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Nationale Tageszeitung für die Landwirsschaff, L Q! für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. WÄSSL !»r Wilsdruff». Umg-g«.» K--»s-re«°r- «ml Wilsdruff Nr. « *Eng-n I« Falle Hetzern s-wal«, «lieg »der sonstiu-r Betrted«ftrr»»«n, !uch»ht Lei» «xsprnch aus s-feru-l, lldnnehme» wirknn^ Jeder Aabalmn,pruch erUscht, »t»» dn»-tr-,»„ch s« Zerrung »der Kürzung de, Bezug-prersrs. — Rücksendung eingesmrdter Schri-ftück« «ßü,t «er, »cn» P«t» beiliegt. Klageerngez-g-n «erd cn mutz ober der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzrigen nehmen alle Vermtttlrngistellen ent^»». Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forprentamts Tharandt, Finanzamts Raffe«. Nr.231,— 84 Jahrgang. Tcisgr.-Adr.: .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, 3. Oktober 1925 Tschitscherin. Von politischer Seite wird uns aus Berlin ge schrieben: Daß der russische Staatskommissar für auswärtige An gelegenheiten, Tschitscherin, gerade jetzt deutsche Ärzte und Bäder aufsuchen muß, ist ein wirklich merkwürdiger Um stand. In dem Augenblick, wo unsere Staatsmänner sich rüsten, nach Locarno abzufahren, müssen sie schnell noch in Berlin den russischen Staatskommissar Tschitscherin empfangen und mit ihm konferieren. Es ist wohl überall bekannt, daß Rußland die deutschen Verhandlungen über einen Garantiepakt höchst ungern sieht. Man faßt .diese Verhandlungen in Moskau so auf, daß man in dem Abschluß eines Garantiepakts nichts anderes sieht als das Hinüberschwenken Deutschlands zu einer Westorientierung. Man glaubt, daß England bei diesen Verhandlungen der Treiber ist, daß das Zustandekommen eines Garantie pakts vor allem in englischem Interesse liege. Und daß Deutschland dieses Spiel nicht erkenne. England aber ist für Rußland d e r Gegner. Ob dieser Glaube richtig ist oder oh man sich hier nur in einen Irrtum verrinnt hat, ist eine Frage, die den Politiker nur in zweiter Linie interessiert. In Moskau ist diese An sicht eben da und ist Angelpunkt der russischen Politik. Im übrigen denkt man in Moskau gar nicht daran, bei dieser wirklichen oder angeblichen Feststellung stehenzubleiben; über die große Revolution hat man in Rußland die Aus dehnungstendenzen des russischen Imperialismus hinüber rettet. War er früher allrussisch, so ist er jetzt bolschewistisch. Und nicht zuletzt deswegen betrachten die anglo-amerika- nischen Staaten auch ihrerseits Rußland als den Feind. Rußland glaubt nun — ob mit Recht oder Unrecht bleibe dahingestellt — an eine zielbewutzte Einkreisungs politik Englands, das bisher alle Versuche Sowjetruß lands verhindert habe, in die westeuropäisch-amerikanische Weltpolitik auch persönlich ausgenommen zu werden. Man - hat Rußland draußen stehenlassen, auch wenn man etwa t Botschafter der Sowjetrepublik als offizielle Vertreter im eignen Lande duldete. Versuche Macdonalds, mit s Rußland in ein anderes Verhältnis zu kommen, sind von l der jetzigen konservativen Regierung in England beiseitc- gelegt'worden. Außerdem betreibt der gegenwärtige eng- - tische Außenminister Lord Chamberlain eine anti- t russische Politik ganz bewußt energischer Art. Noch einmal sei es gesagt: Der englisch-russische - Gegensatz ist derart stark, daß man in Moskau jeden zum Gegner erklärt, der in diesem Gegensatz nicht energisch Partei für Rußland ergreifen will. Bei der Politik Sowjetrußlands hat Tschitscherin gleich beim Auf lauchen der deutschen Absichten eines Sicherheitspaktes cs an sehr unmißverständlichen Hinweisen nicht fehlen lassen. Allerdings hat er inzwischen erkannt, daß er mit dieser Politik in Deutschland sehr wenig Eindruck macht, eher den entgegengesetzten Erfolg erzielt. Trotzdem sind wir uns natürlich klar über die politischen Folgen eines der artigen Sicherheitspaktes. Aber es ist in den Ausführun gen ebenso des Reichskanzlers Dr. Luther wie der Wortführer der großen Parteien anläßlich der Debatte über die deutsche Note vom 20. Juli ausdrücklich und wiederholt darauf hingewiesen worden, daß wir uns durch ' die Sicherheitspaktpolitik nichtin einen politischen Gegen satz zu Rußland hineindrängen lassen wollen. Die Ge rüchte von einem russisch-französischen Ausgleich waren nichts anderes wie Schreckschüsse, die gegen Deutschland abgefeuert wurden. Das war unnötig, ebenso unnötig wie der Lärm, mit dem die Verhandlungen Tschitscherins in Warschau umgeben wurden. Viel Erfolg hat näm lich Tschitscherin in Polen nicht gehabt. Wir haben natürlich keineswegs Veranlassung, die antirussische Politik Englands mitzumachen, stellen aber andererseits wieder die Frage: Was haben wir von der Napallopolitik ? Wir sind 1922 die ersten gewesen, die mit der Sowjetrepublik in Rapallo eine Art Bündnis einge gangen sind, was damals unsere außenpolitische Lage nicht gerade erleichterte. Wirtschaftlich-Handelspolitische Vor teile haben wir davon nicht gehabt und politisch war unser Verhältnis zu Rußland eher ein Bleigewicht. Wir wollen mit Rußland m guter Beziehung stehen, aber wir müssen aus dieser Beziehung auch praktische Vorteile erwachsen sehen. Wir meinen damit eine endgültige vertragliche Rege lung der deutsch-russischen Handelsbezie hung e n, die bisher immer am russischen Widerstand gescheitert ist. Dabei ist die handelspolitische Stellung Deutschlands schon deswegen eine stärkere als die Ruß lands, weil wir für das russische Hauptexportprodukt, nämlich das Getreide, nur eine sehr bedingte Auf nahmefähigkeit haben, andererseits Rußland theoretisch freilich nicht auf den industriellen Import allein aus Deutschland angewiesen ist, allerdings in Wirklichkeit diese industriellen Bedürfnisse schon der Transportkoftenfrage wegen in der Hauptsache bei uns zu decken willens ist. Eine Verstärkung der handelspolitischen Beziehungen ist aber wie gesagt an dem russischen Staatsdoktrinarismus gescheitert, und Rußland spielt daher eine verhältnismäßig geringe Nolle in unserer Handelsbilanz. Das kann natür lich ganz anders werden, wenn sich Rußland stärker zu den Handels- und wirtschaftspolitischen Methoden Europas bekehren wird, wozu ja bereits die ersten Schritte energisch SleiekdereeWgung vruNedlanas. Englands KonferenzbeMnng. London, 1. Oktober. Als Auftakt der Verhandlungen von Locarno ver öffentlicht der amtliche englische Funkdienst eine Nachricht die ausdrücklich feststem, daß Deutschland sich als gleich berechtigter Teilnehmer an den Verhandlungstisch in Locarno setzen wird. Wenn die deutsche Regierung auch sicherlich nur unter dieser Bedingung der Gleichberechti gung die Konferenzeinladung angenommen hat, so ist diese englische amtliche Auslassung immerhin doch von Be deutung, wenn man sich des schroffen Tones erinnert, den die englische Regierung auf die deutsche Verbalnote anzu schlagen sich für verpflichtet fühlte. Vielleicht will Eng land durch diese Auslassung wieder zusammenkitten, was es vordem zerschlagen hat. Die englische Funknachricht hat folgenden Wortlaut: Der am Montag in Locarno zusammentretenden Konferenz zur Schaffung eines westlichen Sicher st eit sp altes sieht man hier mit grosrem Interesse entgegen. Der Weg nach Locarno i^ nicht leicht gewesen Nationale Empfindlichkeiten, gegenseitiges Mißtrauen sowie viele hartnäckigetechnische Schwierig keiten mußten überwunden werden. Seitdem der Paktgedanke in großen Zügen von Berlin angeregt und in London, Paris und Brüssel begrüßt wurde, mußte jeder Schritt vorwärts mit äußerster Vorsicht und Zurück haltung getan werden. Das gleiche ist im jetzigen Augen blick erforderlich, wo man im Begriffe steht, endgültig aus der Atmosphäre herauszukommen, die in den letzten Jahren die Beziehungen zwischen Deutschland und den Alliierten beherrscht hat. Die Mächte werden sich als Gleichberechtigte in dem Bemühen finden, an die Stelle der Sicherheit durch Gebietsbeseüung und bewaff netes Mißtrauen die Sicherheit des guten Wil lens und der friedlichen Absicht zu setzen. Bemerkenswert in dieser Auslassung ist der Hinweis auf die Überwindung „vieler hartnäckiger technischer Schwierigkeiten", womit sicher die Behandlung der dcw- schen Verbalnote gemeint ist. Deutsche Reifevorberertungen. Die einzelnen Ressorts der Reichsregierung sind voll auf mit der Zusammenstellung des Materials für die Kon ferenz beschäftigt. Das Neichskabinett hat sowohl gestern wie heute Beratungen abgehalten, die die Kon ferenz von Locarno betrafen. Die Abreise der deut schen Delegation, die ursprünglich für Sonnabend vor gesehen war, wird schon am Freitag abend erfolgen. Als Delegationssekretär wird, wie nunmehr bekannt wird. Legationssekretär Redelmacher fungieren. * Mdmeldes ErmMW. Brüssel, 2. Okt. In einer Zusammenkunft der Gruppe der belgischen Arbeiterpartei sagte Außenminister Vandervelde zur Außenpolitik: In einigen Tagen werden wir großen Ereig nissen beiwohnen. Man erwartet mit Hoffnung, daß Deutschland in den Völkerbund eintreten und am Werk der Völkerbesreiung teilnehmen wird. Der Sicherheitspakt wird „kein Fetzen Pavier" bleiben. Er wird garantiert sein ünd die Garantie wird durch England erfolgen. Dann können wir an eine ernsthafte Vermin derung der militärischen Ausgaben denken bei uns und ander wärts. getan wurden. Im Hinblick aus diese wirtschastspotmiche Möglichkeit werden wir nicht daran denken, uns von England in einen machtpolitischen Gegensatz zu Rußland bringen zu lassen. Verhandlungen in Berlin. Berlin, 1. Oktober. Beim Reichskanzler Dr. Luther fand aus Anlaß der Anwesenheit des russischen Außenministers Ttschi- tscherin ein Frühstück statt, an dem auch die Reichsmi nister Dr. Stresemann, Schlieben, Schiele, Dr. Geßler, der russische Botschafter, der ehemalige Reichskanzler Fürst Bülow und andere hervorragende Persönlichkeiten teilnahmen. Das Parlament war durch die Abgg. Hilferding, Westarp und Dr. Koch sowie durch die Vizepräsidenten des Reichstages Dr. Bell und Geheimrit Riesser vertreten. Im Laufe des Nach mittags hatte Tschitscherin mit dem Außenminister Dr. Stresemann eine länaere volitiicke Unterhaltung. Diese dürfte sich nicht nur auf das Verhältnis Deutschlands iu Rußland bezogen haben, sondern auch auf di« »eutsch-russischenWirtschaftsverhandlun- zen. Ferner verlauft, daß Tschitscherin mit einer Reih« »on Banken Verhandlungen über Kredite führen wird, wobei es sich u. a. um eine Summ« von 100 Millionen Reichsmark für russische Maschinenkäufe handeln soll. Verständigung in der Gnwaffnungsfrage? Eine der lMen Sitzungen der Reichsregierung soll sich u. «. auch mit der Entwaffnungsfrage beschäftigt haben. Wie eine Korrespondenz nun zu melden weiß, ist zwischen der deutschen Regierung und der Jnterallierten Militärkontrollkommission in der Entwaffnungsfrage eine Verständigung erzielt worden. Diese Verständigung soll einen vollständigen Kompromißcharakter tragen, d. h. beide Teile haben von ihrem ursprünglichen Stand punkt etwas abgelassen. So ist die Kontrollkommission von ihrer Forderung, die Kasernierung der ge samten Schutzpolizei aufzuheben, zurückgetrej-n und hat die Kasernierung der fünf jüngsten Jahrgänge be willigt. Hinsichtlich der Organisation der Reichswehr wird den Wünschen der Entente dadurch Rechnung getragen, daß begabte Unteroffiziere ohne weiteres und ohne Zwischenstufen zu Leutnants avancieren können; man hofft durch Beseitigung dieser Schranken dem Offizier korps den Charakter eines abgeschlossenen militärischen Berufsstandes nehmen zu können. - Auch sonst hat man die Besorgnisse der Alliierten vor dem „Wiederaufleben des alten Generalstabes" durch ent sprechende Maßnahmen zerstreut. Um deutlich auszu- drücken, daß die Schutzpolizei keine militärische Hilfstruppe sei, sollen Bezeichnungen wie „Polizeileutnant" durch Ein führung ziviler Amtsbezeichnungen ersetzt werden. Dies Kompromiß war schon vor Absendung der letzten deutschen Note abgeschlossen gewesen; es unterliegt formell noch der Genehmigung durch die Botschafterkonferenz, an der nach Ansicht der Korrespondenz kaum zu zweifeln ist. Konferenz mit Sen MeMWm. Berlin, 2. Oktober. Wie der „Lokalanzeiger" hört, sind die Innenminister der Länder für heute nach Berlin berufen wor den, um mit ihnen über Pvlizeisragen sowie über den Stand der Gemeindefinanzen und Fragen des Preisabbaues zu beraten. Was die Polizeisragen betrisst, so handelt es sich um rein ressort mäßige Besprechungen im Neichsministerium des Innern, die mit der Entwaffnungsnote der Alliierten Zusammenhängen dürften. Die weiteren Beratungsgegenstände der Konferenz mit den Innen ministern der Länder sind durch die Besprechungen gegeben, die Reichskanzler Dr. Luther bekanntlich in den letzten Tagen in Ver folg der Preissenkungsaktivn geführt hat. Die Rückkehr der polnischen Wirtschafts delegation nach Berlin War schau, 2. Oktober. Die Mitglieder der polnischen Delegation bei den deutsch-polnischen Handelsvertragsverhand- lungen mit Prondczynsky an der Spitze, die nach Warschau fuhren, um neue Instruktionen der Regierung zu erhalten, sind am Donnerstagabend 9,10 Uhr nach Berlin abgereist, um die Verhandlungen wieder aufznnehmen. Deutsch-rvmänische Verhandlungen über die Freigabe deutschen Vermögens. Bularest, 2. Oktober. Außenminister Ducas erhielt von der deutschen Regierung eine Note, in der Rumänien zur Aus nahme von Verhandlungen über die Freigabe beschlagnahmten Vermögens deutscher Staatsangehöriger ersucht wird. Die Ver handlungen werden am 10. Oktober in Bukarest beginnen. MI i«! WM» ! II l!!MI Entscheidende Operationen in Marokko Französische Offensive bei Taza. Eine amtliche spanische Meldung besagt, daß die Ka- fylen in den letzten Kämpfen große Verluste erlitten haben. Die Nisleute hielten jetzt Beratungen ab über die künftig zu ergreifenden Maßnahmen, was ein Anzeichen für die Schwächung des Prestiges Abd-el-Krims sei. Ein neuer spanischer Vormarsch siehe unmittelbar bevor, obwohl die Truppenbewegungen durch die große Entfernung von den Verpflegungszentren erschwert seien. Primo de Rivera »klärte Pressevertretern, die Operationen dieser Woche um Melilla würden von entscheidendem Charakter sein und großeTragweite haben. Aus Fez wird der Beginn der seit einigen Tagen an gekündigten neuen Offensive im Abschnitt von Taza ge meldet. Marschall Pötain und General Naulins sind in oer Nähe der Front, wo nach amtlichen Meldungen der französische Angriff „unter den besten Bedingungen" be gonnen hat. Die Einschließung von Ajdir durch die Spanier soll beinahe vollendet sein. » * HWr in 7>smmen. Eigener ßernsprechdienst der „Wilrdrufser Tageblattes". Paris, 2. Oktober. Nach einem RaLiotelegramm Primo t-e R » -s vom Schiffs Alfons XIII. steht Afbir in Flammen.