er klärt, daß auf die Frage, ob sich der preußische Innen minister wegen der Haussuchungen bei den National sozialisten vorher mit den zuständigen Reichsstellen in Verbindung gesetzt habe, keine Auskunft erteilt werden könne. Ter preußische Innenminister habe als Polizei meister nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, alles zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung Erforder liche zu tun. Auch Preußen seien die vom Reichsinnen ministerium erwähnten Nachrichten seit längerem bekannt gewesen. Diese Nachrichten hätten jedoch erneut Bedeu tung gewonnen angesichts weiterer Meldungen über die Bewaffnung der Formationen. Die Aktion des preu ßischen Innenministers habe weniger politischen, als viel Nerven Schallen! Der Selbstmord der Millionäre — Von Der Dona« bis zur Memel — Wahlen am laufenden Band. Es gehört schon eine überaus rege und zudem eine sich in längst vergangenen Zeiten bewegende Dichter phantasie dazu, um, wie Uhland es tat, zu behaupten: „Die Welt wird schöner mit jedem Tag," — dafür ist aber die Fortsetzung nm so richtiger: „Man weiß nicht, was noch werden mag." Das ist derart zutrefsend, daß uns kein politischer Couöismus veranlassen kann zu der Be hauptung eines stammelnden und stotternden „Es geht uns besser und besser . . ." Der Pistolenschuß Ivar Kreugers im Pariser Hotelzimmer gibt ebenso eine verzweifelte Antwort darauf wie das Echo dieses Schusses drüben in Amerika, wo gleichfalls der Leiter eines Welt konzerns seinem Leben ein Ende machte. Nicht deshalb, weil Eastman in ernsteste Schwierigkeiten geraten war wie der schwedische Zündholz- und Erzkönig, um den jetzt seine aus ihn mit Recht so stolze Heimat trauert —, sondern der amerikanische Kodak-König zweifelte und ver zweifelte daran, schnell wieder zu der ganzen Höhe seiner früheren finanziellen Macht emporwachsen zu können. Man hat ein billiges Wort dafür: die Nerven versagten. In Paris und drübeA in Amerika. Das mag vielleicht eine physiologische Erklärung sein, ist aber keine moralisch ethische Entschuldigung. Denn mit dem Riesenwerk und riesenhaften Wirken der beiden Männer, die nicht mehr wirken und werkeln wollten, war und ist das Schicksal vieler, vieler Tausender von — Menschen verknüpft. So lange für sie „die Welt schöner wurde mit jedem Tag," so lange auch das — wohlverdiente — Glück ihnen geradezu nachlies und Erfolg auf Erfolg häufen ließ, solange sie oben schwammen im Strom des Lebens, haben sie „die Nerven" behalten; aber mit dem Glück und dem Erfolg zugleich verloren sie die Haltung, an der sich der wahr haft große Charakter erweist. Nicht stark genug wirkte in ihnen das Bewußtsein der Verantwortung für die Menschenscharen, deren Daseinsgestal- tung abhängig war oder gemacht wurde von dem Tun , dieser Männer, die nur nach außen hin „Könige" waren, denen aber das wahrhaft „Königliche" fehlte, das Gefühl der Verantwortung für die andern, einer Verantwortung, die vor allem dann zum Einsetzen der eigenen Person zwingt, wenn „man nicht weiß, was noch werden mag". * Was sollen denn erst wir Deutschen sagen und machen! An unsere „Nerven" werden doch in den bald j 18 Jahren der Kriegs- und Nachkriegszeit die allergrößten Ansprüche gestellt! Und zu den zahlreichen unausweich baren Nervenproben, die namentlich die Nachkriegszeit in rascher Folge uns auferlegt, gesellen sich noch jene anderen, rein willkürlichen, die nichts als üble Über bleibsel der Kriegszeit und der Friedensdiktate sind. Recht drastisch sticht von dem aufgeregten Handeln und Ver handeln Tardieus wegen seiner beabsichtigten Donan konföderation der Inhalt der deutschen Antwort note ab, die feste und präzise Vorschläge für eine schnelle Stützung des zusammenbrechenden Österreichs und Un garns bringt. Außerdem sind diese Vorschläge doch sehr einfacher Natur; sie wollen nicht unüberwindlich Kompli ziertes zusammenbringen und zusammenzwingen, nicht das auseinanderschneiden, was auf natürliche Weise zu sammengewachsen ist und zusammenwächst. Natürlich setzt sofort auf der Gegenseite ein verstärktes Treiben der Politiker ein, die selbst über wirtschaftliche Dinge und Nöte niemals rein wirtschaftlich denken und planen können, sondern uns höchst aufgeregt allerhand finstere Politische Absichten unterschieben, sür unsere Be mühungen gegen das Streben, uns nicht wirtschaftlich einfach ausschalten zu lassen. Man sucht nicht jemanden hinter einer Hecke, hinter der man nicht selbst gesessen hat! Derselbe Herr Tardieu hatte es ja auch überaus eilig, auf der Genfer Abrüstungskonferenz vorschnell mit seinem Aufrüstungsplan herauszurücken und damit die Absichten der andern Beteiligten über den Haufen zu rennen. Daß ihm das glückte, wird er selbst wohl nicht behaupten können; denn die Konferenz geht zunächst ein mal für ein paar Wochen in die Osterferien in dem trauten Bewußtsein, zwar viel geredet, aber nicht gehandelt, also auch die Nerven weiter nicht strapaziert zu haben. Das ist nicht etwa die Politik des „Nur die Ruhe kann es Machen!", sondern des Aus weichens vor jeder auf regenden politischen Nervenprobe. Ta ist es fast als ein Weltwunder zu betrachten, daß die Garantiemächte des Memelstatuts sich doch wenigstens ein bißchen dazu auf gerafft haben, den Herren in Kowno den Marsch zu blasen, -- wenn auch wohl nicht gerade in schmetternden Tönen! * Es ist doch eigentlich sonderbar: während in der Welt- Politik das „Prestige" oft eine derartige Rolle spielte und spielt, daß sich daran die größten Streitigkeiten und sogar Kriege entzündeten, dulden es jene großen Garanliemächte, «aß Litauen ans ihrem Prestige mit Nagelschuhen herumtrampelt und auf das „Prestige" gar keine Rück- ftcht nimmt. Es ist die Nervosität dessen, der sich innerlich ün Unrecht fühlt und deswegen einfach zur Gewalt greift. Deutschland hat gewartet und warten müssen, bis °'ese Gewalt noch deutlicher sichtbar wurde als bisher "hon —. und das war eine schwere Nervenprobe! Übri- meyr polizeilichen Charakter gehabt. Das Ergebnis der polizeilichen Maßnahmen liege noch nicht vor. Das sei ja auch aus technischen Gründen gar nicht möglich. Alarmbereitschaft der „Eisernen Krönt" am 43 März? Die Berliner Nachtausgabe meldet: Wie wir aus zu verlässiger Quelle erfahren, sind auch die Anhänger der „Eisernen Front" bei der Neirhspräsidentenwahl während der Nächte vom Sonnabend zum Montag in erhöhter Alarmbereitschaft gehalten worden. An verschiedenen Stellen der Reichshauptstadt und anderswo waren starke Abteilungen des Reichsbanners untergebracht, die sich telephonisch verständigten, um gegebenenfalls eingrcifcn zu können. Wie wir weiter erfahren, hatte die Regierung auch davon Kenntnis. Nationalsozialistische Beschwerde. Von der NSDAP, ist beim Vernehmungsrichter des Amtsgerichts Berlin-Mitte Beschwerde gegen die Akten beschlagnahme eingereicht worden mit dem Antrag auf richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit dieser polizeilichen Maßnahme. * Die neue Legaiiiä'iserklärnng. Die Abgeordnete» Göring und Frank II beim Neichs- inncnministcr. Die nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten Göring und Frank U sind beim Reichsinnenminister Dr. Groener wegen der Aktion der Preußcnrcgierung gegen die NSDAP, vorstellig geworden. Abgeordneter Göring erklärte im Anschluß an die Besprechung, der Reichsinnenminister habe erklärt, er würde das Material untersuchen und hege nicht die Be fürchtungen, die von einigen Seiten an die Angelegenheit geknüpft würden. Er glaube auch, daß es Hitler durch aus ernst mit der Durchführung der Legalität sei. Zur Beunruhigung sehe er keinen Anlaß. Weiter habe der Minister betont, daß er sich gegen ein Verbot der Partei mit aller Entschiedenheit wenden würde. Der Minister habe dann zugesagt, daß er das beschlagnahmte Material prüfen, es aber auch mit dem ihm von der NSDAP, über gegebenen Material vergleichen werde, um dann dazu Stellung zu nehmen. Abgeordneter Göring erklärte weiter, die Ausgabe, eines geheimen Stichwortes für die Besetzung des Relais sei eine rein organisatorische Maßnahme gewesen. Es sei nur natürlich, daß für den Wahltag ein geheimes Stich wort herausgegeben worden sei. Zu den Waffenfunden erklärte er, daß es sich hier um vereinzelte verbotene Be waffnungen handele. Die in Frage kommenden Führer würden zur Rechenschaft gezogen werden. Nach wie vor gelte strenger Parteibefehl, keine Waffen zu führen. Zu widerhandelnde würden mit Ausschluß aus der Partei bestraft. Die NSDAP, erblicke in dem Vorgehen der preu ßischen Regierung eine Maßnahme, um die National sozialisten mit allen Mitteln und Methoden vor den Preu ßenwahlen zu unterdrücken. Diesen Versuchen werde die NSDAP, jeden verfassungsmäßigen Widerstand entgegen setzen.