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MMufferÄMblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das,Wilsdruffer TageblattE erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM. frei Haus, bei Poftbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Apjg. Alle Postanstallen, Post- Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Be ¬ triebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die Lgespoltene Raumzelle 26 Rpsg., die 4gespalteue Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 B^chs- Pfennige, die 3gespaltene Aeklamezrile im textlichen Teile 1 AMK. Siachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Vor-- Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 ALLKW'VA annahmc bis norm.10Uhr. ' die Rrchtrgkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Aabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerüt. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 59 — 91. Jahrgang Trlegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden LE Donnerstag, den 1V. März IMS Das steigende Pfund. Nach einer langen Kette von .Wenn" und „Aber", also nur unter sehr großen und leider nicht unberechtigten Bedenken hat der Reichsbankpräsident die Diskontermäßi gung begleitet. Die Devisenlage macht ihm heftige Kopfschmerzen. Er hat ja im Juni und Juli ver gangenen Jahres für die Wirtschaft einen großen Gold pump ausnehmen müssen, um dem damaligen Ansturm zu begegnen, und seitdem ist er die Kopfschmerzen um diese 120 Millionen geliehenen Goldes um so weniger los geworden, als der französische Gläubiger dabei wegen der von ihm hergegebenen hundert Millionen andauernd Schwierigkeiten machte. Paris hat es nun auch erreicht, daß an die dreimonatige Verlängerung des Kredit die Be dingung für Deutschland geknüpft wurde, sofort den zehnten Teil davon, also 42 Millionen Devisen, an die sier Gläubiger abzubezahlen. Also an die Staatsbanken oon Amerika, England, Frankreich und an die Baseler Lributbank. So etwas ist bitter, wenn leider Dr. Luther nur noch über einen sehr kleingewordenen Gold- und Devisenschatz verfügt! Und wir wurden schonend darauf aufmerksam gemacht, daß demgemäß der nächste Reichs dankausweis ein weiteres nicht unerhebliches Zurückgehen des Gold- und Devisenbestandes aufweist. Aber noch »ringender als die Sorge um die Goldbasis des Noten umlaufs selbst wirkt die Notwendigkeit, der Wirtschaft gerade jetzt „jede nur mögliche Erleichterung zu gewähren", ulso die Kreditzinsen zu mäßigen. Besonders, da die großen anglo-amerikanschen Industrieländer uns darin schon vorangegangen sind. Erstaunlich ist ja, wie England sich durch seine Währungs- und Kreditkrise hindurcharbeitet. Auch dieses Land hat sich im August 1931 enorme Goldkredite in Frankreich und in Amerika verschafft, hat sie aber in zwischen schon zum größten Teil zurückgezahlt. Der blasse Neid kann uns Deutsche packen, wenn man so hört, wie England nicht bloß kräftige Goldhilfe aus seiner größten und wertvollsten Kronkolonie Indien erhalten hat, sondern daß ein sehr erheblicher Teil des hereinströmenden Goldes unmittelbar aus Verkäufen von gemünz tem oder Schmuckwarengold in England selbst stammt. In Massen wurden — gegen ein Aufgeld von etwa 30 Prozent — die Goldpfunde gegen Papiergeld abgegeben; in Massen wanderten die goldenen Beweise alten oder jüngeren englischen Reichtums zum Wechsler oder zum Juwelier, um dann von dort in den Schmelzofen zu gelangen und zu „gängigem" Barren gold zu werden. Alles gegen Papiergeld. Das alles mußte natürlich die Wirkung haben, daß der Kurs wert des Pfundes ins Steigen geriet. Man hatte eben in „Olck msrrx kmAlanck", dem „alten glücklichen England", das feste Vertrauen, daß das Papierpfund im Werte nicht weiter sinkt, sondern stabil wird oder steigt. Und man hatte durch jene Massenverkäufe den prak tischen Beweis für das Vorhandensein dieses allgemeinen Vertrauens geliefert, denn man hat ja auch einen nicht unerheblichen privaten Gewinn davon, wenn zwar der Wert des Pfundes steigt, nicht aber auch gleichzeitig damit das allgemeine Preis niveau der Waren. Es wird also ein bißchen Llakausso desPsundwertes „spekulier t". Darüber ist man nun aber bei der Regierung und vor allem in den Kreisen des Exporthandels nicht sehr entzückt. Denn heftige Störungen der Währungskurse sind immer sehr unerfreulich, wobei gleichgültig ist, ob der Kurs nach oben oder unten springt. Man ist natürlich stolz darauf, feststeüen zu können, daß „das erschütterte Vertrauen gegenüber dem Pfund Sterling völlig wiederhergestellt" und daß „England wieder sein früheres Selbst geworden" ist. Aus eigener Kraft Hai es die goldenen Fesseln ab gestreift, die man ihm namentlich durch die französischen Kredite angelegt hat. Aber man steht mit einiger Besorg nis, daß diese Befreiung ein bißchen allzu plötzlich vor sich geht und will das hemmen durch eine weitere Er - mäßigungdesjetztaus6 Prozent st ehenden DiskontsatzesderBankvonEngland. Wenn das Gold vertrauensvoll aus dem Kasten in die Kassen der Bank von England herüberspringt, dann ist eben so viel Gold, soviel Kredit da, daß man ohne weiteres dazu über gehen kann, die offizielle Zinsrate herabzusetzen. Denn dem hier zum Ausdruck und Ausbruch kommen den Optimismus entsprechen nicht die Zustände in Eng lands Wirtschaft. Der geht es — trotz der bisherigen Währungsschwäche — auch nicht viel besser als der deutschen. Und in der Zeit wie der jetzigen allzu rasch Neues Kapital zu investieren, die Erzeugung zu erweitern auch wenn dafür geringere Zinsen als bisher gezahlt ZN werden brauchen —, ist infolge der Undurchsichtigkeit «er Weltwirtschaftslage ein recht gewagtes Unternehmen. Man hat den Mut so gründlich verloren, daß selbst die alten bewährten Reizmittel der Diskontsenkung nur eine Zögernde und vorsichtige Wirkung auSüben können. In England ebenso wie in Deutschland. Anders freilich wäre es, wenn es möglich wäre, sofort und gerade jetzt die große, wirtschaftlich wahrhaft befreiende Tat zu erleben, daß nämlich der Alpdruck der Reparationsfrage von der Welt genommen würde. Aber . . .! „Zm Schutze her Wirtschaft". Eine neue Notverordnung des Reichs präsidenten. Reichspräsident von Hindenburg hat eine Notverord nung „zum Schutze der Wirtschaft" unterzeichnet. Sie enthält die auf parlamentarischem Wege vorläufig nicht durchführbare Regelung des Zugabeverbots und andere Maßregeln gegen den unlauteren Wettbewerb; unter anderem strenge Richtlinien für das Ausverkaufs- Wesen. Ferner verlängert die Notverordnung die schon vor- handene Zollermächtigung des Reichslabinetts. Das teilweise Verbot der Zugaben gilt vom 1. Juli dieses Jahres ab. In der Verordnung wird bestimmt, daß Ausver käufe in Zukunft nur noch unter bestimmten Voraus setzungen (Aufgabe des gesamten Geschäftsbetriebes), einer Zweigniederlassung oder einer Warengattung) zulässig sind. Teil 3 enthält auf die Dauer von zwei Jahren eine Sperrefür die Einrichtung weiterer Verkaufsstellen von Einheitspreisgeschäften in Städten unter 100 000 Einwohnern. Teil 4 sieht eine Erneuerung der am 23. Februar d. I. abgelaufenen Ermächtigung an die Reichsregierung vor, Eingangszölle abweichend von den geltenden Vorschriften zu ändern und die vorläufige Anwendung zweiseitigen Wirtschaftsabkommens mit ausländischen Staaten zu ver ordnen. Im Zusammenhang hiermit hat die Reichsregie rung die Ermächtigung der Einführung von Ausfuhrzöllen erhalten. Teil 5 sieht Maßnahmen vor, die den Preisdruck auf dem Holzmarkte abschwächen lassen. * ' Zugabeverbot ab 10. Juni. Die neue „Verordnung zum Schutze der Wirtschaft" be stimmt, daß Zugaben in Zukunft nur zulässig sind, wenn der Verkäufer auf Wunsch des Käufers statt der Zugabe einen bestimmten Geldbetrag entrichtet, der nicht ge ringer sein darf, als der Einstandspreis für den Zugabeartikel. Schlechthin verboten werden Zugaben, die als Ge schenk bezeichnet werden oder die von einer Verlosung ab hängig gemacht werden. Diese Zugabeverbote gelten ab 1. Juni dieses Jahres. Auf dem Gebiete der Wirtschaftsspionage haben sich ebenfalls in hohem Grade bedenkliche Erscheinungen gezeigt. Die Öffentlichkeit Hai sich in letzter Zeit mit Vor gängen und gerichtlichen Urteilen befaßt, die den Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen betreffen. Es hat sich gezeigt, daß die geltenden Strafvor schriften nicht ausreichen, um die deutsche Arbeit und Wirt schaft in dem erforderlichen Matze gegen Wirtschaftsspionage zu schützen. Die Notverordnung trifft daher die gesetz geberischen Matznahmen, die erforderlich sind, um die empfind lichsten Lücken des bisherigen Rechts zu schließen. Einheitspreisgeschäfte. Es wird eine auf die Dauer von zwei Jahren bemessene Sperre für die Errichtung weiterer Verkaufsstellen von Ein- bettsvreisgeschäften in Städten unter 100 000 Einwohnern an ¬ geordnet. Diese Maßnahme soll für die nächsten zwei Jayre mittel ständischen Einzelhandelbetrieben in den mittleren und kleineren Städten einen gewissen Schutz ihres Bestandes sichern. Gerade in diesen Städten sind sie in der gegenwärtigen Krisenzeit durch Reugründungen von Ein heitspreisgeschäften besonders Hari bedrängt. Einzelne sind diesem Wettbewerb bereits erlegen. Die weiteren Bestimmungen beziehen sich auch auf die bestehenden Einheitspreisgeschäfte und bezwecken die Be seitigung von Mißbräuchen, die sich in der Praxis heraus gestellt haben. Die Reichsregierung konnte sich bei Erlaß dieser Maßnahmen weitgehend aus umfassende Beratungen im Vorläufigen Neichswirtschaftsrat stützen. Stillstand der Awerbslosenlmve. Der Arbeitsmarkt in Sachsen. Der Anstieg der Arbeitslosenkurvc ist in der Berichts zeit vom 15. bis 29. Februar 1932 nach langer Zeit zum ersten Male zu einem gewissen Stillstand gekommen. Nur eine ganz geringfügige Steigerung der Arbeitsuchendenzahl um 325 auf 721870 ist zu verzeichnen, und man muß hoffen, daß diese Zahl den winterlichen Höchststand darstellt und nunmehr der Umschwung beginnt. Der dieswinterliche Höchststand würde dann immerhin noch um 128 257 oder 21,6 Prozent über dem vorjährigen winterlichen Höchst stand liegen. Die Frühjahrssaison des Bekleidungs gewerbes kommt langsam in Gang, so daß eine Ent lastung des Arbeitsmarktes um rund 1000 Arbeitsuchende in dieser Berussgruppe cintrat. Die Leipziger Messe hat in einigen Bezirken und Gewerbezweigen, darunter auch im Holz- und Vervielfältigungsgewerbe, günstige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hervorgerufen. In den Außenberufen konnte man trotz der anhaltenden kalten Witterung schon eine leichte Belebung feststellen, die zu geringem Sinken der Arbeitsuchendenzahl in der Landwirt schaft, Industrie der Steine und Erden und bei den Bau facharbeitern geführt hat. Die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung bewegte sich weiterhin abwärts, und zwar von 186 362 am 15. auf 185 735 am 29. Februar, während in der Krisenunterstützung hauptsächlich infolge Aussteuerungen aus der Arbeitslosenversicherung noch eine Zunahme von 177 959 auf 181177 zu verzeichnen ist. Bierfieuer- und Merpreissenkung. Amtlich wird mitgcteilt: Die Senkung der Neichsbier- steuer und der Gemeindebiersteuer ist von den Reichsrats ausschüssen unter Vorsitz des Reichsfinanzministers be sprochen worden. Die Angelegenheit ist nunmehr soweit vorbereitet, daß die endgültige Entscheidung in Kürze er folgen kann. Dabei wird auch Gewähr dafür gegeben werden, daß gleichzeitig mit der B i e r st e u e r s e n ku n g eine kräftige Bierpreissenkung eintreten wird. Litauens Wühlarbeit in Genf. Neuer Vorstoß gegen Deutschland. Die litauische Abordnung in Genf überreichte den Vertretern Englands, Frankreichs und Ita liens ein Schriftstück, in dem behauptet wird, daß der deutsche Generalkonsul in Memel sich in die gegen wärtigen Verhandlungen zur Bildung des Direktoriums einmische, daß die Mehrheitsparteien des Landtages den Generalkonsul über jede Besprechung unterrichteten und dann nach dessen Anweisung oder nach Anweisung ausBerlin handelten. Weiter wird daraus hingewiesen, daß der Reichs kanzler Vertreter des Memellandbundes empfangen und von ihnen eine Denkschrift entgegengenommen habe, in der zur Abänderung des territorialen Ltatus guo auf- gefordert werde. Eine solche Handlung stelle eine schwere Herausforderung Litauens dar. Die litauische Negierung halte es für ihre Pflicht, die Signalarmächte daraus hin zuweisen, daß diese Tatsachen, zu denen noch das Auf treten des Reichskanzlers im Reichstag gehöre, die Durchführung des mit den Signatarmächten unterzeich neten Abkommens über die Bildung des Direktoriums unendlich erschwere, wenn nicht gar unmöglich mache. Oie Genfer Entscheidung über Memel. Aus Grund von Beratungen zwischen den juristischen Beiräten der vier Signatarmächte des Memelstatuts: Frankreich, England, Italien und Japan und des litauischen Außenministers Zaunius, wurde in Genf be schlossen, den Fall Böttcher nicht vor den Internationalen Gerichtshof zu bringen, sondern dem Schiedsspruch eines neutralen Staatsoberhauptes zu unterbreiten. Unter den Staatsoberhäupten, die für den Schieds spruch in Frage kommen, nennt man u, a. die Königin von Holland, den König von Schweden und den finnländtschen Staatspräsidenten. Die Überweisung an den Gerichtshof scheiterte an dem Widerstand der Litauer, denen sich die Fran zosen und Engländer anschlossen. Ein Schiedsrichter in der Memelstage. Von feiten der litauischen Abordnung wird zu den Verhandlungen der Juristen der Unterzetchnermächte des Memelabkommens in Genf mitgeteitt, daß grund sätzliche Übereinstimmung über die Einsetzung eines Schiedsrichters zur Regelung der strittigen Fragen erzielt sei. Die Wahl eines Staatsoberhauptes als Schiedsrichter in der Memelfrage sei nicht erwünscht, dagegen sehe man die Einsetzung eines maßgebenden Juristen als Schiedsrichter für zweckmäßig an. Die Grund lage der Verhandlungen bilde nach wie vor die Ent scheidung über die Frage, ob der Gouverneur des Memel gebietes nach der Memelkonvention berechtigt ist, den Präsidenten des Memeler Landtages abzuberufen. „Es geht auch ohne Gold!" Sagt der englische Handelsminister. In London hielt der englische Handelsminister Runciman eine Rede, in der er aus den verbesserten Stand des Pfundes hinwies. „Wir sind nun," so führte Runciman aus, „Herren der Lage. Wir sind, was die Gesundung der Währung anbetrifft, der Welt führend vorangegangen, indem wir uns von dem Gedanken losgelöst haben, daß man mit einem Gold- Monopol die Wohlfahrt monopolisieren könne. Die beiden großen Staaten, denen es gelungen ist,