Volltext Seite (XML)
MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „WUs-ruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1,80 NM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten, Post boten und unsere Aus. .. — träger und Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be- ÄVOtybNoillrl fUk U. UtNALALNv stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Be- Irlebsstörungen besteht Ken Anspruch aus Lieferung der Leitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingeiandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto lrilii^. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle 20 Rpfg., die ^gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 L eiet, Pfennige, die 3gespaltene Rcklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Rachweisnngsgebuhr 20 Reichspfennige. Dor- gefchriedeneErscheinungs- ^7-L cnrri^—.tt « tage unk lotzvorfü ,n rn werden nach Möglichkeit HbLN fPketHek. AMI 2vLl9vkUfs v berückstchtigt. Anzeixev» annahmebisvorm.10Uhr. - - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rodauanizir Q riNzo i, n «rw der Bei,a; l r rch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Kontors i«rör. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 202 — 91. Jahrgang Telezr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dre-den Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 29. August 1932 Ar MtslWlWWM der ReichsregierW. Pipen eptwickelt sei« Promm. Reichskanzler von Papen hat nunmehr am Sonntag in Münster aus der Tagung der Westfälischen Bauernver-ine die mit größter Spannung im In- und Ausland erwartete Rede gehalten, in der er in der Hauptsache das Wirtschaflsprogramm der Rcichsregierung entwickelte. Zunächst betonte der Reichskanzler, daß die Aufgaben seiner Regierung sich nicht auf wirtschaftliche oder politische Einzelarbcit veschränkten, sondern daß man den Grund legen wolle für einen Neubau des Preußischen Staates Grundlage dafür müsse sein eine konservative, christliche Gesinnung, die anerkenne, daß die Menschen dienende Glieder in einer von Goti gegebenen Ordnung seien. Die Pflege christlicher Erziehung müsse am Anfang einer jeden Staatspolitik stehen, denn aus ihr entwickelt sich das Ver antwortungsbewusstsein des einzelnen gegenüber der Gesamtheit. Konservative Gesinnung fordert eine Staats gewalt, die auf Autorität gegründet sei und die stark und unabhängig sein müsse, damit von ihr Gerechtigkeit ans gehen könne. Der Kanzler wies dann daraus hin, wie die Urteile von OHIau und Beuchen einen Sturm von rechts und links gegen die gleichmäßige Handhabung des Rechts hervorgerufen habe, wie man die Objektivität der Rcichsregierung als einen Schimpf hin gestellt habe. Es sei die Pflicht der Staatsgewalt, solcher Verwilderung des politischen Kampfes entgegenzutreicn. Zur Führung der Nation könne nur zugelassen werden, wer sich freiwillig in ihre Gesetze einordne. Die Zügel losigkeit, die aus dem Aufruf Hitlers spreche, passe schlecht zu seinen Ansprüchen auf die Staars- führung. Der Kanzler sagte dann wörtlich weiter: Ich stehe ihm nicht das Recht zu, die Minderheit in Deutsch land, die seinen Fahnen folgt, als die Deutschen und alle übrigen Volksgenossen als Freiwild zu behandeln. Wenn ich heute gegen Hitler und für den Rechtsstaat, für die Volksgemeinschaft und für eine Autoritätsstaatsführung eintrete, so verfolge ich und nicht er das Ziel, das Mil lionen seiner Anhänger im Kampfe gegen die Partei herrschaft, gegen Willkür und Ungerechtigkeit jahrelang mit heißem Herzen herbeigesehnt haben. Diese Regierung hat vom ersten Tage an das Ziel verfolgt, der großen vaterländischen Freiheitsbewegung, deren historisches Verdienst um Deutschland jedermann anerkennen muß, den Weg zur positiven Mitarbeit am Neubau des Reiches frei zu machen. Ich kann nicht glauben, daß diese große deutsche Freiheitsbewegung sich aus die Dauer in bewußt schroffen Gegensatz zu den Zielen einer Regierung stellen wird, deren Gedanken nur und ausschließlich aus Deutsch lands Zukunft gerichtet sind. Soll der Hader deutschen Blutes, der uns in entscheidenden Stunden der Geschichte schon so oft um den Aufstieg und die Sammlung der Nation betrogen hat, auch heute stärker sein als unser Wille zu einer gemeinsamen nationalen Sammlung? Wenn man die Stimmen hört, meine Freunde, die an läßlich der Urteile in Ohlau und Beuchen sich erhoben, müßte man es fast glauben. Ich greife der Entscheidung über das Schicksal der stünf zum Tode Verurteilten nicht vor. Die preußische Staatsregicrung wird sie, unbeirrt von poli tischen Anwürfen, nach den Grundsätzen der Gerechtig keit treffen. Aber ich sage zugleich, die Anerkennung des gleichen Rechts, das für alle deutschen Staatsbürger gilt, werde ich nötigenfalls erzwingen. Ich bin fest entschlossen, die schwelende Glut des Bürger krieges anszutreten und den Zustand politischer Un ruhen und politischer Gewalttaten zn beenden, der heute noch ein so großes Hindernis für die positive Arbeit ist, in der die eigentliche Ausgabe der Rcichsregierung beruht. Hilfe für die Landwirtschaft. Reichskanzler von Papen ging dann zur Behandlung der praktischen Tagesfragen über, wobei er u. a. aus- sübrte: Selbstverständlich wird die Regierung der Land wirtschaft, die der Born ist, aus dem die Nation immer erneut sich moralisch und wirtschaftlich verjüngen muß, mit allen Kräften helfen. Aber die Erfahrungen langer Jahre haben uns gezeigt, daß einseitige Hilfe wenig nützt. Die Landwirtschaft läßt sich nicht allein von der Zollseite her beleben. Ihre Fragen sind nicht zu lösen nur und ausschließlich von der Seite der Einnahmen oder der Ausgaben. Ihr Schicksal ist vielmehr mit dem der deutschen Gesamtwirtschaft untrennbar verbunden, und nur von einer Belebung unserer gesamten Wirtschaft her kann eine dauernde und wirkungsvolle Belebung der Landwirtschaft kommen. Als Gesamtkörper hebt sich die deutsche Wirtschaft von der Weltwirtschaft ab. Die Reichs regierung hat es schon so oft ausgesprochen, daß die verständnisvolle Förderung des Binnenmarktes die erste Voraussetzung für die Gesundung der Wirtschaft bedeutet. Sie lehnt den Gedanken einer grund sätzlichen Autarkie deshalb ab, weil Deutschland nicht ans seine Wcltwirtschaftsbeziehungen verzichten kann und weil es jede Arbeitsgelegenheit ausnutzen muß, die ihm der Auslandsmarkt auch heute noch bietet. Aber die Grund lagen der Ernährung müssen im Binnenland? sichergcstellt werden, und sie beruhen eben nur aus der Herstellung der Rentabilität. Die Interessen unserer Ausfuhr und unseres Binnenmarktes werden gewiß nur mit gewissen Schwierigkeiten in lrbereinstimmung zu bringen sein. Ich kann aber versichern, daß die Reichsregierung sich grund sätzlich zu der Notwendigkeit einer weiteren maßvollen Regelung der Einfuhr bekennt und daß sie dahingehende Beschlüsse gefaßt hat. „private Initiative." In Deutschland ist die Krise, welche die ganze Welt erschütterte, als Folge seiner Kriegsverluste und der un geheuren Reparationen viel früher ausgebrochen. Hier hat sie viel schwerer gehaust als in einem anderen Lande der Welt, weil neben der Kapitalzerstörung durch die In flation die plötzliche Entziehung von Milliarden von Leih kapital Produktion und Konstitution von Grund aus neu erschüttert hat. Es ist selbstverständlich, daß wir fevcs Mittel ergreifen müssen, das uns dazu verhilft, diese un geheure Not zu überwinden. Diese Not, die bei uns aus der Schrumpfung der Wirtschaft, aus der bisher unauf haltsam fortschreitenden Deflation, d. h dem Absinken der Preise, hervorgegangen ist, findet ihren furchtbaren Aus druck in der Arbeitslosigkeit Wenn diese Defla tion nicht beendet werden kann, so sind weitere Verluste des Privatunternehmertums und der öffentlichen Wirt- schäft nicht auszuhalten. Wir müssen deshalb den Versuch machen und ihn sosort machen, das Steuer grundsätzlich hcrumzuwerfen. Wenn wir jetzt den Grund zu einem Wiederaufbau unserer Wirtschaft legen wollen, so müssen wir es nach folgenden Grundsätzen tun: Unsere Währung darf nicht gefährdet werden. Wir wollen auch keine Abwertung der deutschen Mark. Wir wollen keine ausgeklügelten Experimente machen. Die Stärkung der persönlichen Energien und die Entwick lung der persönlichen Leistungsfähigkeit, die Steigerung des Gefühls der eigenen Verantwortung, das sind die geistigen Mittel, mit denen die Privatwirtschaft auch in Zukunft imstande sein wird, imstande sein mutz, die menschlichen Bedürfnisse, bester, vielleicht billiger als jedes andere Wirtschaftssystem, das uns empfohlen wird, zu befriedigen. Aus dieser Überzeugung heraus lehnt die Reichsregierung infolgedessen alle Eingriffe in die Sphäre der Privatwirtschaft ab. (Bravo!) Der privaten Initiative gilt es wieder Vertrauen zur Zukunft einzuflößen. Die Rcichsregierung wird darüber Wachen, daß die persönliche Verantwortung der sreien Wirtschaft nicht etwa durch die Vermischung mit staatlichen Wirtschafts formen verwischt wird. Die Bekämpfung -er Arbeitslosigkeit. Deutschlands zentrales Problem ist die Arbeits- losigkeit. Die Reichsregierung läßt selbstverständlich die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung nicht aus den Augen. Solche Notstandsmaßnahmen sind schon im Gange, z. B. auf dem Gebiete des Straßenbaues, der Wasserwirtschaft, der Meliorationen, der Hausrepara turen. Insgesamt sind für diese Zwecke bisher 135 Mil lionen bereiigestellt. Die Reichsregierung hat beschlossen, auch andere Arbeitsgebiete mit Notstandsarbeiten zu ver- sorgen. Der freiwillige Arbeitsdienst, dem bald etwa 200 000 Jugendliche angehören, wächst von selbst, ein Beweis für die werbende Kraft, die ihm inncwohnt. Außerdem sind Notstandsmaßnahmen auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Siedlung, der Vorstadtklein siedlung, des Wohnungsbaues und der Hausreparaturen in Aussicht genommen. Hier ist besonders daran gedacht, den Bau von Eigenheimen mit den noch vorhandenen Kreditmöglichkeiten zu fördern. Dennoch sind wir uns vollkommen klar darüber, daß es niemals gelingen wird, auf diesem Wege allein das wünschenswerte Ausmaß der Arbeitslosenvcrminderung zu erreichen. Die Regierung ist daher entschlossen, in großem Nahmen den Versuch zn machen, durch eine Belebung der Privatwirtschaft zür Neueinstellung von Arbeitskräften und zur Verminderung der Zahl der ArbesMpsen ZU ge ¬ langen. In dem gegenwärtigen sehr fortgeschrittenen Und voraussichtlich nicht allzu weit vom Ende entfernten Stadium der Krise kann man erwarten, daß jeder Einfluß zur Belebung der Wirtschaft mit einiger Wahrscheinlichkeit dazu beitragen wird, die natürliche Fortsetzung in einem tatsächlichen Aufschwünge der Wirtschaft zu finden. Deutschlands gesamter Produktionsapparat muß zunächst einmal instandgesctzt werden, um an dieser Belebung teil zunehmen. Heute ist der Zustand vieler unserer Produk tionsstätten so schlecht, daß völliger Verfall droht. Es hat sich ein ungeheurer Bedarf au Erhaltungs- und Not standsmaßnahmen aufgestaut, der in die Milliarden geht. Es muß der erste Schrill sein, daß die gesamte Wirtschaft die Mittel erhält, um dieses Versäumnis nachzuholen. Das ist dann gleichzeitig der erste Schritt der neuen Be lebung. Dadurch wird eine Ncueinstellung von Arbeitern in größerem Umfange möglich, und es werden gerade dir mittleren und die kleineren Betriebe, deren ureigenste Domäne die Ausführung derartiger Arbeiten darstellt, als erste von der Belebung Nutzen ziehen. Die Verhandlungen über die Durchführung dieses Programms im einzelnen und seine Finanzierung sind schon weit fortgeschritten. Die Finanzierung der Arbeitsbeschaffung. Den Gedanken, diesen Betrag etwa in einer Zwangs anleihe zu finanzieren, haben wir abgclehnt. Beträge in solcher Höhe würde die deutsche Wirtschaft, auch wenn die Zahlung über längere Zeit verteilt werde, nicht auf bringen können. Anstalt dessen beabsichtigen wir, folgen den Weg zu beschreiten: Es sollen für Teile besonders produktionshemmender Steuern, wie beispielsweise der Umsatzsteuer, der Nealsteuer, der Grundsteuer usw., der Gewerbesteuer, übrigens ohne jede Beeinträchtigung der Etats der Länder und der Gemeinden, und der Beförde rungssteuer, die in der Zeit vom 1. Oktober 1932 bis l. Oktober 1933 fällig und gezahlt werden, Stencranrcchnungsschcinc gegeben werden, aus denen in den Rechnungsjahren 1934 bis 1938 alle Reichssteuern einschließlich der Zölle und Ver brauchssteuern mit Ausnahme der Einkommensteuer bezahlt werden können. Es wird sich hier um einen Betrag von etwa anderthalb Milliarden handeln. Diese Scheine werden mit einem Agio versehen werden, dadurch also den Charakter eines Darlehnü des einzelnen Pflich tigen an das Reich erhalten. Diese Ausstattung der Scheine wird cs ermöglichen, sie sofovt als Kreditmittel zu benutzen. Sie werden daher eine Unterlage für die Hereinnahme und für die Durchführung neuer oder bisher zurückgestellter Arbeiten für den ausgestauten Erhaltungs bedarf sein und dadurch die Möglichkeit schaffen, neue Arbeitskräfte und das ist ja das Maßgebende, in den Arbeitsprozeß einzufügen. Darüber hinaus will die Reichsregierung einen Betrag von weiteren 7W Millionen Mark in Steueranrechnungsscheinen für solche Unter nehmen zur Verfügung stellen, die nachweisen, daß sie mehr Arbeitskräfte als bisher beschäftigen Für jeden Neueingestellten soll, aufs Jahr gerechnet, ein Betrag von 400 Mark in Scheinen gegeben werden. Wird dieser Betrag voll ausgenutzt, so werden 1)4 Millionen Arbeiter mehr eingestellt werden können. Wird dies gelingen, so würde das einen ganz großen vorwärtstrcibenden Erfolg bedeuten. Der Reichskanzler betonte weiter, daß der Arbeitgeber ermächtigt werden soll, den Tariflohn in einem gewissen Um- fange zu unterschreiten, wenn er mehr Arbeitskräfte etnstcllt. Doch will die Reichsregierung das Tarifrecht und das Schlichtungswesen in seinem wesentlichsten Inhalt aufrechterhalten. Für besonders wichtig hält der Kanzler die Erhaltung der Produktionsstätten. Betriebe, die bet vernünftiger Berücksichtigung ihrer be sonderen Lage erhalten werden können, sollen infolge der Starrheit staatlicher Bindungen nicht zum Erliegen kom men. Er wird auf dem Verordnungswege Abhilfe schaffen. Der Kanzler lehnte es ab, sich über daS Zins problem zu äußern, kündigte aber eine allgemeine Diskontsenkung an. Die Nothilfe mit den Steuerverrechnungsscheinen ist für zwölf Monate vorgesehen. Diese zwölf Monate sollen dem organischen Um- und Neubau des Staats- und Wirt schaftswesens dienen. Große Verwaltungsreform in Preuße«. Kurz aus Preußen eingehend, kündigte Papen dann an, daß die ersten Maßnahmen der Zusammenlegung der Landkreise und Amtsgerichte noch eine große organisa torische Verwallungsreform zur Folge haben würden. Diese Reform werde eine entscheidende Voraussetzung kein kür eine Retcksrekorm. Die Dyppelarbeit von