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AWdnOrTagMM anuahme bisvorm.IVÜHr. Für die Richtigkeit Rr. 88 — 91. Jahrgang Wilsdruff-Dresden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Jreitag, den 15. April 1932 Posticheck: Dresden L64Ü durch Feruruj LbrrmitieUe» Ävzcigen Lbcr». wir kcisr «orontic. HcderSiadatw»1pr»ch erlischt, wen» der Betrax d> Klage eiogrzogen werden mutz oder der Lujtiaggebci in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt.- für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeite? -Anzeigenpreis: die 8 gegoltene Raumzelle 20 Dpfg., die Igeipaltme Zeile der amtlichen Bekanntmachungen«! Reich« Pfennige, dir 3gespaltene Sieklamezeile im textlichen Teile 1 AMK. SiachweyungsgedLhr AI Reichspscnnige. Bae» gefchriebeneErscheinung-. ex. . « tage und Platzvorschrift«» werden nach MSglichkeit ,V LkN s pk L ky L k: AMt WtiSdrUsf Vik. v berücksichtigt. Anzeigen» Nationale Tageszeitung für die Tandwirtschast, Da, Wilsdruffer Tageblatt» erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RW. V«, Haus, bei Postdestellnng 1,80 AW. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpsg. Alle Postanstallcn, Post« Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend na Krieg oder sonstiger Be» l «evsstSrungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung der Bezugspreises. — Rücksendung -ingesandter Echrch-stücke erfolgt nur, wenn Porto briliegt. Zwei Fronten. Nach fast vierwöchiger Erholungspause — „blotz Ächts überstürzen!" — waren die Delegierten der Genfer Abrüstungskonferenz wieder zu sammengekommen, beseelt von dem festen Willen, sich Mittels eines Kopfsprunges in das Redemeer der Konferenz hineinzustürzen. Das ist so gründlich be sorgt worden, daß man außerhalb Genfs darübereigent lich ein bißchen staunen muß. Denn mit überraschender Drastik haben sich die beiden Fronten gegen- überge stellt: Frankreich mit seinem „Gendarmen"- Plan, der überhaupt nur ven Grundsatz der „Sicherung" mittels eines schwerstbewaffneten Völkerbundheeres an erkennt und verwirklichen will, und auf der anderen Seite Amerika, England, Italien mit Deutschland im Gefolge, die alle auch „Sicherung" wollen, aber eine solche, die durch kontrollierte und gründliche Abschaffung i>er „Angriffswaffen" erreicht werden soll. Tardieu hat mit einer fast verbissenen Wut gegen diese Forderung an- tzekämpft und — doch wozu prophezeien! Auf solche inter nationalen Nachkriegskonserenzen paßt häufig das be- iannte Wort Wilhelm Buschs: „Denn erstens kommt es »nders, und zweitens, als man denkt!" Immerhin ist diese Entwicklung in Genf ziemlich un erwartet gekommen und es war eigentlich der Amerikaner Gibson, der sozusagen „die ganze Sache in Schwung brachte". Dieser Vertreter der Ver einigten Staaten ist ja politisch unabhängig genug dazu, Und wenn er in den nächsten Tagen außerdem noch die dersönliche Unterstützung seines nach Europa gekom- u>enen Staatssekretärs Stimson erhalten wird, dann er kennt man Wohl noch deutlicher, wie ungeheuer viel gerade Amerika daran liegt, daß die Abrüstungskon- serenz zu einem irgendwie „sichtbaren" Ergebnis kommt. Präsident Hoover könnte für die Neuwahlen einen solchen «ußenpolitischen Erfolg dringend gebrauchen, zumal eine erhebliche Herabsetzung der Rüstungen für die Finanzen seines Landes gerade angesichts des großen Defizits von licht zu verachtender Bedeutung wäre. Immerhin sind die beiden Fronten vorläufig noch ,zrundsätzlich" und es ist in Genf zur festen Praxis ge worden, daß der Entwurf der Vorläufigen Abrüstungs- k°>nmission und der überschnell abgefeuerte Tardieu-Plan durchaus nicht mehr allein das Feld der Ausschutzarbeiten ^herrschen wie früher, sondern dies mit den präzisen Vorschlägen der anderen Front teilen müssen. Die kleineren Staaten spielen dabei natürlich nur die Rolle do« Statisten, teils bei dieser, teils bei jener Seite. Bei der eigentümlichen Haltung, die die Vertreter Sowjet- Rußlands, seitdem sie überhaupt an den Abrüstungsver- dundlungen der Völkerbundstaaten teilnehmen, diesen Bestrebungen gegenüber immer gezeigt haben, ist es durch aus nicht verwunderlich, daß der russische Vertreter sehr Genaue, sehr weitgehende und doch ausführbare Vorschläge wacht. Sollte dann die Konferenz doch ergebnislos aus- Aranderplatzen, so gäbe das für die bolschewistische Neltpropaganda gerade jetzt ein wunderschön zu ver wertendes Material. In manchem deckt sich das, was Litwinow vorschlägt, auch mit den Plänen anderer Maaten der antifranzösischen Front, so besonders die Etappenweise Abschaffung der schweren ^Ngriffswaffen usw. In einem ganz eigentümlichen Zusammenhang tauchte 'An auch wieder der Teil V des Versailler Vertrages auf, wo bekanntlich die deutsche Entwaffnung verfügt wird, .essen Einleitung aber diese Entwaffnung als die Voraus- wtzung der allgemeinen Rüstungsbeschränkungen bezeichnet bud auf den wir Deutsche uns deshalb in Genf jetzt immer wieder für die Verpflichtung zu dieser allgemeinen Ab- Mung berufen. Grandi und die anderen Vertreter der Großmächte, die gegen uns diesen Vertrag schufen, haben ss jetzt in Genf als „den Inhalt" dieser Bestimmungen ^zeichnet, daß für die unterlegenen Staaten eben gerade ?ie Abschaffung der schweren Ängrisfswasfen" ungeordnet ?rrden sollte. Diese Erklärung wandte sich gegen die ^nzösischen Einwände, man wisse doch eigentiich gar ?cht, was man unter „schweren Angriffswaffen" genau zu Erstehen habe. Es ist ein allerdings recht trüber Witz ?.rr Weltgeschichte, daß auf diesen Einwurf ganz Mach damit hätte geantwortet werden können: „Alle ^ffen, die anzuschaffen und zu führen verboten ist." lAndi hat auf den Versailler Vertrag hingewiesen, der ??ktisch genau die Waffen bezeichnet, die besonderen An- "llfscharakter haben. . Man braucht also nur aus dem Teil V dieser Bestim- Mgen abzuschreiben und sie zum geltenden Recht für alle Maten der Welt erheben — dann hätte die Abrüstungs- "lerenz ein praktisch-vernünftiges Ergebnis. Abreise des Kanzlers nach Genf. q..Das Reichskabinett setzte seine Beratungen über das ,^eiisbeschafsungsprogramm und die «e apolitischen Fragen fort. Kanzler verließ nach Abschluß der Beratungen "w und begab sich nach Gess. Jie InrWhmg der M-BeMtes. Sie AMöfiW der SA.-Verbände. Anrufung des Staatsgerichtshofs? Die Durchführung des SA.- und SS.-Verbots auf Grund der letzten Notverordnung des Reichspräsidenten geht überall reibungslos vor sich. Die Polizei, die mit der Schließung der SA.-Heime in den einzelnen Ländern und Orten beauftragt worden ist, hat bei dieser Gelegen heit Material aller Art beschlagnahmt und den zu ständigen Amtsstellen zur weiteren Durcharbeitung zu geführt. Die Führer der NSDAP, sind fast vollzählig in Berlin versammelt und beraten mit Hitler, welche Schritte etwa gegen das SA. -Verbot unter nommen werden sollen. Wahrscheinlich wird der Staatsgerichtshof angerufen werden, vor allem auch deshalb, weil vielfach von der Polizei Material beschlagnahmt worden sein soll, das nicht der SA., sondern der Partei gehört. Nach der Besprechung der Länderminister in Berlin, der dann bald daraus das Verbot der SA. und SS. folgte, hat Hauptmann a. D. Goering versucht, im Auftrage Hitlers mit dem Reichsinnenminister Groener über die Äusführungsbestimmungen der Verbotsverordnung zu sprechen. Groener hat jedoch erklärt, daß Hitler in dieser Angelegenheit mit den Landesregierungen sprechen müsse. Dagegen hat der Reichsinnenminister später den braun schweigischen Innenminister Klagges im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit empfangen. Im Reichsinnen ministerium vertritt man die Ansicht, daß auch Braun schweig, dessen Innenminister bekanntlich der National sozialistischen Partei angehört, die Verordnung des Reichspräsidenten loyal durch führen w e r^.e^ SÄ-Äuflösung mit Hilfe des Reichsbanners. Auf ungewöhnliche Art schritt der Bürgermeister Worch in Langewiesen, Landkreis Arnstadt, zur Auflösung der SA.- und SS.-Formationen. Der Bürgermeister, der der Sozialdemokratischen Partei angehört, nahm, wie vom thüringischen Innenministerium bestätigt wird, das Reichsbanner zur Hilfe und bewaffnete es, da ihm nur ungenügende Polizeikräfte zur Verfügung gestanden haben sollen. Es wurden Haussuchungen durchgeführt, Verhaf tungen vorgenommen und Waffen beschlagnahmt. Bürger meister Worch leitete die Aktion persönlich und hatte sich, wie er auf Anfrage bestätigte, zu seiner Sicherheit mit einem Revolver bewaffnet. Über dieses Vorgehen des Bürgermeisters herrscht im Orte große Erregung. Der Vorsitzende der bürgerlichen Fraktion des Stadtrats hat gegen das eigenmächtige Vorgehen des Bürgermeisters Protest bei der Regierung in Weimar erhoben. Die GensaiLon des Tages. Die Auflösung der SA.- und SS.-Formationen ist die politische Sensation des Tages. Alle Blätter beschäftigen sich eingehend mit diesem Schritt der Reichsregierung. Die linksstehenden Organe sowie auch Zeitungen des Zentrums verteidigen die Maßnahmen der Regierung und betonen, daß der Schritt der Reichsregierung zur Auf rechterhaltung der Staatsautorität notwendig gewesen wäre. Die Blätter der Rechten äußern zum Teil schwere Bedenken über die Richtigkeit und Zweckmäßigkeit des Ver bots und bemängeln vor allem, daß nicht gleichzeitig mit dem Verbot von SA. und SS. auch das Reichsbanner und die Eiserne Front verboten worden seien. Die presse im Reich. wandelt in ähnlichen Gedankengöngen. Im Völkischen Beobachter, dem Matt Adolf Hitlers, steiii Alfred Rose-Werp unter starken Angriffen auf Hindenburg und Groener fest, man könne das Braunhemd verbieten und die SA - und SS -Organisationen auslösen: der Kawpseswille werde hierdurch jedoch nur gesteigert. Der Artikel schließt mit den Worten: „Okloberstimmung ist über Deutschland Das deutsche Volk Hai es am 24 April noch einmal in der Hand, einen November abzuwehrcn." Der Bayerische Kurier, das Blatt der bayerischen Regierung, bezeichnet demgegenüber die Auflösung der SA als eine Selbstverständlichkeit, an der nur verwunderlich sei, daß sie letzt erst erfolge Die SA sei von Anfang an der Herd jener revolutionären Regungen gewesen, die immer wieder ir der NSDAP, unter der Asche der sogenannten Legalität glommen. Die volksparteilichc Kölnische Zeitung sprich: ihr Be- dauern darüber aus, daß man den Reichspräsidenten vor die Notwendigkeit gestellt hat, als erste Handlung in seiner neuen Amtszeit ein Verbot zu verhängen. Unter Zwang der voll endeten Tatsache kann man im Augenblick nur noch fordern, daß bet der Durchführung der Auslösung wenigstens Fehler vermieden und menschliche Härten umgangen werden. — Die Kölnische Volkszeitung erklärt: „Wollten die deutschen Staats regierungen und die Reichsrcgierung nicht zum Gespött der Bürger und der Wett werden, so mußten sie zugreifen. Der erste Schritt ist getan, die wetteren Schritte müssen folgen, aus daß niemand sagen kann, es werde mit zweierlei Maß gemessen." Die Dresdener Nachrichten sagen, daß das Verbot um so unverständlicher sei, weil Leute wie der preußische Minister präsident Braun, die den Ausstieg ihrer eigenen Bewegung aus Grund der Maßnahmen des Sozialistengesetzes aus eigener Anschauung miterlebt hätten, nunmehr in noch kras serer Form Unterdrückungsmaßnahmen gegen eine andere Bewegung in die Wege leiten, und zwar am Vorabend des Entscheidungskampfes um die Macht in Preußen. Die abso lute Mehrheit, die die Opposition in Preußen anstrebe und die bis zur Stunde noch zweifelhaft schien, dürfte nunmehr gesichert sein. Im Auslande hat das Vorgehen der Reichsregierung ebenfalls große Be achtung gefunden. Bei der Beurteilung des Verbotes der nationalsozialistischen Organisation hält sich die eng lische Presse völlig an die amtlich gegebene Be gründung. Durchweg wird dabei zum Ausdruck gebracht, daß die weitere Entwicklung in Deutschland Gegenstand ernster Sorge bleibe. In derPariser Presse verfolgt man die letzten Ereignisse in Deutschland mit größter Aufmerksamkeit. Die Auflösung der Sturmabteilungen der Nationalsozialisten wird mit besonderer Genugtuung verzeichnet und sehr ein gehend besprochen. Die großen Blätter wollen diese Maß nahme der Reichsregierung allgemein mit der Ab rüstungskonferenz in Verbindung brin gen und betonen, daß die Regierung Wert darauf lege, mit reinem Gewissen in die Hauptphase der Genfer Ver handlungen einzutreten. Was wollte Tardieu? Vorstellungen wegen der SA. in Gens. Die gesamte schweizerische Presse beschäftigt sich mit der Auflösung der SA. und mit den Rückwirkungen dieser Maßnahme auf die bevorstehende:- Landtagswahlen. „Journal de Geneve" erklärt ur einem Leitartikel, daß man in Frankreich die Hitler-Verbände als den Grundstock der neuen nationalen deutschen Armee angesehen habe. Mit großer Beunruhigung sei in Frankreich immer wieder festgestellt worden, daß die Organisation und die Zahl dieser Verbände vollkommen der der früheren kaiserlichen deutschen Armee entsprach. Aus diesem Grunde habe Tardieu die Absicht gehabt, in der nächsten Woche auf der Abrüstungskonferenz das Bestehen dieser Verbände als eine Verletzung der Bestim mungen des Versailler Vertrages zu erklären. Man habe daher in diesen Kreisen die Maßnahme der Reichsregierung mit besonderer Befriedigung begrüßt, die als ein erfreulicher Auftakt für die Ankunft Brüninas in Genf angesehen werden könne. Ein Aufruf Adolf Heilers. Adolf Hitler hat anläßlich des SA.- und SS.- Verbots einen Aufruf erlassen, der folgendermaßen beginnt: „Nationalsozialisten! Parteigenossen! Ehemalige SA.- und SS.-Männer, ehemalige Mitglieder des NSKK. und der Fliegerstürme! Nun wißt ihr, weshalb ich ver suchte, die Präsidentschaftskandidatur der schwarz-roten Parteien zu verhindern. General Groener hat als Auf takt für die Länderwahlen die SA. und SS. aufgelöst, Reichsbanner und Eiserne Front dagegen werden als staatspolitisch wertvoll angesehen und deshalb nicht ver boten." Der Aufruf fährt dann u. a. fort: „Am 24. April ist der Tag der Vergeltung. Zu dem Zweck empfehle ich euch, meine ehemaligen Kameraden der SA. und SS., folgendes an: 1. Ihr seid von jetzt ab nur noch Partei genossen, 2. ihr erfüllt als Parteigenossen eure Pflicht, indem ihr euch in den Sektionen und Ortsgruppen zur politischen Wühlarbeit als Parteigenossen freiwillig mehr als je zur Verfügung stellt, 3. gebt den augenblicklichen Machthabern keinen Anlaß, unter irgendwelchen Vor wänden die Wahlen aussetzen zu können. Wenn ihr eure Pflicht erfüllt, wird dieser Schlag des Generals Groener durch unsere Propaganda tausendfach aus ihn selbst und seine Bundesgenossen zvrücksallen, 4. verliert nicht den Glauben an die Zukunft unseres Polkes, an die Größe unseres Vaterlandes und an den Sieg unserer Sache, dis beiden dienen soll. Ich werde mein Letztes hergeben für diesen Kampf und damit für Deutschland." Hiller gegen die Regierung. In einer Unterredung mit dem Berliner Sonder korrespondenten des „Evening Standard" erklärte Adolf Hitler dem Blatt zufolge: Das Verbot der Sturmtruppen kann nicht ewig dauern. Es ist nur eine zeitweilige Maß nahme. Bald werden die Sturmtruppen wieder da sein. Auf die Frage, welche Beweggründe nach seiner Ansicht die Reichsregierung zu ihrer Maßnahme veranlaßt hätten, erklärt Hitler, der entscheidende Grund sei nach seiner Mei nung ein außenpolitischer gewesen. Vor einem Jahre habe die französische Regierung die Auflösung der Sturm truppen verlangt, die sie als eine BedrohungFrank- reichs betrachteten. Dr. Brüning scheine zu glauben, daß Außenpolitik um so leichter geführt werden könne, je schwächer ein Land sei. Warum habe dann die Regierung nicht ebenso das Reichsbanner und den Stahlhelm ver-