Volltext Seite (XML)
y - > » V Erscheint Dienstags, Donnerstag» und Sonnabends abends. Bezugspreis: monatlich qo pfg., zweimonatlich 80 pfg., vierteljährlich I,ro Mark. O Einzelne Nummer w pfg. O ! > 8 Unterhaltungs- und Anzeigeblatt Wochenblatt und Anzeiger Neueste Nachrichten Bezirks- und General-Anzeiger 8 ' 2 Annahme von Anzeigen bis spätestens Mittags <2 Uhr des Lrscheinungstages. Preis für die Spaltzeile zo Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen Preisermäßigung. S Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel" „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von Hermann Rühl« in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Na. 139. Mittwoch den 13. November 1908. 7. Jalnssan?. Oerttiche« und Sächsisches. Bttentorf-Vkrilla, den ;r. November i-08. —* Steht ein strenger Winter bevor? Alle Wetterkundigen behaupten e» und schließen e» au» dem festsitzenden Laube, das sich trotz Frost und trotz Wind nicht von dm Zweigen trennen will. In den Waldungen sieht man noch eine ganze Anzahl Bäume, die der Wind wohl tüchtig zerzauste, die aber den sommerlichen Schmuck noch festhalten. Es schien, als wollte der Winter schon mit dem November seine Herrschaft antreten. Da» alte Wort, gestrenge Herren regieren nicht lange, hat sich wieder einmal im vollen Umfange bewahrheitet. Wir sind aber noch lange nicht über den Berg, wir gehen erst dem Winter entgegen und die Wetterkundigen können leider noch recht be halten. —* Bei dm vierten Wagenklassm macht sich, besonders Sonntags, ein recht lästiger Uebelstand beim Aus- und Einsteigen bemerkbar. Bekanntlich befinden sich die Türen an fraglichen Wagen an beiden Stirnseiten. Auf dm Stationen drängen sich nun, sobald die Twen geöffnet werden, die Einsteigenden in den Wagen, die „Aussteigenden" hingegen suchen Wiederum auf derselben Seite ins Freie zu gelangen und es enlst ht dabei ein gegenseitiges Drängen und Schieben, was sowohl verk-hrö- erschwerend als gefahrbringend ist. Dieser Uebelstand könnte gemildert werden, wenn die Eisenbahnverwaltung an den b iden Stirnseite» der Wagen, und zwar innen und außen, Schilder anbungen ließe mit der Bezeichnung „Eingang" und „Ausgang". V clleicht ließen sich auch die Schilder in der Weise ergänzen, daß sie des Nachts erleuchtet werden können, (Daß die Bahnverwaltungen sich entschließen sollten, durch derartige Verbesserungen der vierten Wagenklasse noch größere B Nutzung zuzuführen, als dies schön iniölge d>r Tarif- bejürm geschehen ist, möchten wir doch recht sehr in Frage stellen. D, Red) Durch eine derartig« Maßnahme, an die sich das Publikum bald gewöhnen würde, würde ncht nur eine Erleichterung für die ZugsbeaMten geschaffen, sondern es würde auch das lästige und nicht gerade angenehme Gedränge vermieden werden. —* Amtliche Geldrcinigungc stellen sollen nach einem von ärztlicher Seite gemachten Vor schläge bei allen öffentlichen Kasten errichte werden, um der großen Gefahr der Ueber- lragung von Krankheiten durch das Geld zu begegnen. Es wird vorgeschlagm. allen öffent lichen kaffen Anweisung zu geben, die ein- lausenden Münzen vor ihrer W edcrausgabe nach dem folgendem Verfahren zu reinigen: Die Münzen werd-n in ein Netz oder einem Beutel aus weitmaschigen Stoff tingeschloffen und einige Minuten lang in heiße Soda- oder- Kalilauge getaucht. Die Münzen werden in der Lauge mehrere Male hin und her geschüttelt und darauf in reinem warmes Wasser ab- gespült. Dann breitet man sie auf einem mit Löschpapier belegten Tisch au» und trocknet sie Mit einem leinenen Tuche ab. Ja einer Vierte Istund« können auf diese Weise Beträge von mehr als 1000 Mk. gereinigt werden. Da» G-ld sieht dann wie neu aus. Hierzu bemerkt Tr. A. Schneider in der Pharma zeutischen Zentralhalle sür Deutschland Nr 44, dos die Reinigung der Geldmünzen — so wünschenswert sie in verschiedener Hinsicht ist vielleicht gar nicht einmal so dringlich er scheint, wenn man bedenkt, daß die in Frag kommenden Metalle (Gold, Silber, Nike Küpser) selbst sehr kräftig keimtötend wirken Man braucht nur an di- bekannten. Jahre zurückliegenden Versuche zu denken, die schließ lich zur Anwendung des metallischen Silbers in der Wundheiikunst führten. Die Versuche sind leicht zu wiederholen; Legt man in eine soeben geimpft? Nährgektme ein Stück der obengenannten Metalle, so wird man be obachten daß um das Metallstück herum eine gewisse Zone vollkommen frei von Baktenen- vachstum bleibt, weil die geringen Mengen )eS in der Nährgelatine sich lösenden MetalleS ie auskeimenden Bakterien abtöten. Mindestens >en so nötig wie eine Reinigung der Geld münzen erscheint aber eine Reinigung (ein- chließltch Keimtötung) des Papiergeldes, auf velches da» alte Wort „non ölet" in über tragener Bedeutung sicher nicht angewendet werden kann' Eine Keimtötung und gleich- eitige Beseitigung des Geruches dürfte sich — wie angenommen werden kann — durch Behandlung des Papiergeldes mit Formaldehyd dampf auf leichte und billige Weise bewirken lassen —* Wafferstand der Elbe. Der Wasserstand der Elbe geht in beängstigender Weise zurück. Geradezu trostlos sieht zurzeit die Elbe aus. Noch vor einigen Tagen zeigte der Pegel 200 cm unter Null an und heute steht er schon wieder 0 cm ni-driger, sodaß mit 210 cm unter Null bald der größte Tiefstand, der in den etzten Jahrhunderten in dem bekannten außer ordentlich trockenen Sommer von 1904 eintrat, erreicht sein wird. —* Aenderrmg der Postordnung. Ge- vöhnliche Briefe und Postkarten, die nach er- olgtcr Bestellung oder Abholung mit einem neuen Bestimmungsorte versehen in dem Brief- ästen vorgefunden werden, sind nicht mehr wie bisher von der Weiterbeförderung an den neuen Aufenthaltsort des Empfängers ausgeschlossen. Sie werden ebenso weiterbefördert, wie die bei der Bestellung oder Abholung sogleich zurück gegebenen Sendungen, deren Empfänger ver- wgen oder sich vorübergehend an einem andern Orte aufhallen Die portofreie Weitersendung geschieh jdoch nur, wenn cs sich nur um die Aeru erring des Wohnortes handelt und wenn zu erwarten steht, daß die Sendungen seit der ersten Aushändigung keine Veränderung ihres JnhaliS erfahren habe». Ist außer dem neuen Bestimmungsort auch ein anderer Adressat an- gegeben, wird die Sendung als eine neu ein- geliesertc behandelt, d. h. sie wird, wenn sie nicht nün neuem frankiert ist, mit Porto belastet. Auf Drucksachen. Geschäftopapiere und Waren proben findet die Vergünstigung keine Anwendung. Diese Sendungen muffen dem Briefträger sofort zurückgegeben werden, wenn ihre Nachsendung an einen anderen Ort gewünscht wird. Dresden. Einen Raubanfall am Hellen lichten Tage verübte am Sonntag in der Ammon- straßt ein gutgekleidet-r Mann. Dieser ist in einer hiesiger Großbank ang.stellt. Gr stürzte in blosem Kopfe aus dem von ihm bewohnten Hause in der Ammonstraße auf eine Dome und entriß ihr das Handtäschchen. Von Straßen- paffanten verfolgt, flüchtete der Räuber nach dem kleinen PlauenscheN Platze und versuchte sich in einem Grundstücke im Hintergebäude zu verbergen. Er wurde aber entdeckt und sest- genoMmen. — Vor einiger Zeit machte ein Groß industrieller die Bekanntschaft der 19 jährigen Tochter eines Hotelbesitzers in Teplitz-Schöna. Zwischen beiden entspann sich bald ein intimes Liebesverhältnis, dem der Vater des Mädchens vergeblich ein Ende zu machen suchte. Er widersetzte sich einer ehelichen Verbindung des Paares und infolgedessen beredete der Industrielle das junge Mädchen mit ihm nach England zu entfliehen und sich in London trauen zu lasten. Das Mädchen ging sofort auf den aben teuerlichen Plan ein, raffte seine Ersparnisse und Schmucksachen zusammen und trat dann mit dem Geliebten die Reise an. Der Vater hatte aber von der Flucht seiner Tochter recht zeitig Kenntnis erhalten. Er holte das Paar bereits in Dresden ein und veranlaßte hier die Verhaftung des Entführers. Es gelang aber der väterlichen Autorität nicht, die Tochte zur Rückkehr in ihr« Heimat zu bewegen. Schönborn. Der Knabenmord hält natürlich die Gemüter fortgesetzt in Aufregung und stell ! sich als ein ganz raffiniertes Verbrechen heraus. Der acht Monate alte Knabe Willy Helm ist auf Anstiften der eigenen Mutter durch deren Freundin" Alma Barthe getötet worden. Die lerbrecherinnen gestanden, daß sie dadurch, daß ie das Kind in eisigkaltes Master hielten, zwar lcht den sofortigen Tod herbeisühren, aber doch ne Erkrankung des Kindes verursachen wollten, ie dann zum Tode führen sollte. Eisenberg-Moritzburg. Der Gemeinde rat Hot zum Gemeindevoi stand den Gemeinde- amtsMegistrator W der in Cossebaude gewählt, dem stehen jedob dk Bestimmungen der HZ 37 und 57 der revidierten Landgemeindeordnung entgegen, daß die Wählbark il nur für stimm berechtigte männliche Gemeindemitglieder zu lässig ist, die seit mindestens einem Jahre im Gemeindebezirke ihren wesentlichen Wohnsitz loben. Die Befreiung der Gemeinde von diesem esetzlichen Hindernis und die Bestätigung der Vahl des Herrn Weber wird von der König!. Amtshauptmannschaf! Dresd n-Neustadt und ihrem Bezirksausschuß beim König!. Ministerium des Jnne-n b schlußgemäß befürwortet werden. Riesa TaS vor einiger Zeit von einem mit mehreren Herren aus Leipzig besetzten Automobil übe,fahren« Söhnchen des Schneide mühlenarbeiters Mehlhorn hier ist im städtischen Krankenhaus« seinen schweren Verletzungen er legen. Wurzen. Ein neunjähriger Schulknabe namens Jo.ann Walter Köhler, der nach seiner Angabe aus Zweenfurth stammt und seinen dort wohnhaften Pflegeeltern entlaufen ist, wurde hier aufgegriffen. Weißbach. Auf der Zwickauer Straße wurde der Arbeiter Gebhardt erfroren auf- gefunden. Chemnitz. Die in der Amalienstraße 8 wohnhafte Ehefrau eines Ansichtskartenhändlers ließ am Sonntag mittag ihre zwei Kinder, ein 5 jähriges Mädchen und einen anderhalbjährigen Knaben allein. Bei ihrer Rückkehr stand die Wohnung in Flammen. Das Mädchen lag mit schweren Brandwunden bedeckt, am Boder und starb alsbald. Der Knabe blieb unverletzt. Die Kinder batten mit Streichhölzern gespielt und die Gardinen angezündet. Leipzig. Eine aufregende Szene spielte sich im Reichsgericht ab Mit dem Rufe; „Es gibt keine Deutschen Richter mehr!" feuerte der am 18. Oktober 1887 in Berlin geborene, in Steglitz wohnhafte Kaufmann Grosser aus zwei Revolvern zehn scharfe Schüsse auf die Mitglieder des Zivilsenats ab, die eben seine Revision gegen ein ergangenes Urteil verworfen hatten. Kanzleirat Straßburger wurde tödlich, Reichsgerichtsrat Männe in die Brust getroffen. Grosser wurde sofort von zwei Beamten er griffen. versuchte sich aber loszureißen Mi Hilse von Schutzleuten wurde er jedoch gefeffel und verhaftet. Plauen. Der im hiesigen königlichen Lehrerseminar befindliche Seismometer registriert fortgesetzt Erderschütterungen leichtester Art. In Untersachsenberg und an angrenzenden böhmischen Orten erfolgten am Sonntag mehrere Erd erschütterungen von mittlerer Stärke. Wie wir erfahren, wird die kaiserliche Erdbebenwarte in Straßburg im Schulgebäude zu Untersachsen berg einen Seismograph aufstellen. Die Ver waltung soll dem dortigen Schuldirektor Vor werk übertragen werden. Bad Elster. Das am Wege von Ba Elster nach Asch gelegene Gasthaus „Zur Juchsöh" ist durch ein Feuer schwer geschädig worden. Nus der Woche. Die zweitägige Redeschlacht hat auSgetobt, die Debatten über das Kaisergespräch sin vorüber. Der Antrag, an den Kaiser eine Adresse zu richten, ist abgelehnt worden un das Deutsche Reich muß sich mit der Versicherun des Fürsten Bülow genügen lasten, da Ereignisse, die, wie das hinter uns liegende eine ganze Welt in Aufregung versetzten, sic icht wiederholen werden. Die Meinungen über das Ergebnis der zweitägigen Debatte über das Kaisergespräch sind geteilt. Es fehlt nicht an Stimmen, die «S als durchaus unbefriedigend bezeichnen, und andre wieder nennen es völlig genügend. Auch dieser Streit wird verhallen. Im deutschen, im ausländischen Blätterwalde wird es ruhiger werden und aus den ernsten stunden wird nur die Ueberzeugung zurück- eiben, daß in Deutschland ein einig Volk von Brüdern wohnt, bereit, zusammenzusteben in eder Gefahr. Geliebt oder gehaßt, im Bund« anderen Mächten oder einsam, wir fürchten e Stürme nicht, die uns umdrohen. — Der Streit um die Deserteure von Casablanca ist nach langen Verhandlungen zwischen der deutschen und französischen Regierung einem Schiedsgericht rm Haag überwiesen worden und es ist wohl ohne Zweifel, daß die leidige Angelegenheit im weiteren Verlauf zu keinen Schwierigkeiten mehr ühren wird. — In der französischen Deputierten ammer wurde nach zwei Jahren wieder einmal über die Abschaffung der Todesstrafe verhandelt, wobei Justizminister Brvan erklärte, er werde mit aller Macht für die Abschaffung der Todes strafe eintreten. — Die russische Regierung macht fortwährend die lebhaftesten Anstrengungen, ihre Wehrmacht zu reorganisieren. Zu diesem Zweck ist nicht nur eine Neuordnung im Reichs- marineamt vorgenommen werden, sondern auch Neubestellungen von Schiffen sind erfolgt. Außerdem hat die rusische Regierung in Frank reich ein lenkbares Luftschiff für Militärzwecke in den Auftrag gegeben. — Die Balkanwirren, die eine Zeitlang zu einem Kriege zu führen drohten, sind immer noch nicht beendet. Immer aufs neue sorgt die serbische Regierung dafür, daß die Beunruhigung nicht aushöre. Dazu kommt, daß Serbien offenbar mit verdächtigem Eifer rüstet, was Oesterreich nicht ohne geeignete Gegenmaßregel nachsehen kann. Trotz d«r Ministerkrise, die in Wien ausgebrochen ist, und trotz der Stürme, die die Wahlreform im ungarischen Parlament heraufbeschworen hat, ist die Donau-Monarchie wohl darauf be dacht, ihre Interessen gegen Serbien mit einem Schutz- und Trutzbündnis zu wahren. Nicht mit Unrecht nimmt man an, daß ein in so ernster Stunde geschloffenes Bündnis lediglich Angriffszwecken dienen soll. Auch die türkisch-bulgarischen Verhandlungen haben noch zu keiner Einigung geführt. Sie drohen sogar ins Stocken zu geraten, da Bulgarien fich durch die Verzögerungspolitik der Türkei gekränkt sieht. Diese Politik, in der ja die Türkei von je ein Meister war, hat in Bulgarien allgemeine Ent rüstung hcrvorgerusen. Die Schwierigkeiten auf dem Balkan',haben sich also keineswegs verringert. Unter solchen Umständen ist es noch sehr zweifelhaft, ob die geplante Balkantonferenz tatsächlich zustande kommt, und wenn sie zustand« kommt, ob sie ein nützliches Ergebnis haben wird. — Aus der heißen Wahlschlacht um die Präsentschaft in den Vereinigten Staaten ist der frühere Kriegssekretär Tast als Sieger her vorgegangen. Er wird den Präsidenten Roose velt, d.°r ihn der republikanischen Partei empfohlen hat, ablösen. Schon heut« darf mit Gewißheit vorausgesagt werden, daß der neue Präsident an RoseveltS Politik festhalten, ja daß er ihren Einfluß durch Vermehrung der Flotte und durch Schaffung eines starken Landheeres noch vermehren wird. — In Japan ist seine Wahl mit gemischten Gefühlen begrüßt worden und ein angesehener Diplomat im Reiche des Mikador hat in einem der führenden japanischen Organe seiner Meinung dahin Ausdruck gegeben, daß Präsident Tast die (von vielen als unausbleiblich angesehene) Aus einandersetzung auf dem Stillen Ozean be schleunigen 'wird. Große Ereignisse bereiten sich also um den Stillen Ozean vor. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die neue Friedens konferenz nach einem Kriege stattfinden wird, der an Menschenverlusten den mandschurischen Krieg übertrifft.