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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint täglich nachrn. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3a Mb., bei Postbestellung 2 Md. zuzüglich Abtrag- —, - ., ,, ... ^»,.-^..8- ,, . gebühr. Einzelnummern tüPsg. NUcP-ftanstalien Wochenblatt für Wilsdruff U. Umaeaend Postboten und unsereAus- »äger und Geichästsftcllen - , — nehmen zu jeder Zc,t Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis! die8gespaltcneRaumzeiler0Doldpfennig, die 4 gespalten-Zeile der anttlichenBekanntmachungen SVGold» Piening, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile Ivo Goldpfennig. Rachwcisungsgedühr 20 Goldpfcnnig. Dor- geschnebeneErscheinung-- , „ tage und Pla,ivorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt' Anz-ig-n. °nnahmc bis vorn,. 10 Uhr u Kür die Richtigkeit der ourcy Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Nabattanfpruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werd en muß oder der Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meitze«, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr. 158 - 84 Jahrgang Telegr.-Add.: .Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dressen 2640 Freitag, den 10. Juli 1825 Wolken über England. Auch in Indien hat England Schwierigkei- r e», und wenn man auf den Ursprung aller der Sorger und Nöte, die England nicht nur in der Welt, sondcrr auch in seinen Kolonien hat, wirklich zurückgeht, so if überall der Weltkrieg der Vater dieser Dinge. Di« englische Herrschaft in Indien war gegründet auf der un bedingten Herrschaftsstellung der Weißen Rasse, war aber auch gegründet auf dem Nimbus unbeschränkter englischer Weltherrschaft. Nun haben die Zehn tausende von Indiern, die während des Krieges nach Europa als Soldaten hinüüertransportiert wurden, oft genug englische Niederlagen gesehen, sahen auch schließlich, wie sarbige Besatzungstruppen über eine weiße Rasse herrschten. Vor allem aber ist es das gerade von der Entente und in ihr wieder besonders von England prokla mierte Selbstbestimmungsrecht der Völker; gerade indische Truppen haben vor den Toren Indiens für die Befreiung der Länder Arabiens und Mesepo- tamiens von der fremdrassigen türkischen Herrschaft kämpfen müssen. Da erhielt die in den fünfziger Jahren in Blut und Feuer erstickte indische Selbständigkeitsbewe gung neuen Auftrieb. Im Jahre 1916 wurde Lord Chelmsford Vizekönig von Indien. Und der damalige Staatssekretär sür Indien war Lord Montagu. Wieweit es zu Explosionen der nationalen indischen Bewegung damals kam, blieb stete-im verborgenen dank der geradezu genialen Regiernngsmethoden, die England für die Niederhaltung Indiens ausgebildet hatte. Aber ohne Veranlassung ist «s sicher nicht geschehen, daß der Staatssekretär ebenso wie her Vizekonig 1917 einen Reformplan ausarbeiteten «nd darin den Wünschen der Inder wenigstens etwas ent- -egenkamen. Dieser Reformplan ist vom englischen Parla ment gebilligt worden und gelangte 1921 zur Einführung. Wenn es damals auch gelang, gewisse indische Kreise nun englandsreundücher zu stimmen, so witterten die radila- Kren nationalen Kreise Morgenluft. Ihr Führer wurde her bekannte morsche Rechtsanwalt Gandhi, ein Mann, der in England dre Rechte studiert hatte und fast 20 Jahre hindurch m Südafrika für die Rechte der indischen Ein wanderer emgetreten war. Seit 1920 beginnt nun die so genannte «.Non-Cooperation-Bewegung* immer weitere Kreise ZU ?whm, was, der englischen Regierungsmethode entsprechend, schließlich zu einer Verurteilung Gandhis im März 1922 zu 6 Jahren Zuchthaus führte. Gandhi will die S e lost r e g r e r ung erzwingen dadurch, daß sich die Inder jeder Beteiligung an englischen Regierungsein richtungen enthalten und vor allem in einen scharfen Boykott englischer Waren eintreten sollen, nm die indische Heimindustrie, besonders die Baumwoll spinnerei, zu fordern. Die Agitation Gandhis hat nach der Wirtschaftlichen Sette außerordentlich großen Erfolg ge habt; die indische Textilindustrie weit gediehen, daß die englische Konkurrenz so gut wie ganz ausgeschaltet ist, während sie früher einen sehr großen Teil ihrer Produkte absetzen konnte Das für England Bedrohliche ist bei dieser Arbeit Gandhis, daß mit ihm zusammen auch die Mo hammedaner 'n der sogenannten Kalifatsbewegung ar beiten und damit der uralte Haß zwischen Hindus und Mohammedanern, der eine wesentliche Grundlage der englischen Herrschaft m Indien ist, zum guten Teil aufge- hort zu haben scheint. Man hat Gandhi aus dem Zuchthaus wieder entlaßen, und er hat seine Agitation fortgesetzt. Aber man hat auch gewisse Bestimmungen der Montagu - Chelmsford - Ver fassung wieder außer Kraft gesetzt. Nun hat der jetzige Staatssekretär für Indien, Lord Birkenhead, im Ober haus ausgeführt, daß man an eine neue Verwal - tnugSreform Herangehen wolle. Zusammen arbeit mit den politischen Führern der gemäßigten indi schen Parteien sei dafür die Voraussetzung- England hat es aber nicht eilig damit. Zunächst soll eine königliche Kommission zur Revision der Reformen von 1921 einge setzt werden, deren Beschlüsse vielleicht zu einer weitgehen- oe» Dezentralisation in der indischen Verwaltung sühren lvrrden. Lord Birkenhead gibt aber melancholisch zu, daß der nationalistische Geist in Indien Großbritannien außer ordentliche Schwierigkeiten gemacht habe, und stellt nock inlancholischer fest, daß er zwar eine Atmosphg^ Mten Willens zur Zusammenarbeit schaffen wolle dak England aber in absehbarer Zeit gar nicht daran denken könne, Indien eine völlige Selbstverwaltung zg Schon das Reformexperiment von 1919 sei außerordentlich kühn gewesen; er müsse es ablehnen, sich durch Drohungen und Gewalttaten z« einer Beschleunigung der Vcrwal- tungS- und Verfassnngsreform m Indien zwingen zu lösten. Ob gerade sein Appell an die Völker Indiens, Schulter an Schulter mit Großbritannien erfolgreich und harmonisch zusammenzuarbeiten.^viel Erfolg haben wird, »st mehr als zweifelhaft, da die ^nder nicht der englischen Ansicht sind, Großbritannien wolle den Osten ansbcuten. Gerade diesen Vorwurf "hebt man ja seit Jahrzehnten gege« England, daß es besonders 2 ndien in uner - härtester Weis« Millionen von Jusern verhuuS.er» «0«, nur um Millionen von Pfunh Sterling «ns diesem reichen Lande zu ziehen. Die Autzendebatte verschoben. SerReWkanzler zmSicherheits-Mote. Berlin, 8. Juli. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages trat heute zu einer außerordentlich st a r k b e s u ch t e n Sitzung zusammen. Vom Reichskabinett waren mit dein Reichskanzler Dr. Luther Außenminister Dr. Strese mann, Innenminister Schiele und Reichswehrminister Geßler erschienen, ferner zahlreiche Vertreter der Länder. Die Ausschnßmitglieder selbst hatten sich fast vollzählig eingefunden, auch der Neichstagspräsident Löbe wohnte den Verhandlungen bei. Vor Eintritt in die Tagesordnung sand eine ausgedehnte Erörterung über die Frage einer politischen Debatte im Neichstagsplenum statt. Der Vorsitzende des Ans schusses, Abg. Hergt, machte Mitteilung von eine«! Schreiben des Abg. Müller-Franken (Soz.), worin unter Hinweis auf die Vorgänge im Plenum am Schlüsse de. letzten Woche der Wunsch ausgedrückt wird, die Frage zu klären, ob eine außenpolitische Aussprache im Plenum des Reichstages stattfinden solle. Bedenken -es Reichskanzlers. Reichskanzler Dr. Luther erklärte hierzu: Die Reichs- rcgierung beabsichtige, vor Absendung der Antwortnote auf die französische Note mit dem Auswärtigen Ausschuß in n 0 chmalige Fühlung zu treten. Dies soll erfolgen, sobald ein Text für die Antwortnote in der Negierung selbst durchberaten sei. Obgleich diese Note nach dem Stande der internationalen Erörterung des gesamten Problems noch nicht einen abschließenden Charakter tragen werde, so könnten immerhin wesent liche Vorfragen darin bereits zur praktischen Ent scheidung kommen. Die Regierung halte eine Erörte rung im Plenum des Reichstages vor Absendung der Note nicht für zweckmäßig, halte dagegen an der Auffassung fest, daß nach der Absendung eine Erörterung im Plenum angezeigt sei. Bei einer Aussprache im Plenum vor der Absendung müsse die Reichsregierung befürchten, daß dann im Laufe der Erörterung sich ein Eingehen auf die Einzelheiten der Note doch nicht vermeiden lasse, wo durch dann der diplomatische Brauch, derartige Noten vor der Überreichung nicht bekanntzugeben, ver letzt werden würde. Die auch der Negierung bei der Gesamtlage und bei der Bedeutung erwünschte Parla ment a r i s ch e M i t w i r k u N g sei l« durch die in Aus sicht genommene Fühlungnahme mit dem Auswärtigen Ausschuß gesichert. ttvcr sw lüvischen Vorgänge hat auch ein englischer Kabinettsrat stattgefunden, an dem auch Lord Nca- ding, der indische Vizekönig, teilnahm. Dort mag man auch noch über mehr gesprochen haben als über die inner politischen indischen Verhältnisse: die Spannung zwischen England u n d N u ß land hat sich in den letzten Tagen derartig zugespstzt, dgg der russische Kom missar für das Auswärtige Tschitscherin bereits das Wort »Krieg" in den Mund nahm. Schon wiederholt ist von Norden und Nordwesten her drohend die russische Wolke über den Horizont Indiens heraufgestiegen. Und wenn sich drr Bolschewismus Sowjetrußlands mit dem indischen Nationalismus verbindet, wenn die feit 150 Jahren geknechteten Völker Indiens sich ausraffen, dann können allerdings für Englands reichste Kolonie Schwierigkeiten entstehen, wie sie jetzt in China England mehr als vorübergehende Kopfschmerzen ver ursachen. Die Auflösung des Land tages abgelehnt. Dresden,«. Juli. In.der heutigen letzten Sitzung des Landtages vor seiner Vertagung wurde der Etat in zweiter und dritter Lesung gegen die Stimmen der Linkssozialisten und Kom munisten genehmigt- Bedeutungsvoll waren hierbei die Aus führungen des Abg. Blüher (D. Bp.) über die Ursachen des im Staatshaushalt entstandenen Defizits von rund 40 Millio- nen Mark Die Hauptsache liege darin, daß an Reichssteuer antellen anstatt der vorgesehenen 116,5 Millionen Mark nur 89100 000 Mark eingegangen feien, also 27 Millionen Mark ; weniger Entweder müsse nun an Ausgaden gespart oder es I müßten die Real- und Mietzinssteuern wesentlich gesteigert wer den. Die Lage der Länder und ebenso der Gemeinden sei un tragbar Wenn Mn noch der von der Reichsreglerung geplante Gesetzentwurf Annahme finden sollte, wodurch dem Reiche eine Finanzkontrolle über die Länder eingeräumt werden solle,^dann würde das der europäischen Finanzkontrolle über die Türkei . gleichen, ein Zustand, der geeignet sei, die Reichsfreudigkeit schwer z» beeinträchtigen. Eman-minister Dr. Reinhold schit- k Zum Schluß stellte der Vorsitzende Abg. Hergt fest, daß er entsprechend den Erklärungen des Herrn Reichskanzlers mit der Negierung im Benehmen bleiben werde, um, so bald die Verhandlungen des Kabinetts über die bevor stehende Antwort zur Sicherheitsfrage dahin gediehen sein würden, eine neue Sitzung des Auswärtigen Aus schusses anzuberaumcn. . Oer Beschluß des Ältestenrats. . Auf die Erklärungen hin, die der Reichskanzler im Auswärtigen Ausschuß gemacht und in der darauffolgen den Sitzung des Ältestenrats des Reichstages wiederholt hat, beschloß der Ältestenrat, die außenpolitische Debatte zu verschieben bis nach Absendung der Note der Reichs- reglerung an die Entente. Weiter wurde beschlossen, daß die A u f w e r tu n g s v 0 r l a g e n am Freitag in zweiter Lesung zu beraten begonnen werden sollen und bis Mitt woch die dritte Lesung beendet sein soll. * Verhandlungen zwischen Reichskanzler u. den Vertretern der Regierungsparteien. Berlin, 9. Juli. Gestern abend sanden nach der Voll sitzung des Reichstages Verhandlungen zwischen Reichskanzler Dr. Luther und den Vertretern der Regierungsparteien statt. Es kam dabei allgemein der Wunsch zum Ausdruck, daß eine Einigung über die Zollvorlage unter den Regierungsparteien möglichst bald erreicht werden möge, damit sie noch vor den Sommerferren zur Verabschiedung kommen könne. Marokkanerabzug aus der Pfalz Karlsruhe, 9. Juli. Wie das „Heidelberger Tage blatt" ineldet, rückt laut französischem Bereitschaftsbefehl vom 6. Juli die in der Pfalz in Garnison liegende marokkanische Di vision am 10. Juli nach Marokko ab. Die Familien der Offi ziere und Mannschaften haben zum gleichen Tage die Pfalz zu verlassen. Unruhen in Fez. — Die Bevölkerung . Tazas flieht. Madrid, 9. Juli. Telegramme aus Fez melden, daß der Stamm der Branos südlich von Taza sich Abd el Krim an geschlossen habe. Ebenso sind nördliche Stämme, die früher fran- zosenfreundlich waren, zum Feinde übergegangen. Die Bevöl kerung Tazas flieht. Von Id-el-Cobcr bis Fez herrscht un ruhige Stimmung. derte nochmals ausführlich sein Vorgehen im ReichshMshalts- auÄchuß des Reichstages. Er erklärte aber, er gebe die Hoff nung nicht auf, baß bas geplante Vorgehen des Reiches doch noch 'unterbleiben werde. Andernfalls müßten die Länder im Reichsrat Einspruch erheben, und dann wäre an eine Annahme des Gesetzes mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit nicht z-u denken. Der Staatshaushalt wurde schließlich in zweiter und dritter Lesung gegen die Stimmen der Li-nkssoziaWen und Kom munisten genehmigt. Den letzten Punkt der Tagesordnung bilden die Anträge aus Auflösung des Landtages. Zunächst begründet Abg. R e n n e r den kommunistischen Antrag. Er bedauert, baß die Linkssoziaiisten nicht dm Mut aufgebracht hätten, ihren Antrag zuerst za begründen; es habe sich feiner von ihnen zum Wort gemeldet, deshalb müsse er jetzt sprechen. Der Landtag entspreche nicht mehr den Wünschen der Wähler, des halb müsse er aufgelöst werden. Abg. Arzt (L.-Soz.) erklärt, er lehne es ab, bei der Be gründung des Antrags seiner Fraktion auf den Konflikt in der sächsischen SPD. emzugehm, weil bas Sache der Partei sei. Seine Freunde brauchten die Hilfe der Kommunisten nicht mehr, denn die KPD. sei eine ganz belanglose Partei geworden. Der Landtag habe keine Daseinsberechtigung mehr, da er keine par lamentarische Mehrheit hinter sich habe, besonders seit der Par teivorstand -von den 23 abgerückt fei. Redner behauptet, die Sozialdemokratische Partei stehe heute einheitlicher als je da. Mit Hilfe der 23 sei überall die Reaktion auf dem Marsche. Die frühere monarchistische Regierung habe die Beamtenschaft besser geschützt als die gegenwärtige. (Hört! hört! rechts.) Die sächsische Regierung sei eine Stütze der reaktionären Reichs regierung. Die drei Parteien, die diese Regierung bilden, feien nicht in der Lage, dm Interessen der breiten Bevölkerung zu dienen. Deshalb wollen wir, daß die Konsequenz gezogen wirb, und das ist die Auflösung des Landtages. Abg. Beutler (Dn.) erklärt, seine Partei werde dein Auflösungsantrage zustimmen. Widerlich sei es, daß die strei tende Sozialdemokratie ihre schmutzige Wäsche hier im Plenum wasche, anstatt dies in -ihrem Fraktionszimmer abzumachen. Zweifellos werde eine Auflösung des Landtages dm Erfolg bringen, daß die kommunistische Patte! etwas zusammenschmilzt und daß dm übrigdtechenden Prominenten ihr« Redewut etwas