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AMche LlbMng. Amts- «nö Anzeigeblatt - für das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zn Hohnstein. Die „Sachs. Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Postaustaltcu, sowie durch die Expedition dies. Vl. fiir I Mark Vierteljahr!, zu beziehen. — Inserate fiir das Mittwochsblatt werden bis Dienstag früh 8 Uhr, fiir das Sonnabendsblatt spätestens bis Freitag früh 8 Uhr erbeten. — Preis fiir die ge spaltene Corpuözeilc oder deren Naum 10 Pf., Inserate unter 6 Zeilen werden mit 60 Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirte nach Uebercinkunst.) — Inserate fiir die Elbzcitnng nehmen an in Hohnstein Herr Bitrgermstr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annoncen-VureauS von Haasenstei» L Vogler, Jnvalidcndank und Nud. Mosse. 105. Schandau, Mittwoch, den 31. December 1884. Politische Jahresrnndschnn. Wiederum ist im raschen Flug der Zeit ein Jahr zur stillste gegangen und cs grüßt uns die Morgcu- svnnc eines neuen Jahres. Wie man unn schon im bürgerlichen Leben an dem Schcidcpnnktc zweier Jahre nochmals einen Blick auf die Vergangenheit znrückzn- werfen pflegt, so laßt auch der Politiker in diesem wichtigen Momente die Ereignisse des alten Jahres noch einmal Ncvnc passircn und zieht somit gleichsam in politischer Beziehung das Facit des vergangenen Jahres. Wenn wir nnn zunächst unsern Blick dem dculschcn Reiche zuwcndcu, so treten nuS hier vor allem die großen Erfolge der kaiserlichen Regierung in der auswärtigen Politik zn Tage. Die Drci-Kaiscr- Znsammenknnfl von Slicrnicwicc besiegelte die Wieder annäherung des EzarcnreichcS an das dcnlsch öster reichische Bündniß nud ist somit durch die Eutrcvue, welche mau als daö ureigene Werk dcö Fürsten Bis, marck bezeichnen kann, eine neue und mächtige Ga rantie für die Aufrechterhaltung des europäischen Frie dens geschaffen worden. Einen weiteren bcdentsamen Erfolg in der auswärtigen Politik Deutschlands be deutete die noch im letzten Monat dcö alten Jahres in Berlin znsammcngcirctcnc afrikanische Confercnz; dieselbe hat zwar ihre Aufgabe, alle auf das Congo gebiet bezügliche» iutcruatioualcn Fragen zn lösen und die dortigen Verhältnisse auf völkerrechtlicher Grund lage zn regeln, noch nicht ganz erfüllt, aber cs fleht außer allem Zweifel, daß die noch übrigen streitigen Punkte ebenfalls in befriedigender Weise ihre Erledigung finden werden und ist somit die Eongo Eoufcrcnz als ein entschiedenes Zeichen für die fortschreitende Har monie unter den maßgebenden Völkern des ErdbnllS zu betrachten. Recht bedeutsam war das verflossene Jahr für Deutschland dadurch, daß in ihm der Grund zur coloniale« Entwickclnng dcö dcntschcn Reiches ge legt wnrdc; die deutschen Erwcrbnngcn im Westen und Südwcstcn Afrikas, sowie in der Südscc habe« sich unter jubelnder Zustimmung der Ration vollzogen und cö ist keine Frage, daß unser leitender Staats mann auf diesem Wege auch fernerhin die große Mehr heit dcö Volkes hinter sich finden wird. Was die inneren Angelegenheiten Deutschlands anbclangt, so treten nnö hier als wichtigstes Ereignis; die Neuwahlen znm Reichstage entgegen, deren hervorstechendster Zug neben dem Anwachsen der Socinldcmocratie die schwere Niederlage war, welche die dcnlschfreisinnigc Partei erlitt. Trotzdem haben die Wahlen die Bildung einer anö dem Ccntrum und dessen Anhängseln, sowie den Dculschfrcisinnigcn und den Socialdemocratcn bc- stehenden RcichStagSmehrhcit nicht verhindern können, welche schon bei verschiedenen Gelegenheiten ihre feind selige Haltung gegenüber der Politik dcö Reichskanzlers bcknndcic und mau darf nur hoffen, daß die nächsten NcichStagöwahlen eine Wendung zum Bessern bringen werden. Einen erfreulichen Fortschritt hat daö ver gangene Jahr ans dem Gebiete der svcialpolüischen Gesetzgebung durch die Annahme des Arbcilcrmnfall- vcrsicheruugSgcsctzcö seitens des Reichstages gebracht und die dem neuen Reichstage gemachte Vorlage über die Ausdehnung des Gesetzes auf weitere Arbeitcr- katcgoricn beweist, welche Fürsorge die Regierung un scrö greisen Kaisers fortgesetzt dem Wohlergehen der nntcrcu Classen widmet. Leider sind dunkle Mächte fortwährend bemüht, an den Grundpfeilern dcö Ncichcö und der gcsammtcn gesellschaftlichem Ordnung zu rütteln und der Leipziger Anarchisleuprozcß Hal erst jüngst wieder gezeigt, mit welchen verbrecherischen Bütteln die Anarchisten ihre Ziele zn erreichen suchen. In Bc. zng nies die kirchcupolitischcn Angclcgcuheitcn ist cinc gewisse Stagnation zn verzeichnen nnd scheint cs auch nicht, als ob in der nächsten Zeit in der kirchcupoliti schcn Frage eine entscheidende Wendung cintrctcn wird. Durch das Ablcben dcö greisen Herzogs Wilhelm von Braunschweig ist die braunschweigische Erbfolgcfragc aufgcrollt worden, die aber aller Voranösicht nach eine den Interessen dcö Ncichcö cntsprcchcndc Lösung finden wird. Oesterreich-Ungarn, der treue Alliirtc Deutschlands, hat keine außerordentlichen Ereignisse zn verzeichnen, wenn man nicht als solches die Thciluahmc Kaiser Franz Josefs an der Monarchcnzusammcnknnft von Skicrnicwicc als ein solches bezeichnen will. Die tra ditionelle alljährliche Begegnung zwischen Kaiser Wil helm und Kaiser Franz Josef, welche zn Ischl statt fand, hat wiederum die Herzlichkeit der Beziehungen zwischen Deutschland nud dem österreichischen Kniscrstaate auf das Entschiedenste documcutirt. Daö Hanplcreig- uiß in der inneren Politik bildeten für CiSleithanicn die Neuwahlen znr Mehrzahl der Landtage, die indessen nur sür den mährischen Landtag cinc bcmcrkenöwcrthc Vcräudcruug braclucu, iudcm die czcchischc Minderheit desselben cinc crhcblichc Verstärkung erhielt. In Ungarn fanden Neuwahlen znm Reichstage statt, welche dic Position dcö Miuislcrium Tiöza cutschicden befestigten. Der alte Nalionaliiätcuhadcr ist in Oesterreich währcud des vergangenen Jahres mir in sehr beschränktem Maße hcrvorgctrctcn, dagegen bereitet das Anwachsen der anarchistischen Slrömnng, welches nnö dem Prozesse gegen Stellmacher nnd Genossen erhellte, der öster reichischen Negierung ernste Besorgnisse nud hat die selbe deshalb auch die Wcitcrdaucr der über Wien und Umgegend verhängten AnSnnhmemaßrcgclu angc- ordnet. In commcrcicllcr Beziehung war für den Donnnkaiscrstant die Eröffnung der Arlbcrgbahu ein wichtiges Ereignis; und wird durch de» ncucu Schienen weg der Handel nud Verkehr Oesterreichs besonders nach der Schweiz nud Frankreich hin eine bedeutende Steigerung erfahren. Die französischc Ncpnblik hat cinc recht unange nehme Erbschaft ans dem alten Jahre mit in daö neue Jahr hiuübergcnommcu, den Tonkiughaudel mit China. Trotz des Friedensschlusses von Tientsin ist die Toukingfragc bis jetzt mit keinem Schritte ihrer Lösnug näher gerückt, derselbe hat weitere Kämpfe zwischen den Franzosen nnd Chinesen in Tonking nicht verhindert und die bcgonucnc Besetzung der Insel For mosa durch die Franzoscn vermochte die chincsischc Ne gierung nicht im Mindesten znr Nachgiebigkeit zu stimmen. Das französischc Parlament hat indessen deni Ministerin»! Ferry die Mittel z» einer energischen Fortsetzung der Operationen in Ostasicu bewilligt und so wird wohl endlich das Jahr 188k> die französisch chincsischc Asfairc so odcr so gelöst scheu. Nach Jnuc» ist cö dem Ministerium Ferry gcluugcn, die Scnatö- wahlrcform zu einem befriedigenden Abschlüsse zn bringen, dagegen ist ihm die Beseitigung der Arbeitcr- uoth, namentlich in Paris und Lyon, noch immcr nicht in dem wüuschenSwcrlhcu Maße geglückt. Zahlreiche Opfer forderte daö Auftreten der Cholera im Süden Frankreichs und dann auch in der Hauptstadt selbst und darf cö unter den obwaltenden Umständen als cinc glückliche Fügung betrachtet werden, daß nicht daö ganze Laud von dieser Calamilät heimgcsucht wnrdc. Auch England hat, gleich Frankreich, auf dem Ge biete der auswärtigen Politik eine unangenehme Hinter lasscnschaft ans dem allen Jahre mit in daö neue hinnbcrgcnommcn — die cgyptischc Frage. Es ist England bisher weder gelungen, in den egyptischcu Finanzen nud überhaupt in den inucrcu Angelegenheiten dcö Pharaoncnlnudes Ordnung zu schaffen, noch auch dcu Aufstand im Sudau niedcrzuwcrsen, ja cö Hal sich sogar gcuölhigt gesehen, eine Expedition zur Rettung dcö in Charium von den Hccrhaufcn dcö Mahdi ein gcschlosscucn General Gordon abzusendcn, dcrcn Ans gang noch völlig ungewiß erscheint. Eine zweite Ex pcdilion machte sich »ach Südafrika nolhwcndig, um den Bocru, welche daö von ihnen besetzte Belschnana- land nicht hcrauögebc» wollen, Respcet vor dem eng lischen Leoparden beizubriugen; doch ist auch hier der Erfolg der Engländer »och keineswegs ein verbürgter Eine ziemlich klägliche Rolle spielte England in den Verhandlungen mit Dcntschland wegen der deutschem Colonialcrwcrbnngcn iu Wcstafrikn, welche Verhand luugcn gerade nicht dazu bcigctragcu haben, daö An sehen dcö Cabinclö Gladstone bei dessen eigenen Landö- ilcntcn zn stärken. Einen wesentlichen Erfolg trug da gegen daö englische Cabinct in seiner inneren Politik durch die Durchführung der Reform dcö Oberhauses davon, worin daö Ministcrinm die große Mehrheit dcö englischen Volkes auf seiner Seite hat. In Ir land harrt die Agrarfrage noch immcr ihrer Lösung und sind daselbst auch im vcrgangcucu Jahre eine Reihe von Agrarvcrbrechcn vorgckommcu. Daö Königreich Italien wnrdc auch im vergange nen Jahre von einer schweren LandeSealamität in Gestalt der Cholera heimgcsucht, wclchc, von Frank reich in Piemont ciubrcchcmd, bald die ganze Halbinsel durchzog und besonders daö schöne Neapel schwer hcim- snchic. Gerade diese Tage lind Wochen des Unglückes haben aber gezeigt, wie treu die italienische Nation zu ihrem Fürstcnhansc steht und daö umthvollc Auf, treten de« Königs Hnmbcrt in dieser schweren Zeit der Prüfimg hat ihm auch außerhalb Italiens all gemeine Sympathie erworben. Im klebrigen sind anö Italien keine bcmcrkeiiSwcrthc politische Ereignisse zu berichten und dasselbe gilt auch bezüglich Rußlands. Dasselbe verhält sich in der auswärtigen Politik ziem lich rcscrvirl, in Asien dagegen schreitet cö langsam, aber sicher nach Südostcn vor, wie die Annexion dcö Gebietes von Mcrw beweist. Die Nihilisten haben im vergangenen Jahre wenig von sich hören lassen nud auch beim Besuche dcö CzarcupaarcS iu Polen, sowie den hierauf folgenden Kaiscrlagcu von Skicr nicwicc vcrhicltm sie sich ruhig, was freilich keineswegs beweist, daß sic ihre dunkeln Pläne aufgcgcbcn haben Was mm die europäischen Staaten zweite» und dritte» Ranges anbclangt, so ist znnächst bei Belgien der Stnrz des liberalen Cabinctö Fröre-Orban zu verzeichnen, welcher infolge der Neuwahlen znr Dcpn- lirlcukammer erfolgte. Doch konnte sich auch daö ent schieden clcricalc Ministcrinm Malon nicht lange bchanp- tcn und mnßlc dasselbe wegen dcö ihm ungünstigen Ausfalles der Gcmciudcwahlcn dem gcmäßigt-clcricalcu Cabinct Bacruccrt wcichcn. Auch in Spanien fand Anfang vorigen Jahres ein Ministcrwechsel statt, in dem daö liberale Ministerium Posada de Herrera dem clcrical angehauchten Cabinct Canovas del Castillo Platz machte, doch scheint auch letzterem keine allzugroßc Lebensfähigkeit inncznwohncn. Anö den drei uordi- scheu Königreichen ist lediglich der noch fortdauernde Kampf in Dänemark zwischen dcm Ministerium Estrup und der radikalen Mehrheit der Volksvertretung zu erwähnen, dessen Ausgang sich noch nicht abscheu läßt. Auch von der Balkcmhnlbinscl, dcm politischcn Wcttcr- wiukcl Europas, ist nichts Sonderliches zn bcrichtcn nud scheint cö iu der That, als ob in dcn Balkan- slaatcu stabilcrc Verhältnisse Platz greifen und ihre buulgcmischtcn Völkcrstämmc sich allmälig vertragen lerne» sollten. I» Nordamerika war daö bedeutsamste politische Ereignis; des verflossenen Jahres die Präsidentenwahl, bei welcher dcr Dcmvcrat Cleveland als Sicgcr hcr- vorgiug und ist somit in der großen transatlantische» Republik die democratischc Partei znm ersten Male seil zwanzig Jahren wieder zur Herrschaft gelaugt. Iu Mexiko wurde dcr Präsident Gonzales dnrch den General Porfirio Diaz ohne jede Störung der öffent lichen Ordnnug ersetzt; in Süd Amerika ist dcr chile« nisch-pernanischc Slrcithaudel anscheinend noch immcr nicht vollständig geschlichtet. Unter de» Neichen des „schwarzem ContiucutS" zieht Egypten »och immcr die meiste Anfmcrksamkcit auf sich, zur Zeit läßt sich aber uicht im Mindesten bcnrthcilcn, welches die nächste Zukunft dcö Pharaonculnndcs sein wird. In Asicn verhält sich daö chinesische Nicscureich gegenüber dcn Ansprüchen dcr Franzose» auf Tonking fortgesetzt äußerst feindlich, aber auch hier vermag niemand zu sagen, ob schließlich Frankreich odcr China in dcm seltsamen Handel, den beide Staaten mit einander haben, Sicgcr bleiben wird. In Australien endlich macht sich eine Bewegung dcr einzelnem Colonial- regieruugcn gegen die dcntschcu Erwerbungen in dcr Südscc geltend. Cö ist noch nicht bekannt, wie man