Volltext Seite (XML)
MMusserTageblatt Raftonale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D— erzch^»« Ul,Sch »Och«. » UH« M »« »r< «dh»I»», »»d dt» , »k. t» »««, v«l JoN'I»«, »»»^ »»-»—»H «L., »<« P«K»rftrS>,«, »«» Wochenblatt für WU«dr»ff ». Umgegod -Ä-L«.>»»«-<««»». «, SM»», ^«r «»rpm, »« «<q»«»»Mii» »MM»»», M«,, MN, »«« P«M S«M«^. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. «M«dr»ffer T«g«bl«tt «»thLlt Vie «aMche» Be»mn>1»M»»«ee» Vee tt«t»hmiplmm>«schast Meitze«, de« Amtsgerichts »»d Stsdteat, p, WU»Vr»ff, F»estre1a«t, Thar«dt, Nr 292 84 Jahrgang. Telrgr.-Adr.: .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag 17 Dezember 192S Ser Erlaß des Generals v. SeM Von besonderer Seite wird uns geschrieben: Man hat so ost über die Vielregiererei geschimpft «der gespottet; man hat gescholten über die Vielregiererei von ehemals, die den Staatsbürger von der Wiege bis zur Bahre umhegte, gängelte, einengte und was sonst »och alles. Aber trotz allen Spottes scheint es bis jetzt nicht um ein Haar besser geworden zu sein. Damit geht «s uns nicht anders wie den Amerikanern. Ein Witzwort sagt, daß man sich bei der Einfahrt in den Hafen von Rewyork die dort stehende Riesenstatue der Freiheits- götttn recht genau ansehen soll, tveil man damit zum letztenmal etwas von Freiheit in Amerika erblicke. Täglich speit auch bei uns die Gesetzgebungsmaschine meue Paragraphen auf den Staatsbürger aus lieblich be gleitet durch ein Trommelfeuer von behördlichen Verord nungen und Verfügungen. Jede Behörde ist besorgt, von Ach reden zu machen — nur ist dieses Reden fast immer »ein gröbliches Zürnen des Staatsbürgers. Und noch ängstlicher ist jede Behörde besorgt, daß man ihr nur gar nichts von ihrer „Zuständigkeit' nimmt. Es wird eben, nicht nur sehr viel, vielzuviel regiert —, es wird vor" allen Dingen viel zu viel von oben herab regiert, den unteren Instanzen viel zu wenig Selbständigkeit gelassen,' viel zu viel den Oberbehörden „zur Genehmigung' vor- gelegt —, und wenn es sich um die Anschaffung eines ^Scheuerlappens zum Bureauaufwischen handelt. ' Früher war besonders beim Militär der „Papter- tram' und das Reglementieren besonders üppig entwickelt; das hat auch im Kriege bis in den Schützengraben hin ein viele Blüten getrieben. Mancher Kompagnieführen ist von der Intendantur wegen irgendeiner nicht abge, lieferten Kuhhaut gepeinigt worden mit Anforderungen von Berichten. Da fällt einem die Wut ein, mit der de f Bekannte Generalseldmarschall von Arangel das „Feder, Vieh' haßte; in derartigen Fällen schrie er dann.-: .Itt, schreibe nicht mit die Feder, ich schreibe mit das Schwert!^ Und gerade aus Militärkreisen stammt nun eine Aktion, die heiteres Schmunzeln und fröhliche Erinnerungen er- weüt. General von Seeckt hat nämlich einen Erlaß gegen die Bureaukratie und die Nefsorteitelkcit der ver schiedenen militärischen Behörden losgelassen, der sich auch gegen den allzu schleppenden und zeitraubenden Geschäfts gang richtet. Gesuche werden wiederholt. Anordnungen erst nach Wochen ausgesührt, was nicht in einem Mangel «n Fleiß, sondern in dem Überhandnchmen der bureaw kratischcn Sitten seine Ursache habe. „Ich fürchte, daß sich statt des Schriftverkehrs von Haus zu Haus jetzt einer von Zimmer zu Zimmer entwickelt; vor allem fürchte ich eine Nessorteitel leit, die verlangt, zu allem und jedem gehört zu werden, und nicht zuläßt, daß mir die neue Form eines Hufnagels vorgeschlagen wird, ehe nicht T. 1, 2, 3, 4, V. W, Wa. A. I. W G.. In. 1—7, Rechtsakt, und Friko ihr schriftliches Votum abge geben haben.' > überhaupt der Hufnagel! Der hat es dem General von Seeckt anscheinend ganz besonders angetan. Er sagt humorvoll spottend in dem Erlaß: „Ich fürchte aber noch mehr, daß über diesen Hufnagel wohl von feiten der Ab teilungen wie der Inspektionen einzeln alle Truppenteile befragt worden sind.' Und dann das Donnerwortv -Wenn mir dann der Hufnagel zur Eutscheidung mit all seitiger Zustimmung von der allein maßgebenden Vet.- Jnsp. vorgelegt wird, dann sind entweder inzwischen UM Pferde unnötig lahm geworden, oder es bleibt bei dem alten bewährten Hufnagel, und Ministerium und Truppe haben umsonst gearbeitet.' Natürlich ist dieser Hufnagel, wie Seeckt sagt, „als Symbol' aufzufassen. Aber er hat ftch offenbar so tief dem Chef der Heeresleitung ins Herz' gebohrt, daß er nun zu diesem hoffentlich beachteten Er- laß geführt hat. Man mag nur wünschen, daß in den anderen Behör- denzweigen ähnliche Erlasse nicht bloß herausgehen, son dern auch Beachtung finden. Dazu gehört aber die Be achtung nicht nur der unteren Stellen, sondern ganz be-- sonders der oberen. Die Staatsverwaltung ist nämlich Nicht Zweck an sich, sondern ist für den Bürger da, nicht aber, wie leider manchmal zu spüren ist, umgekehrt. Deutscher Reichstag. flAS. Sitzung.) OS. Berlin, 15. Dezember. Das Haus setzte die Beratung der Anträge aus Ausbesje» ruug der Beamtengehätter kort. Dabei bedauerte zuerst der Abg. Groß (Ztr.) die Hal tung der Regierung in der Besotdungsfrage. Wenn man den beamten, so meinte er, nichts hätte geben wollen, dann hält:, «an nicht solche Hoffnungen bei ihnen erwecken dürfen, die »u» so bitter enttäuscht seien. Der Redner verteidigte schließ lich den Ausschußantrag gegen den Vorwurf, daß er un-' sozial sei Abg. Steinkopf (Soz.) bestritt, daß ver frühere Reichs kanzler Bauer den Empfang einer Beamtendeputation ab- gelehnt habe und trat für den Ausschnßantrag ein. Er ver langte weiter, daß auch vie Reichsbahngesellschaft die gleiche Regelung für ihre Beamten vornimmt. Abg. Lucke (Wirtsch. Vggst wandte sich dagegen, die schwere Notlage der Beamten zum Werkzeuge parteipolitischer Agita tionen ix machen, und meinte, es wäre ein Unrecht, wenn Dr. Kochs Richtlinien. ForMri« der Verhandlungen. Die Besprechungen, die der vom Reichspräsidenten znr Kabinettsbildung anfgcfordcrte Vorsitzende der Dcmo- tratischc» Partei, Reichsminister a. D. Koch, mit den ver- jchicdcncn Parteien hatte, haben noch nicht zu einem Ab schluß geführt. Die Sozialdemokraten erklärten Koch, das; sie nach wie vor zu der aktiven Mitarbeit in der Grossen Koalition bereit sind. Die Deutsche Volkspartei kam noch nicht zu einem offiziellen Entschluß, will aber gemeinsam mit den anderen Parteien weiterberaten. Die Bayerische Volks Partei war mit der Persönlichkeit Kochs ein verstanden. Die Neichstagsfraktion der Wirtschaft lichen Vereinigung nahm zu der Frage der Re- gierungsbildung Stellung. In ihrem Beschluß brachte st« zum Ausdruck, daß sie eine neue Regierung unterstützen werde, wenn nach dem Programm und der Zusammen- setzung dieser Regierung die Gewähr dafür geboten sei? daß di« Interessen des werktätigen Mittelstandes gebüh- rende Berücksichtigung fänden. Der Zentrumsvorsitzende Fehrenbach sprach sich entschieden für die Große Koa- lition aus. Für Dienstag mittag ries Reichsminister a. D. Koch eine gemeinsame Sitzung der Parteien ein, in der er Richtlinien für das von ihm zu schaffende Kabinett vor- legte. Die sozialpolitischen Richtlinien Dr. Kochs sind in Gemeinschaft mit dem Reichsarbeitsminister Dr. Brauns sestgelegt worden. Für den Fortgang der Ver handlungen sollen ersprießliche Aussichten bestehen. In der Hauptsache handelt es sich noch immer um die Stellungnahme der DeutschenVolkspartei. Di« Person Dr. Kochs soll auch bei den Volksparteilerv keinerlei Schwierigkeiten begegnen. * Oie Erhöhung der Beamtengehälter. Reichskanzler Dr. Luther empfing die Vertreter der Neichstagssraktionen zur Besprechung über die Anträge auf Erhöhung der Beamtengehälter. Die Besprechungen, an denen Vertreter aller Parteien mit Ausnahme der Sozialdemokraten, der Kommunisten und der Bayerischen Volkspanci teilnahmen, wurden nach kurzer Zeit unter brochen. aber später wieder ausgenommen. Loucheur zurückgetreten. Die Ablehnung im Finanzausschuß. Paris, 15. Dezember. Der heute abend in der Finanz- konunissivn eingebrachte Antrag lautet: Die Finanzkommission bestätigt, nachdem sie die Projekte an die Regierung zuruck verwiesen und neuerdings den Finanzminister angehört hat, ihre Entschließung vom 14. Dezember und beschließt, in die Bera tung derjenigen Projekte einzutreten, die sie zur Erörterung zurückbehalten hat. Nach dieser Sitzung begab sich der Vor ¬ sitzende Malvy mit dem Generalberichterftatter Lamoureux zu* Ministerpräsidenten Briand, um ihn über di« Lage zu unter richten und zu erklären, daß sie nicht mehr an die Möglichkeit einer Zusammenarbeit der Kommission mit dem Finanzminister glaubten. Malvy erklärte nach dieser Unterredung den Presse vertretern, daß die Abstimmung in der Finanzkommission keines wegs gegen di« Regierung in ihrer Gesamtheit oder gegen den Ministerpräsidenten gerichet sei. Die Demission. Paris, 15. Dezember. Kurz nach der Besprechung Bri ands mit Malvy und Lamoureux empfing Ministerpräsident Briand den Finanzminister Loucheur, der sein Demissionsschreibe» überreichte. Caillaux Nachfolger? Paris, 16. Dezember, lleber die Nachfolge Loucheur« ist noch nichts bekannt. Doch erregt es gewisses Aufsehen, daß Caillaux kurz nach der Abstimmung der Finanzkommission in der Kammer erschien, um sich daraus zum Ministerpräsidenten z» begeben. Paris, 16. Dezember. Für den heutigen Mittwoch früh ist ein Ministerrat anberaumt, der eine Entscheidung über die Nachfolge Loucheurs treffen wird. Briand erklärte gestern abend, daß der neue Finanzminister ebenfalls ein Parlamentarier fei» werde, dem man einen technischen Mitarbeiter zur Seite stellen > werde. Nach der vorherrschenden Auffassung in Parlament«- ' rischen Kreisen dürfte Caillaux zum Nachfolger ausersehen fein. Als Unterftaatssekreär der Finanzen wird in diesem Falle Pietri in Betracht kommen. MilMreoolte in M-Mmi. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes'. London, 15. Dezember. Die etwa 3500 Mann starke« außerordentlichen Pollzeitruppen der Ulster-Republik, die die Re gierung jetzt aufzulvsen beabsichtigt, haben gegen die Entlassung protestiert und und allmählichen Abbau gefordert. Die Ent lassenen forderten eine steuerfreie Entschädigung von 200 Pfund. Als die Regierung diese Forderungen abschlug, besetzten die Po- lizsitruppen in Ballycastle und Londonderry die Arsenale und verhasteten die führenden Offiziere der Garnison. Die Bewegung ist heute im Laufe des Tages auf Belfast Lbsrgegriffen, wo es zu schweren Zusammenstößen zwischen Truppenaufgeboten und Polizeimannschaften kam. Den Meuterern gelang es auch, hier sich der Kasernen und Wassenniederlagen zu bemächtigen. Mehrere Offiziere, die sich zu widersetzen versuchten, wurden gefangengenommen. Die Polizisten weigern sich, mit der Re gierung zu verhandeln, bevor man ihre Bedingungen erfüllt hat. Die Lage ist sehr besorgniserregend, da die Meuterer im Lande viel Unterstützung finden. Die Regierung hat mitteilen lassen, daß sie die Forderungen für unerfüllbar halte und dis Arsenale und Kasernen nötigenfalls mit Waffengewalt einnehmen werde. man vie rve,olvungLgruppen vu vis xu ganz unberücksichtigt lassen würde. Abg. Dauer (Bayer. Vp.) empfahl den Antrag seiner Fraktion, dem der Reichskanzler zugestimmt habe Es habe darum keinen Zweck, weitcrgehcnde Anträge zu stellen, deren Durchführung am Widerstande der Negierung scheitern würde. Abg. Dietrich-Frankeu (Völk.) meinte, die Beamtenschaft, die mit solchen Bettelpfennigen abgcspeist werde, könne eS nicht verstehen, wenn auf der anderen Seite die Reichsmittel mit vollen Händen ausgegeben würden. Wenn die Minister sich freiwillig in die Besoldungsgruppe 4 versetzen ließen, dann würden sie mehr Verständnis für die Not der Beamten haben. Abg. Tiedt (Komm.) kritisierte die völlig unzureichende Fürsorge für die Kriegsbeschädigten. Reichskanzler Lr. Luther erklärte darauf, daß die Regierung es bedauern würde, wenn sich aus der Fülle der Abstimmungen ein Bild ergeben würde das sich nicht erfüllen ließe. Für die jetzige geschästssührendc Negierung sei es unmöglich, eine Regelung zur Ausführuns zu bringen, dir schon eine Dauerregelung enthalte und bei neuen Regierung vorqretse. Die leyige Regierung lege dac größte Gewicht darauf, daß etwas Positives zustande komme aber man müßte immer vie sehr beschränkten finanziellen Mög lichkeilen im Auge behalieu. Deshalb sei eS das beste, wenn der Antrag der Bayerischen Volksparlei angenommen würde Die Regierung sei damit u " erstanden, den Fraueujufchlar von 5 aus 10 Mark zu erhöhen. Es wäre gewiß zu begrüßen, s» meinte der Reichskanzler? Weiter, wenn mau die Beihilfe auch den über Gruppe < hinausgehende» Besoldungsgruppen gewähren könnte. An- gesichts der deutschen Finanz»»« müsse ma» sich aber bet solchen Notstandsmaßnahmen aus den engsten Rahmen, in diesem Falle aus die Gruppen beschränke», bei denen di« Rot am größten ist. Die Länder uns Gemeinden wären z« einer Ausdehnung aus weitere Gruppen nicht m ver Lage Von der preußische» Staatsregierunp sei vie Auskunft ei», gegangen, sie sei nicht in der Lage, «uö eigenen Kräften ve» Beamten von Gruppe 7 auswärts eine Ausbesserung zu ge währen. Eine Erschütterung der Finanzen würde die Beamten am meisten schädigen. Damit war die Aus sprache beendet. „ L» dem Aatrsae des HanSbaltSauSschusseS lag et» An trag Fria (Volk.) vor, ver vie Reichsregierung ersucht, un verzüglich eine neue, aus ver Grundlage eines ausreichenden Existenzminimums aufgebaute Besoldungsordnung porzulegcn. Der Antrag wurde im Hammelsprung mit All» gegen 138 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Der zweite Teil des Antrages, der eine einmalige Wirtschastsbet- Hilse von 100 Mark verlangt, wurde abgelehnt. Oie Beamtenbeihilfen. Nachdem in langer Geschäftsordnungsdebatte sich der, Reichstag entschieden hatte, zuerst über den Antrag deg Bayerischen Volkspartei abzustimmcn, erklärte der AbH Steinkopf (Soz.s, daß nunmehr semr Freund« zu ihre» Bedauern für den Antrag der Bayerischen Bollspartei stim^ men müßten, um überhaupt etwa« für die Beamten zu retten, Nach der Annahme eines Änderungsantrages wurde dieser Antrag mit großer Mehrheit in der Form angenommen, daß «IS einmalige WrihnachtSbeihilfr gezahlt werden soll den Beamten, Warlrgcld und RuhegehaltScmpfängern, Bcamten- hintrrbliebrnen und Angestellten der Gruppen 1—4 et« Viertel, den Beamten usw. der Gruppen 5—6 ein Fünftel des De« zrmbergehaltS, mindestens aber den Ledigen 30 Marl, den Empfängern eines FrauenzuschusscS mindestens 40 Mart, den Empfängern von Kinderzuschüssen außerdem 5 Mark, de,! Vollwaisen insgesamt 10 Marl, Kriegsbeschädigten und Kriegs« Hinterbliebenen ein Viertel der Dezemberbezüge. Die weiteren Anträge waren damit erledigt. Angenommen wurde weiter eine Entschließung der Demo- traten, daß die Reichsbahngesellschaft die den Ausgewiesene» gewährten Darlehen zum vollen Betrage niederschlagen möge. Weiter wurd« ein sozialdemokratischer Antrag angenommeu aus Vorlegung einer Denkschrift mit einer erschöpfenden na mentlichen Übersicht über die zurzeit lausenden Pensionen uiw Wariegelder sämtlicher Reichskanzler, Reichsminister, Staats sekretäre und Generale aller Grade außer Dienst und im einst weiligen Ruhestände. Schließlich gelangte noch der Antrag der Deutschnationalen zur Annahme, der schleunigst einen Gesetzentwurf zur Regelung der Minifterpensionsgehälter verlangt. Der Gesetzentwurf zur Entlastung des Reichs^ gerichts wurde nach kurzer Aussprache in zweiter und dritter Lesung in ver unveränderten Ausschußfassung ange» LU-nr» «iss ÄsveL« rui LtaatSwirtimaktSsrimM««.