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MsdmfferNgeblatt Nr. 18 — 91. Jahrgang Freitag, den 22. Januar 1932 Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Adr.: „Amtsblatt' Iw MchMhrMster gegen WWslhk Wi vor von ein im Wehrgesetz nach den Vorschriften des Diktates Versailles genau festgelegt und wird ebenso genau gehalten. Kein Unteroffizier scheidet aus der Reichswehr Kameradschaft dienende Verkehr — General Bourgeois^ gebraucht den völlig irreführenden Ausdruck „Zusammen künfte" — von Angehörigen der Reichswehr mit Soldaten der alten ruhmreichen Wehrmacht die Sicherheit Frank reichs gefährden kann. An Truppeneinheiten gibt es in Deutschland nur die im Diktat von Versailles sestgelegten Formationen. Wenn General Bourgeois von der Möglichkeit einer schnellen Umstellung der deutschen Großindustrie auf Kriegsfertigung spricht, so ist darauf zu erwidern, daß keine Industrie, keine Fabrik und kein deutscher Arbeiter sich so schnell aus Kricgsfertigung umstellen kann, wie d i c mächtigen französischen Bombengeschwa der das jeden Luftschutz entbehrende deutsche Gebiet über fliegen können. Für die von General Bourgeois weiter bemängelte Erziehung der Kinder in den Schulen im Sinne einer Revanchepropaganda ist er jedenBeweis schuldig geblieben. Nichts allerdings kann die in der Verfassung von Weimar vorgeschriebene Erziehung der Schuljugend im Geiste der Völkerversöhnung mehr stören als die politischen Methoden, die Frankreich in den zwölf Jahren gegen das deutsche! Volk gebraucht hat. Deutschland wäre zufrieden, wenn die französischem Schulbücher die Kriegsschutdlüge und die Darstellung dcsj Weltkrieges im gleichen Geiste der Wahrhaftigkeit behan deln würden wie die deutschen. Die Behauptungen des Senators Eccard über die deutschen Militärausgaben strafen sich durch ihre Lächerlichkeit selbst Lügen. Die gesamten deutschen Mililäraufwendungen betragen im Jahre 1930/31 nach den Rüstungsveröfsentlichungen des Völkerbundes 707 Millionen Reichsmark, während die französischen Militärausgaben im gleichen Jähre sich nach den amtlichen Angaben der sranzösischen Regierung auf 13,8 Milliarden Franken, also mehr als das Dreifache der deutschen Angaben, bezisfern. Im Jahre 1931/32 sind die deutschen Mehrausgaben erheblich vermindert worden; das französische Militär budget erreicht im gleichen Jahre die ungeheuere Summe von 18 bis 19 Milliarden Franken. Eccard wendet sich weiter gegen die von Deutschland betriebene Aufklärung der öffentlichen Meinung über die Abrüstungsfrage. Dazu ist zu sagen, daß Deutschland nicht aufhören wird, das ungeheuere Mißverhältnis an Recht, Macht und Sicherheit durch Nichteinhaltung des im Diktat von Versailles gegebenen Abrüstungsversprechens, das durch das Wettrüsten der rüstungsfreien Mächte in unerträglicher Weise gesteigert wurde, weiter der Öffent lichkeit der Welt vor Äugen zu halten. Vollendung der zwölfjährigen Dienstzeit aus; es sei denn, daß besondere gesetzliche Gründe (Tienstuntauglichkeit usw.) zu vorzeitigem Ausscheiden zwingen. Die Zahl der aus diesen besonderen Gründen ausscheidenden Soldaten überschreitet jährlich in keinem Falle die in Versailles fest gesetzte Quote von 5 Prozent der Gesamtstärke. Eine Aus bildung von Offizieren in verbotenen Schulen ist schon deshalb nicht möglich, weil die geringe Anzahl dör deut schen Offiziere zum Dienst in der Truppe benötigt wird und weil es überhaupt verbotene Schulen nicht gibt. Im deutschen Reichsheer dienen nur 3800 Truppenoffiziere, während die Zahl der französischen aktiven Offiziere höher als 30 000 ist. Wenn General Bourgois von einer deutschen „Stvtz- armee" gesprochen hat, so verwechselt er diese anscheinend mit der etwa 50 Divisionen starken französischen „Armee de couverture", da diese eine voraussichtliche Kriegsstarke von über eineinhalb Millionen Mann hat; während die Stärke des deutschen Ncichsheeres in Frieden und Krieg nur 100 000 Mann beträgt. Auch ist nicht einzusehen, wie der nur dem Zweck der In Berlin ist amtlich noch nicht bekannt, daß die Lau sanner Konferenz am 25. Januar nicht stattsindet. Deutsch land bleibt unter allen Umständen bei seiner bekannten und wohlbcgründetcn These, daß die Endregelung sobaldwie möglich hcrbcigeführt werden müsse, um verheerende Folgen, die sich aus einer weiteren Verzögerung ergeben würden, zu verhindern. Die Ver antwortung für ein Verschleppen der Frage bzw. für die Folgen, die hieraus entstehen, wird bei denjenigen Staats männern liegen, die dazu beitragen, daß das Tribut- problcm nicht so schnell wie möglich geregelt wird. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- Gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nassen behördlicherseits bestimmte Blatt. England sucht einen Ausweg. Zeitlich unbegrenztes Moratorium? Botschafter Neurath besuchte den englischen Außen minister Simon, um nochmals den deutschen Standpunkt zur Tributfrage dazulegen. Er wies darauf hin, daß eine Verlängerung des Hoover-Moratoriums für Deutschland nicht in Frage komme. Auch ein vollständiges Moratorium, einschließlich eines solchen für die ungeschützten Tribut zahlungen, würde noch keine Erleichterungen bringen, wenn nicht noch vor dem 1. Juli in Verhandlungen über eine endgültige Regelung der Tributfrage eingetreten werde. Die Franzosen bestehen noch immer auf Garantien für die Erhaltung ihrer Uoung-Plan-Rechte. Die englische Diplomatie sucht nach einem Ausweg: zunächst einmal soll ein zeitlich unbegrenztes Moratorium vorgeschlagen werden. Aus London wird hierzu gemeldet: Ministerpräsident Macdonald, der von Laval sür das Wochenende zu Besprechungen nach Paris gebeten worden war, hat diese Einladung abgelehnt und sein Bedauern zum Ausdruck bringen lassen, daß er von London nicht abkömm lich sei. Außenminister Sir John Simon dagegen auf der Durchreise nach Genf in Paris Aufenthalt nehmen, um mit Laval und vielleicht auch mit anderen französischen Ministern über die Lausanner Konfercn zu beraten. Vsr der Flut. Die Folgen der Konserenzverschleppung. H ö ch st e E i l e ist bei der Regelung der Tributsrage geboten, da Gefahr im Verzug! So lautete der Mahn- und Warnruf der Baseler Sachverständigen. Eng land erläßt darauf die Einladung zur Lausanner Konferenz, die am 25. Januar stattfinden sollte. Alle Vorbereitungen werden dazu getroffen, aber Frankreich hüllt sich in Stillschweigen darüber, ob es die Einladung annehmen wird. Jetzt endlich im letzten Augenblick scheint es England erklärt zu Haven, daß es an der Konferenz nicht teilnehmen würde, und dieses schickt sich an, in amtlichen Äußerungen die Zurückziehung seiner Einladung vorzubereilen, um sich nicht einer Abweisung seines Antrags durch Frankreich auszusetzen. Trotz aller amerikanischen, eng lischen und italienischen Warnungen und Mahnungen hat also Frankreich seinen abweisenden Standpunkt in der Re parationsfrage durchgesetzt, ein Zeichen dafür, daß Frank reich noch immer im europäischen Konzert die erste Geige spielt, der es allerdings nur Mitztöne zu entlocken im stande ist. Tie Gründe, die für eine „Verschiebung" der Konferenz angeführt werden, sind fadenscheinig. Zu nächst soll der französische Ministerpräsident aus innen- volitischen Gründen verhindert sein, nach Lausanne zu kommen, und weiterhin will man die amerikanischen Wah len abwarten, die im Spätherbst staitsisden werden. Erst nach den Neuwahlen in Frankreich, der Präsidenten- und der preußischen Landtagswahl in Deutschland und der Präsidentenwahl in USA. soll sich also nach Frankreichs Willen erst die Reparationskonferenz versammeln. Hofft -Frankreich bis dahin aus einen Umschwung in der amerika nischen Meinung und ein Entgegenkommen von dieser Seite in der Schuldensrage? Wohl kaum! Der Haupt grund dürfte sein, daß Deutschland noch nicht mürbe genug gemacht worden ist, um sich den Machtgelüsten Frankreichs zu fügen, daß erst noch die F l u t v o n N o 1 und Elend höher steigen soll, auf der Frankreich oben zu schwimmen hofft, um die Ertrinkenden sich gefügig zu machen. Der Kampf um Lausanne. Wirklich, es ist schwer, nicht eine Satire zu schreiben, nicht zu spotten über die Art, wie und was alles mit dem Hauptproblem unserer Tage geschieht: Mit der Frage der deutschen Tribut- und der interalliierten Kriegsschuld- Verpflichtungen! Gewiß steht einiges dabei fest: Wenn sich die europäischen Mächte nicht einigen, dann verlangt Amerika nach dem 1. Juli die Wiederaufnahme der Schuldenzahlung. Vorher läßt sich Washington auf nichts ein. -w zweite Tatsache — die als solche allgemein zu- gegcben wird — ist die Zahlungsunfähigkeit Deutschlands, die auch dann bestehen bleibt, wenn zivar ein kürzeres oder längeres Moratorium beschlossen, an dem System der Tributverpflichtungen wesentliches aber nicht geändert wird. Und drittens steht die Erklärung Lavals fest, daß dreses System erhalten bleibt, es höchstens ermäßigt, aber nicht abgebaut wird. Also ist die Situation so sehr wie möglich festgefahren und nun erfolgt eine gegensei - f'ge „Abtastung", wer von den Kämpfern Spuren irgendwelcher Nachgiebigkeit zeigt. Dieser Situation ist zunächst die schon einmal um acht Tage verschobene Reparationskonferenz von Lausanne zum Opfer gefallen; England hat am Tage nach der Laval- Rede, in der über die Konferenz selbst kein Wort gesagt worden war, die zur Reise nach Lausanne entschlossenen Regierungen wieder „ausgeladen". Was hinter den Kulissen dieser Gehcimdiplomatie geschah, darüber weiß der Außenstehende nichts Genaueres, — er steht nur die Folgen davon, steht die äußeren Geschehnisse und „Ergebnisse". Aber man geht in der Annahme nicht fehl, daß die „Ausladung" erfolgte, weil eine Einigung Zwischen Frankreich und England nicht zu erzielen war. Es ist schwer, nicht eine Satire darüber zu schreiben, baß sozusagen fünf Minuten vor Toresschluß der Be ratungen man in London auf die Idee kommt, wegen eines Moratoriums für Deutschland nun auch einmal — Deutsch land felbst zu fragen. Um natürlich in Berlin zu erfahren, daß wir eine baldige Inangriffnahme der Revision ver langen müssen, so, wie der Baseler Bericht dies gleichfalls fordert. Die deutsche Weigerung, in die Verlängerung des Hoover-Moratoriums um ein Jahr zu willigen, hat in Paris jedenfalls gar nicht überrascht, denn „die autori sierten deutschen Kreise hätten sich darüber in den letzten Tagen schon in der deutlichsten Weise ausgesprochen", schreibt der Berliner Vertreter des amtlichen französischen Telegraphenbüros. Und fügt hinzu, man halte in Berlin daran fest, daß jede Verzögerung der Lösung täglich weniger tragbar werde, weil sich die Lage in beunruhigen der Weise verschlimmere. . Man hat sich in Ouchy bei Lausanne also vergeblich diele Mühe damit gemacht, die Konferenz vorzubereilen. Ml. sollte sie das gesamte S Y st e m der deutschen ^^buie anpacken, dann zum mindesten Stellung nehmen zum Baseler Bericht — schließlich wollen diese sachverständigen dort nicht zwecklos drei Wochen lang gearbeitet haben! — und die Folgerungen daraus ziehen, e der Young-Plan selbst es bestimmt; aber die Lau- Suppe wird immer wässeriger. Erst wird auf l _^°sischcn Wunsch der ganze Konferenzbeginn hinaus- W dann merkt man bald, daß dort höchstens noch dem Beschluß gefaßt werden soll, welche Dauer man vmm e °ralorium geben will. Die ursprünglich auch noch aber Zusage, im Juni oder im Dezember nun schwind eine Revisionskonferenz abzuhalten, ver- Nebei "deh bald wieder im geheimdiplomatischen scküew, — und der Rest ist die tausendunderste Ver- der Entscheidung, der Konferenz, der Baseler Zungen »sw. Kinn ich hat wieder einmal einen über die wirtschaftliche Vernunft, , ."d und Italien, davongetragen, denn in Rom war man — gradweise verschieden — " .glichst baldige Revision der Tributfrage, wobei glaubte, im Sommer eine bessere p hierfür vorfinden zu können. Aber Mac- , dem französischen Druck schon darin nach, daß er leimn uftprj^lichen Vorschlag eines kurzen Mora- v?" sechs Monaten ins Streckbett legte und beim Reichskanzler anfragte, was er zum Produkt dieser Pro- krustes-Arbett sage. Man möchte mit der Gegenfrage ant worten, ob nlchi Paris ganz nnzweideutig zu verstehen gab, Laval werde überhaupt nicht nach Lausanne gehen! Dafür beginnt am Montag eine Sitzung des Völker bundrates, acht Tage später die Weltabrüstungskonferenz. Außerdem werden wir durch die Mitteilung „beruhigt", daß die Verhandlungen zwischen den Negierungen weitcr- gehen. In Paris aber ertönte das Kommando: „Auf der Stelle getreten! Marsch!" Einigung in den Kohlenverhandlungen. Brüssel, 21. Immer. Die deutsch-belgi chen Kohlen- verl-Lndluneen in Brüssel sühtten zu einer grundsätz ichrn Eini gung. Es wurden geringe Veränderungen bezüglich, der Quote »vrgrnrmmen. Dos Abkommen läuft big Ende März und ver längert sich automatisch h-g ^de April- falls es nicht vorher gekündigt wird. Dre endgültige Formulierung des neuen Ab kommens stndet in der nächsten Woche statt. Das Mchswehrministmum gegen die Lügen Bourgeois' und Eccards. Zu den Pressenachrichten über die Aussprache vor dem Auswärtigen Ausschuß der französischen Kammer betres- fend den deutschen Rüstungsstand erklärt das Reichswehr ministerium: In dem planmäßigen Verleumdungsfeldzug, den die französische Presse und andere Stellen in letzter Zeit über das Thema angeblicher deutscher Geheimrüstungen veran staltet haben, stellen die Behauptungen des General Bour geois und des Senators Eccard einen Gipfelpunkt dar. Nach diesen Behauptungen soll Deutschland im Wider spruch zum Versailler Vertrag ein mächtiges Heer organi siert haben. Dies wird damit begründet, daß eine große Anzahl von Unteroffizieren aus der Reichswehr aus- schcidet, um Platz für Rekruten freizumachen. Weiter damit, daß zahlreiche Offiziere in verbotenen Schulen ausgebildet würden. Deutschland sei dadurch imstande, im Kriegsfälle eine starke „Stotzarmee" aufzustellen, deren militärischer Geist durch häufige Aufammcnlünfte der neuen Einheiten mit Angehörigen der alten Wehrmacht geweckt werde. Diese VchauMngen sind erlogen! Die Zahl der Entlassungen und Ncueinstellungen ist Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaff, »"AL"sür Wtl-druff u. Uma-e-nd ' trikbsMungen bcknht dein Anspruch aus eo-ieillug de> Heilung oder Kürzung des Bezug^pregeb?— Rücksendung emgesandter Schriftstücke ersoltzl nur, wenn Porto beiliegt. T für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. 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