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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Vas »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,—AM. rei Haus, bei Poftbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Npsg. Alle Postanstalten, Post boten and unsere Aus- . . , ., , .. träger und iveschastsstellcn nehmen zu jeder Zeit Be. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgeaend st-llung-n entgegen. Im F-Il« höherer Ermatt, — : Krieg oder sonstiger Be- »iebrstürungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Heilung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigcnprrts! die 8 gr,polten« Siaumzeil«20 Bpfg., die «gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Beschs» Pfennige, die 3gespaltene Meklamczeile im teptlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 2V Aeichspfennige. Bor» Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmebisoorm.lvUhr. —— Für di- Richtigkeit de» durch Fernruf übermittelten Anzeigen ndcrn. wir keine Earamie. Jeder Aabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogrn werden muff oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts, gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 260 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruss-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 5. November 1932 Der 6. November. Das große Rätselraten — Ein Drehpunkt des Wahl kampfes — Willcnsbildung für die Zukunft. Auf eine derart kurze Frist wie diesmal war keine, der fünf Wahlkämpfe des Jahres 1932 zusammengedrückt. Wan kann auch üwhl hinzufügen, daß die Wahlpropa- ganda deutlichste Zeichen der Ermüdung und der Er mattung gezeigt hat, und zwar sowohl auf jener Seite, di« Liese Propaganda ausübte, wie die andere, die umworben wurde. Und doch fehlte es dem diesmaligen Wahlkamps nicht ganz an originellen Zügen. Am charakteristischster ist vielleicht die Tatsache, daß sich diesmal die Regie rung ganz grundsätzlich dem Wahlkampf überhaupt fernhielt. Sie ließ die Angriffe der Parteien, soweit diese in Opposition zu dem Kabinett Papen stehen, ohne eine direkte Gegenwehr über sich ergehen, geschweige denn, daß sie Gegenangriffe unternahm. Sie schwieg sich in allen nur denkbaren Fragen während der Wahlpropagauda aus, und zwar so intensiv, wie es sich eigentlich ihre An greifer nur wünschen konnten. Das aber lag und liegt in der bisherigen politischen Linie des Kabinetts Papen, das es ja als „Präsidial-Regierung" bewußt ab lehnt, und konsequenterweise auch ablehnen muß, im Wahl kampf auf der gleichen Ebene mit den Parteien oder gegen sie zu fechten. Sie betrachtet sich sozusagen als außerhalb dieses Kampfes stehend, überläßt ihn ganz und gar den Parteien. Denn sie erklärt ja ost und immer wieder aus drücklich, daß ihr Recht und ihr Dasein aufgebaut ist allein auf dem Vertrauen des Reichspräsidenten, nicht aber auf die Zustimmung des Reichstages, auch nicht des künftigen. Trotz dieser Haltung des Kabinetts gegen über dem Reichstag im allgemeinen und den Neuwahlen im besonderen hat das große Rätselraten um die Ergebnisse des 6. November doch wieder die übliche Be gleitmusik des Wahlkampfes abgegeben, doch war ein Prophezeien diesmal womöglich mit noch größeren Un sicherheiten behaftet als sonst. Daß jede Partei sich für diesen Kampf bereits im voraus zum Sieger erklärt, ist ja selbstverständlich; denn irgendwelche Besorgnis zu zeigen, hieße massenpsychologisch eine bemerkenswerte Ahnungs losigkeit entwickeln. Immer noch wird, wer sich selbst auf gibt, auch von den anderen aufgegeben. Jene Sieges sicherheit beweist also recht wenig; wohl aber gibt es mehr zu denken, daß der Staatsbürger zum fünftenmal den Gang zur Wahlurne antreten soll. Rückschlüsse auf die Wahl beteiligung nun etwa aus den Erfolgen oder Mißerfolgen im Wahlkampf selbst zu machen, ist wegen dessen Kürze allzu mißlich, und so bleibt als große Unbekannte auch diesmal wieder die Frage, ob überhaupt oder wie sehr die Wahlmüdigkeit Einfluß auf das Ergebnis des 6. No vember haben wird. q- Die Aktivität, die ohne Rücksicht auf die Wahlen vom Kabinett Papen entwickelt wurde, reicht naturgemäß aber nicht aus, um am Wahltag nun dem Wähler eine un mittelbare Anschauung, eine direkt und auffallend sichtbare Illustrierung dafür zu geben, ob dem „Papen-Plan' ein Erfolg oder ein Mißerfolg beschieden ist. Dieses Pro gramm bildet zwar einen wichtigen Drehpunkt des Wahlkampfes überhaupt, ist aber heute vorerst noch in den Anfängen feiner praktischen Durchführung. Ist doch erst am 1. November dem Kernstück dieses Planes Form und Wirklichkeit verliehen worden, nämlich der Verwertung der Steuergutscheine als Kredit unterlage am 1. November erfolgte ihre Börseneinsüh- rung, und ihr Einführungskurs mußte schon des wegen hoch sein, weil das Verkaufsangebot an diesen Steuergutscheinen recht gering gewesen ist. Das kann man verstehen, denn diese Steucrgutfcheinc stellen ja eine ganz neuartige Erscheinung unter den börsengängigen Werten dar. Jener glückliche Start hat nun aber recht erfreuliche'Folgen gezeitigt. Schon um das Angebot zu vergrößern, dann aber auch, um nun den Zweck der Schaf fung dieser Steuergutscheine schneller zu erreichen, kommt es jetzt darauf an, die Möglichkeit ihrer Verwertung zu verbessern, sei es ihres Verkaufs, sei es ihrer Beleihung. Jener Einführungskurs schuf nun auch gerade hierfür die kalkulatorische Sicherheit, weil man jetzt am Börsen kurs erfuhr, wie hoch die Steuergutscheine zu bewerten sind. Infolgedessen zeigte sich nun auch die Reichsbank geneigter, die Verwertungsmöglichkeit für die Gutscheine auszudehnen, außerdem sollen auch die Sparkassen mitwirken. Das ist von besonderer Wichtigkeit für die Be sitzer oder Empfänger der kleineren Steuergntscheine, alfo für umfangreiche Teile des kaufmännischen und gewerb lichen Mittelstandes. Für die Steuergntscheine aus diesen Kreisen dürften die Sparkassen eine Art Sammel becken darftellen, in denen die Gutscheine zusammen fließen und damit die börsengängige Höhe — 500 Mark — leicht erreichen. Hoffentlich werden auch die Genossenschafts banken ebenfalls diesem Zweck der Verwertung von Steuer gutscheinen aus dem Mittelstände dienen. Aber — das alles verlangt für seine Durchführung einige Zeit und damit auch einige Geduld. Solche Geduld in den Wahl zeiten zu verlangen, ist an sich schon eine undankbare Aufgabe! Um wieviel mehr aber im heutigen Deutsch land, das aus verständlichen Gründen das geduldige Ab warten fast verlernt hat! Jes Reichskanzlers Mell zur Wahl. Reichskanzler von Papen hielt im Rundfunk eine An sprache, in der er ausführte: Der Wahlkampf nähert sich dem Ende. Da ist es Auf gabe des verantwortlichen Staatsmannes, dem deutscher Volke noch einmal ein klares Bild der Lage und seiner Zukunft zu geben. Tiefste Trauer mutz die Bruß jedes Patrioten erfüllen, wenn er die geistige Zerrissenheit seines Volkes sicht — tiefste Trauer, wenn er sicht, wie Hatz und Verleumdung, Lüge und Ehrabschneidung tiefe Furchen durch die deutsche Volksseele ziehen — und das alles in einem Augenblick, wo nationale Samm lunghöchstes Gebot patriotischer und wirtschaft licher Klugheit sein sollte. Um was geht der Streit? Er geht um die Herstellung einer neuen Staatsführung, einer Staatssührung des Zu sammenwirkens eines arbeitsfähigen Parlaments mit einer autoritären Regierung. Da ist es freilich nicht ver wunderlich, daß die Parteibürokratie, die bis heute geherrscht hat, sich ai^bäumt und einen Kampf aller gegen alle inszeniert. Sie alle kennen diese Partei- bürokraiie zu gut, als daß ich Ihnen ihre Methoden, ihre Intrigen, ihre Einflüsse, ihre politische Unfruchtbarkeit heute noch einmal zu schildern brauchte. ' Wie hatten wir seinerzeit den Kampfruf Hitlers: „Gegen den Marxismus und für die nationale Erneue rung" begrüßt. Wie hatten wir gehofft, daß er die der bolschewistischen Lehre verfallene Arbeiterschaft der natio nalen Sammlung zuführen sollte. Indes sein Einbruch in die Reihen der roten Front ist leider nur gering geblieben, und das ist sicherlich nicht die Schuld dieser Negierung, die ihm und seinen Propagandamethoden zum letzten Wahlkampf und heute so freie Hand wie nur möglich ge lassen hat. Aber es ist nicht verwunderlich, daß Herr Hitler in jenen Reihen keineEroberungen macht, wenn er für die nationale Sammlung die gleichen Methoden des Klassenkampfes, der Ver leumdung und Verhetzung anwendet, in denen jene ihm weit überlegen sind. Das grotze Ziel, das die Neichsreaierung verfolgt: die Beschaffung von Arbeit und Brot. Ist das Programm gescheitert? Im Gegenteil, aus allen Orten des Reiches meldet man Belebung der Wirtschaft. Das Programm arbeitet, und wenn diese Verhetzung der letzten Wochen nicht einen Teil des Vertrauens zu der Vernunft des deut schen Volkes zu ersticken gedroht hätte, dann wären wir heute schon viel weiter. Wenn sich Herr Hitlerin den gemeinsamen Zug mit dem großen nationalen Deutschland setzen will, dann darf er auch nicht die Skrupellosigkeit besitzen, die Stellung der um die Gleichberechtigung und Wehrhoheit der Nation kämpfenden Negierung durch einen Dolchstotz in den Rücken zu schwächen. — Will eigentlich die nationalsozialistische Bewegung die Vormundschaft der Parteien über die Reichs- und Staatssührung abschaffen, oder will sie sie ver ewigen? Fast scheint das letztere der Fall. Denn vor dem 13. Augnst hat sie uns in ihrer Presse aufgcfordert, in Preußen Ruhe und Ordnung sicherzustellen. Heute aber findet sie, daß das Eingreifen in Preußen unberechtigt war, beschließt mit den Kommunisten, daß die preußischen Beamten nicht zum Gehorsam gegen uns verpflichtet seien, und setzt das Parlament zum Schiedsrichter über die Ge schicke der Nation ein. WoistdaWahrheit.Klar- heil? Um was es geht, ist dieses: Nicht auf dieser oder jener Parteiführer auf dem Kanzlerstuhle sitzt, nicht ob dieser Mann Hitler, Brüning oder Papen heißt. Es geht darum, daß wir uns zusammensindcn, um die Lebens grundlagen des deutschen Volkes zu sichern. Der Kampf, den diese Regierung führt, hat nichts im Auge als die Not der Familie Wenn der 6. November nun zum fünftenmal in diesem Jahr der Tag ist, an dem die Kräfte verteilung politischer Art innerhalb des deutschen Volkes, genauer gesagt: innerhalb der Wähler massen fcstgestellt wird, so folgt doch darauf der 7. November und die nächsten Tage, Wochen, Monate. Die Zukunft also! Heute läßt es sich infolge dessen noch gar nicht sagen, welche Kräftczusammen- ballungen dann an die Stelle der Kräftezcrteilungen treten werden. Zweifellos werden sie den politischen Hintergrund abgeben für all das, was nun politisch, wirt schaftlich, sozial usw. vorn auf der Bühne vor sich geht. Auch wenn der Kampf jetzt nicht bloß um das Parlament gegangen ist, sondern in mancher Beziehung auch gegen das Parlament, so bleibt trotz allem immer noch jener Hintergrund als die Form, die durch die Willensbildung des deutschen Volkes geschaffen worden ist. Dr. Pr. in Stadt und Land, an deren kargem Küchentische Hunger und Verzweiflung zu Gaste sitzen. Unser Amt ist wahrlich keine Herrschaft irgendeiner Kaste. Diese Regierung vertritt keine Partei, und sie wirbt für keine Partei. Aber jeder, der es ehrlich mit Deutschland meint, sollte in diesem Wahlkampfe seine Stimme einer Partei geben, die das Ziel dieser Regierung unterstützt. Unsere Arbeit spricht für uns. Man kann nicht in fünf Monaten sechs Millionen Arbeitslose von der Straße bringen und Reformen durchführen, ans die das Volk seit Jahren wartet. Aber überall ist der Anfang gemacht, die Resultate der Parteiherrschaft zu be seitigen. In Preußen ist mit eiserner Hand zugegriffen, um durch rigorose Sparsamkeit in der Verwal tung oben und unten die unerträglichen Lasten zu senken. Für die Landwirtschaft und die Gesundung des Binnen marktes sind Milliarden aufgewendet. Das gesamte Finanz- und Wirtschaftsprogramm ist ein Beweis eigener Kraft — nicht nm einen Psennig sind unsere Auslands schulden vermehrt. All diese Arbeit soll gekrönt werden durch die Reform der Verfassung, die wir m i t den Ländern und den Parlamenten durchzuführen hoffen. Diese Erneuerung mutz unser Ziel sein, wenn wir am 6. November wählen. Deutschland ist nur zu retten, wenn alle wieder von dem Geiste der Gemeinschaft und Hilfsbereitschaft erfüllt sind, der einst im Schützengraben den Geheimratssohn und den Bauernknccht zur Kameradschaft auf Tod und Leben verband. Wollen wir nicht endlich gemeinsam am Aufbau der Nation arbeiten? Wollen wir nicht endlich die „Durchbruchsschlacht deutscher Selbstbesinnung" schlagen? Das ist die Schicksalsfrage, die ich vor allem auch an die große natio nale Freiheitsbewegung Deutschlands richte. Laßt uns an unsere Christenpflicht erinnern und an den tiescn Sinn des Opfers der zwei Millionen unserer besten Söhne. Wer Deutschland liebt, der folge dem Nuss seines geliebten Führers in Krieg und Frieden, der wie ein Wahrzeichen seine schützende und gerechte Hand über unser Land HM. Mit Hindenburg für ein neues Deutschland! Das Volk und -Le Parieren. Eine Unterredung mit dem Reichskanzler. Reichskanzler von Papen gewährte dem Berliner Sonderlmrichterstatter des französischen Blattes „Excelsior" eine Unterredung. Der Reichskanzler wies einleitend darauf hin, daß er aus Überzeugung Opti mist sei. „Wenn ich nicht die feste Hoffnung hätte, mich meiner Aufgabe zu entledigen, fo würde ich keinen Augen blick mehr an diesem Platze verweilen." Man wundere sich oft darüber, daß er des Sonntags auf den Renn plätzen zu scheu sei. Er nehme aber für sich das Recht in Anspruch, nach täglich 12- bis 14stündiger Arbeit ein bis zwei Stunden ausspannen zu dürfen. Die Parteien seien das Unglück Deutschlands gewesen, denn durch un aufhörlichen Handel und durch die Neigung zur Theorie hätten sie das Parteiinteressc über das Staatsinteresse gestellt. Das VoN hingegen sei gesünder als die Parteien. Wenn es trotz dem für die eine oder andere Partei gestimmt habe, so sei dies in Ermangelung eines Besseren geschehen. Man werfe der Regierung vor, zu fein zu sein, um die Ver bindung mit dem Volke aufzunehmen. Alles dieses sei jedoch nur Parteigerede. Das Volk sei anderer Ansicht. Es habe leider nur keine Presse. Der Reichskanzler ging sodann auf die Frage der Gleichberechtigung ein, die er folgendermaßen umschrieb: „Wir verlangen das Recht, das gleiche zu tun wie die anderen Mächte, das Recht, uns zu setzen, wenn die anderen sitzen, oder stehen- zublciben, wenn es uns paßt, die Gewißheit, nicht nur geduldet, sondern ausgenommen zu sein und Stimmrecht zu haben. Außerdem hat Deutschland ein Recht auf die Wahlrecht ist wahlpMchl! Niemand darf am Sonntag an der Wahlurne fehlen! Wer nicht wählt, begibt sich seines vornehmsten Staatsbürger- rechtes und hat darum hinterher kein Recht zur Kritik! varum wähle!