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MNnOrAMaN Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wil -ruffcr Tageblakt- erscheint täglich nachnr. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Vik. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Md., bei Postvestellung 2 Mk. zuzüglich Abtrag- .. Zkbühr. Einzelnummern l5Pfg. Alle Postanstalten sUk <öll9vkUls U. Postboten und unsere Aus träger und Geschäftsstellen nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die «gespaltene Raumzeile 2V Goldpfennig, die 2gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- Pfennig, die 3gespalteneReklamezeile im textlichen Teile I00 Goldpfennig. Nachweisuugsgebühr 20 Gotdpfennige. Vor. geschriebeneErlcheinungs- tage und Plahvu.schristeN werden nach Mög!'ch,eit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme dis oorm.lO Uhr - - - - - Fgr die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage erngezogen werden must oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Melken, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff. Forstrentamts Tharandt. Finanzamts Stoffen. Nr. 59. — 84. Jahrgang. Telcgr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch den 1 t März 1925 Gefahr für den Vahnverlehl. Von unterrichteter Seite wird uns zu dem um sich greifenden Streik bei der Reichsbahn geschrieben: Der Eisenbahner st reik scheint, sich jetzt zu eine, ernsten Gefahr auszuwachsen, denn seit seinem Beginn Mitte vergangener Woche ist die Zahl der Streikenden in steter Zunahme begriffen. Bei einem derart komplizierten Mechanismus, wie ihn die Reichsbahn darstellt, ist aber alles auf ein durchaus reibungsloses Zusammenarbeiten aller Teile, aus ein Jneinandcrgreifen aller Näder ringe- stellt; wenn irgendwo auch nur die geringste Störung ein tritt, dann läuft das ganze Getriebe Gefahr. In der Hauptsache sind übrigens bisher nur Eisenbahn arbeiter an der Streikbewegung beteiligt, die ihren Grund darin hatte, daß eine allgemeine Lohner- Höhung verlangt wurde, während die Neichsbahngesell- schaft nur dort die Löhne heraufsetzen wollte, wo sie bisher unter denen der Industriearbeiter lagen. Die Reichsbayngesellschaft erklärt nämlich, sie könne eine derartige allgemeine Lohnerhöhung nur dann zuge- pehen, wenn die dadurch entstehenden Mehrausgaben durch eine Tariferhöhung wieder hereingebracht würden. Der Grundsatz der Gesellschaft, daß die Ein nahmen nicht geschmälert werden dürften, daß vielmehr ausgedehnteste und rigoroseste Sparsamkeit oberste Pflicht fei angesichts der enormen Belastung durch die Repara tionsverpflichtungen, die auf der Reichsbahn liegen, ist natürlich richtig. Unrichtig aber ist es — Beispiele dasür haben wir doch gerade in den letzten Jahren zahl reich genug erlebt! —, aus einer Tariferhöhung nun ohne weiteres auch auf eine Vermehrung der Einnahmen zu schließen. Die Gesellschaft gibt andererseits zu, daß die von ihr gezahlten Löhne mancherorts nicht an die von der Industrie gezahlten heranreichen. Das ist falsche Spar- samkeit, weil sie unwirtschaftlich ist. Auch die Ar beiter bei der Eisenbahn haben ihre besonders große Ver antwortung und an ihre EhrliLkeit werden weit größere Ansprüche gestellt als an zahlreiche Arbeiterkategorien der Privatindustrie. Man denke nur daran, welche Werte durch die Hände der Güterbodenarbeiter gehen, denke an die gefährliche Arbeit beim Rangieren. Die Lage der Streikenden ist keineswegs rosig und es hat viel zum Ausbruch des Streiks beigetragen, daß be kannt wurde, welche sehr beträchtlichen Gehälter die höchsten Beamten der Neichsbahngesellschaft ausgezahlt erhalten. Das Reichsbahngesetz vom 31. August 1924 hatte für die Beamtenaehälter nur die Grenze nach unten gezogen, in dem es festsetzte, daß diese Gehälter nicht geringer sein sollten als diO gleichartigen bei den Reichsbehörden. Es erregte im Reichstag vor einiger Zeit die größte Sen sation und bei allen Parteien eine ziemliche Entrüstung, als festgesteüt wurde, daß die obersten Beamten der Neichs bahngesellschaft weit höhere Gehälter erhielten als die ent sprechenden Beamten beim Neichsverkehrsministerium. Ein weiteres Ungeschick bedeutete es, daß die Reichsbahn wenige Tage darauf auch noch mit der Ankündigung einer Gütertariferhöhung kam. Das Reich selbst hat keinen Einfluß auf die Gehaltsregulierung bei der Reichs bahn, hat dagegen ein Genehmigungsrecht bei Tarif- Änderungen. Darüber hinaus kann es aber auch Tarif- Herabsetzungen verlangen, und zwar für Personen oder Gütertarife, wenn diese im Interesse der deutschen Volkswirtschaft für notwendig erachtet werden. Das ist ja schon einmal erreicht worden. Tarifherabsetzungen brauchen nun aber ihrerseits auch nicht etwa Einnahme verminderung zu bedeuten. Die ganze Haltung der Neichsbahngesellschaft in der letzten Zeit hat wenig Sympathie hervorgerufen. Die Kampflage der Streikenden ist nicht günstig, weil sie mit der Einstellung von früher Entlassenen rechnen müssen. Allein 30 000 Eisenbahnarbeiter des Einbruchsgebiels im Westen konnten nicht wieder eingestellt werden, als die belgisch-französische Regie abgebaut und ihr Betrieb in die Verwaltung der Neichsbahngesellschaft zurückgegeben wurde. Hinzu.kommen aber auch noch die zahlreichen unteren Eisenbahnbeamten, die in großen Massen ab- gebant sind und bereits vielfach zur Übernahme der Arbeit der Streikenden wieder herangezogen werden konnten. Aus wirtschaftlichen Gründen ist ein größerer Eisen bahnerstreik aufs tiefste zu beklagen wie jeder Streik. Aber es muß doch gesagt werden, daß die Reichsbahngesell- fchaft einen Fiskalismus betreibt, der in den Bestimmungen des Londoner Pakts vorläufig jedenfalls keine Unter lagen hat. Die Reparationslasten, die im Jahre 1925 von der Eisenbahn zu tragen sind, sind verhältnismäßig noch sehr geringe; erst im nächsten und im folgenden Jahr werden sie einen Stand erreichen, der allerdings die aller größte Sparsamkeit zur selbstverständlichen Pflicht macht. Selbstverständlich ist auch jetzt die vorbeugende Sparsam keit vonnöten. Aber sie darf die allgemeinen Interessen nicht bedrohen, zumal sie auch, wie die kürzlichen so stark erhöhten Aufwendungen beweisen, nicht gleichförmig druchgeführt wird. Der fiskalistische Standpunkt der Neichsbahngesellschaft ist um so auffallender, als ihr Ver waltungsrat doch, soweit es die deutschen Mitglieder an- geht, zum größten Teil aus Männern des Wirtschafts lebens besteht, das in erster Linie unter dieser Übertreibung ru leiden hat. M MeMMUM MMlWN Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes' - tärischen auch wirtschaftliche Sanktionen vor, die in Form einer Berlin, 1V. März. In Berlin besteht der Eindruck, daß innerhalb der nächsten acht Tage wichtige Entscheidungen in der außenpolitischen Lage eintreten würden. Ein bedeutungsschwerer Beschluß der Botschafterlonserenz wird voraussichtlich Ende der Woche gefaßt werden. In diesem Stadium der Dinge ist es jedenfalls von größter Wichtigkeit, daß die deutschen Botschafter in London, Paris und Brüssel nach Berlin berufen sind. WU>' -- — Ei« «lener MiliManlklWan. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Genf, 10. März. Die „Tribune de Geneve" erfährt von unterrichteter Seite, daß die Rechtssachverständigen des Völker bundsrates den Militärkvntrollplan der militärischen Sachver ständigen für Deutschland, Oesterreich, Ungarn und Bulgarien verworfen haben und einen Gesetzentwurf ausarbeiten, der dem Rat vorgelegt werden wird. Eine Bestätigung dieser Meldung liegt noch nicht vor. MkerSlllidMt md MWands Ei«, zu« in den BMerbmd. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Genf, 10. März. Die Tagesordnung des Rates wird wegen des verspäteten Eintretens Hymans und Undens geändert wer den. Der zweite und wichtigste Punkt der Tagesordnung ist die Antwort an Deutschland in der Frage des Eintritts in den Völ kerbund. Chamberlain Hal nach seiner Ankunft in Genf mit füh renden Persönlichkeiten deswegen Rücksprache genommen. Den Entwurf seiner Antwort hat er auch mit Herriot besprochen Die Antwort wird vor der llebergabe an Deutschlaird im Rate ver lesen und beraten werden. Der Inhalt der Antwort wird streng geheim gehalten. In Völkerbundskreisen verlautet darüber fol gendes: Um die deutschen Anhänger des Eintritts nicht vor den Kopf zu stoßen, soll der Artikel 13, der von der Reichsregierung als Hinderungsgrund für den Eintritt bezeichnet wurde, in der Antwort möglichst vorsichtig und diplomatisch behandelt werden. Artikel 16 soll nochmals so ausgelegt werden, daß bei seiner An wendung auf die besonderen Verhältnisse eines jeden Staates Rücksicht genommen wird. Dieser Paragraph sieht neben mili- Irgendwelchen Anregungen seitens des Reichstages bat sich die Neichsbahngesellschaft immer unzugänglicher erwiesen, und das teilweise in Formen, die eine allzu schroffe Betonung ihres Charakters als reiner Privatge sellschaft darstellte. Schließlich besitzt die Gesellschaft doch — man wäre beinahe versucht, zu sagen: leider — das Verkehrsmonopol in Deutschland, soweit es sich auf dem Lande vollzieht, und nach dem Londoner Pakt müssen die Wasserstraßcntarife mit den Eisenbahntarifen in Einklang gebracht werden. Daraus erwachsen aber für die Neichsbahngesellschaft nun nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten gegenüber der Volkswirtschaft. Es geht natürlich nicht an, alle und jede Last auf das zahlende Publikum und die Wirtschaft abzuwälzen. Es geht nicht an, bei jedem Meinungsstreit über die Entlohnung der Arbeiter — ganz gleich, ob diese recht haben oder nicht — mit der Erhöhung der Tarife zu drohen. * Vor entscheidenden Beschlüssen. Berlin, 9. März. Man kann nicht sagen, daß das Scheitern der Ver handlungen zwischen Gewerkschaften und Generaldirektion des Streiks gebracht hat. Allerdings ist auch keine Ver minderung eingetreten. Immerhin beschränkt sich die Aktion bisher mehr auf lokale als allgemeine Erweite- rungen. Die Spitzen der in Betracht kommenden Eisen- bahnerverbände sind erst heute zu einer Sitzung zusammen getreten, um über die Stellungnahme der Gewerkschaften zu den Forderungen der Eisenbahnarbeiter ein klares Bild zu gewinnen. Entscheidende Beschlüsse sind noch nicht zu erwarten, da die endgültige Beschlußfassung erst am Mittwoch erfolgen soll. Sollten die Gewerkschaften zu den Streik billigenden Beschlußfassungen kommen, so muß der Schlichtungs- Weg über das Arbeitsministerium versucht werden. Die Neichsbahngesellschaft macht darauf aufmerk sam, daß den Beamten kein Streikrecht zusteht. Der All gemeine Deutsche Eisenbahnerverband erläßt eine Er klärung, in der er das Angebot der Reichsbahnverwaltuug, , Wasser- oder Landblockade gegen den zu bestrafenden Staat an zuwenden wären. Die Mehrzahl der Ralsmitglieder ist der Meinung, daß man bei den geringen Streitkräften Deutschlands auf eine militärische Beteiligung verzichten könne und daß auch die Beeinträchtigung deutschen Gebietes für den Durchzug frem der Truppen nicht die entscheidende Frage sei. Dagegen wird das größte Gewicht auf die Teilnahme Deutschlands an einerWirt- schaftsblockade gelegt. Jedenfalls wird sich der Rat bemühen, den Eintritt Deutschlands nicht durch eine verletzende Antwort zu erschweren. Die Franzosen verlangen nach wie vor den Ein tritt Deutschlands ohne Vorbehalte, bevor an einen SicherheftS- ! vertrag gedacht werden könne, während einige andere Ratsmit- glieder den Eintritt selbst schon als einen Teil des Sicherhelts- > Vertrages betrachten. - Besoranisse zu dem deutsch-polnischen Wirtschostsverhandlungen Ebener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Berlin, 10. März. Wie die Telunion erfährt, verfolgt ? man in politischen Kreisen die eben beginnenden deutsch-pol» i nischen Wirtschaftsverhandlungen mit großer Besorgnis. War schon seit langem von Polen alles ausgeboten worden, um unter : allen Umständen eine Atmosphäre zu verhindern, die die Ber- : Handlungen zwischen Deutschland und Polen günstig beeinflussen konnte, so kann nach den letzten Meldungen aus Warschau kein Zweifel mehr darin bestehen, daß Polen durch die Veranstal tung einer Pressehetze gegen Deutschland in der Sicherheitsfrage nun alles bisher Dagewesene zu überbieten sucht. Auch in Krei sen, die seit langem mit aller Energie eine Wirtschastsverstän- digung mit Polen erstreben, erwägt man unter diesen Umstän den ernstlich, ob der deutschen Regierung nicht ein schwerer Vor- , Wurf daraus zu machen ist, daß sie trotz der ungeheuren An- griffe, die von Warschau nach Berlin inszeniert werden, sich mit Vertretern an einen Tisch setzt, die dieses mrqualifizierbare Be nehmen zumindest durch Duldung begünstigen. Man bezeichnet es als einen in der Geschichte der Diplomatie geradezu einzig dastehenden Fall, daß ein Staat, der soeben mit einem anderen Wirtschaftsverhandlnngen beginnen will, außerhalb des Gesamt bereiches der Wirtschaftsverhandlungen stehende Fragen zum Anlaß nimmt, um seine gesamte Presiemeute gegen den Ver handlungspartner loszulasfen. an eilltgen Orten die Ortszulagen neu festzusetzen, als „belanglos" hinstellt und es nunmehr als seine Pflicht ansieht, die Leitung des ohne sein Zutun spontan ent- standenen Streiks in die Hand zu nehmen. In dem Ver- band ist jedoch nur ein Teil der Angestellten organisiert. NsuSscher Reichstag. (32. Sitzung.) 08. Berlin, S. März. Vor Eintritt in die Tagesordnung protestiert der Abg. Stöcker (Komm.) gegen das Verbot von 11 kommunistischen Zeitungen auf Grund des Republikschutzgesetzes. Er beantragte die Aufhebung dieser Verbote und verlangte die sosortige Be ratung dieses Antrags. Weiter verlangte er sofortige Be sprechung des Streiks der Eisenbahner. Der soforti gen Beratung des kommunistischen Antrags aus Aushebung des Zeitungsverbots wurde widersprochen, dagegen die Be sprechung des Eisenbahnerstreiks als vierter Punkt auf die Tagesordnung gesetzt. Wahltag und Stellvertretung. Ohne Debatte wurde darauf die Regierungsvorlage ge nehmigt, wonach für die Wahl des Reichspräsidenten der Wahltag auf Sonntag, den 29. März, für einen evtl, weiteren Wahlgang auf Sonntag, dcu 26. April gelegt wird. Auf der Tagesordnung stand dann das Gesetz über die Stellvertretung des Reichspräsidenten. Es ist von allen Parteien, mit Aus nahme der Nationalsozialisten und der Kommunisten, einge bracht und besagt, daß zum Stellvertreter des verstorbenen Reichspräsidenten Ebert der Präsident des Reichsgerichts Dr. Simons bis zum Amtsantritt des neuen Reichspräsidenten bestimmt wird. Die Vorschriften der Rrichsverfassung über den Reichspräsidenten finden für die Dauer der Stellver tretung auf den Stellvertreter Anwendung. Dieser bezieht für die Dauer der Stellvertretung das dein Reichspräsidenten zu- pehcnde Dienstcinkommen einschließlich der Aufwandsgeidcr. Abg. Henning (Natioualsoz.) hielt den Reichskanzler für den richtigen Stellvertreter. Das Gesetz wurde darauf in erster und zweiter Lesung angenommen, der kommunistische Antrag abgelchnt. . Es folgte der vom Reichsfinanzministerium emgebrachte Gesetzentwurf, der die Negierung ermächtigt, die aus Anias des Ablebens des Reichspräsidenten entstan denen Kosten aus Neichsmittel zu übernehmen. Abg. Ucmmele tKomrn.) protektiert aeaen die Vorlage und