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at! inn Wochenblatt und Anzeiger Bezirks- und General-Anzeiger Neueste Nachrichten Erscheint Dienstags, Donnerstags und Sonnabends abends. Bezugspreis: monatlich pfg., zweimonatlich 8v psa., vierteljährlich 1,20 INark. O Einzelne Nummer io Pfg. O y - « Annahme von Anzeigen bis spätestens Mittags ,2 Uhr des Lrscheinungstage». Preis für die Spaltzeile w pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen Preisermäßigung. S — 0 Mt wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel" „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Do. 154. Mittwoch, den 23. Dezember 1908. 7. Jahrgang. II. 8rt. UW- tuvg! te , NM lalpfen. nkaus iM Bedarfs- »4t«. maiM LU. teil st «d id heiliges Oerttiches und Sächsisches. Vttendorf.Gkrilla, den 22. Dezember z9o8. H: Bei der am Sonntag staNgesundenrn GemeinderatS-ErgänzungSwohl in der Gemeinde Großokrilla erhielten Herr Claus 11 Stimmen, Herr Freudenberg 13 Stimmen und Herr Lunze 4 Stimmen. Bei der am Sonnabend und Sonntag llattgefundenen Gemeinderatelvabl wurden in der I. Klasse gewählt die Herren Gutsbesitzer Pietzsch mit 15 Stimmen als Gemeinderats- Mitglied und Herr Gutsbesitzer Haase mit 13 Stimmen als Ersatzmann. In der ll. Klasse Herr Wirlschaslsbesitzer Hermann Hausdorf mit 67, Stimmen als Gemeinderatemit glied und Herr Maurer Küstner mit 66 Stimmen als Ersatzmann. In der III. Klaffe Herr Glasmacher Rickard Gaida mit 38 Stimmen als Gemeinderats-Mitglied und H rr Maurer Hermann Lehmanu mit 38 Stimmen als Er satzmann. Weitere Stimmen noch erhielten: in der I. Klaffe Herr Gärtnereibesitzer Matthes ll Stimmen, in der II Klaffe Herr Tischler Pietzsch 34 Stimmen, Herr Fabrikant Her- Mann Hofmann 14 Stimmen, Herr Schlosser- Meister Arthur Langenseid 13 Stimmen und Herr Hausbesitzer August Wolf 35 Stimmen. —* Nun ist er wirklich da! Sagt b « friedigt der Astronom. Der die Winterszeit dicht eher anerkennt, bis sie von ihm und für ihn im Kalender steht. Für ihn war eben bis her noch Herbst und erst von gestern an ist Winter. Die nördliche Lage unseres Heimatü- landeS bringt es mit sich daß sich häufig ein Widerspruch ergibt zwischen der astronomischen Rechnung und den tatsächlichen Witterungs- Verhältnissen. Ob man nun aber den heutigen 22. Dezember als den Winter S-Anfang aner kennen mag oder nicht, einen Vorteil wird man der Zeit von jetzt an zuerkennrn müssen; die Tage werden nunmehr wieder länger I Ist es auch dicht viel so ist eS doch immerhin etwas, und schon das blose Bewußtsein, daß es nun wieder aufwärts mit der Sonne geht, stimmt wü freudig und lößi uns zufriedenen Sinne» in die Zukunft blicken. Hoffentlich tut nun auch noch der Wimer ein übrigen« und kommt! Für wsnig wünschenswert halten wir einen Winter ohne Schnee. Ein sogenanntes grünes Weih- Nackten, wie e« in diesem Jahre un« be- schieden zu werden scheint, beeinträchtigt die eigentliche weihnachtliche Stimmung. Wirklich schön ist Weihnachten und W'nter erst dann, wenn sich Frau Sonne in dem Eisspiegel der Flüsse und Teiche beschaut und die glitzernden Flächen der weiten Schne-felder in Millionen strahlender Pünktchen ausflimmern läßt. Dazu ist in diesem Jahre allerdings wenig Aussicht vorhanden. Trüb und regnerisch lag das Wetter vorgestern am Vortage von Winters Anfang über unserm Orte. Ob der Herr Winter an dem gestrigen Tage seiner kalender mäßigen Negimentsübernahme darin eine Aenderung bringen wird?! 8. L. L. Wae schenken wir unsern Kiudern? Diese Frage ist wirklich nicht leicht zu be antworten, wenn sich bei d-m nahenden Feste die uns zi gesandten Kataloge, Anpreisungeu usw. erschreckend häufen und in den Schaufenstern die verlockendsten Dinge ausgestellt sind. Bei größeren Kindern ist es schließlich nicht ollzu- schwer, das Rechte zu treffen, denn guter Bücher gibt es jetzt für sie eine Menge, und rin gutes Buch sollte unter jeden Christbaum liegen. Alleidings darf man auch die Mühe nicht scheuen, ein wirklich paffendes, Herz- und gemütbildrndes Buch zu suchen. Ebenso werden von größeren Knaben und Mädchen solche Spiele freudig begrüßt, welche die Hand fertigkeit erhöhen und die Gelegenheit bieten etwa» Hübsches oder Praktisches herzustellen. Derartige Spiele haben einen bedeutenden er zieherischen Wert. Kleineren Kindern aber, und das kann nicht ost. genug betont werden, sollten möglichst einfache und haltbare Spiel- achen geschenkt werden, die ja auch dem Schön- >eitssinn entsprecksn können, wie so manches neue Künstbrspielzeug beweist. Wenn ein Mädchen beim Spiele mit ihrer Puppe immer die ängstliche Sorge hoben muß, daß in das eidcne Ballkleid derselben nur ja kein Fleck ommt, damit die Mutter nicht zankr, oder wenn ein Knabe irgend ein mechanisches Spiel- reug bekommen Hal, mit dem er aber nur unter Aussicht Erwachsener spielen darf, damit cs Zeinen Schaden erleidet, dann haben die Ge- chenke ihrn Zweck l erfeblt. Sie machen den Kinde, n keine Freude. Ihrer Betätigungslust werden spanische Stiefel angelegt. Sie werden das komplizierte Spielzeug bald nicht mehr be achten und sich lieber irgend etwas suchen, was ihre kindliche Phantasie anregt und ihnen nickt die Angst einjagt: Nur ja nicht zerbrechen, onst gibt cS etwas! Würde aus diesen Wink ) im Einkauf von Weihnachtsgeschenken für Kinder geachtet, dann könnte letzteren manche unnötige Träne und Ettern und Erziehern mancher überflüssiger Nerger erspart werden. — Weihnalsbäume lange frisch zu erhalten. Wie unangenehm eS ist, wenn man gezwungen ist, den Baum stets im geheizten Zimmer zu haben und er dann schon am zweiten oder dritten Tage die Nadeln fallen läßt. Um das zu verhüten, sehe man beim Einkauf des Weihnachis- daumcS darauf, daß das untere Ende des Stammes etwa zwei bis drei Zentimeter durch den Fuß durchgeschlagen ist. Man stelle dann sobald er ins Zimmer kommt, einen Blumen- untersatz mit Wasser direkt unter den Stamm und lege einen Schwamm ins Wasser, der dann angefeuchtet den Schnitt des Stammes berührt. Sehr bald wird man merken, wieviel Wasser der Baum braucht. Es macht sich daher öfters Nachgießen notwendig. Auf diese Weise hält sich ein Baum lange Zeit grün und frisch, ohne Nadeln zu streuen. Außerdem ist ein grüner Baum weniger seuergesälplich, als ein durch Z mmerwärme völlig ausgedorrter. Dresden. An seinem Gebiß erstickt ist der hiesige Lehrer Auerbach. Als er heute früh tot in seinem Bette aufgefunden wurde, befand sich sein Gebiß direkt vor der Luft röhre. — Von einer Automobildroschke wurde am Sonnabend abend die pensionierte Hebamme Pfützner in Vorstadt Löbtau überfahren und so schwer verletzt, daß sie auf dem Transport nach dem Krankeuhause verstarb- Adelsdorf. Wiederum ein blühendes Menschenleben durch unvorsichtigen Gebrauch mit Schußwaffen vernichtet. Im Heinrich Försterschen Hofgrundstück hier vergnügten sich vorgestern nachmittag i/z5 Uhr der 16 jährige Ernst Engelmann mit dem gleichaltrigen Sohne Richard des WirtschastSbesitzerS Förster mit Scheibenschießen mittelst Tesching. Engelmann war mit dem Schießen an der Reihe, als Förster diesem zurief: „Warte mal erst, ich will erst vorbei!" In diesem Augenblicke krachte ein Schuß und Förster stürzte, in den Kop getroffen, besinnungslos zu Boden. Abends 8 Uhr ist Förster, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, an der erlittenen Schußwunde gestorben. Dec Schmerz der bedauernswerten Eltern über ihren so jäh ums Leben gekommenen Sohn so groß. Ein Bruder des Erschaffenen dient beim Großenhainer Husarenregiment. So hat die leidige Schießerei unter jungen Leuten in kurzer Zeit wieder ein Opfer gefordert- Erst in voriger Woche endete aus dieselbe tragische Weise in Großdobritz der 16 jährige Sodn des Bäckermeisters Funke, der sich eben falls durch Spielerei mit dem Revolver Ver letzungen beibrachte, denn er im Meißner Kranken hause erlegen ist. Immer wieder kommen der artige Unglückssälle vor und reißen blutende Wunden in trauernde Elternherzen. Seifhennersdorf. Ein Ueberfall wurde hier auf den Lehrling Runge verübt. Zwe betrunkene Männer rissen ihn vom Rade- Da der Angehaltene in der Tasche L000 Mk. mi ich führte, suchte er sich die Angreifer energisch vom Leibe zu halten. Er traf dabei mit dem Fuße einen der Bedränger am Uuterleib. Der selbe brach zusammen, fiel aus den Hinterkopf und blieb besinnungslos liegen. Der andere entfloh. Mittelbach. In einem Sumpf auf Grünaer Flur stehend wurde das 4 jährige Söhnchen des Schmiedes Schiffner erfroren, aufgefunden. Das Kind batte sich am Donners tag von der elterlichen Wohnung entfernt und war trotz eifrigen Suchens nicht gefunden worden. Frankenberg. Die Lokomotive des 6 Uhr 50 Minuten nachm. eintreffenden Personenzuges von Chemnitz kam am Sonnabend nur mit dem Postwagen hier an. Der übrige Teil des Zuges war in Gunnersdorf stehengeblieben, da die Kuppelung gerissen war. Die Lokomotive kehrte dann zurück und holte den Zug. Der 6. Uhr 50 Minuten von hier nach Chemnitz fahrende Zug mußte hier warten, da die Strecke nur eingleisig ist. Plauen. Von einem argen Mißgeschick wurde die Frau eines Einwohners betroffen. Als die F:au vom Bäcker kommend, die fertigen Weihnachtsstollen nach Hause bringen wollte stützte sie unterwegs ihre Last für einen kurzen Augenblick auf dos Geländer der Brücke über den durch den Ort fließenden Zschopaufluß. Hierbei rutschten die Stollen von dem Kuchen- deckU herunter und verschwanden im Nu in den Fluten des Flusses. Plauen Eine 26jährige Schneiderin aus Leipzig-Reudnitz versuchte sich hier aus Liebes kummer mit Leuchtgas zu vergiften. Das Mädchen wurde schwerkrank ins Krankenhaus gebrockt. Aus der Woche. In England wird nach wie vor die Möglich keit erwogen, ob eine feindliche (worunter man jetzt in England immer eine deutsche versteht) Armee in der Lage wäre, an der Küste bei Nacht und Nebel zu landen. Die berühmte Oberhausrede des Lord Roberts, der zum ersten Male von dieser Möglichkeit sprach, hat eben die Gemüter weit mehr erhitzt, als man am Themsestrand zugeben will. Man ist jetzt eher, wie im vorigen Jahre geneigt, die Mittel für die Schaffung einer starken Armee zu bewilligen und Onkel Eduard sieht mit stillem Lächeln die Frucht jahrelanger Arbeit reifen. Wenn nämlich England eine genügend starke Land macht hat, wird (so hat Clemenceau versprochen) aus der englisch-französischen Freundschaft ein Bündnis. Nicht die Vermehrung der englischen Landmacht gilt uns also al» Bedrohung, sondern der in Aussicht stehende Abschluß dieser Schutz- und Trutzgemeinschaft. — Indessen besteht dieses Bündnis ja schon. Wir wissen, daß die englich-französiiche Annäherung zustande kam in der ausgesprochenen Absicht, Deutschland zu nächst einmal diplomatisch zu schwächen. Und bei allen Fragen von europäischer Bedeutung sehen wir England und Frankreich nach vorher wohlüberlegtem Plane Seite an Seite gehen. So war's in Algeciares, so war's auf der Haager Konferenz, so ist's auch jetzt wieder in der Balkansrage. Allerdings, Deutschlands Stellung hat sich seit den Tagen der Algeciras- konserenz verschlechtert, oder richtiger, England hat seitdem seine diplomatische Stellung noch verstärkt. Dem so merkwürdig entstandenen Zustand haben sich Rußland und Italien an- gegliedert. Die beiden letzteren Staaten haben ein Interesse daran, Oesterreich nicht erstarken oder (an Gebietsraum) wachsen zu lassen. Darum findet Oesterreich-Ungarn in seiner Baikanpolitik entschiedenen Widerstand bei beiden. Wenn also die vielbesprochene Balkan-Konferenz zustande kommt, so ist die Gruppierung de Mächte von vornherein gegeben. Um Englan stehen Frankreich und Rußland. Aber auc die Türkei, deren stärkster Gläubiger Frankreich ist, muß und wird sich zu dieser Gruppe schlagen, die ja auch die Interessen der Türkei zu ver- reten vorgibt. Und Italien? Wieder ist seine Stellung nicht bei den Dreibundgenofsen, darf nicht bei ihnen sein; denn der heimliche Kampf wischen Oesterreich und Italien um die Allein- »errschaft auf dem Adriatischen Meer macht alle andern Rücksichten schweigen. Die andere Gruppe vird also aus Deutschland und Oesterreich-Ungarn iestehen Nun ist aber -ine diplomatische Kon« erenz kein Parlament. Ihre Mehrheiten ver mögen keine Gesetze durch die Abstimmung zu chaffen. Mit anderen Worten: In dem heißen Vortkampf wird sich zeigen, was die Welt seit angem weiß, daß nämlich Italien teils eigenem Willen, teils sanftem Drucke folgend, vom Drei- nmd abgedrängt wird. In der italienischen Kammer ist von dieser EntwickelungSnotwendig- eit mit aller Offenheit und mit einer Selbst verständlichkeit gesprochen worden, die auch dem Vertrauensseligsten zu denken geben muß. — Der Sultan der Türkei hat nach 31 Jahren wieder einmal ein Parlament berufen. Nach seinen Acußerungen in der Thronrede erhofft er von ihm Fruchtbarkeit und Lebensfähigkeit, die dem ersten Parlament versagt waren. Es ist viel bemerkt worden, daß Abdul Hamid, entgegen der ursprünglichen Absicht, die Ver- saffung nicht beschwor. Nun damals hat er sie beschworen und nicht gehalten, warum soll er diesmal nicht das umgekehrte Verfahren ein- schlagcn? Wenn die Absichten der Thronrede verwirklicht werden, so hat die Türkei bald ein Landheer und eine starke Flotte nach europäischem Muster. Schade nur, daß der Sultan ver gaß mitzuteilen, woher die Mittel für alle seine großzügigen, durchaus anerkennenswerten Re formen genommen werden sollen. — Die Flucht von 50 Fremdenlegionären aus Algerien hat in der ganzen Welt Aufsehen erregt. Mit tiefem Mitgefühl wird mancher wohl gelesen haben daß alle Flüchtlinge bereits wieder ge fangen genommen worden sind. Ihrer harrt der Tod durch Erschießen, wenn nicht eine durch grausame Martern und Entbehrungen verschärfte lange Haft. Deutschland hat alle Ursache, alle Mitteilungen aus der Fremdenlegion mit Auf merksamkeit zu verfolgen denn der weitaus größte Teil der Legionäre sind (wie bei den Flüchtlingen) Deutsche. Abenteuerlust oder Leichsinn treibt sie hinaus, wo ihrer ein Leben voller Qualen wartet. So schwer ist für einen Streich in der Heimat keine Strafe al« ein Leben in der Legion, wo keine Menschen würde geachtet, keine Milde und Gnade gewährt wird. Lasten wir diese Volkskräfte nicht aus dem Auge und bedenken wir, daß deutscher Fleiß, deutsche Arbeit, deutsche Kraft, deutsche Ausdauer für Frankreich ein Kuliurwerk in Algerien geleistet haben; denn aus einem Wüstenland ist durch sie ein aufblühendes Kolonialwesen geworden, Wer in der Heimat so arbeitet, wie in der Legion, wer daheim so geduldrg Strafe für Vergehen tragen will, wie in Oran, dem bietet seine Scholle, keine Bitter« keit mehr. — Herr Castro, der vielgenannte Präsident von Venezuela, ist in Berlin. Er sagt zur Kur, oder zu einer Operation. Das Gerücht aber sagt er sei vor der drohenden Revolution auSgeristen, um die 186 oder 286 Millionen, die er in den 10 Jahren seiner Präsidentschaft verdient hat, in oller Ruhe zu verzehren. In Venezuela, dem Holland ein paar Kriegsfahrzeuge gekapert hat, sieht es in- desten böse aus. In der Hauptstadt Caracas nimmt die Bevölkerung eine drohende Haltung gegen die Regierung an. Es ist nicht aus- gsschlosten, daß Castro in absehbarer Zeit Ex präsident ist Er, der so vielen den Heimat« baden verleidete, der Hunderte, die ihm ver dächtig schienen, in die Verbannung schickte, oder vor seinen Schergen sie fliehen ließ, wird dann selber empfinden, baß die Sehnsucht nach der Heimat nie aufhört und gerade er wird einer der wenigen sein, dem die Heimat für immer verschlossen bleiben wird.