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Ncbühtc SelbstcntiSuschung - Das Problem des RcichstaneS — „oteparauonsfront" in Deutschland. <Us nur eine freudig begrüßte Gelegenheit zu dilltgein Karis bedeutet heute für die deutsche Wirtschaft bst- ur.'v n v e n I u r". Für wen ist es denn noch uu . Oenugiuung, den Stand oder Zustand seines '^azustellen! Wem macht eS Freude, aus diesen ^cMtc iungcn nun entnehmen zu können, wie im ver- Betriebsergebnis gewesen ist! Zahl lose baden >a schon während des Jahres der Krise „In ventur machen müssen, weil sie nicht mehr weiter konnten. Zahllosen wurden erst durch eine solche „Jn- -El" dle Augen schreckhaft weit geöffnet. Man konnte Nch nichts mehr vormachen und die deutsche Wirtschaft vom Größten bis zum Kleinsten will sich jetzt auch nichts mehr vormachen. Falsche, fiktive Werle werden rücksichts los „abgeschrieben", wenn eine nüchtern-ehrliche Inven tur fcststelll, daß diese Werte eben nur noch auf dem ge duldigen Papier stehen. Schon die letzte Notverordnung zerriß einen Teil dieser papierenen Werte. Diesem Zwang mußte sich beugen auch jeder, der etwa nicht einzusehen vermochte, wie notwendig eine umfassende und gründliche Inventur war und ist. Wir haben es ja alle furchtbar schwer büßen müssen, daß wir uns selbst täuschten oder täuschen ließen. Scheinblüten verdorrten ebenso wie — Schlagworte. Beides wurde und wird abgcschriebcn und abgestoßen. Ubrigbleibcn soll bei dieser allgemeinen Inventur eben nur das, was im Kern gesund ist. Wir wissen freilich, daß die Krise in ihrer Furchtbarkeit auch vieles zerstörte, was durchaus noch wertvoll war. Wir wissen ferner, daß dieser Sturm noch immer weiter braust und an den zerzausten Asten des Baumes der deutschen Wirtschaft rüttelt. Und wir wissen schließlich, daß es jammervollerweise nicht von Deutschland allein abhängt - und dies ist wohl der niederdrückendste Teil der In ventur! —, wann endlich jener Sturm sich mildert, endlich aufhört. In Deutschland aber erhob er sich. * Auch das Deutsche Reich und Volk war ja bereits in der Mitte des vergangenen Jahres genötigt, Inventur zu machen, die zu der schnell fcrtiggewordenen Feststellung führte, daß wir die uns auferlegten Tribute nicht länger tragen konnten. Der Zahlungsaufschub aber vermochte nicht mehr die Folgen davon hintanzuhaltcn, daß man draußen, bei unseren Gläubigern, sich hartnäckig dagegen gesträubt hatte, zuzugeben, daß die deutschen „Werte", die „Beteiligungen an dem Vermögen des deutschen Volkes" eben doch nur noch aus dem Papier stehen. England, selbst Amerika bekamen es spät, aber drastisch zu spüren; Frankreich will wenigstens die Forderungen retten. In zwischen hat man auch in Basel mit dem deutschen Wirt- schafts„betrieb" eine recht gründliche Inventur gemacht. Sie war von einem derart erschreckenden Ergebnis, daß man dies auch nicht mehr mit Gewalt oder Sanktionen aus dem Buch der Wirklichkeit wegradieren kann. Auch Frank reich vermag es nicht mehr zu tun. Und wenn nun Deutschland verlangt, daß man nüchtern-wirtschaftlichen Sinnes aus dem Ergebnis dieser Inventur die selbst verständliche Folgerung zieht, einen Schlußstrich zu machen, so ist dies erfreulicherweise auch jenseits unserer Westgrenze nicht ganz ohne Zustimmung geblieben. Man kann sich als Deutscher darüber freuen, ohnepraktisch den Wert dieser Zustimmung zu über schätzen. Mut gehörte dazu, sie in Frankreich selbst aus zusprechen. Das verzeichnen wir, müssen aber gleichzeitig feststellen, daß für die hcranrückende Reparationskonferenz noch so ziemlich alles Wesentliche in der Schwebe zu sein scheint: Termin, Ausgangspunkt, Marschronte und Ziel. -i- Um so schwerer ist daher für Deutschland der Gang nach Lausanne. Und alles andere als erleichtert wird dieser Gang dem deutschen Vertreter Dr. Brüning da durch, daß die innenpolitischen Spannungen so groß sind in der kommenden außenpolitisch kritischen Zeit sich noch verschärfen müssen —, denn wir gehen ja nicht etwa nur entscheidenden Wochen, sondern kritischen Monaten entgegen, in die hinein zwei wichtige innenpoli tische Entscheidungen fallen sollen: Reichspräsi denten- und Preußenwahl. Hinzu kommt noch früher oder später das, was mit einem kurzen, aber verständlichen Wort als „das Problem des Reichstags" be zeichnet werden dars. Ter Reichskanzler hat tatsächlich da mit begonnen, will versuchen, diese innenpolitischen Span nungen zum mindesten so weit abzuschwüchen, daß sich die doch tatsächlich gemeinsame außenpolitische Willcnsrich- tung aller Deutschen, daß sich die „R c p a r a t i o n s - front" zu stärker sichtbarem Ausdruck bringt. Dr. Brüning verhandelt hierüber mit den Parteiführern, hat °>ne vielbemerkte Unterredung mit Hitler gehabt und es verlautet, daß dabei das zeitlich zunächststehcnde innen- politgche „Kampf Problem behandelt worden sei: die -Plchspräsidentcnwahl. Genauer gesagt: die Vermeidung die Neuwahl Hindenburgs sozusagen »per Akklamation , also unter Ausschaltung qegcnseitiaer innenpolitischer Kämpfe ernstester Art. Die Vermeidung der Neuwahl konnte bekanntlich nur durch einen mit Zweidrittelmehrheit des Reichstages gefaßten Beschluß erfolgen, wonach die verfassun^sgemäß auf sieben Jahre Hitlers Bedenkzeit. Die Entscheidung über die Präsidenten wahl. Die Verhandlungen über die Frage einer Verlänge rung der NeichSpräsidentcnschaft Hindenburgs hatten am Freitag einen Stillstand erfahren. Dies ist nicht weiter verwunderlich; denn eine Zusammenkunft zwischen dem Führer der Deutschnationalcn, Geheimrat Hugenberg, und dem Führer der Nationalsozialisten, Adolf Hitler, war am Freitag unmöglich, da Geheimrat Hugenberg nicht in der Retchshauptstadt weilte und erst am Sonnabend nach Berlin zurücktehrt, wo dann umgehend die Besprechung zwischen Hitler und Hugenberg vor sich gehen soll. Wie es heißt, soll Hitler auch die Absicht haben, zu den Ver handlungen die Führer des Stahlhelms, Seldte und Düsterberg, hinzuzuziehen. Die Entscheidung der natio nalen Opposition wird bald fallen müssen, da Hitler dem Reichskanzler zugesagt haben soll, ihm möglichst bis Sonnabend abend endgültige Antwort zu erteilen, ob die Nationalsozialisten gewillt sind, im Reichstag für die Ver längerung der Amtszeit Hindenburgs mit cinzutretcn. Alle bisherigen Berichte über eine bestimmte Stellungnahme der Deutschnaiionalen zur Frage der Präsidentenwahl beruhen lediglich aus Kombinationen. Hugenberg har sich zu der Frage einer Verlängerung der Amtszeit des Reichspräsidenten noch nicht geäußert, da er erst von Hitler über die Einzelheiten der Unterredung Hitlers mit dem Reichskanzler unterrichtet werden muß. Falsch ist also insbesondere auch die in der Presse ausge stellte Behauptung, daß die Deutschnationalen sich für die Verlängerung der Amtsperiode des Reichspräsidenten auf n i ch t parlamentarischem Wege eingesetzt hätten. Ebenso unrichtig ist die Behauptung, daß Hitler seine Zu stimmung zu der Verlängerung der Amtszeit des Reichs präsidenten an bestimmte Bedingungen geknüpft habe. Hitler Hai in der Unterredung mit dem Reichs kanzler diesen lediglich allgemein über seine Auffassung unterrichtet, ohne aber sich aus Einzelheiten festzulegen. Nichtig ist allerdings, daß Hitlers Auffassung dahin geht, daß eine Verlängerung der Amtspcriode des Reichspräsi denten nicht dem Sinne der Versassung entspricht, und daß im übrigen dem Volk Gelegenheit gegeben werden muß, seine wahre Meinung zum Ausdruck zu bringen. Die innenpolitische Entwicklung, die bisher bei den verschiedensten Gelegenheiten (Gemeindewahlen, Landkagswahlenl bereits zum Ausdruck gekommen sei, dürfe nicht dadurch unterbrochen werden, daß die ver fassungsmäßige Neichspräsidenienwah! ausgesetzt werde. Falls aus außenpolitischen Gründen die Ver längerung der Amtszeit Hindenburgs für notwendig er achtet würde, so müsse dem Polk auf andere Weise die Ge legenheit gegeben werden, seinen Willen kundzutun. Diese verfassungsrechtlichen Bedenken Hitlers richten sich selbst verständlich nicht gegen die Person des Reichs präsidenten. Im übrigen dürfte Hitlers endgültige Stellungnahme von der Unterredung mit Hugenberg abhängen. Neuwahl durch dem Reichstag? Berlin. Ueber die Aktion Brünings in der Präsident- schaftsfrcge wird weiter mitgeteilt, daß es sich bei dem zur Be- ratiMg stehenden Gesetzentwurf nicht etwa nur um eine Verlänge rung der Amtsdauer des Reichspräsidenten, sondern um eine Neuwahl durch- den Reichstag handelt. Der Gesetzentwurf sieht eine Neuwahl mit einer siebenjährigen Amtsdauer vor. Es ist der Entscheidung des Reichspräsidenten v. Hindenburg überlassen, wann er von seinem Amt zurücktreten wird. Dadri muß aber beachtet werden, daß nun nicht grundsätzlich die Neuwahl des Reichspräsidenten durch den Reichstag stattfinden soll, sondern es handelt sich um eine Lex Hindenburg die nur für diesen Einzelsall Anwendung findet. »»EMM» 0 »I! ...-».MN« sestgelegie Zeit der Amtsdauer des Reichsprä sidenten verlängert wird. Das ist im Jahre lö22 bereits einmal geschehen, als die Amtsverlängerung der Reichspräsidentschaft Eberts durch eine solche Zwei drittelmehrheit des Reichstages beschlossen wurde; da mals ging formell der Antrag hierzu vom Reichs tag selbst aus. Das Ende der Amtszeit Eberts wurde um säst drei Jahre hinaus geschoben. Reichspräsident von Hindenburg hat sich über den ganzen Vorschlag, der ja schon des öfteren debattiert worden ist, und der nun feste Formen an genommen hat. bisher jeder Stellungnahme nach außen hin enthalten. Die Reichstagspartcien sind, soweit sie hinter der Regierung stehen, natürlich für die Anregung Brünings; auch die Sozialdemokratie billigt sie, wenn nicht irgendwelche politischen Bedingungen daran geknüpft werden. Der Reichskanzler scheint' nämlich größtes Gewicht darauf zu legen, daß allerseits eine klare und schnelle Entscheidung getroffen wird. Dr. Pr. Entscheidung um Sonnabend. Wie von nationalsozialistischer Seite mitgeteilt wird, oird die Unterredung zwischen Hitler und dem Führer oer Deutschnationalcn VoUSpartci, Geheimrat Hugen berg, Sonnabend nachmittag stattfindcn. Die endgültige Stellungnahme Adolf Hitlers gegenüber dem Reichs kanzler bzw. dem Neichsinnenminister wird Sonnabend abend 21 Uhr erfolgen. Hitlers Bedingungen. Die Kölnische Zeitung berichtet über die Bedingungen Hitlers für die Zustimmung seiner Fraktion zu einem Verlängerungsgesetz bezüglich der Amtsdauer des Reichspräsidenten. Hitler habe verlangt, daß eine -ntscheidcnde Änderung der Reichsregierung cbeigeführt werde, wobei zunächst die Fragen offen vleibe, ob sich die Spitze dieser Forderungen vielleicht auch gegen Dr. Brüning persönlich richte. Weiter habe Hitler unbedingt Wert darauf gelegt, daß der Reichskanzler die L e g a l i t ä t der nationalsozialistischen Partei aner kenne und diese Anerkennung öffentlich ausspreche. Hinter diesen beiden entscheidenden Forderungen trete die dritte Bedingung der R e i ch s t a g s n e u w a h l e n zur zeit stark in den Hintergrund. Brüning, so berichtet das Blatt weiter, habe in der gestrigen Aussprache die Erfüllung der b e i d e n H a u p t- bedingungen Hitlers entschieden abge lehnt. * Von maßgebender nationalsozialistischer Seite ver lautet hierzu, daß angesichts einer solchen Frage, wie der einer Verlängerung der AmtSdauer des Reichspräsidenten von Hindenburg, von „Bedingungen" überhaupt nicht ge sprochen werden könne. Im übrigen habe sich Hitler in allem seine Stellungnahme Vorbehalten, um zunächst ein mal mit den Führern der anderen Gruppen und Parteien der Nationalen Opposition Rücksprache zu nehmen und dann erst seine Entschciduua bckanntzugeben. * Prälat Dr. Kaas über TriSAfrage und Reichspräsidentenwahl. In Vechta sprach im Vertretertag der Oldenburgischen Zentrumspartei der Führer der Deutschen Zentrumspartei, Prälat Dr. Kaas. Unter Hinweis auf die bevorstehen den außenpolitischen Verhandlungen wies der Redner u. a. darauf hin, daß die zerstörenden Wirkungen der hartnäckigen französischen Tributpolitik heute nicht nur in Deutschland, sondern in der gesamten Weltwirtschaft zu spüren seien. Die Aussichten für das Gelingen einer reparationspolitischen Durchbruchsschlacht — die ent sprechende Zähigkeit und Widerstandskraft vorausgesetzt — seien deshalb jetzt besser als bisher. Dr. Kaas ging dann aus die Frage der Reichsprä sidentenwahl ein und unterstrich nachdrücklich die Not wendigkeit der Herausnahme dieser für die innen- und außenpolitische Entwicklung äußerst bedeutsamen Frage parteipolitischer Behandlung und Interessiertheit. Ter Sieger von Tannenberg müsse als getreuer Ekkehard des deutschen Volkes während der Kriegs- und Nach kriegszeit über jeder parteipolitischen Betrachtungsweise stehen. * Im „Tag", der der Deutschnationalen Volksparlei nahesteht, wird darauf hingewicscn, daß eine Verlänge rung der AmtSdauer des Reichspräsidenten ein Ent gegenkommen an den Reichskanzler be deuten würde, weil dieses Verlangen ausdrücklich von der Neichsregierung ausgegangen ist. Vereinbarungen in dieser Frage würden wohl ohne weiteres die Er füllung gewisse! Bedingungen gegenüber der nationalen Opposition voraussetzen. Weiter sei bei der Forderung des Reichskanzlers zu be denken, daß eine Unterstützung der jetzigen Forderung des Reichskanzlers auch eine gewisse Festlegung in den außenpolitischen Fragen bedeuten könne. Denn der Reichskanzler könnte, wenn jetzt eine Verein barung über die Verlängerung der AmtSdauer dcS Reichspräsidenten in einer Tagung des Reichstages noch vor der Lausanner Konferenz zustande käme, diese Ein heitsfront auch in der Lausanner Konferenz ins Feld führen. Und diese Einheitsfront würde Gefahr laufen, in allen ihren Teilen später für die Außenpolitik des Kabinetts verantwortlich gemacht zu werden. Dies« Außenpolitik könne aber, auch wenn der Kanzler sich zu nächst für eine Streichung der deutschen Tributverpflich- tM»zen einsctze, im späteren Verlauf wieder Formen an nehmen, die sich nicht sehr von dem bisherigen System der Außenpolitik unterscheiden. Das Echo im Auslande. Die Unterredung zwischen dem Reichskanzler und Hitler findet in der Pariser Presse um jo stärkere Be- acdluna. als man in einem Verbleiben deS Reicbsvräsi» MsdrufferTageblatt Wilsdruff-Dresden Sonnabend, den 9. Januar 1932 Telegr.-Adr.; „Amtsblatt" Postscheck: Dresden L640 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gki, sliene Rormzeile 2V Aptg., die 4gcipatiene Zeile der amilichen Deknnnimnchnngenio Reich,- Nt-nnig-, die 3 gehauene Aeklamezcile im Icriiia.cn Teile I AMd. Si-chn-ciinngsg-dühe 20 Reichspiennig«. D»r> we^cn'naa^M^ Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 b-^cksichiigi.^ÄnAA" annahmebisvorni.lOÜhr. - — - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Aabananipruct erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerat. Das Wilsdrufter Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- gerichts und - «tadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 7 — 91. Jahrgang " Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ nchmcn^^ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend «s -- . — °d- WdN erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Inventur. , I ««! I" Um tffnllenburgs Aiellerwahl